Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Interview mit Cardinal
Cañizares Llovera

„Nicht die Gemeinschaft macht die Liturgie, sondern Gott macht sie.“

Der Präfekt der Gottesdienstkongregation zur Reform der Liturgie

31. 10. 2009

Aus Anlaß des bevorstehenden ersten Jahrestag seiner Ernennung zum Präfekten der Liturgiekongregation hat die spanische Zeitung Catalunya Christiana ein Interview mit Cardinal Cañizares Llovera geführt. Hier einige der wichtigsten Passagen nach der englischen Übersetzung, die von TNLM angefertigt und ins Netz gestellt worden ist..

Der "große" und der "kleine" RatzingerFoto: Osservatore Romano

„Es kommt mir nicht zu, meine Leistungen zu bewerten. Ich kann nur sagen, daß es gegenwärtig eine sehr wichtige Zeit für uns alle ist, wir haben hart zu arbeiten, es hat eine Vollversammlung der Kongregation stattgefunden, wir haben Vorschläge erarbeitet, die die Zustimmung des hl. Vaters gefunden haben und die die weiteren Grundlagen unserer Arbeit bilden. Das große Ziel ist, den Geist der Liturgie in der ganzen Welt wieder zu beleben.

Was waren die größten Probleme, denen Sie sich widmen mußten?

Dringende Probleme haben wir hier jeden Morgen, es gibt viele Übertreibungen und Mißbräuche in der Liturgie, aber die drängendste Aufgabe, die sich weltweit stellt, besteht darin, denn Sinn für Liturgie überhaupt wieder herzustellen. Dabei geht es nicht um Veränderungen der Rubriken oder um die Einführung von Neuerungen, sondern schlichtweg darum, daß die Liturgie gelebt wird und im Mittelpunkt des Lebens der Kirche steht. Die Kirche kann ohne die Liturgie nicht bestehen, die Liturgie ist der Daseinszweck der Kirche: Das Lob Gottes, die Danksagung, die Darbringung des Opfers, der Gottesdienst. Das ist die Grundlage, ohne die die Kirche nicht existieren kann, ohne die tatsächlich die Menschheit nicht existieren kann. Daher ist das eine äußerst wichtige und dringliche Aufgabe

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Der Kardinal zu Besuch beim Institut Christus König und Hoher Priester

Wie ist der Sinn für Liturgie wieder zu gewinnen?

Wir arbeiten derzeit ohne viel Aufhebens davon zu machen an einer ganzen Reihe von Ausbildungsprojekten. Das steht an erster Stelle: Eine gute und korrekte liturgische Ausbildung. Das ist ein kritisches Thema, denn die gegenwärtige Ausbildung ist einfach unzulänglich. Die Leute denken, Liturgie wäre eine Sache der Form und äußerer Dinge, doch was wir wirklich brauchen ist die Wiederherstellung eines Sensoriums für den Gottesdienst und für Gott als Gott den Herrn. Dieses Sensorium für Gott kann nur durch die Liturgie wieder gewonnen werden. Daher legt der Papst auch höchsten Wert darauf, den höchsten Rang der Liturgie für das leben der Kirche herauszustellen.

Wenn man den Geist der Liturgie lebt, dann tritt man in den Geist des Gottesdienstes ein, tritt ein in die Anerkennung Gottes, tritt ein in die Gemeinschaft mit IHM – und das ist es, was den Menschen verwandelt und zu einem neuen Menschen macht. Die Liturgie schaut immer auf zu Gott und nicht zur Gemeinschaft. Nicht die Gemeinschaft macht die Liturgie, sondern Gott macht sie. Er kommt auf uns zu und bietet uns an, teil zu haben an seinem Leben, an seiner Barmherzigkeit und seiner Vergebung. Wenn man die Liturgie wahrhaft lebt und Gott wirklich in ihrem Mittelpunkt steht, verändert sich alles.

Sind wir heute denn so weit vom rechten Sinn für das Mysterium entfernt?

Ja. Derzeit erleben wir eine umfassende Säkularisierung, der Sinn für das Mysterium und für das Heilige ist verloren gegangen, die Menschen leben nicht in dem Geist, Gott wahrhaft zu verehren und Gott als Gott anzuerkennen.Deshalb hält man es für angebracht, unentwegt irgendetwas in der Liturgie zu verändern, Neuheiten einzuführen und alles kreativ zu gestalten. Aber das ist nicht das, was Liturgie erfordert – in ihr geht es um wirklichen Gottesdienst, darum, den Einen anzuerkennen, der größer ist als wir und der uns die Erlösung anbietet. Das Mysterium Gottes, das unermeßliche Geheimnis seiner Liebe, ist nicht irgendein nebulöses Etwas, sondern es ist Einer, der auf uns zugeht.

Beim Pontifikalamt in der Laterankirche

Wir müssen den Menschen, der anbetet, wieder finden, wir müssen den Sinn für das Mysterium wieder gewinnen. ‚Wir müssen wiederfinden, was wir nie hätten verlieren dürfen. Das schlimmste Übel, das man dem Menschen antun kann, ist der Versuch, aus seinem Leben die Transzendenz und das Mysterium zu vertreiben. Die Folgen davon erleben wir heute in allen Lebensbereichen: Die Neigung, Wahrheit durch Meinung zu ersetzen, Vertrauen mit zweifel, das Ziel durch die Mittel. Deshalb ist es so wichtig, die Menschen gegen alle Ideologien zu verteidigen, die sein dreifaches Verhältnis zur Welt, zu den anderen und zu Gott beeinträchtigen. Niemals zuvor wurde soviel von Freiheit geredet – und niemals zuvor gab es soviel Versklavung.

Sie haben lange Jahre ihren Dienst als Lehrer und Bischof getan – wie haben sie den Ruf zum Dienst an die römische Kurie als einer der Minister der Papstes erlebt?

Ich habe diesen Ruf mit großer Freude angenommen, denn er bedeutet die Erfüllung des göttlichen Willens. Wenn man den Willen Gottes erfüllt, ist man glücklich – aber ich muß zugeben, daß ich mit so etwas nicht gerechnet hatte. Gleichzeitig erlaubt mir die Zusammenarbeit mit dem Papst eine vertiefte Erfahrung des Mysteriums der Communio. Ich fühle mich ihm sehr nahe und bin froh, ihm bei all dem helfen zu können, was er von mir verlangt. Und bekanntlich ist die Sorge für die Liturgie eine seiner Hauptsorgen.