Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“
Antwort: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“
Frage Nr. 1 aus dem „Grünen Schulkatechismus“ von 1955
Themen und Meldungen:
Ein Ritus in zwei Formen?
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- 09. Oktober 2020
Zur Unterstützung seiner These, daß die Liturgie des Novus Ordo nicht dem römischen Ritus angehört, verweist Peter Kwasniewski auch auf einige Stimmen aus dem Kreis der Radikalreformer, die ebenfalls von einer Diskontinuität zwischen dem alten und dem neuen Ritus ausgehen - von einem Bruch, den sie begrüßen. Nicht aufgeführt hat er dabei einen der prominentesten Vertreter dieser Bruchs-Theorie, den französischen Jesuiten Joseph Gelineau. Gelineau sah in den Reformen des Consiliums und Pauls VI. nur erste Schritte auf einem Weg, der mit der Abschaffung des überkommen Ritus beginnen und schließlich zu einer neuen Theologie und einer neuen Kirche führen sollte. Es lohnt sich, einen Blick in das 1978 erschienene Büchlein mit dem vielversprechenden Titel „Demain la liturgie“ zu werfen, das im gleichen Jahr auch auf Englisch und 1979 auch auf Deutsch: „Die Liturgie von morgen“ herausgekommen ist.
Und es schadet nichts, dabei zwei Werke mit ganz ähnlichem Titel daneben zu legen: Das bereits 1948 erschienene „The Mass of the Future“ des amerikanischen Jesuiten Gerald Ellard, das eine wichtige Rolle beim Umschlag der liturgischen Bewegung in den USA in die liturgische Revolution gespielt hat, und Klaus Gambers „Liturgie Übermorgen“ von 1966. Das stammt aus einer Phase, in der Gamber noch große Hoffnungen auf die in „Sacrosanctum Concilium“ projektierte Liturgiereform setzte und es nicht für ausgeschlossen hielt, „daß erst jetzt, nach fast zweitausend Jahren Kirchengeschichte, die eigentliche Blütezeit der Kirche beginnt“ (S. 20). Von den genannten jesuitischen Reformern unterscheidet sich Gamber freilich in seinem weitaus nüchterneren und nicht auf Bruch, sondern auf Erneuerung zielenden Herangehen, in dem bereits die Grundlagen seiner später überaus kritischen Einschätzung der Liturgiereform sichtbar werden.
Doch zurück zu Gelineau. Anders als Ellard und Gamber, die – ersterer bereits Jahrzehnte – vor der Inkraftsetzung des Novus Ordo geschrieben haben, hatte der Franzose schon 10 Jahre Gelegenheit, die Auswirkungen der Reform zu beobachten, und das ermutigt offenbar ihn zu weitgespannten Hoffnungen. Gleich auf einer der ersten Seiten (englische Ausgabe S. 11) macht er eine Aussage, die ein bezeichnendes Licht auf die Fragewirft, ob der neue Ritus noch zur römischen Ritenfamilie gehört.
Denken Sie – falls sie sich überhaupt noch daran erinnern können – zurück an das gesungene lateinische Amt mit gregorianischem Choral. Vergleichen sie das mit mit der modernen Messe nach dem Konzil. Nicht nur die Worte, sondern auch die Melodien und bestimmte Handlungen sind jetzt anders. Tatsächlich ist es eine andere Messliturgie. Wir müssen es ganz klar sagen: Der römische Ritus, wie wir ihn gekannt haben, existiert nicht mehr. Er ist weg. Einige Mauern des Gebäudes sind gefallen, andere wurden versetzt – wir können das als eine Ruine ansehen, aber auch als Teile des Fundaments für ein neues Gebäude“.
Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz
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- 07. Oktober 2020
Am 7. Oktober begeht die Kirche das Rosenkranzfest, das 1571 zur Erinnerung über den historischen Sieg der Flotten der christlichen Länder über die türkischen Invasoren bei Lepanto gestiftet und 1716 nach der Zurückschlagung des türkischen Angriffes auf Wien für die ganze Kirche ausgedehnt wurde. Näheres zur Geschichte dieses Festes aus einer Zeit, als die Führer der Kirche sich noch nicht dem Wahn einer selbstmörderischen „Willkommenskultur“ unterworfen hatten, brachten wir bereits 2018 und 2015.
In diesem Jahr können wir daher den Blick einer Besonderheit der liturgischen Texte aus dem Proprium dieses Festtages zuwenden. Die Postcommunio lautet nach der keineswegs perfekten, aber dennoch „klassischen“ Übersetzung des Schott:
Wir bitten Dich, o Herr: laß uns Hilfe zuteil werden durch die Fürbitten Deiner heiligsten Mutter, deren Rosenkranz wir festlich feiern, so werden wir der Kraft der Sakramente, die wir verehren, innewerden und die Frucht des Sakramentes, das wir empfangen haben, erlangen.
