„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
Themen und Meldungen:
Gaudete, Pax und Traditio
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- 12. Dezember 2022
Das „Gaudete“ des dritten Adventssonntages ging vielen Menschen in Europa seit langen Jahren nicht mehr so schwer von den Lippen wie in diesem: Krieg in der Ukraine mit der Gefahr unabsehbarer Weiterungen, Kampf in der Kirche um Bewahrung oder Preisgabe dessen, was die Kirche seit ihrer Stiftung den eingeborenen Sohn Gottes selbst ausgemacht hat. Und doch ist es wahr, was der Introitus nach den Worten des Apostels Paulus an die Philipper proklamiert:
Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott!
Wenn das heute reichlich unglaubhaft klingt, so vor allem deshalb, weil es mit „Eurer (also unserer) Güte“ wahrhaftig nicht weit her ist – und weil wir uns (oder man uns) das „betende Danken und flehende Bitten vor Gott“ gründlich abgewöhnt haben. Wir haben Rechte, erworbene und verbriefte Rechte, und für die kämpfen wir. Bis zum letzten Ukrainer und bis zur letzten vor 80 Jahren getauften alten Frau, die im Krankenhaus nicht nur ohne Begleitung der Familie, sondern auch ohne Salbung und Vergebung durch die Sakramente der Kirche aus dieser Welt gehen muß, weil die viel zu wenigen Priester des viel zu großen Pfarrverbundes von einem Gremientermin zum nächsten hetzen. Oder sich in der Diskussion mit einer Kampflesbe von Maria 2.0 aufreiben. Oder selbst in diesem Kampf Partei für die Sache des Fortschritts ergriffen haben. Oder gar nicht mehr da sind, weil Priestertum und Hierarchie sind ja sowas von gestern, wer soll da noch ins Seminar gehen...
Der Introitus des dritten Advent zitiert aus dem Brief des Apostels die Verse 4 – 6. In Vers 9 steht dann eine Aufforderung, deren Beherzigung zumindest für die Kämpfe in der Kirche zu einem guten Ende führen könnte.
Was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.
Zur Zeit der Herausbildung des Ritus galt das wohl als so selbstverständlich, daß die Verse nicht eigens in die Oration aufgenommen werden mußten. Umso dringlicher, sie heute wieder in Erinnerung zu rufen.
Eine Woche haeretisch.de
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- 10. Dezember 2022
Sollte jemand geglaubt haben, die Bischöfe und Verbandsfunktionäre des Synodalen Weges könnten nach dem anläßlich des Ad-Limina-Besuchs abgegebenen Warnschusses aus Rom ihre Sezessionspläne aufgeben oder zumindest ein Moratorium einlegen, kann er den Punkt abhaken: Es geht weiter, wie bisher, und wie es aussieht auch noch mit gesteigertem Tempo und größerer Entschiedenheit. Alarmrufe, die aus mehreren noch nicht unter die Funktionärsherrschaft gefallenen Teile der Weltkirche eingehen, verhallen ungehört.
