„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
Themen und Meldungen:
Frohe Weihnachten!
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- 24. Dezember 2022
Der Mensch war Gottes Bild.
Weil dieses Bild verloren,
Wird Gott als Menschenbild
In dieser Nacht geboren.“
Andreas Gryphius (1616 - 1664)
Allen unseren Freunden und Besuchern ein gesegnetes Weihnachtsfest!
Und auch schon einmal, im Kalender vorausschauend, die besten Wünsche für das kommende Jahr 2023. Möge es zumindest einigen der Hoffnungen und Erwartungen gerecht werden, die im vergehenden Jahr unerfüllt geblieben sind.
Hier beginnt mit dem heutigen Tag die Weihnachtspause, als deren Ende wir den Montag nach dem Fest der Erscheinung des Herrn vorgesehen haben.
Wie in der Tradition überleben?
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- 23. Dezember 2022
Auch in den letzten Tagen des Advent können wir die Augen nicht vor den hässlichen Realitäten in der Kirche von 2022 verschließen. Zwei Beiträge in amerikanischen Webpublikationen enthalten unentbehrliche Informationen und praktische Ratschläge für alle, die sich für den Erhalt der überlieferten Liturgie und Lehre einsetzen. Und dieses Sich-Einsetzen ist heute wichtiger als seit vielen Jahren: Franziskus und seine Umgebung setzen alle Macht darein, beides aus der Kirche hinauszudrängen. Die überlieferte Liturgie nur zu schätzen und sie wann immer möglich mitzufeiern, ist nicht genug: Wer auch in den kommenden Jahren an ihr teilnehmen können will, muß sich aktiv für ihren weiteren Bestand einsetzen.
Die hier anzuzeigenden Beiträge, die in den vergangenen Tagen auf RorateCaeli und OnePeterFive erschienen sind, stellen genau dieses Thema in den Mittelpunkt. Der Präsident von Paix Liturgique, Louis Renaudin, lenkt in einem Gespräch mit der gleichnamigen Zeitschrift (englische Übersetzung bei RorateCaeli, deutsch soeben beim Beiboot Petri) seiner Organisation die Aufmerksamkeit darauf, daß die Hauptstoßrichtung von Traditionis Custodes sich derzeit gegen den Diözesanklerus richtet: Dort hat sich das Interesse an der Überlieferung in vielen Ländern in den vergangenen Jahren enorm intensiviert, und von dort befürchten die Bergoglianer den größten Widerstand gegen die von ihnen betriebene modernistische Revolution. Die Tradis im Umfeld der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften, so nehmen sie an, lassen sich mit den altbewährten Mitteln von Zuckerbrot und Peitsche leicht ins Abseits drängen. Aber der Diözesanklerus, die ganz „normalen“ Katholiken, könnten ihre Pläne ernsthaft gefährden.
Trotzdem und trotz scheinbarer Kompromißangebote (wie gegenüber der Petrusbruderschaft) können sich natürlich auch die EED-Gemeinschaften und ihre Gemeinden nicht beruhigt zurücklehnen und auf bessere Zeiten hoffen. Das Todesurteil ist ausgesprochen - nur der Vollzug ist ausgesetzt. Mit Blick auf diese Situation hat Peter Kwasniewski auf OnePeterFive eine Liste von 14 Maßnahmen zusammengestellt, mit denen vor allem die Laien etwas für den Erhalt der überlieferten Liturgie, ihrer Gemeinschaften und der orthodoxen Lehre, tun können. Nicht alles davon ist auf die in sich schon recht unterschioedlichen mitteleuropäischen Verhältnisse übertragbar, aber vieles. Und alles ist sehr anregend.
Die Fortexistenz der Tradition hängt heute vielleicht noch mehr als in den 70er Jahren vom Engagement, um nicht zu sagen von der „participtio actuosa“, der rechtgläubigen Laien ab. Priester sind, wenn sie sich auch nur die geringste Blöße geben, verhältnismäßig leicht zu disziplinieren und herauszudrängen. Der Fall Pavone in den USA kann zur Mahnung dienen. Und dabei ist Pavone noch nicht einmal liturgischer Traditionalist.Aaber er widersetzt sich nach Kräften dem Schmusekurs von Teilen der US-Hierarchie gegenüber den Säkularisierungstendenzen in Kirche und Politik - und schon das ist zuviel.
