„Lex orandi - lex credendi“ - Nach Prosper von Aquitanien († 455) formulierter Kernsatz zur gegenseitigen Abhängigkeit von Glaube und Liturgie.
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In der Welt der Politik
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- 25. Mai 2017
Vor kurzem war hier vom „Spirituellen Analphabetismus“ die Rede und davon, daß die Sprache der Symbole weithin unverständlich geworden sei. Das stimmt freilich nicht in jeder Hinsicht: Die Sprache der durch Bilder ausgedrückten Symbole wird von Kennern nach wie vor weithin genutzt, um Dinge auszusprechen, für die man die Worte eher meiden möchte. Ein solcher Kenner sitzt wohl auch im Beraterstab des amerikanischen Präsidenten, der anregte oder zumindest keinen Einspruch erhob, daß First Lady Melanie und Präsidententochter Ivanka im langen Schwarzen und – o Schreck – mit dem für Papstaudienzen traditionellen Schleier zum Termin schritten. Also genau in dem Aufzug, den die Trump-Family wenige Tage zuvor ihren saudi-arabischen Gastgebern verweigert hatte.
Das Signal wurde allgemein wahrgenommen und teils mit Spott begleitet, teils ausgesprochen giftig kommentiert. Die FAZ, deren geistiger Standort längst nicht mehr da ist, wo früher einmal Europa war, fragte sich besorgt:
Warum trägt sie eigentlich im Vatikan einen Schleier, wo das gerade außer Mode geraten ist, und nicht beim Besuch in Saudi-Arabien vor wenigen Tagen, wo dergleichen üblich bleibt?
Katholische Sauertöpfe verzogen die Mundwinkel und bemäkelten, daß Melanie immerhin geschieden und folglich als Wiederverheiratete gar nicht des Präsidenten richtige Frau sei – als ob das nach Amoris Laetitia überhaupt, aber auch zuvor schon im diplomatischen Verkehr des Vatikans eine besondere Rolle spielen würde. Mit Glauben oder gar Frömmigkeit haben solche Auftritte nicht das geringste zu tun – es geht in erster Linie um die Symbole, es geht um Politik. Und hier ganz eindeutig nicht um Kirchenpolitik.
Um die Symbolik wird es auch gehen, wenn heute in Berlin beim evangelischen Kirchentag der Welterlöser a.D. Barack Obama als Stargast gefeiert wird. Es lohnt sich, die Sprache der Bilder und Symbole eingehend zu studieren.
Die „Option Benedikt“
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- 24. Mai 2017
Seit Wochen diskutieren glaubens- und bibeltreue Christen in den USA über das im März erschienene Buch des Publizisten Rod Dreher: The Benedict Option. Inzwischen hat die Debatte auch auf Deutschland übergegriffen( s. "Die Tagespost" vom 15. Mai, leider nicht allgemein im Netz zugänglich). Der Umfang der Diskussion kann nicht überraschen, denn Drehers Buch mit dem Untertitel „Eine Strategie für Christen in einer post-christlichen Nation“ berührt ein Thema, das allen Christen, die es mit ihrem Glauben ernst meinen, auf den Nägeln brennt: Wie kann man als Christ leben in einer Gesellschaft, die das Christentum bekämpft, und als Angehöriger einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft, deren Priester und Prediger zu großen Teilen um des lieben Friedens (und materieller Vorteile) willen ihren Frieden mit dieser Gesellschaft geschlossen haben?
Gleich zu Anfang sind zwei mögliche Mißverständnisse auszuräumen: Die „Option Benedikt“ hat nichts mit Joseph Ratzinger zu tun – auch wenn Autor Dreher an mehreren Stellen des Buches seine Hochachtung für den ehemaligen Papst zum Ausdruck bringt. Hier gemeint ist Benedikt von Nursia, der Vater des abendländischen Mönchtums – und das zieht das zweite denkbare Mißverständnis nach sich, dem auch schon verschiedene Teilnehmer an der Diskussion über das Buch zum Opfer gefallen sind: Dreher sieht zwar gewisse Parallelen zwischen der Lebenszeit Benedikts (~480 – 547), die vom Zerfall des römischen Reiches und dem Untergang seiner Zivilisation gekennzeichnet war, und der heutigen Zerfallsperiode des „Westens“. Aber er empfiehlt den übrig gebliebenen Christen von heute keinesfalls, sich in klösterliche Abgeschiedenheit zurückzuziehen. Vielmehr nimmt er Zeit und Werk des hl. Benedikt zum Anlaß, darüber nachzudenken, wie Christen in dieser gesellschaftlichen Katastrophe, auf ihre Gemeinschaft gestützt, materiell und spirituell überleben können. Und das nicht nur für sich, sondern so, daß es in die Gesellschaft ausstrahlt und dort Keime für die Entstehung von neuem bildet.