Dabei hat insbesondere die Kirche der USA, in der die Mehrheitsverhältnisse in der Bischofskonferenz gerade umgekehrt sind als in Deutschland, eine zunehmend kritische Position entwickelt. Bei Entwicklung und Verbreitung dieser Position spielen besonders die katholischen Internetpublikationen, die in den USA überwiegend privatwirtschaftlich organisiert sind und ohne Geld aus den überaus knappen bischöflichen Kassen auskommen müssen (und können!), eine große Rolle. Der in Rom stationierte Europa-Korrespondent des National Catholic Register, Edward Pentin, hat seinen Lesern dieser Tage einmal einen Einblick gegeben, was sich da so innerhalb einer Woche auf dem offiziell inoffiziellen Webportal der deutschen Bischöfe abspielt. Die von ihm aufgespießten Themen:
- Die Forderung des Küng-Adepten und emeritierten Theologie-Professors Hermann Häring, die in seinen Augen verhängnisvolle Erbsünde-Lehre der Kirche zu verwerfen;
- Die Entschuldigung des Berliner Erzbischofs Koch bei den Homo- und sonstwie Anderssexuellen für das „Unrecht“, das die Kirche ihnen in der Vergangenheit mit ihrer falschen und menschenfeindlichen Sexualmoral angetan habe;
- Der völlig unkommentierte Bericht über ein Interview der bekannten Laien-Theologin und Schlagersängerin Sarah Connor, in dem sie meinte, viele katholische Kirchen hätten ja eine starke Atmosphäre – aber dieser überall hängende gekreuzigte Jesus sei doch reichlich gruselig;
- Die in einem Kommentar erhobene Forderung der Redakteurin Gabriele Höfling, der 30. Jahrestag der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche sei kein Grund zum Feiern, sondern zu seiner Revision. Schließlich habe Papst Franziskus mit seiner Revision der Katechismus-Aussage zur Todesstrafe gezeigt, daß eine Modernisierung möglich sei;
- Die in einem eigenen Bericht gewürdigte Aussage der Erfurter Theologieprofessorin Julia Knop , wie herzerwärmend für sie es gewesen sei, das Evangelium im Gottesdienst von der Stimme einer Frau und in weiblicher Perspektive vorgetragen zu hören;
- Und schließlich die ausdrückliche Mahnung des Leitenden Redakteurs Matthias Altmann an seinen Arbeit- und Brötchengeber, keinesfalls auf die Warnungen aus Rom zu hören und die von dort kritisierten Beschlüsse des Synweges so schnell wie möglich umzusetzen.
Zu all diesen Punkten, die hier nur aufgezählt sind, unternimmt Pentin den Versuch einer inhaltlichen Einordnung, um seine amerikanischen Leser etwas mit der deutschen Situation bekannt zu machen.
Wie viele römische Riten gibt es?
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- 08. Dezember 2022
Der von Oktober bis November im Church Life Journal der Notre Dame University in fünf Folgen erschienene Artikel der Professoren Cavidini, Healy und Weinandy zur Unterstützung und Verteidigung von Traditionis Custodes wird in den USA nach wie vor intensiv diskutiert. Er ist jetzt auch als zusammenhängender Text erschienen, was Lektüre und Diskussion deutlich erleichtert. Die Wirkung des Artikel beruht weniger auf inhaltlichen Qualitäten – die sind selbst mit der Lupe kaum aufzufinden. Sie beruht auf dem schieren Umfang und der Tatsache, daß der Artikel erstmals eine Art Gesamtbild der Positionen der Befürworter der Liturgiereform Pauls IV und Annibale Bugninis entwirft und sich rückhaltlos hinter den Versuch von Franziskus stellt, die liturgische Tradition auszulöschen.
Das Bild, das die drei Autoren da zeichnen, ist völlig unbeeindruckt ist von den enormen Rückschlägen in der pastoralen Praxis, die die Kirche seit Durchsetzung des Novus Ordo hinnehmen mußte; ein Bild, das sich ausschließlich an den proklamierten Zielen der Reformvertreter orientiert und an keiner Stelle von der Überlegung getrübt ist, ob die proklamierten Ziele überhaupt mit den eingesetzten Mitteln erreichbar wären. Letztlich ein Phantasiebild, das keiner Beachtung wert wäre – wenn es nicht allzu exakt den Phantasien und Phobien des gegenwärtigen Papstes entsprechen würde, der die endgültige Durchsetzung der Reform von 1969 offenbar zu einem der Hauptziele seiner Politik gemacht hat.