Für die Anhänger der überlieferten Liturgie und Lehre ist daraus noch eine weitere Lehre zu ziehen: Vielleicht sollten wir in Zukunft immer von „überlieferter Lehre und Liturgie“ sprechen, die Reihenfolge also bewußt umkehren. Denn unter denen, die an der überlieferten Lehre festhalten wollen, und das nicht nur behaupten, sondern auch tatsächlich tun, sind unterschiedliche Ansichten zur Liturgie in beträchtlichem Ausmaß zu ertragen.
Alle heiligen Patriarchen und Propheten - bittet für uns
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- 22. Dezember 2022
Am gestrigen 21. Dezember gedachte die Kirche des hl. Propheten Micha (lat. Michaeas) – zumindest ist es so im Martyrologium Romanum von 2005 vermerkt. Die unsererseits genutzte Ausgabe von 1922 verzeichnet als seinen Gedenktag den 15. Januar – Michas teilt das Los vieler Heiliger, deren Gedenktage nach der Liturgiereform einen neuen Platz zugewiesen bekamen. In seinem Fall kann man dagegen wenig einwenden. Micha ist einer der „kleineren“ Propheten des Zwölf-Prophetenbuches und dementsprechend weniger bekannt. Es gibt keine genauere Daten aus seinem Leben; seine „aktive“ Zeit läßt sich nach dem Inhalt der unter seinem Namen überlieferten Schriften auf die Jahre 750 – 700 schätzen. Für uns Heutige taucht Micha nur an einer Stelle aus dem Nebel auf, der das alten Testament in unserer Wahrnehmung umgibt: Von ihm (Micha 5,2f) stammt die bei Matthäus (2, 5f) aus dem Rat der Schriftgelehrten von Herodes zitierte Aussage „Du, Bethlehem Efrata, bist zwar wenig bedeutend unter den Städten in Juda, doch aus dir soll der kommen, der in Israel herrscht und der von Ewigkeit her gewesen ist.“
Micha ist nicht der einzige der Propheten, die nach dem Martyrologium traditionell einen eigenen Gedenk- oder Feiertag haben. Eine sorgfältige Suche käme wahrscheinlich zu dem Ergebnis, daß jeder von ihnen zumindest in irgend einer Ausgabe des Martyrologiums einen eigenen Tag hat. Fr. Zuhlsdorf, dem wir den Hinweis auf den gestrigen Gedenktag Michas verdanken, macht darauf aufmerksam, daß das Martyrologium von 2005 bei seiner Platzierung der Propheten-Gedenktage nicht wahllos vorgegangen ist, sondern eine ganze Reihe von denen, die nicht begründbar mit einem anderen Datum verbunden waren, in den Wochen des Advents versammelt hat: So sollen und können sie auch im Kirchenjahr den Auftrag erfüllen, der ihnen zu Lebzeiten anvertraut war: Das Volk Gottes auf die Ankunft des Erlösers vorzubereiten.
