Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“
Antwort: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“
Frage Nr. 1 aus dem „Grünen Schulkatechismus“ von 1955
Themen und Meldungen:
Ordo Missae IV: Gloria in excelsis Deo
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- 03. Oktober 2020
Das Gloria und das Credo sind zwar erst nach der Zeit Gregors des Großen in die Messfeier aufgenommen worden, haben die bis dahin bestehende Ordnung jedoch dabei in keiner Weise aufgebrochen, sondern im Gegenteil bereichert und abgerundet. Fast noch mehr als die Evangelien – deren zentrale Aussagen sie in konzentrierter Form darbieten – bilden sie inhaltliche Gravitationszentren des ersten Hauptteils der Messfeier, und es ist überaus bedauerlich, daß die Reformliturgie das Gloria faktisch zur Disposition gestellt und das inhaltsreiche große Glaubensbekenntnis mit dem knapperen apostolischen Glaubensbekenntnis austauschbar gemacht hat.
Das Gloria ist ja mehr als ein feierlicher Gesang, der vom Lied der Engel auf dem Feld bei Bethlehem ausgehend die Erinnerung an die Menschwerdung Christi zurückruft. In seiner wohl erst spätmittelalterlichen Form des antiphonalen Chorals zwischen Schola und Gemeinde bildet es ein wichtiges Element von participatio actuosa, lange bevor dieser Begriff von Papst Pius X. ganz im Sinne der Tradition geprägt und später von den Reformern zum Schlüsselbegriff ihrer Neuerungen gemacht worden ist.
Die Ursprünge des Gloria verlieren sich im Nebel der frühesten Geschichte der Kirche. Der Text beginnt mit dem „Gesang der Engel auf dem Felde“ nach dem Lukasevangelium und erinnert in seiner Form zunächst stark an andere Hymnen des Neuen Testaments wie das Magnificat oder die Lobgesänge Simeons und Zacharias‘, deren Wurzeln ihrerseits in den Psalmen und Liedern des alten Testaments liegen. Er setzt diesen Gesang dann fort mit einem Lobpreis der göttlichen Majestät, des allmächtigen Vater- und Schöpfergottes. Dieses Lob des Vaters geht bruchlos über in die anbetende Verehrung des „Domine Fili unigenite“, die den deutlich größeren Teil des Hymnus einnimmt - 13 Zeilen der heutigen Fassung gegenüber sieben, die sich auf den Vater beziehen. Und diese Zeilen enthalten schwergewichtige Aussagen wie das „tu solus Sanctus, to solus Dominus, tu solus Altissimus, die die erhabene Göttlichkeit des Messias Jesus in einer Weise zum Ausdruck bringen, die die Vermutung aufkommen läßt, diese Anrufungen seien nicht nur als Absage an die nach wie vor in vielen Köpfen lebendigen Götter der Heidenwelt zu verstehen, sondern auch als demonstrativer Widerspruch gegen den Arianismus und die anderen christologischen Irrtümer, die die Kirche seit dem 3. Jahrhundert zerrissen.
Was ist der Ritus?
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- 01. Oktober 2020
Peter Kwasniewski arbeitet an einem neuen Buch über die in der aktuellen Kirchenkrise immer deutlicher hervortretende Notwendigkeit, am alten Ritus festzuhalten, das noch in diesem Jahr erscheinen soll. Ein Kapitel daraus, das sich mit der rechtlichen Figur des „zwei Formen des einen römischen Ritus“ aus Papst Benedikts „Summorum Pontificum“ befasst, hat er im September bereits auf Rorate Cæli veröffentlicht. Wir haben wesentliche Argumente daraus ausgewählt und geben sie in einer zusammenfassenden Form wieder, die noch nicht den Anspruch einer endgültigen Übersetzung erhebt.
Ausgangspunkt für Kwasniewski ist die Unterscheidung zwischen der rechtlichen Fiktion von den „zwei Formen“, die er als solche nicht weiter thematisiert, und der liturgiehistorischen oder -systematischen Frage, ob das Missale Pauls VI. Bestandteil der römischen Ritusfamilie ist. Des weiteren unterscheidet er zwischen „Ritus“ und „Usus“, auch wenn dieser Unterschied weder in offiziellen kirchlichen Dokumenten noch im allgemeinen Sprachgebrauch konsistent definiert ist. „Ritus“ ist für ihn, und dabei kann man ihm leicht folgen“, der Oberbegriff, innerhalb dessen sich örtlich und zeitlich differierend verschiedene „Usus“ herausgebildet haben, die eben diesem „Ritus“ zugehörig sind. Als Beispiele innerhalb des römischen Ritus nennt er Lokal-Bräuche wie die von Sarum oder Lyon und die verschiedener Gemeinschaften wie die der Cisterzienser oder der Dominikaner.