Mit den Wortpaaren „verehren – innewerden“ und „empfangen haben – Frucht erlangen“ folgt die Postcommunio der klassischen Bildungsformel für diese Oration, die man auf eine Wendung wie „was wir mit dem Munde empfangen haben, möge unserer Seele zum Heile gereichen“ zurückführen kann. Darin sind die materielle, zeichenhafte und die spirituelle, wirkungsmäßige und wesentliche Ebene des Sakramentes in römischer Kanppheit miteinander verknüpft. Dieses Stilmittel ist freilich für die Postcommunio keine Besonderheit, sondern nachgerade die Regel.
Die Besonderheit am Rosenkranzfest liegt darin, daß auch das Tagesgebet nach einer ganz ähnlichen Formel gebildet ist. Es lautet:
O Gott, Dein eingeborener Sohn hat durch Sein Leben, Seinen Tod und Seine Auferstehung für uns den Lohn des ewigen Heiles erworben; wir bitten Dich nun: Durch die Verehrung dieser Geheimnisse im hochheiligen Rosenkranz der seligen Jungfrau Maria laß uns nachahmen, was sie enthalten, und erlangen, was sie verheißen.
Ganz nebenbei korrigiert diese Oration auch die gängige falsche Vorstellung, daß das stille Rosenkranzgebet von Gläubigen während der hl. Messe diese von der participatio actuosa abhalte: Gegenstand des recht verstandenen Rosenkranzgebetes ist exakt das gleiche „Paschamysterium“, das wir auch in der hl. Messe feiern – nur daß diese Geheimnisse in der Oration zum Fest und erst recht im Rosenkranzgebet selbst weitaus konkreter angesprochen werden als im wolkigen Theologensprech vom „Paschamysterium“.
In dieser Sicht relativiert sich auch die Kritik an der von Papst Johannes Paul II. vorgeschlagenen und persönlich praktizierten Ergänzung des Rosenkranzes durch die „lichtreichen Geheimnisse“. Der Rosenkranz ist eine außerliturgische Form der Volksfrömmigkeit, die in vielen Ländern und Regionen in unterschiedlicher Weise geübt wird. Die von Johannes Paul II. vorgeschlagene und in keiner Weise vorgeschriebene Ergänzung erweitert tatsächlich den Blick auf das ganze Leben des Erlösers zwischen Geburt und Passion: Die Taufe im Jordan mit der Offenbarung seiner Gottessohnschaft, dem Beginn seines öffentlichen Wirkens in Kana, dem Höhepunkt seines Lehrens in der Bergpredigt, der Offenbarung seiner göttlichen Natur in der Verklärung und der Einsetzung der Eucharistie mit der Vorwegnahme des Kreuzesopfers im Abendmahl. Das nimmt dem Glauben der Kirche nichts weg und fügt nichts hinzu.
Trotzdem bleibt ein Unbehagen: Die Volksfrömmigkeit gehört dem Volk; die Obrigkeit sollte sich in ihre „organische Entwicklung“ nur da einmischen, wo das zur Abwehr von Irrtümern geboten ist. Und ein ebenfalls nicht unwichtiger Aspekt: Die Zahl der 150 Aves unter den 15 traditionellen Anrufungen ist ja nicht Zufall oder Willkür - sie entspricht der Zahl der Psalmen, die seit unvordenklicher Zeit das Beten Israels und der Kirche bestimmen. Der Rosenkranz war immer auch der Psalter des einfachen Volkes, dem die Zeit und die Bildung zum offiziellen Stundengebet fehlte, und das sich doch mit dem liturgischen Gebet der Kirche vereint sehen wollte.
Ephraim der Syrer
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- 05. Oktober 2020
Am 5. Oktober 1920 erhob Papst Benedikt XV. den im Osten seit alters her hoch verehrten hl. Ephraim den Syrer (Gedenktag am 9. Juni) zum Kirchenlehrer auch im Westen. Viel bekannter ist der im 4. Jahrhundert in Nordsyrien lebende vielbelesene Mönch und Lehrer dadurch bei uns nicht geworden – und das ist schade. Aus seinen in erstaunlich großem Umfang überlieferten Schriften erfahren wir viel über das Glaubensgut der späten jüdischen und der frühen christlichen Gemeinden „östlich von Rom“. Vieles, was in seitdem längst verlorenen Schriften geschrieben stand, ist nur in Ephraims Werken erhalten – teils in scharfer und oft polemischer Abgrenzung gegenüber zeitgenössischen Irrlehren. Manches davon begegnet uns in der Westkirche dann wieder in der Legenda Aurea des Iacopo a Voragine, der seinerseits zur Quelle für die gesamte europäische Erbauungsliteratur des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit wurde – im deutschen Sprachraum wirkmächtig bis ins frühe 20. Jahrhundert in den Werken Martins von Cochem.