Mit der Empfehlung einer „Ghetto-Mentalität“, wie das z.B. der katholische Rezensent Fr. George Rutler befürchtet, hat Rod Dreher nichts im Sinn. Obwohl auch dieses Mißverständnis in einem gewissen Sinn nachvollziehbar ist, denn Drehers Kritik an der westlichen Entwicklung ist weitaus radikaler, als wir uns das gemeinhin gestatten. Seine Analyse – die er selbstverständlich nicht für sich durchgeführt hat, sondern bei der er sich unter anderem auf den amerikanischen Philosophen Alasdair MacIntyre (‚After Virtue‘) stützt – bleibt nicht bei dem Befund stehen, diese Gesellschaft sei leider, leider irgendwie über das Christentum hinaus und von ihm weggegangen. Quasi im wehmütigen Abschied und ohne Zorn. Dreher konstatiert statt dessen, daß diese Gesellschaft dabei ist, eine grundsätzlich antihumane und damit auch antichristliche Ordnung zu errichten – und diese Ordnung gegenüber Dissidenten auf autoritäre und brutale Weise durchzusetzen.
Einheit „einfach so“?
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- 22. Mai 2017
Am 9. Mai haben wir unter der Überschrift Schisma ist auch nicht besser über aktuelle Entwicklungen um die Piusbruderschaft berichtet, die darauf hindeuteten, daß die von einigen Vatikan-Astrologen bereits für diesen Monat erwartete „volle Einheit“ noch einige Zeit auf sich warten lassen werde. Aus der FSSPX war ein Schreiben von zehn lokalen Oberen bekannt geworden, die sich weigern wollen, Eheschließungen im Personenstandsregister der zuständigen Diözese anzuzeigen, wie das von Rom zum Erfordernis für die Gültigkeit von Eheschließungen vor einem Priester der Bruderschaft gemacht worden ist. Und aus Rom selbst kamen Wortmeldungen dahingehend, daß die Verhandlungen zwar in einem guten Geist verliefen, von einem Termin jedoch keine Rede sein könne. Und der Papst selbst ließ anläßlich einer Pressekonferenz „Dem Himmel so nah“ im Flugzeug erkennen, mit diesem Stand der Dinge durchaus zufrieden zu sein: „Ich halte nichts davon, Dinge zu übereilen. Gehen, gehen, gehen – dann werden wir weitersehen.“.
Es sieht so aus, als könnten und müssten wir das wörtlich nehmen. Bischof Fellay hat Ende April in einem Interview, das erst jetzt veröffentlicht wurde, wissen lassen, daß der Vatikan ihm bereits Ende letzten Jahres brieflich mitgeteilt hat, die Bruderschaft könne auch ohne Genehmigung des Ortsbischofs Priesterweihen vornehmen. Man wird ihm schwerlich widersprechen können, wenn er darin eine weitere Anerkennung sieht, daß die Kirche diese Weihen nicht nur als gültig, sondern auch als ordnungsgemäß betrachtet und die Priester daher nicht mehr wie bisher als gleich mit Beginn ihres Amtes suspendiert gelten.
Damit ergibt sich jetzt nach der Legalisierung von Beichten und Eheschließungen durch bzw. vor Priestern der Gemeinschaft hinsichtlich der Verwaltung der Sakramente folgendes Bild: Taufen und Eucharistie waren nie umstritten, ebensowenig die Krankensalbung. Beichterlaubnis und Eheassistenz sind neuerdings ebenfalls geregelt, und nun also auch die Priesterweihe - einschließlich der dieser vorausgehenden niederen Weihen und der Weihe zum Diakon. Unerwähnt geblieben ist bislang die Firmung, deren Gültigkeit freilich auch nie in Frage gestellt worden ist und deren Einbeziehung in die diözesanen Strukturen analog dem Verfahren bei Eheschließungen gestaltet werden könnte: Durch schlichte Meldung des Vollzugs an die Personenstandsregister.