Um festzustellen, ob ein bestimmter Usus dem römischen Ritus zuzuordnen ist, geht Kwasniewski daran, die wesentlichen Merkmale zu definieren, deren Vorhandensein Voraussetzung für die Zuordnung zu einer bestimmten Ritusfamilie darstellt. Dabei beschränkt er sich nicht auf den Canon, sondern fasst die ganze Struktur des Ordo Missae mit Introitus, Kyrie, Gloria, Collecta, Epistel, Graduale, Alleluja usw. ins Auge. Auch das Stundengebet nimmt er in den Blick. Um Usus ein- und desselben Ritus zu sein, müssen dieses Strukturen im wesentlichen übereinstimmen – ohne daß dabei kleinere Unterschiede in Zahl oder Reihenfolge oder in der sprachlichen Fassung ausgeschlossen wären. Als „Grundmuster“ für den Römischen Ritus identifiziert Kwasniewski auf dieser Grundlage die Struktur und die Elemente des Usus (die Texte selbst sprechen von „consuetudo“, d.h. „einvernehmliche Gewohnheit“) der römischen Kurie seit dem hohen Mittelalter, die Papst Pius V. nach dem Konzil von Trient zur Grundlage seines „Missale Romanum“ gemacht hatte – ohne damit die Verwendung anderer Messbücher ausschließen zu wollen, soweit sie durch Verankerung in der Tradition als unzweifelhaft katholisch gelten konnten.
Vor diesem Hintergrund – und hier folgt ein ganzer Abschnitt in wörtlicher Übersetzung – stellt sich durch die Formulierung von den „zwei Formen“ ein Problem:
St. Michael, verteidige uns im Kampfe
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- 29. September 2020
Zum heutigen Festtag des hl. Erzengels Michael hier Links zu einigen unserer Artikel an diesem Tag in vergangenen Jahren:
- Die Überlieferung zum Kampf der treuen Engel gegen den Abfall Luzifers nach Martin von Cochem.
- Auszug aus der Predigt des hl. Gregor über die Engel nach dem Breviarium Romanum.
- Der Opferengel am Altare Gottes - religionsgeschichtliche Hintergründe zum Begriff der Engel bei Juden und Christen.
- Das Gebet zum hl. Erzengel Michael des Papstes Leo XIII. in seiner vollen Form.
Noch einmal: der Ritus von Lyon
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- 28. September 2020
Am Fest des hl. Irenaeus, Stadtpatron von Lyon, hat die Niederlassung der Petrusbruderschaft in diesem ältesten Bistum auf französischem Boden am 6. September erneut ein feierliches Hochamt im spätmittelalterlichen Usus Lugdunensis zelebriert. Von früheren Zelebrationen hatten wir bereits im Juli berichtet. Die von der erneuten Zelebratione veröffentlichten Bilder geben noch mehr als die vom Juli einen Eindruck von der Feierlichkeit und auch von der Andersartigkeit dieses Usus. (S. dazu auch unseren Beitrag „Kleine Zeitreise in Lyon“ von 2018) Wobei die „Andersartigkeit“ sich auch in diesem Fall auf Unterschiede in einigen äußeren Abläufen, in der Gewandung der Priester und auch bei Texten einzelner Gebete oder Melodien der gregorianischen Gesänge beschränkt. Der Canon Romanus als das Herzstück der römischen Liturgie bleibt von alledem unberührt.
Nun könnte man einwenden, die Anhänger der überlieferten Liturgie und die Verteidiger der traditionellen Lehre insgesamt hätten in der derzeitigen Kirchenkrise andere Sorgen als die Wiederbelebung einer seit gut 200 Jahren praktisch weitgehend außer Gebrauch gekommenen Form der lateinischen Liturgie. So plausibel das klingt – so zu argumentieren könnte etwas zu kurz greifen.
Ein oft gehörtes Argument gegen die überlieferte Liturgie ist ihre angebliche Strenge und Uniformität. Streng in ihrem Verständnis von Gottesdienst ist sie – uniform ist sie nicht bzw. war sie nie. Der lebendige Blick auf ihre frühere Vielfalt könnte nicht nur helfen, dieses Vorurteil zu zerstreuen. Er könnte auch dazu beitragen, die Spielräume sichtbar zu machen, in denen Abweichungen in der Vergangenheit möglich und Weiterentwicklungen entsprechend konkreten Anforderungen in Zukunft denkbar wären.
Ein zweiter wichtiger Aspekt liegt in der Wiederentdeckung des Gottesdienstes bzw. seiner äußeren Formen als Mittel der Selbstvergewisserung, um nicht zu sagen „Identitätsfindung“ lokaler Gemeinden. Das Bedürfnis nach solcher Selbstvergewisserung scheint, betrachtet man die Formen und Unförmigkeiten der von „Liturgieausschüssen“ von Pfarreien und Vereinen „gestalteten“ Liturgien, enorm zu sein. Auch hier könnte der Rückgriff auf lokale Formen, die ja oft mit bestimmten Wegen und Plätzen zu bestimmten Heiligengedächtnissen verbunden waren, unschädliche Spielräume eröffnen. Auch hier kann nur das helfend und befruchtend wirken, was man kennt.
