„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Pustet-Missale und Biblia Pauperum
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- 20. Mai 2022
Die Besonderheit der Messbücher von Pustet aus den Jahren 1870 bis fast 1960 sind die „typologischen Illustrationen“ für die Festtage, bei denen das meist aus dem Tagesevangelium genommene Zentralbild von Typoi, d.h.Vorgestalten aus dem alten Testament und von Verweisen auf entsprechende Schriftstellen umgeben ist. Damit wird der Festgedanke noch einmal unübersehbar in sein heilsgeschichtliches Umfeld eingebettet – „noch einmal“, weil dieses Umfeld dem Zelebranten Einbettung im Prinzip auch schon durch die Texte und Antiphonen der vorausgegangenen Stunden des Offiziums gegenwärtig sein sollte. Die Festtagsillustrationen wurden seit 1883 ausschließlich von Fr. Max Schmalz gestaltet und zumeist auch signiert, und es ist wahrscheinlich, daß auch einige der früheren von ihm stammen – schließlich war Schmalzl schon seit 1875 als gelegentlicher freier Mitarbeiter für Pustet tätig. Der „Erfinder“ des typologischen Illustrationsprinzips , das bei Pustet irgendwann zwischen 1863 und 1870 eingeführt wurde, war Schmalzl sicher nicht – diese Ehre kommt vermutlich dem bis 1874 als Hauptredakteur für Pustet tätigen Regensburger Domkapiturlar Maier oder einem von ihm beauftragten Künstler zu.
„Erfunden“ hat freilich auch von diesen keiner das typologische Illustrationsprinzip – es war schon seit dem Mittelalter in der sogenannten „Biblia Pauperum“ eingeführt und nach Erfindung des Buchdrucks in der ganzen katholischen Welt weit verbreitet. Die Übersetzung des Begriffs „Biblia Pauperum“ als „Armenbibel“ ist extrem irreführend. Auch in der Blütezeit der Armenbibeln nach dem 15. Jahrhundert waren sie für das gemeine Volk unerschwinglich, und es gibt viele Exemplare, die für den höfischen Gebrauch hergestellt und kostbar illuminiert und aufwendig ausgestattet waren. Außerdem waren es keine „Bibeln“, die Texte aus dem alten oder neuen Testament im Wortlaut brachten, sondern sie enthielten „biblische Geschichten“, die ausgewählte Ereignisse vor allem aus dem Leben Jesu, dann aber auch aus den Propheten, mehr oder weniger didaktisch aufbereitet nacherzählten. Ihr Hauptkennzeichen aber ist die Tatsache, daß sie in der Volkssprache abgefasst waren - viel passender wäre also die Bezeichnung „Laienbibeln“.
Der Glaube des Generalvikars
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- 18. Mai 2022
Der Übertritt des bisherigen Speyrer Generalvikars Andreas Sturm zu der fälschlicherweise als „Altkatholiken“ bezeichneten protestantischen Gruppierung wirft Fragen auf, die bisher in der Öffentlichkeit nicht oder nicht vernehmbar gestellt worden sind. Person und Beweggründe des ehemaligen Bischofs-Vertreters sind dabei dabei noch mit den wenigsten Fragezeichen zu versehen: Andreas Sturm, geboren 1974, Priesterweihe 2002 und Bilderbuchlaufbahn im diözesanen Verbandswesen, hat zumindest aus seinem auf umstürzende „Reformen“ gerichteten Absichten nie einen Hehl gemacht. Das ist aus den Nachrufen zu ersehen, die ihm die Verbände nun gewidmet haben. Ein Mann des Progressismus und des Synodalen Weges, wie er im Bilderbuch steht. Und das hat seinen Bischof Karl-Heinz Wiesemann jedenfalls nicht davon abgehalten, ihn 2018 zum Generalvikar zu ernennen – das hier zu setzende Fragezeichen geht zu gleichen Teilen an den Bischof und die Kongregation für Bischofsernennungen in Rom. Was denken die sich eigentlich bei ihren Personalentscheidungen? Würfeln die - oder verfolgen sie einen Plan?
Ob Sturm hinsichtlich der von ihm nun eingeräumten „Verletzung des Zölibats“ gegenüber seinem Bischof ebenso offen war wie bei seiner Reformagenda, wissen wir nicht und wollen wir auch gar nicht so genau wissen: Hier ist in jedem Fall dem Bischof eine ernste Pflichtverletzung anzukreiden, dem es entweder egal war oder der sich gar nicht erst die Mühe machte, seinen Stellvertreter als Bistumsadministrator etwas näher kennenzulernen. Hoffen wir nur, daß Sturm nicht komplett und ebenso demonstrativ den Weg des früheren Benediktiner-Priors Anselm Bilgri, geht der zufällig in diesen Tagen vom Vatikan in den Laienstand zurückversetzt worden ist.