Das allerdings könnte - ebenso wie bei den Eheschließungen zu Schwierigkeiten führen, die auch den Widerspruch der zehn lokalen Oberen erklären dürften: Eintragungen ins Personenstandsregister der Diözese sind logischerweise nur für Personen möglich, die in diesen Registern geführt werden. Wer etwa durch Kirchenaustritt oder weil er nie eingetragen war in diesem Register nicht vorkommt, wird zum Problemfall, und das für beide Seiten. Für Länder mit staatlicher Eintreibung einer Kirchensteuer ergibt sich in diesem Zusammenhang noch eine zusätzliche Komplikation.
Ein Vorgeschmack des Himmels
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- 19. Mai 2017
Die Karmeliterinnen des Hl. Jesuskindes von Prag in Traverse City, Michigan, suchen einen seelsorgerlichen Betreuer, der die hl. Liturgie würdig und ehrfurchtsvoll feiert - normalerweise nach dem Novus Ordo auf Latein und „ad Dominum“, an Montagen aber auch in der überlieferten Form. An sich wäre diese Mitteilung auf New Liturgical Movement nur von lokalem Interesse und bliebe außerhalb unseres Gesichtsfeldes - wären wir nicht durch diese Meldung auf die Website des Klosters gestoßen, die einen bemerkenswerten Einblick in die Rezeptionsgeschichte der Liturgiereform erlaubt.
Das Ende der 40er Jahre gegründete Kloster streng kontemplativer Schwestern hat offenbar die aus Rom befohlenen Reformen mehr durchlitten als erlebt. In Treue zur Kirche haben sie alle verordneten Reformen nachvollzogen und versucht, dabei dennoch eine Liturgie zu erhalten, die ihnen einen „Vorgeschmack des Himmels“ vermitteln kann. Stets haben sie sich geweigert, das Allerheiligste von seinem zentralen Platz auf dem Altar verdrängen zu lassen - auch nicht vom gehorsam eingerichteten „Volksaltar“. Seit einigen Jahren sind sie nun dabei, für Offizium und Messfeier die lateinische Sprache wieder einzuführen - ein pensionierter Lateinlehrer vermittelt ihnen die nötigen Sprachkenntnisse. Regelmäßig haben sie auch eine Messe im überlieferten Ritus - da an ihren Gottesdienste auch vielen Gläubige von außerhalb teilnehmen, ist an einen vollständigen Übergang anscheinend nicht gedacht. Aber eine Sondergenehmigung aus Rom hat ihnen einen ihrer größten Wünsche erfüllt: Abweichend von der in den USA von den Bischöfen verfügten generellen Regelung dürfen sie die Kommunion kniend empfangen.
Ein Umbau durch den bekannten Kirchenbauer Duncan Stroik hat ihrer Kapelle nun wieder ein unverkennbar katholisches Aussehen verliehen und erlaubt die Zelebration in beiden Richtungen. Auch die Kommunionbank ist zurückgekehrt. Und nun suchen sie also - der bisherige „Chapelain“ hat sich in ein Sabbatjahr verabschiedet - einen Priester, der mit ihnen die Liturgie „im Sinne der Reformen von Papst Benedikt“ feiert. Beten wir, daß die Suche bald Erfolg hat.
Immer weniger Priester
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- 18. Mai 2017
Eine Überraschung ist das nicht: Im Bistum Osnabrück gibt es in diesem Jahr erstmals seit hundert Jahren keine einzige Priesterweihe. Nach Zahl der Katholiken (570 000) gehört das Bistum zu den mittelgroßen Diözesen Deutschlands, und es gab auch einmal eine Zeit, in der die Katholiken der Diaspora als besonders glaubenstreu galten – aber das ist lange her. Seit 22 Jahren ist mit Franz Josef Bode ein Mann Bischof von Osnabrück, der zu den bekanntesten Vertretern des deutschen Postkatholizismus gehört: Diakoninnen – na klar, Zölibat „angemessen, aber nicht zwingend“ , Minarette ein Teil Deutschlands – aber sicher doch. In seiner Zeit vor Osnabrück war Bode in mehreren Funktionen für die Priesterausbildung zuständig – wie qualifiziert er für diese Aufgabe war, kann man ja jetzt sehen. Für das, wofür dieser Bischof steht, werfen immer weniger junge Männer ihr Leben in die Waagschale.