Eric Sammons vom Crisis-Magazine hat jetzt ein über einstündiges Video-Interview mit Peter Kwasniewski gemacht, in dem die beiden Traditionsvertreter dem Rundumschlag der drei Notre-Dame-Autoren ein mehr den Realitäten entsprechendes Bild vom Kampfplatz – so muß man es wohl nennen – Liturgie und Tradition entgegenstellen. Wir referieren oder übersetzen daraus einige besonders lesenswerte Abschnitte, die freilich die Lektüre des Gesamttextes – Crisis Magazine hat dankenswerterweise dem Video ein vollständiges Transskript zur Seite gestellt – nicht ersetzen können.
St. Nikolaus der Wundertäter
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- 06. Dezember 2022
Zum heutigen Fest des hl. Nikolaus bringt Rorate Caeli einen Artikel von Matthew Hazell, der beschreibt, wie die neue Liturgie Pauls VI. systematisch alle Erinnerungen an die Wunder getilgt hat, die diesem eben wegen dieser Wunder im Volk seit 1700 Jahren so beliebten Heiligen zugeschrieben werden.
Beim Tagesgebet sieht das so aus:
O Gott, Du hast den heiligen Bischof Nikolaus durch zahllose Wunder verherrlicht; gib, wir bitten Dich, daß wir durch seine Verdienste und Fürbitten vor den Flammen der Hölle bewahrt werden. (Erster Beleg dieses Textes in einem Missale aus dem 11. Jh.)
Der Novus Ordo hat folgendes Tagesgebet:
Demütig bitten wir o Herr, um Dein Erbarmen, daß Du uns durch die Fürsprache des heiligen Bischofs Nikolaus in allen Gefahren beschützen und den Weg des Heils weit eröffnen mögest.
Eine ähnliche Säuberung erfolgte beim Eintrag des Heiligen im Martyrologium. In den vorkonziliaren Ausgaben des 20. Jh. lautet der Eintrag:
Zu Myra, der Hauptstadt von Lykien, die Geburt des heiligen Bischofs und Bekenners Nikolaus, von dem unter anderen Wundern berichtet wird, daß er, obwohl er sich weit entfernt von Kaiser Konstantin aufhielt, diesem in einer Vision erschien und ihn zur Barmherzigkeit gegenüber einigen zum Tode Verurteilten bewog, die seine Hilfe angerufen hatten.
In der Version von 2004 ist davon übriggeblieben:
Sankt Nikolaus, Bischof von Myra in Lykien, berühmt wegen seiner Frömmigkeit und seiner Fürsprache am Thron der göttlichen Gnade.
In beiden Fällen geben die Änderungen einen verheerenden Eindruck von der Blutarmut und Lebensferne, die den unter das Joch des modernen Rationalismus gebeugten Novus Ordo generell auszeichnet. Da ist nichts Konkretes und nichts Individuelles mehr – beide Texte ließen sich ohne Änderung für eine große Zahl anderer Heiliger verwenden, sie sind nicht mehr als frömmelnder Stehsatz.
Der Lobgesang der Heilsgeschichte
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- 03. Dezember 2022
Das Loblied des Zacharias verdient Aufmerksamkeit nicht nur wegen der darin ausgedrückten messianischen Erwartung. Es ist auch nicht ein Abschnitt des Lukas-Evangeliums wie viele andere, die vielleicht einmal im Jahr im Evagelium vorgetragen werden. Das Benedictus ist eines der Grundgebete des Lateinischen Offiziums, das seit unvordenklicher Zeit täglich im Morgengebet der Laudes gesungen wird, um die Ankunft des Herrn und seine Wiederkunft am Ende der Zeiten zu preisen. Ganz ähnlich in den Liturgien der griechischen Tradition, in denen das „Eulogetos ho Kyrios“ ebenfalls zum Grundbestand des Stundengebetes gehört, bei dem es in der 9. Ode des Nachtgebetes seinen Platz hat – zumindest dann, wenn die Vollform gesungen oder gebetet wird. Das Stundengebet der östlichen Tadition ist sehr umfangreich, aber auch flexibel: Abkürzungen oder Auslassungen sind zulässig.