War der zeitliche Zusammenfall ein Zufall? Wir wissen es nicht. Aber der Zeitpunkt von Sturms Amtsaufgabe samt Konfessionswechsel und die ursprünglich als Hauptmotiv genannte Begründung, er habe den Glauben an die Reformfähigkeit der Kirche (woran der moderne Katholik so alles glauben kann) verloren, produziert jedenfalls weitere Fragezeichen.
Und wieder mal: Inkulturation
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- 17. Mai 2022
In einem Interview mit der spanischen Publikation Omnes hat der Vertrauensmann von Franziskus für die Auslöschung der liturgischen Tradition, Arthur Roche, neue Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung dieses Ziels angekündigt. Konkret benannte er u. A. die Veröffentlichung eines Dokuments zur liturgischen Bildung von Priestern und Laien. Wir sind gespannt, im Zusammenhang mit „liturgischer Bildung“ ist uns Roche bisher nicht aufgefallen. Weniger konkret benannte er die – aus seiner Sicht – Notwendigkeit einer stärkeren „Inkulturation“ des römischen Ritus für die Bedürfnisse außereuropäischer Gesellschaften. Bedauerlicherweise sei seit dem Konzil nur ein solcher inkulturierter Usus geschaffen worden – der sog. Ritus von Zaire. Ein halbwegs authentisches Beispiel bietet ein kurzer Youtube-Film hier; erneut und diesmal Franziskisch inkulturiert am Altar des Stuhles Petri in Rom sieht das dann so aus. Den Ordo des Missale in Italienisch und Englisch kann man hier einsehen, proklamiert wurde er in französischer Sprache, und in dieser Sprache wird er wohl auch am meisten gefeiert - wenn überhaupt. In der Praxis scheint wenig Nachfrage zu bestehen.
Zu diesem „Usus“ können wir über die oben genannte Quelle hinaus weiter nichts sagen, als daß er hauptsächlich von Europäern geschaffen wurde – nach ihren Vorstellungen davon, was „dem Afrikaner“ gemäß sei. Und entsprechend dem frühen Entstehungszeitpunkt in den 60er Jahren zeigt er neben romantischem Afrika in vielem noch wesentlich mehr Elemente der überlieferten Liturgie als der aktuelle Sonntagsgottesdienst einer Novus-Ordo-Gemeinde in Deutschland.
Es wäre interessant, einmal die Meinung von Kardinal Sarah zu derlei Veranstaltungen zu hören, aber der gilt ja wohl nicht mehr als richtiger Afrikaner, sondern als europäisch verbildet und kolonialistisch geprägt. Das wahre Wesen Afrikas kennt man nur an einigen amerikanischen und europäischen Universitäten – und natürlich auch in S. Anselmo und im Hause Roche …
Bei Papsttreisen in exotische Länder ist gelegentlich zu besichtigen, wie eine „Inkulturation“ im Geist des Novus Ordo aussieht: Man glaubt sich in eine Werbeveranstaltung des örtlichen Vereins zur Steigerung des Fremdenverkehrs versetzt.
Nachdenken über Immobilien
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- 14. Mai 2022
Zugegeben, die Orte Frielendorf, Oberaula und Schrecksbach aus der Umgebung des oberhessischen Schwalmstadt, die uns bis gestern gänzlich unbekannt waren, sind nicht gerade der Nabel der Welt. Aber die drei Flecken mit zusammen etwa 13000 größtenteils nichtkatholischen Einwohnern haben eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit: In allen dreien stehen die früheren katholischen Pfarrkirchen zum Verkauf, die durch den zurückgehenden Gottesdienstbesuch und die folgenden Pfarreizusammenlegungen überflüssig geworden sind. Die drei Kirchen waren nach dem letzten Weltkrieg gebaut worden, als katholische Heimatvertriebene in die vorher rein evangelische Gegend kamen, und sind nicht wirklich Schmuckstücke der Sakralarchitektur. Aber zu zweien davon gehört auch ein Pfarrhaus, und das derzeit leerstehende in Frielendorf hat nicht nur über 400 m² Wohnfläche, sondern es ist auch als Kulturdenkmal geschützt. Soll heißen: Die Verwertungsmöglichkeiten der Doppelimmobilie, die in der Gegend ohnehin gering sein dürften, erscheinen empfindlich eingeschränkt.
Beim Blick auf Google-Earth wird nun ersichtlich, daß in einem Radius von 35 km um Schwalmstadt Orte wie Marburg, Bad Hersfeld, Alsfeld und Fritzlar liegen. Auch nicht gerade Brennpunkte des katholischen Lebens in Deutschland, aber Menschen-(und Katholiken-)leer ist die Gegend nun auch nicht. Selbst wenn, wie man befürchten muß, die Verkehrsverbindungen in der Region eher suboptimal sind, erscheint es nicht abwegig, sich vorzustellen, daß es in einer solchen Gegend genug Katholiken gibt, denen bei der Wort-Gottes-Feier der Gemeindereferentin etwas fehlt, die den Synodalen Irrweg nicht aus ganzem Herzen mitgehen und die sogar bereit wären, sonntägliche Mitfahrdienste zu organisieren, um sich und anderen den Besuch einer richtigen katholischen Messe zu ermöglichen. Wenn es nicht anders zu haben ist, auch in der überlieferten Liturgie.
