„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Kardinal Zuppi und die wütende Grille
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- 07. November 2022
Mit Kardinal Matteo Zuppi hat ein bedeutender römischer Würdenträger – schließlich ist Zuppi nicht allein Erzbischof von Bologna, sondern auch Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz – anläßlich der Wallfahrt „Summorum Pontificum“ in der römischen Kirche des Pantheons eine Vesper im überlieferten Ritus gefeiert. Das scheint einige Leute mehr aufzuregen als die im gleichen Zusammenhang erfolgte Zelebration eines Levitierten Hochamtes im Petersdom.
Fragt man sich, warum, drängen sich zwei Überlegungen in den Vordergrund: Die Messe im Petersdom konnte nach einer ordentlichen Anfrage der Wallfahrtsorganisatoren stattfinden und hatte die Genehmigung der zuständigen Verwaltung. Andererseits war sie nicht wie in vorhergehenden Jahren ein Pontifikalamt, sondern „nur“ ein levitiertes Hochamt. Der Vorgang verweist einerseits auf die Bereitschaft der Anhänger der überlieferten Liturgie, trotz ihrer überaus rüden und auch gesetzlosen Behandlung durch die römischen Machthaber an den Grundregeln des innerkirchlich Gebotenen festzuhalten. Ebenso darauf, daß es auch im Rom noch Leute gibt, die diese Regeln zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenfalls einhalten wollen. Solange es nach ihren Bedingungen geht, denn anscheinend war „von oben“ eine Weisung ergangen, daß man im Zusammenhang mit der Wallfahrt keine Mitra sehen möchte – soviel Diskriminierung muß sein.
Falls das tatsächlich die Absicht „von oben“ war, hat der Kardinal aus Bologna mit der Pontifikalvesper diese Absicht durchkreuzt.
Nachtrag zu Allerseelen
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- 05. November 2022
Zu unserem Artikel am Allerseelentag hat uns der Priester und Doktor der Theologie Marc Hausmann, dessen theologische Kompetenz die unsrige bei weitem übertrifft, Korrekturen und Ergänzungen zukommen lassen, die wir mit großem Interesse gelesen haben. Wir geben sie daher hier mit dem Einverständnis des Verfassers leicht redaktionell bearbeitet gerne weiter. Fehler sind unvermeidlich, zumal sich die wissenschaftliche Theologie fast völlig aus dem Gespräch mit dem gemeinen Kirchenvolk zurückgezogen hat, demgegenüber sie noch bestenfalls als Ideologieproduzent wirkt. Aber wo Fehler und Mißverständnisse unsererseits erkannt und korrigiert werden, wollen wir sie nicht einfach so stehen lassen. Hier die Hauptaussagen der kritischen Zuschrift Hausmanns:
Ich habe den Eindruck, daß Ihre Bemerkungen über die Sühnung für die Schuld der Seelen im Fegefeuer auf einem Mißverständnis beruhen, das ich hier erläutern darf:
Das Prinzip der vertretenden Leistung von einem Gegenwert für jemand anderen im Allgemeinen und des Verdienstes anstatt anderer im Besonderen liegt zum einen in der Natur der Sache – wir Menschen können bereits auf der materiellen Ebene unseres Seins, die ja auch von den Modernisten und Heiden anerkannt wird, zum Beispiel Geld und Blut anderen spenden, an ihrer statt erbringen, wieso dann nicht noch viel mehr auf der geistigen Ebene unseres Seins, wo die Seele mit ihren immateriellen Kräften noch viel kommunikativer nach außen hin sein kann? Zum anderen hat das Lehramt des Konzils von Trient ausdrücklich diese Lehre der Leistung eines Gläubigen, der in der Verfassung der „Gerechtigkeit“ ist, wir würden sagen im Stand der Gnade, von geistigen Gaben für andere Seelen bestätigt.
Ich möchte noch hinzufügen, daß es bei dieser Vertreterschaft, zumindest für die armen Seelen im Fegefeuer, nicht um die Vermittlung der Gnaden geht, sondern um die Wiedergutmachung der Sündenschuld, also die Buße, die im Unterschied zur Gnade nicht eine Qualität in der Seele ist, sondern ein Akt der Restaurierung der Rechte Gottes ist und daher auf der Grundlage der Relation der Gerechtigkeit zu Gott, der Religion, wirkt.
'Kirche' ohne Sakramente und Priester?
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- 03. November 2022
Das Bistum Mainz hat per Rundbrief das liturgische Formular für einen „Sterbesegen“ veröffentlicht, der auch von Laien erteilt werden können soll. Er soll offenbar an die Stelle des in der Praxis vieler Orte völlig aufgegebenen Sakraments der Krankensalbung/Letzten Ölung treten, dessen Spendung dem geweihten Priester vorbehalten ist. Nachdem kath.net eine theologisch begründete Kritik von Msgr. Schroedel an diesem Vorgehen veröffentlich hat, meldeten sich in den Zuschriften mehrere Leser zu Wort, die mitteilten, daß diese Praxis keineswegs neu sei, sondern in mehreren Diözesen schon seit 10 und mehr Jahren geübt werde. Die von uns hier zum Download verlinkte „Handreichung zum Sterbesegen“ des Bistums Rottenburg-Stuttgart aus dem Jahr 2012 kann das belegen.