Mit Iacopo a Voragine hat der Syrer gemeinsam, daß er einen für die frühe Zeit erstaunlich kritischen Umgang mit seinen Quellen pflegte. Er beschränkte sich nicht darauf, die vielfach orientalisch-bilderreichen Ausführungen seiner biblischen und außerbiblischen Quellen nachzuerzählen, sondern sah sie mitsamt scheinbaren oder tatsächlichen Widersprüchen im größeren Zusammenhang und versuchte dann, sich auf nachgerade rationalistische Weise einen Reim darauf zu machen - immer im Geist der Offenbarung. Das ist umso erstaunlicher, als Ephraim – darin ganz dem Orient verpflichtet – den größeren Teil seiner Werke nicht als Traktate und gelehrte Abhandlungen, sondern in der Form von Gedichten und Gesängen verfaßte. Seine Methode der Zusammenführung von in Symbolen und Bildern überlieferten Aussagen mit rationaler Betrachtung war Ephraim durchaus bewußt und Gegenstand sehr modern anmutender selbstkritischer Reflektion.
In der ersten seiner 15 „Hymnen über das Paradies“, die man als Vorwort lesen kann, schreibt er:
So stand ich halben Weges zwischen Ehrfurcht und Liebe. Das Verlangen nach dem Paradies trieb mich dazu, es zu erkunden, doch die Ehrfurcht vor seiner Majestät hielt mich zurück. In Weisheit versöhnte ich beides und blieb in Verehrung für das, was verborgen liegt, und ergründete das, was offenbart ist. Ziel meiner Suche war Gewinn (an Erkenntnis) Ziele meines Schweigens sind Trost und Hilfe. Voller Freude widmete ich mich dem Bericht (Moses) vom Paradies, ein Bericht, kurz zu lesen, aber reichhaltig zu erkunden. Meine Zunge las (die Alten lasen das Geschriebene stets halblaut sprechend) die äußere Erzählung, doch mein Geist/Verstand bekam Flügel und schwang sich voller Ehrfurcht hinauf, als er der Pracht des Paradieses gewahr wurde – nicht so, wie es in seiner Wirklichkeit ist, sondern so, soweit sein Verständnis uns Menschen gestattet ist.
Ordo Missae IV: Gloria in excelsis Deo
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- 03. Oktober 2020
Das Gloria und das Credo sind zwar erst nach der Zeit Gregors des Großen in die Messfeier aufgenommen worden, haben die bis dahin bestehende Ordnung jedoch dabei in keiner Weise aufgebrochen, sondern im Gegenteil bereichert und abgerundet. Fast noch mehr als die Evangelien – deren zentrale Aussagen sie in konzentrierter Form darbieten – bilden sie inhaltliche Gravitationszentren des ersten Hauptteils der Messfeier, und es ist überaus bedauerlich, daß die Reformliturgie das Gloria faktisch zur Disposition gestellt und das inhaltsreiche große Glaubensbekenntnis mit dem knapperen apostolischen Glaubensbekenntnis austauschbar gemacht hat.
Das Gloria ist ja mehr als ein feierlicher Gesang, der vom Lied der Engel auf dem Feld bei Bethlehem ausgehend die Erinnerung an die Menschwerdung Christi zurückruft. In seiner wohl erst spätmittelalterlichen Form des antiphonalen Chorals zwischen Schola und Gemeinde bildet es ein wichtiges Element von participatio actuosa, lange bevor dieser Begriff von Papst Pius X. ganz im Sinne der Tradition geprägt und später von den Reformern zum Schlüsselbegriff ihrer Neuerungen gemacht worden ist.
Die Ursprünge des Gloria verlieren sich im Nebel der frühesten Geschichte der Kirche. Der Text beginnt mit dem „Gesang der Engel auf dem Felde“ nach dem Lukasevangelium und erinnert in seiner Form zunächst stark an andere Hymnen des Neuen Testaments wie das Magnificat oder die Lobgesänge Simeons und Zacharias‘, deren Wurzeln ihrerseits in den Psalmen und Liedern des alten Testaments liegen. Er setzt diesen Gesang dann fort mit einem Lobpreis der göttlichen Majestät, des allmächtigen Vater- und Schöpfergottes. Dieses Lob des Vaters geht bruchlos über in die anbetende Verehrung des „Domine Fili unigenite“, die den deutlich größeren Teil des Hymnus einnimmt - 13 Zeilen der heutigen Fassung gegenüber sieben, die sich auf den Vater beziehen. Und diese Zeilen enthalten schwergewichtige Aussagen wie das „tu solus Sanctus, to solus Dominus, tu solus Altissimus, die die erhabene Göttlichkeit des Messias Jesus in einer Weise zum Ausdruck bringen, die die Vermutung aufkommen läßt, diese Anrufungen seien nicht nur als Absage an die nach wie vor in vielen Köpfen lebendigen Götter der Heidenwelt zu verstehen, sondern auch als demonstrativer Widerspruch gegen den Arianismus und die anderen christologischen Irrtümer, die die Kirche seit dem 3. Jahrhundert zerrissen.