Bei genauererm Hinsehen sind Spuren des Benediktus noch über den Bereich der christlichen Kirchen hinaus wahrnehmbar: Auch das neuzeitliche Judentum beginnt sein idealerweise täglich zu absolvierendes „Achtzehnbittengebet“ (Amida) mit einer Formel, die wie eine erweiterte Version des Anfangs des Zacharias-Canticums klingt:
Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter. Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, allmächtiger, großer, gewaltiger und erhabener, höchster Gott, der in Güte Gnade erweist und dem alles gehört, der gedenkt der frommen Werke der Väter und den Erlöser bringen wird ihren spätesten Abkömmlingen, um seines Namens willen, in Liebe.
Dieser Gebetsanfang der Amida ist zwar erst seit dem 8. Jh. belegt – dennoch kann man vermuten, daß sie eine im Lauf der Jahrhunderte erfolgte Weiterentwicklung einer auch von Zacharias verwandten alttestamentarischen allgemeinen Gebetseinleitung darstellt. Wenn diese Perspektive in die Zukunft auch etwas spekulativ sein mag – umso sicherer ist es, daß das Gebet des Zacharias weit in die ältesten Traditionen des Judentums zurückreicht, und nicht nur mit seiner Einleitung. Das „cornu salutis“, das „Horn des Heils“ greift auf einen im Alten Testament immer wieder vorkommenden Ausdruck zurück, der sich entweder von einem Feldzeichen des Militärs, viellicht einem Horn ähnlich dem Schofar, oder von den „Hörnern“ des Altars herleitet, die im ganzen alten Orient die Begrenzung der Opferplatte markierten. In jedem Fall bezeichnet „Horn“ im AT ein sichtbares Zeichen für das Heil, das Gott seinem Volk immer wieder zuwendet.
Wie arianisch ist der Novus Ordo?
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- 01. Dezember 2022
Die absurde Behauptung von Papst Franziskus in TC und seines Mitarbeiters Roche in den „Responsa ad Dubia“, daß der Novus Ordo die einzige „lex orandi“ des römischen Ritus darstellte, hat in traditionstreuen Kreisen zu einer verstärkten kritischen Untersuchung des Missales Bugninis und Pauls VI. geführt – in der Regel ohne zu bestreiten, daß die hl. Messe auch nach diesem Missale gültig und gnadenbringend gefeiert werden kann. Kann – aber in der Realität selten genug auch wird.
Im Vordergrund der Kritik steht meistens die empirisch belegbare Feststellung, daß der Novus Ordo durch den Abbau sakraler Formen das Bewußtsein der Gläubigen für die metaphysische Dimension des Geschehens am Altar vermindert und durch die als „aktive Teilnahme“ ausgegebene Einbeziehung der Gemeinde – oft reduziert auf aktivistische „Vorzugslaien“ – die Bedeutung des priesterlichen Handelns herabsetzt oder ganz unsichtbar macht. Abbau der Bereitschaft zur Teilnahme und Verlust zentraler Glaubensinhalte – Stichwort Realpräsenz – sind die zu Recht beklagten Folgen. Danach würde die Feier des Messopfers selbst durch die reformierte Liturgie zwar nicht beeinträchtigt – wohl aber die Fähigkeit der Gläubigen, Wert und Inhalt dieser Feier voll zu erfassen und die daraus hervorgehenden Gnadengaben zu nutzen. Ein wahrhaft paradoxes Ergebnis für eine Reform, die doch das Ziel proklamierte, diese volle und ertragreiche Teilnahme zu befördern.
So berechtigt diese Kritik auf pastoraler Ebene auch ist, so läßt sie doch außer Acht, daß es im Novus Ordo auch auf theologischer Ebene problematische Elemente gibt, die sich auf den Inhalt dessen, was da geschieht und geschehen soll, selbst auswirken können.