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Eine Synode von Franziskus’ Gnaden

3. November 2023

Kirchenkrise

Holzschnitt zum Thema

Die Sieben Untugenden im Streit um den ersten Platz.

Eine Woche nach dem Ende der 2023er-Session der römischen Synodensynode reißt die Kette der Kommentare und Auswertungen der von dort vorgelegten Zwischenergebnisse nicht ab. Im Gegenteil – nach den beiden eher ruhigen Feier- und Gedenktagen von Allerheiligen und Allerseelen tritt das Thema erneut in den Vordergrund, und der Umstand, daß nun auch eine deutsche Version (PDF) des Textes vom 28. Oktober zu bekommen ist, wird den Diskussionen weiter Auftrieb geben.

In den deutschsprachigen Ländern - und auch weltweit in allen „progressiven“ Kreisen – sind die Nachrichten von der Synode eher zurückhaltend aufgenommen worden. Teils, weil gerade die Progressivsten, die auf eine mehr oder weniger förmliche Anerkennung ihrer Forderungen gehofft hatten, genau diese Klarheit im Zwischen-Schlußdokument nicht vorfanden. Teils aber auch deshalb, weil sich selbst unter den Progressiven inzwischen herumgesprochen hat, daß es auf die Stuhlkreise und Abstimmungsergebnisse in der Audienzhalle nicht wirklich ankommt, und letztlich alleine das zählt, was Franziskus – wenn Gott will – eines Tages als Ergebnis seiner allerhöchsten Begegnung mit dem Geiste verkünden wird. Und das ist in den Grundzügen seines Denkens längst vorgezeichnet und ist auch heute schon vorhersehbar.

Franziskus selbst hat seine ausschlaggebende Rolle während der fast einmonatigen Dauer des großen Palavers in der Audienzhalle dadurch markiert, daß er demonstrativ in einer Fülle von Interviews, Amtsernennungen und mehr oder weniger offiziellen Dokumenten versucht hat, der Kirche seinen, des neuen Propheten, Stempel aufzudrücken und seine Politik „unumkehrbar“ zu machen. Die Realität ist stärker als Ideale – meint er – und die Einbetonierung der Machtpositionen von heute übertrumpft die Lehren des Evangeliums von vorgestern.

Dieser Franziskus innewohnende Drang, die vermeintlich nicht mehr zeitgemäßen Lehren des Evangeliums zu reformieren oder durch Neuerfindungen – sein Begriff von „Synodalität“ ist eine davon – zu verbessern, wird inzwischen von vielen glaubenstreuen Beobachtern und Kommentatoren als die eigentliche Triebfeder des Projektes „Synodensynode“ erkannt und kritisiert. Hier geht es weiterDabei verspricht sich Franziskus von der synodalen Form besondere Vorteile im Austesten von Ideen einerseits und in der Mobilisierung von Akzeptanz andererseits. Die intrinsische Bosheit dieses Verfahrens, das das „Machbare“ an die Stelle des „Unverfügbaren“ stellt, bildet denn auch einen der Hauptpunkte der Kritik, die aus glaubensbewahrender Sicht in den vergangenen Woche an dem römischen Projekt geübt wurde.

Zwei Beispiele dafür sollen hier besonders hervorgehoben werden. Das eine ist ein Artikel von Kardinal Müller, der unmittelbar nach Abschluß der diesjährigen Session bei „First Things“ erschienen ist und in dem sich der Kardinal mit dem demokratistischen Grundirrtum der Synode befaßt. Da es unseres Wissens noch keine deutsche Version dieses Textes gibt, hier unsere Übersetzung einer von mehreren wichtigen Passagen: Es begint ein Zitat

Es ist wohlbekannt, daß die theoretische Reflektion der Prinzipien des Seins, des Wissens und des Handelns weitaus schwieriger ist als die Rede über konkrete Gegenstände. Daher besteht bei einer Versammlung von fast 400 Menschen unterschiedlicher Herkunft, Bildung und Kompetenz die Gefahr, daß bei einem unstrukturierten Vorgehen in Rede und Gegenrede nur ungenaue und unpräzise Ergebnisse herauskommen. Der Glaube läßt sich so leicht für politische Zielsetzungen instrumentalisieren oder in eine Universalreligion weltumspannende Brüderlichkeit transformieren, die den Gott, der uns in Jesus Christus offenbart worden ist, nicht mehr beachtet. Dann können sich Technokraten an Stelle von Christus als Erlöser der Menschheit darstellen. Wenn die Synode am katholischen Glauben als Leitlinie festhalten will, darf sie nicht zu einer Versammlung post-christlicher Ideologen und ihrer antikatholischen Pläne werden.

Jeder Versuch, die von Gott begründete Kirche in eine weltliche NGO zu überführen wird auf den Widerstand von Millionen Katholiken treffen. Sie werden bis auf den Tod der Umformung des Hauses Gottes in einen Markt der Zeitgeister widerstehen, denn die Gesamtheit der Gläubigen, die vom heiligen Geist gesalbt sind, kann in den Sachen des Glaubens nicht irren. (Lumen Gentium. Wir sehen uns herausgefordert durch das globalistische Projekt einer Welt ohne Gott, mit dem sich eine Machtelite zum Schöpfer einer neuen Welt und zum Herrscher über die entrechteten Massen erklärt.“

Das sind starke und so aus dem Mund eines Kardinals wohl noch nie gehörte Worte. Sie lassen die Trennungslinie einer möglicherweise bevorstehenden Kirchenspaltung erkennen und entsprechen überdies den derzeit gerade weltweit erkennbar werdenden Trennungslinien, die die Karte der bisher von einer zentralen Machtkonstellation aus beherrschte Welt neu zeichnen.