Natürlich wissen wir nicht, ob gerade Schwalmstadt und Umgebung das geeignete Umfeld für für die Installation eines solchen „Pfarrverbundes der Tradition“ bieten können, doch darum geht es auch gar nicht.
Gehorsam in der Krise
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- 12. Mai 2022
Das neueste Buch von Peter Kwasniewski, im Februar in den USA unter dem Titel „True Obedience in the Church“ bei Sophia Press erschienen, liegt jetzt auch in deutscher Übersetzung vor: „Wahrer Gehorsam in der Kirche – Ein Leitfaden in schwerer Zeit“. Das Taschenbuch (116 Seiten, Preis 11,72 €) ist über die üblichen Bezugsquellen im Internet erhältlich. Und es bietet trotz des verhältnismäßig geringen Umfangs tatsächlich einen überaus hilfreichen Leitfaden zur Orientierung in der gegenwärtigen Kirchenkrise. Der Gebrauchswert des Buches wird noch einmal dadurch erhöht, daß die eigentliche Argumentation in einem Hauptteil von 64 Seiten leicht nachvollziehbar entwickelt wird, während Literaturhinweise und vertiefende Anmerkungen in einen 40-seitigen Anmerkungsteil am Schluß des Buches ausgelagert sind.
Unmittelbarer Anlaß zur Abfassung des Buches ist die Bedrohung, die von Traditionis Custodes für die Gemeinschaften und Gemeinden der überlieferten Liturgie ausgeht. Aber die allgemeine Kirchenkrise ist ja nicht allein eine Krise der Liturgie bzw. einer fehlgegangenen Liturgiereform. Sie ist eine Krise, die mit der modernistischen Umformung der Begriffe von Autorität und Gehorsam die gesamte Gestalt der Kirche, wie sie seit der Zeit der Apostel besteht, in Frage stellt. Dazu vorweg einige Überlegungen.
Der Gehorsam gegenüber Gott, dann aber auch gegenüber der von ihm eingesetzten Autorität, ist eine der großen Tugenden der Christen – solange die Autoritäten in Kirche und Gesellschaft sich dessen bewußt sind, daß sie nicht auf eigenem Recht und eigener Machtvollkommenheit beruhen, sondern diese Macht ihnen „von oben gegeben“ (Jesus vor Pilatus, Joh. 9,11) ist.
Liturgisches Überleben in Grauzonen
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- 10. Mai 2022
Zwischen den Blogs Caminante Wanderer (Argentinien) und MessaInLatino (Italien) findet derzeit eine durchaus freundschaftliche Diskussion über den Anteil von Papst Franziskus an den Aktivitäten gegen die überlieferte Liturgie statt. Der Wanderer vertritt dabei die Ansicht, das Franziskus an Liturgie prinzipiell desinteressiert sei, sich ausschließlich den Dingen widme, die sein neo-jesuitisches Denken für wichtig hält, und im übrigen den Stimmen folge, die am besten in sein aktuelles Machtkalkül passen. Dem wollen wir nicht widersprechen, zumal der Wanderer durchaus schwerwiegende Argumente zur Unterstützung seiner Ansicht anführen kann.
MessaInLatino hält dem entgegen, daß die bisherigen Aktionen des Pontifikats sehr wohl ein starkes Interesse des Papstes erkennen ließen, die überlieferte Liturgie aus dem Gottesdienst der Kirche zu vertreiben und daß die der Petrusbruderschaft gewährten Zugeständnisse allein den Zweck hätten, dort ein „Ghetto“ einzurichten und zu isolieren, das sich dann bei Gelegenheit umso leichter auslöschen lasse. Auch dem wollen und können wir nicht widersprechen, denn auch Messa in Latino kann schwerwiegende Argumente zur Unterstützung seiner Ansicht anführen.
Uns scheint, die beiden Versionen stehen nicht in direktem Widerspruch zueinander, sondern unterscheiden sich alleine im Grad der Einschätzung des persönlichen Engagements von Franziskus – und das ist unseres Erachtens doch eher ein Streit um des Papstes Bart, wenn man so sagen darf. Franziskus neigt dazu, gerade demjenigen Recht zu geben oder zumindest nicht zu widersprechen, der ihm gegenübersteht – und die Widersprüche, die daraus entstehen können, interessieren ihn nicht, solange sie seine Position nicht gefährden. Im Gegenteil: Wenn die Höflinge streiten, gewinnt der Herrscher umso mehr Spielraum, nach eigenen Plänen zu handeln – oder nach eigener Willkür, wie man bei Franziskus oft annehmen muß
Für die Parteien am päpstlichen Hof – und natürlich erscheinen auch die Verteidiger der überlieferten Lehre und Liturgie unter diesen Umständen als nicht mehr als eine Partei unter anderen – hat das zwiespältige Auswirkungen.