Es wäre ein eigenes Thema, einmal der Frage nachzugehen, wann und warum die Propheten des alten Testaments (wie letztlich das Alte Testament insgesamt) so weitgehend aus dem Bewußtsein der Gläubigen geschwunden sind. Es hat wohl etwas mit den Eigenarten des modernen Denkens und vermeintlichen Ansprüchen von Wissenschaftlichkeit zu tun, die auch die glaubenstreuen Katholiken der letzten Jahrhunderte vielfach ihren Wurzeln entfremdet haben. Die alte Kirche hat ihr Erbe aus dem alten Bund – trotz entschiedener Abgrenzung vom (rabbinischen) Judentum – nie verleugnet. Die meisten Kirchenlehrer konnten es an Kenntnis der Bücher der Propheten mit jedem Schriftgelehrten aufnehmen. Das Glaubensbekenntnis von Nizäa/Konstantinopel hat nicht nur den Platz des Heiligen Geistes in der einen und unteilbaren Dreifaltigkeit dargelegt, sondern im gleichen Atemzug auch die hohe und heilige Stellung der Propheten bekräftigt: – „qui locutus est per Prophetas“. Durch die Propheten hat der Geist zum Volk Israels gesprochen, sie sind Seine Stimme. Zwar erscheint diese Stimme nach zwei-einhalb Jahrtausenden uns heute manchmal noch unverständlicher als den schom inmmer schwerhörigen Menschenohren damals – der wissenschaftliche Hochmut und die Mißachtung, mit der viele moderne Bibelwissenschaftler dieser Stimme begegnen, ist dennoch unentschuldbar.
... pax hominibus bonæ voluntatis
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- 21. Dezember 2022
Gloria in excelsis Deo et in terra pax hominibus bonæ voluntatis.
So sangen es die Gottesboten nach dem 2. Kapitel des Lukasevangeliums auf dem Hirtenfeld von Bethlehem, so verkündet es die Kirche im Weihnachtsevangelium und so singt sie es bis auf den heutigen Tag im „Gloria“ der Sonn- und Feiertagsmesse. Über die korrekte deutsche Übersetzung gab es in der Kirche jahrhunderte lang keinen Zweifel: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen, die guten Willens sind. So steht es schon im Deutschen Messbuch von Christopher Flurheym aus dem Jahr 1529, und so steht es in praktisch allen katholischen Bibelübersetzungen und volkssprachlichen Messbüchern bis ins Jahr des Unheils 1969, als der alte Schrott ausgemustert und zunächst durch variantenfreundliche Ringhefter ersetzt wurde.
Im aktuellen Gotteslob (2014) heißt es da für die zweite Satzhälfte: „Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade“ – so wurde es aus der damals gültigen „Einheitsübersetzung“ (von 1980) übernommen. Inzwischen steht in der „Einheitsübersetzung“ (von 2016) da „Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“ – inwieweit die deutschen Messbücher und das Gotteslob dem schon angepasst wurden, und inwieweit die Anpassungen auch tatsächlich in Gebrauch sind, entzieht sich unserer Kenntnis.
Der Unterschied in den Worten ist wie so oft, wenn Worte absichtlich verändert werden, inhaltlich nicht trivial. Die alte Fassung mit den „Menschen, die guten Willens sind“, betont recht deutlich, daß der „Friede“ (im Wort schwingen die Bedeutungen „Heil“ und „Erlösung“ mit) nicht unterschiedslos allen Menschen gilt, sondern daß es da eine Einschränkung gibt auf den Kreis derer, die „guten Willen“ haben – die Gott die Ehre erweisen und den von ihm angebotenen „Frieden“ annehmen und in ihrem Leben beantworten und bekräftigen. So haben es auch die Väter und die Lehre der Kirche stets verstanden.
Die O-Antiphonen 2022
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- 19. Dezember 2022
Bereits im vergangenen Jahr hatten wir auf die Sammlung der O-Antiphonen im Hymnarium verwiesen und ihre Texte in den Zusammenhang mit der altes und neues Testament überspannenden Heilsgeschichte insgesamt gestellt: Kennzeichnend für diese in ihren Vorformen bis ins frühe 9. Jahrhundert zurückreichenden Antiphonen ist, daß sie in ihrem Wortlaut unverkennbar auf allgemeine Denkfiguren oder exakt identifizierbare Passagen aus dem Alten Testament zurückgreifen, diese Passagen aber aus der Perspektive des um seine künftige Erlösung flehenden Volkes Israel herauslösen und unter dem Blickwinkel des vollzogenen Erlösungswerkes neu interpretieren. Gleichzeitig wird die sehr stark auf irdische Verhältnisse gerichtete Erlösungshoffnung Israels ins Metaphysische gewendet: Nicht mehr die von babylonischer Versklavung und römischer Fremdherrschaft unterdrückten Juden der Zeit vor der Ankunft des Herrn, sondern das bereits befreite neue Volk Israel, das sich der nur durch eigenes, persönliches Verschulden fortdauernden Knechtschaft in der Beherrschung durch die Sünde bewußt geworden ist, erhebt in den O-Antiphonen seine Stimme.