Der zweite wichtige Text kommt von dem immer schärferes Profil gewinnenden Schweizer Bischof-emeritus Marian Eleganti und ist am 1. November bei kath.net erschienen. In seiner Kritik an der Arbeitsweise der Synodensynode entwickelt Eleganti zunächst ähnliche Argumente, wie wir sie oben von Kardinal Müller zitiert haben. Dann lenkt er den Blick darauf, daß die Synode nicht nur im Ergebnis unkatholische und unkirchliche Positionen zu stärken droht, sondern daß sie bereits heute zentrale Elemente der Kirchenverfassung und ihrer sakramentalen Struktur untergräbt. Also jetzt schon und in der Sache und nicht erst nach einem irgendwann zu erwartenden und wie gewöhnlich windelweichen Schlußdokument.

Ansatzpunkt der dahingehenden Überlegungen Elegantis ist die unerhörte Tatsache, daß Franziskus die „Bischofssynode“ durch die Delegation voll stimmberechtigter Nicht-Bischöfe und Nicht-Kleriker nicht nur erweitert, sondern letztlich abgeschafft hat. Was da in Rom stattgefunden hat, mag alles Mögliche gewesen sein, ein großer Kirchenrat oder ein oberster Sowjet – eine Bischofssynode war es nicht, und das läßt sich auch nicht durch gewundene Erklärstücke des Wiener Kardinals Schönborn wegdefinieren.

Bischof Eleganti schreibt zum neuen Charakter dieses Pseudoparlaments einer neuen Kirche: Es begint ein Zitat

Mit viel Aufwand wird durch das Paradigma der neuen Synodalität eine neue Gestalt der Kirche propagiert, ja geradezu dekretiert, als hätte die Kirche eine Generalüberholung nötig, welche sie von ihrer bisherigen Sündhaftigkeit befreit und als ein mit der Welt versöhntes, gemeinsamen Haus generalsaniert. In ihm sollen auch alle jene behaglich wohnen, die sich bis jetzt durch ihre Lehre und Moral ausgeschlossen und verletzt fühlten. (...) Die neue Synodalität versteht sich als eine Art Heilungsprozess für die Ausgeschlossenen und bislang nicht Inkludierten, weil die alte Kirche Ross und Reiter benannte, den Sünder liebte, die Sünde klar und unmissverständlich verurteilte. Das gleiche gilt für den Irrtum. So meint man, neues Vertrauen wiedergewinnen und Glaubwürdigkeit wiederherstellen zu können – eine Illusion. (...)

1. Die neue Synodalität unterminiert die sakramentale Struktur der Kirche, das Bischofs- und das Priesteramt und nimmt ihnen ihr sakramentales Proprium bzw. hindert sie an der Ausübung desselben, nämlich ihrer Vollmachten, zu leiten, zu lehren und zu heiligen,ohne durch Mehrheitsentscheide gebunden (wohl aber je nachdem gut beraten) zu sein.

2. Was bis jetzt von der Kirche als wahr und verbindlich verkündet worden war (z.B. in Bezug auf Sakramentalität der Kirche, Bischofsamt, Priesteramt, Unauflöslichkeit der Ehe und Wiederverheiratung, Homosexualität und homosex. Partnerschaft, Frauenpriestertum und Frauendiakonat, Mitbestimmung etc.) bleibt es auch in Zukunft und kann durch Gruppenprozesse, Neusprech und Doublespeech nicht überholt werden. Weder Papst noch Synoden besitzen die Vollmacht, die sakramentalen Baugesetze der Kirche zu verändern. That´s it!"

Dem ist in der Sache nichts hinzuzufügen – nur noch dieser eine Gedanke: Papst Franziskus hat sich nicht nur längst von der Lehre aller „vorkonziliaren“ Päpste emanzipiert, die er ausweislich seiner vielen Lehrschreiben nur noch in den seltensten Fällen zur Kenntnis nimmt. Er widerspricht auch in aggressiver Weise Kernelementen der katholischen Lehre seiner unmittelbaren „nachkonziliaren“ Vorgänger: Papst Benedikt bei der erneuten Verbannung des überlieferten Ritus, dessen „Heimholung“ von Vielen als der Kernpunkt seines Pontifikats betrachtet wird. Mit der faktischen Auflösung und unter antikirchlicher Zielsetzung erfolgten Neuerrichtung der „päpstlichen Akademie für das Leben“ (Motu Proprio „Vitae Mysterium“ von 1994) zerfetzt er eine der wichtigsten Positionen der Lehre des „Evangelium-Vitae“-Papstes Johannes-Paul II.. Und nach der Relativierung des vom „Konzilspapst“ Paul VI. in „Humanae Vitae“ bekräftigten Verbotes unnatürlicher Mittel zur Empfängnisverhütung schafft er nun auch das von diesem mit Apostolica Sollicitudo ausdrücklich als Organ der Apostelnachfolger begründete Beratungsgremium der Bischofssynode ab und ersetzt es durch ein modernistischen Verirrungen folgendes Scheinparlament.

Hochmut und Selbstherrlichkeit dieses Mannes sind kaum zu überbieten. Und so steht er denn ganz alleine da unter den Nachfolgern Petri.

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