Der Bischof von Essen hat in den vergangenen Monaten offizielle Beauftragungen von Laien und vorzugsweise Lainnen zur Spendung der Taufe vorgenommen, und andere Diözesen (bspw. Rottenburg und Aachen) darüber nachdenken wollen diesem Vorbild folgen. Die Beauftragung von Lai:innen zur Assistenz bei der Eheschließung ist zumindest im Gespräch. Auch hier gibt Essen den Vorreiter. Von der Wiege bis zur Bahre werden wir demnächst also von „bischöflich beauftragten“ Laien begleitet – den „Beerdigungsdienst“ (s. Bild oben, mit Verweis auf eine informative Quelle) haben die Verwalter der priesterlosen Kirche auch schon erfunden.
Damit ist für drei der klassischen sieben Sakramente die Spendung durch Priester in Frage gestellt. Da das Sakrament der Buße/Beichte vielerorts praktisch völlig außer Gebrauch gekommen ist und die Firmung – wenn sie überhaupt noch stattfindet – von den meisten Firmanden und Familien nur noch als spirituell entleerter Übergangsritus zum Erwachsenwerden (und Geschenke abgreifen) angesehen wird, muß man feststellen, daß der nachkonziliare Neue Frühling das sakramentale Leben der Kirche in Deutchland in eine tiefe Krise gestürzt hat.
Dabei ist eine mehrfache Differenzierung erforderlich.
Heilsökonomie und Buchhaltung
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- 02. November 2022
Das Gedächtnis „Allerseelen“ geht auf eine Regelung zurück, die bereits im 11. Jahrhundert von Abt Odilo von Cluny für seine Mönche eingeführt worden war und die in Anknüpfung an frühere Bräuche des zumeist individuellen oder familiären Totengedenkens diesem Tag eine hervorgehobene Stellung als Gedenktag „für alle Verstorbenen“ und der Fürbitte für alle „Armen Seelen“ einräumte.
Allerseelen ist – neben Weihnachten – der einzige Tag des Jahres, an dem es den Priestern ohne weiteres erlaubt ist, traditionell sogar empfohlen, drei mal das heilige Messopfer zu feiern. Die Regelung geht zurück auf ein Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst für Spanien gewährtes Privileg, das Papst Benedikt XV. während des ersten Weltkrieges auf die ganze Kirche ausdehnte: Die Zahl der Toten, für die „Seeelenmessen“ gelesen werden mußten, war ins unermeßliche gestiegen.
Dazu gab es noch eine weitere Überlegung: Im Gefolge von „Aufklärung“ und Revolution waren in vielen Ländern Europas die Kirchengüter ganz oder zu großen Teilen eingezogen worden – in Österreich und Norditalien insbesondere im Zeichen des Josephinismus („Religionsfonds“ von 1782), in Frankreich nach der Gouillotinenrevolution ab 1793, in Deutschland in der Folge des „Reichsdeputationshauptschlusses“ von 1803. Ildefons Schuster schreibt dazu in seinem „Liber Sacramentorum“ (deutsche Ausgabe Bd. 9, S. 87 ff):
Die frommen Vorfahren hatten einst Kirchen, Kapiteln und Altären reiche Stiftungen gemacht, damit nach ihrem Tode das hl. Opfer für sie dargebracht werde. Durch die Revolution und die Einziehung der Kirchengüter wurden jedoch in sehr vielen Fällen die Vermächtnisse zerstreut, so daß der Papst mit Rücksicht auf den verarmten Klerus ganze Kapitel, religiöse Genossenschaften und Priester von der Erfüllung der alten Meßstiftungen befreien mußte.
Alle Heiligen aller Zeiten
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- 01. November 2022
Zum Fest Allerheiligen haben wir bereits mehrfach etwas veröffentlicht und können daher auf empfehlenswerte Beiträge aus jüngerer Zeit verweisen: Zu theologischen Grundgedanken des Festes, zu einigen liturgischen Aspekten und (von Fr. Hunwicke) zur in England besonders stark ausgeprägten Verehrung der Heiligenreliquien.