Was ist der Ritus?
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- 01. Oktober 2020
Peter Kwasniewski arbeitet an einem neuen Buch über die in der aktuellen Kirchenkrise immer deutlicher hervortretende Notwendigkeit, am alten Ritus festzuhalten, das noch in diesem Jahr erscheinen soll. Ein Kapitel daraus, das sich mit der rechtlichen Figur des „zwei Formen des einen römischen Ritus“ aus Papst Benedikts „Summorum Pontificum“ befasst, hat er im September bereits auf Rorate Cæli veröffentlicht. Wir haben wesentliche Argumente daraus ausgewählt und geben sie in einer zusammenfassenden Form wieder, die noch nicht den Anspruch einer endgültigen Übersetzung erhebt.
Ausgangspunkt für Kwasniewski ist die Unterscheidung zwischen der rechtlichen Fiktion von den „zwei Formen“, die er als solche nicht weiter thematisiert, und der liturgiehistorischen oder -systematischen Frage, ob das Missale Pauls VI. Bestandteil der römischen Ritusfamilie ist. Des weiteren unterscheidet er zwischen „Ritus“ und „Usus“, auch wenn dieser Unterschied weder in offiziellen kirchlichen Dokumenten noch im allgemeinen Sprachgebrauch konsistent definiert ist. „Ritus“ ist für ihn, und dabei kann man ihm leicht folgen“, der Oberbegriff, innerhalb dessen sich örtlich und zeitlich differierend verschiedene „Usus“ herausgebildet haben, die eben diesem „Ritus“ zugehörig sind. Als Beispiele innerhalb des römischen Ritus nennt er Lokal-Bräuche wie die von Sarum oder Lyon und die verschiedener Gemeinschaften wie die der Cisterzienser oder der Dominikaner.
Um festzustellen, ob ein bestimmter Usus dem römischen Ritus zuzuordnen ist, geht Kwasniewski daran, die wesentlichen Merkmale zu definieren, deren Vorhandensein Voraussetzung für die Zuordnung zu einer bestimmten Ritusfamilie darstellt. Dabei beschränkt er sich nicht auf den Canon, sondern fasst die ganze Struktur des Ordo Missae mit Introitus, Kyrie, Gloria, Collecta, Epistel, Graduale, Alleluja usw. ins Auge. Auch das Stundengebet nimmt er in den Blick. Um Usus ein- und desselben Ritus zu sein, müssen dieses Strukturen im wesentlichen übereinstimmen – ohne daß dabei kleinere Unterschiede in Zahl oder Reihenfolge oder in der sprachlichen Fassung ausgeschlossen wären. Als „Grundmuster“ für den Römischen Ritus identifiziert Kwasniewski auf dieser Grundlage die Struktur und die Elemente des Usus (die Texte selbst sprechen von „consuetudo“, d.h. „einvernehmliche Gewohnheit“) der römischen Kurie seit dem hohen Mittelalter, die Papst Pius V. nach dem Konzil von Trient zur Grundlage seines „Missale Romanum“ gemacht hatte – ohne damit die Verwendung anderer Messbücher ausschließen zu wollen, soweit sie durch Verankerung in der Tradition als unzweifelhaft katholisch gelten konnten.
Vor diesem Hintergrund – und hier folgt ein ganzer Abschnitt in wörtlicher Übersetzung – stellt sich durch die Formulierung von den „zwei Formen“ ein Problem:
St. Michael, verteidige uns im Kampfe
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- 29. September 2020
Zum heutigen Festtag des hl. Erzengels Michael hier Links zu einigen unserer Artikel an diesem Tag in vergangenen Jahren:
- Die Überlieferung zum Kampf der treuen Engel gegen den Abfall Luzifers nach Martin von Cochem.
- Auszug aus der Predigt des hl. Gregor über die Engel nach dem Breviarium Romanum.
- Der Opferengel am Altare Gottes - religionsgeschichtliche Hintergründe zum Begriff der Engel bei Juden und Christen.
- Das Gebet zum hl. Erzengel Michael des Papstes Leo XIII. in seiner vollen Form.