So bleibt nur zu heffen, daß die Lyoner Bemühungen um den alten Usus auch dann weitergehen werden, wenn der spiritus rector dieser Anstrengungen, P. Brice Messonier FSP, demnächst Lyon verläßt, um seine neue Aufgabe als Pfarrer der römischen Ritusgemeinde Santissima Trinità dei Pellegrini zu übernehmen.
Quatembersamstag im Herbst
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- 26. September 2020
Der Ordo Missae ist am heutigen Samstag der Herbst-Quatember zwar nicht in seiner Grundordnung gestört, aber doch in seinem Ablauf deutlich modifiziert. Mit insgesamt sieben Lesungen, die teilweise auch noch durch spezielle Orationen und ein altertümliches „Orate genua – levate“ voneinander abgesetzt sind, nimmt dieser Tag eine Sonderstellung ein. Seine Lesungen bieten ein Programm von seltener Geschlossenheit. Ihr Gegenstand sind die Feste und Feiern des Volkes Gottes – von den Anfängen im Alten Bund bis in die Gegenwart der Apostel. Nur einmal scheint dieser Sinnzusammenhang verlassen zu werden, wenn in Übereinstimmung mit der Funktion des Tages als Weihetag in der 5. Lesung vor der Weihe der Subdiakone der Bericht des Propheten Daniel (33; 47-56) von den „Drei Jünglingen im Feuerofen“ und der zugehörige Hymnus vorgetragen wird.
Allerdings ist auch hier ein Zusammenhang mit dem Generalthema feststellbar. Einmal, weil dieser wohl noch in die Zeit vor Daniel zurückreichende Hymnus – genauer gesagt ist es eine Litanei – ein bewegendes Zeugnis für das Gotteslob in Israel und dessen Aufnahme und Weiterführung in der christlichen Gemeinde ist. Dabei wird die Weiterführung nicht nur dadurch betont, daß die Litanei – ähnlich wie bei den Psalmen – mit der trinitarischen Doxologie „Ehre sei dem Vater...“ ausklingt. Anschließend folgt auch noch einmal ausdrücklich die Anrufung: „Gepriesen bist Du, Herr, Gott unserer Väter“, die den Eintritt der christlichen Gemeinde in die Nachfolge des Volkes Israel bekräftigt. Zum anderen, weil spätestens in der Epistel aus dem Hebräerbrief und im Evangelium deutlich wird, daß der Gottesdienst der Kirche in der sakramentalen Vollendung des Messopfers den Gottesdienst des Tempels nicht nur weiterführt, sondern auch übersteigt.
Doch zurück zu den Lesungen über die Feste und Feiern. Die erste Lesung aus 3. Mose 23 (Levitikus mit den Vorschriften für den Gottesdienst und die Priester) berichtet von der Einsetzung des Versöhnungstages (Jom Kippur) auf den 10 Tag des 7. Monats, der heute dem September entspricht. Dieser Tag war als Sühnetag mit Fasten und feierlichen Opfern angeordnet, und das war sehr ernst gemeint: wer sich der Einhaltung dieses Gebotes entzog, wird vom Herrn selbst mit Tod und Ausrottung bedroht.
Zorn und Strafe Gottes
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- 24. September 2020
Mittwoch, Freitag und Samstag dieser Woche sind die Tage der Herbstquatember, über die wir in den vergangenen Jahren schon mehrfach geschrieben hatten. Zu den historischen Ursprüngen im Erntedank und zur Besonderheit der Liturgie dieser Tage zuletzt 2018; zu ihrem Charakter als Tage des Gebets und der Buße im vergangenen Jahr. Der Verlauf des gegenwärtigen Jahres, das wie nie in der Geschichte zuvor von einer weltweit verbreiteten Seuche geprägt ist, gibt Anlaß dazu, dem Gedanken des Gebets, der Besinnung und der Buße etwas tiefer nachzugehen.
Als im März und April erste Meldungen über das aus China gekommene Virus und seine Schrecken verbreitenden Wirkungen durch Europa gingen, wurden Stimmen, die darin eine „Strafe Gottes“ sehen wollten, durch einen Chor der Empörten schnell zum Schweigen gebracht: Mit so einem Gottesbild solle man uns in den Zeiten moderner Naturwissenschaft bitte nicht kommen. Selbst im kirchlichen Bereich war man eher bereit, die Epidemie als Vergeltung von Mutter Erde für die grobe Behandlung durch den Menschen und sein Wirtschaften anzusehen, als über eine Strafe Gottes auch nur nachzudenken. Strafe, gar Zorn Gottes – so vorkonziliar. Drohbotschaft statt Frohbotschaft – das haben wir doch wirklich hinter uns gelassen.
Nun ist es mit dem strafenden Gott keine einfache Sache.