Wir begnügen uns daher zunächst mit einer sehr interessanten Abbildung aus einem Missale der Zeit um 1900 zum heutigen Tag. Sie ist trotz gewisser stilistischer und konzeptioneller Ähnlichkeiten vertmutlich nicht von Max Schmalzl; ein undokumentierter Netzfund aus unserem Archiv. Gegenüber den signierten Holzschnitten von Schmalzl und anderen weist diese Darstellung zwei Besonderheiten auf: Zunächst der Thron. Das ist hier nicht wie sonst üblich der Thron des als König herrschenden Christus, des Lamm Gottes oder der allerheiligsten Dreifaltigkeit, sondern der Thron der demütig auf ihren Sohn blickenden Mutter des kindlichen Königs, und der bildet denn auch unverkennbar das Zentrum. Zweite Besonderheit ist der geradezu enzyklopädische Umfang der Darstellung. Auf der rechten Seite elf zentrale Gestalten aus dem alten Bund, links elf ebenso zentrale aus dem neuen, aber nicht nur die sonst gerne dargestellte Schar der Apostel. Auf beiden Seiten sind je vier Frauen dargestellt – eine Besonderheit für die Zeit. Warum aber jeweils nur elf und nicht Zwölf? Nun, zu Füßen des Thrones knien zwei der unschuldigen Kinder-Märtyrer, die die kanonische Zwölf vervollständigen und zudem noch neben der Gottesmutter eine zweite Brücke zwischen den beiden Testamenten bilden.
Die himmlischen Heerscharen sind zunächst durch sieben dem Zeitgeschmack entsprechende puttoeske Cherubim angedeutet – und dann prominent vertreten durch die beiden Erzengel Gabriel und Michael. Diese beiden werden zwar populär als „Erzengel“ angesprochen, gehören aber nach der mittelalterlichen und bis auf die alttestamtlichen Apokryphen zurückgehenden Engellehre zusammen mit Raphael zum höchsten der neun Ränge, zu den Seraphim. So bildet also diese Illustration auf gedrängtem Raum ein denkbar umfassendes Bild der Heiligen in der Anschauung Gottes. Und volle Inklusivität ante Verbum, wenn man so will.
Hiermit könnte dieser kurze Beitrag enden, wenn nicht häretisch.de zum Feiertag ein Interview mit dem „Theologen“ Oliver Wintzek (ja, der) gebracht hätte, das die doch nachgerade zur DNA der Kirche gehörende und soeben von den Vorbereitern der Synodensynode so nachdrücklich geforderte „Inklusivität“ radikal in Frage stellt. Pius X. gilt ihm als „Modernisierungs-Blockade-Heiliger“, und über den Pfarrer von Ars samt Papst Benedikt, der ihn „eindrucksvoll in Szerne gesetzt“ habe, kann er nur mitleidig lächeln. Diese Figuren einer „moralisierenden Frömmigkeit“ haben uns Heutigen nichts mehr zu sagen. Seine Heiligen wären „Menschen, die in und für die Kirche einfordern, dass sie am Puls der Zeit bleibt. Die Kirche muss gegenwartskompatibel sein. ... Die Kirche ist ein Player in unserer offenen Gesellschaft, bei der es kein ‚Zurück zu‘ gibt, keinen Indietrismus, wie Papst Franziskus es nannte.“
Wow! In diesem Sinne also: Einen froher und vor allem indietristischen Allerheiligentag!
Ein wiedergefundener Schatz
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- 31. Oktober 2022
Im Vortragsprogramm zur römischen Wallfahrt „Summorum Pontificum“ der vergangenen waren als Redner unter anderen Peter Kwasniewski, Msgr Nicola Bux und der italienische Journalist Aldo Maria Valli aufgetreten. Einen zusammenfassenden Überblick der Vorträge gibt katholisches.info. Wir wollen einige dieser Vorträge in den kommenden Tagen übersetzen und beginnen dazu mit dem sehr langen, sehr emotionalen und äußerst lesenswerten Vortrag von Valli nach der heute auf Messainlatino veröffentlichten Fassung.
Die überlieferte Messe - ein wiedergefundener Schatz
Ich möchte zu Ihnen über die alte Messe sprechen – aber vielleicht wäre es besser, sie die heilige Messe aller Zeiten zu nennen, einen wiederentdeckten Schatz. Eine kostbare Perle, ein Schatz unschätzbaren Wertes, der Generationen von Katholiken – ich eingeschlossen – lange verborgen war, aber endlich doch durch göttliche Gnade und das Engagement vieler mutiger Gläubiger wieder zugänglich wurde.
Wir haben, weil man uns das so gesagt hatte, geglaubt, daß die „neue Messe“ nur eine Übersetzung der „alten“ Messe sei, um sie verständlich zu machen Doch wir entdeckten daß die Messe des Heiligen Pius V., die Messe aller Päpste bis auf Paul VI., überhaupt keiner Übersetzung bedurfte, weil sie mit ihren Gesten, ihren Zeichen, ihren erhabenen Texten, ihrem Schweigen direkt ins Herz ging. Da brauchte es keine Erklärung. Wie der brennende Dornbusch, wie die Flammen über den Aposteln zu Pfingsten, ist es ein offensichtliches Zeichen des Geheimnisses, das zu uns spricht. Geheimnis des Lichts und der Erlösung.
Wir haben auch festgestellt, daß die „neue“ Messe, die Messe von Paul VI., wenig zu sagen hat, obwohl sie in der Umgangssprache spricht. Denn es geht nicht um Worte, sondern um den Glauben. Für viele von uns war es eine schmerzhafte Entdeckung und wir haben uns gefragt, warum uns niemand so lange von dem verborgenen Schatz erzählt hat.