Das Niederschmetternde ist, daß Bode und sein mit Absicht oder aus Unvermögen auf eine priesterlose Kirche zulaufender Kurs ja keine Einzelerscheinung ist, nicht in Deutschland und nicht in der Weltkirche. Wie es der Zufall will, wurden gerade dieser Tage auch Statistiken bekannt, die ein deprimierendes Bild von den entsprechenden Entwicklungen weltweit zeichnen: Erstmals hat Europa im Jahr 1915 mehr Priester verloren, nämlich 2502, als in der ganzen Welt neu geweiht wurden: 2366. Ein großer Teil der Priester in Europa und Nordamerika gehört in die Altersgruppe der über 70-Jährigen. Ein noch viel stärkerer Rückgang der Zahlen in den nächsten Jahren ist daher absehbar – und unvermeidlich, wenn man auf die Entwicklung in den Seminaren schaut, von denen viele in den vergangenen Jahren zusammengelegt oder geschlossen werden mußten.
Wobei freilich für Deutschland und (West-)Europa eines festzuhalten ist: In Relation zu der immer kleiner werdenden Zahl von Getauften, die am Leben der Kirche teilnehmen, bleibt der Anteil der Priesterberufungen über die Jahrzehnte hin bemerkenswert konstant. Der eigentliche Befund ist nicht „Kirche ohne Priester“, sondern „Gesellschaft ohne Kirche". Soviel zu den Illusionen eines „Neuen Frühlings“ und einer „Neuen Pastoral“ - die wohl mit ihren letzten Vertretern dahingehen werden müssen.
„Endlich zuhause“
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- 17. Mai 2017
Am 13 Mai habe ich alter Mann es über die Schwelle geschaft, über die Schwelle, wenn ich das so sagen kann, in die neue und schöne Welt des römischen Missales von 1962. Sicher könnte man fragen, warum ich so lange gebraucht habe, da man mich doch als einen entschiedenen Vertreter einer Wiederherstellung als der einzigen Möglichkeit kennt, das Problem der organischen Entwicklung in der Liturgie ernsthaft anzugehen. Nun – so ist es nun mal – aber jetzt habe ich den Schritt über die Schwelle geschafft.
Ich möchte allen danken, die mir mit freundlichen und respektvollen Schubsen über diese Schwelle geholfen haben.
Wenn der Gottesdienst für uns Quelle und Höhepunkt sein soll, dann muß er so sein, dann muß er aus einem Leben hervorgehen, das, wie das Konzil es sagen würde, zum Heiligen Messopfer hinführt und aus ihm hervorgeht.
Mit diesen Worten - die Überschrift eingeschlossen - teilte der päpstliche Nuntius in der Schweiz, Erzbischof Thomas Gullickson, am letzten Sonntag auf seinem Blog „Admontemmyrrhae“ mit, daß er am Tag zuvor erstmals eine Messe nach dem Ritus der überlieferten Liturgie gefeiert hatte. Nicht als stille Messe, sondern als Pontifikalamt – und das macht es für einen Bischof eher leichter: Ist er doch umgeben von rituserfahrenen Diakonen und einem Zeremoniar, die ihm im Notfall wirklich einen kleinen Schubs geben, damit er in der heiligen Choreographie den ihm zufallenden Part rite erfüllen kann.
Für Funktionäre und Parteigänger der postkatholischen Schweizer Staatskirche ist das ein zweiter schwerer Schlag, nachdem der Vatikan zuvor den ebenfalls der Tradition zugeneigten Churer Bischof Huonder auf zwei weitere Jahre im Amt bestätigt hatte. Nun dauert es also noch einmal, bis sie das schon als Beute betrachtete Fell des Bären verteilen können, und wer weiß, was bis dahin noch alles passieren kann.
Nicht, daß solche punktuellen Erscheinungen etwas Entscheidendes am desolaten Zustand der Kirche in der Schweiz oder in ganz Mitteleuropa ändern würden. Jede Pressemeldung der Bischofskonferenzen in der Schweiz oder Deutschlands zeigt, daß der säkularistische mainstream auf seinem Weg ins Nirgendwo nicht aufzuhalten ist. Worauf es ankommt sind die Inseln, die hier und da stehen bleiben. Ihre Fundamente werden durch Schritte wie die von Erzbischof Gullickson oder die gesamte Amtsführung von Bischof Huonder gekräftigt.