In diesem Jahr können wir auf zwei hervorragende Artikel zu den O-Antiphonen verweisen, die bei Rorate Caeli und New-Liturgical Movement erschienen sind, die diesen Zusammenhang historisch und theologisch wohlfundiert ausbreiten:
Auf Rorate Caeli hat der im besten Sinndes Wortes „Schriftgelehrte“ Matthew Hazell die Geschichte, Theologie und Spiritualität der Antiphonen dargestellt. Eine deutsche Übersetzung in mehreren Folgen ist in Arbeit beim Beiboot Petri. Auf New Liturgical Movement hat sich Gregory Dipippo mit einem Artikel vom 17. Dezember des Themas angenommen. Beide sehr lesenswert.
Liturgie des Quatembersamstags im Advent
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- 17. Dezember 2022
In der überlieferten Liturgie sind die Messen der Quatembertage im Advent durch einen außergewöhnlichen Reichtum an Lesungen und Gesängen gekennzeichnet – insbesondere der Quatembersamstag. Während der Mittwoch neben dem Evangelium nur zwei Lesungen hat, sind für diesen Samstag sogar 6 zusätzliche Lesungen vorgesehen. Mit einer Ausnahme sind diese adventlichen Lesungen alle dem Propheten Isaias entnommen – dem großen Künder des kommenden Messias aus der Zeit des 8. Jahrhunderts vor Christi Geburt. Dazu kommt dann am Samstag die Lesung aus der 2. Epistel des hl. Paulus an die Thessalonicher, in der der Apostel die Gemeinde auf die 2. Wiederkunft des Herrn vorbereitet. Zwischen diesen Lesungen erfolgen Psalmengesänge (Graduale) und Fürbitten-ähnliche Orationen, wie am Karfreitag, sie werden auch wie dort mit dem Oremus – flectamus genua – levate eingeleitet.
Diese Leseordnung ist uralt und wurde so oder ähnlich bis zur Liturgiereform in allen Gemeinschaften der lateinischen Kirche praktiziert. Sie findet sich mit geringen Abweichungen bereits im zweiten Buch von Ruperts von Deutz’ De Divinis Officiis aus der Zeit um 1100, und sie ist, wie im folgenden zu zeigen ist, Ausdruck eines Selbstverständnisses der Kirche, das weit in ihre vorchristliche Vorgeschichte zurückreicht. Vielleicht war sie deshalb den Reformen, die doch behaupteten, den Reichtum der Schrift tiefer erschließen wollen, unerträglich.
Die Messe des Quatembersamstages im Advent ist von allen Adventsmessen diejenige, die Israels Erwartung des Herrn als Erlöser am stärksten zum Ausdruck bringt. Sie ist am tiefsten von allen Liturgien in der Tradition des auserwählten Volkes verankert. Gleichzeitig macht die Auswahl aus den Prophetien des Isaias schon von der ersten Lesung an deutlich, daß der Messias zwar aus dem Volk Israel hervorgeht, sein Erlösungswerk jedoch allen Menschen auf der ganzen Erde zugute kommen soll: Alle, die ihm folgen, werden zu den neuen Auserwählten, dem neuen Israel, gehören:
Ja, erkennen werden die Ägypter (= Heiden) den Herrn an diesem Tag und ihn Ehren mit Opfern und Gaben. Gelübde werden sie dem Herrn ablegen und erfüllen. So wird der Herr Ägypten mit Unglück schlagen und dann heilen. Sie werden sich zum Herrn bekehren, und versöhnen wird sich mit ihnen und sie Heilen der Herr unser Gott. (I. Lesung, Is. 19)