Januar
Er ist wieder da!
(10. 1. 2022)
Als ersten sichtbaren Akt seiner Amtszeit als päpstlicher Zeremoniar hat der kürzlich ernannte Msgr. Diego Ravelli auch den unter Papst Benedikt entfernten Volksaltar wieder in die Sixtinische Kapelle zurückgeholt. Einzelheiten zum Hin und her und dem Zusamenhang des Aktes mnit Traditionis Custodes kan man auf katholisches.info nachlesen.
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Alice v. Hildebrandt RIP
(15. 1. 2022)
Am 14. Januar starb in New Rochelle bei New York im Alter von 98 Jahren die amerikanische katholische Philosophin Alice von Hildebrand, die kämpferische Witwe des kämpferischen Philosophen Dietrich von Hildebrand (1889 - 1977). Nicht nur als Witwe eines großen Mannes, sondern auch als Philosophin eigenen Rechts und eigener Leistung hat AvH während des halben Jahrhunderts nach dem Konzil unermüdlich dafür gearbeitet, die traditionelle Lehre der katholischen Kirche in einer für die gegenwart wahrnehmbaren Form zu verteidigen und zu popularisieren. Dazu gehörte auch ihr entschlossenes Eintreten für die überlieferte Liturgie, zu deren kenntnisreichsten und bekanntesten Fürsprechern sie weit über die USA hinaus gezählt wurde.
Eine deutschsprachige Würdigung von AvH ist uns bis zum Samstagvormittag nicht bekannt geworden. Lesenswerte Nachrufe in der amerikanischen katholischen Presse finden sich auf LifesiteNews: Loss of a Lioness und bei CNA: A joyful, faithful 'warrior'; weitere sind zu erwarten. Alice von Hildebrand und ihr Wirken werden auch denen fehlen, die – wie in Deutschland die meisten Tradis – erst jetzt von Ihrer Existenz erfahren.
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John Cantius akzeptiert
(16. 1. 2022)
Die Regular-Kanoniker des hl. John Cantius in Chicago haben am Sonntag mitgeteilt, daß sie die Anordnung von Kardinal Cupich akzeptieren und künftig am 1. Sonntag des Monats und den hohen Feiertagen ausschließlich im Novus Ordo zelebrieren. Das ist natürlich bedauerlich, weil die Kanoniker und ihre Gemeinde damit wesentliche Quellen der katholischen Identität verlieren. Die Verantwortung dafür fällt jedoch alleine Blaise Cupich zu, und es gibt keinen Grund, den auf diözesaner Rechtsgrundlage tätigen und auch bisher schon beide Formen der römischen Liturgie verwendenden Kanonikern etwas übel zu nehmen.
Ihre Rechtssituation läßt ihnen wenig Spielraum, und das besondere Charisma ihrer Gemeinschaft liegt nicht wie bei den Priestergemeinschaften Ex-Ecclesia-Dei dezidiert in der Pflege der überlieferten Liturgie, sondern in der Resakralisierung des Gottesdienstes, um die sie sich insbesondere für den Novus Ordo nicht ohne Erfolge bemüht haben. Man wird sehen müssen, inwieweit und wie lange ihnen die dafür bisher genutzten Spielräume erhalten bleiben. Vielleicht kommt ihnen ja der Zeitfaktor zur Hilfe - sowohl für Franziskus (85) als auch Cupich (72) rückt das Ende ihres Wirkens unaufhaltsam näher. Den eigentlichen Kampf gegen die ungerechten und rechtswidrigen Edikete des Papstes und der römischen Kongregationen werden die Gemeinschaften führen müssen, deren Charisma durch die angesagte Eliminierung der überlieferte Liturgie im Kern negiert wird.
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Rom schizophren
(19. 1. 2022)
Zum Fest der Erscheinung des Herrn hat Erzbischof Fernando Guimararães vom Ordinariat der brasilianischen Streitkräfte am 6. Januar ein Pontifikalamt im alten Ritus zelebriert. Das kam in Rom nicht gut an: Wie es – derzeit noch inoffiziell – heißt, hat die Bischofskongregation unter Präfekt Ouellet ein Verfahren gegen den Prälaten eingeleitet – dessen Ausgang der bereits 75-jährige, der schon öfter von der Parteilinie abgewichen sein soll, freilich mit Fassung entgegensehen dürfte.
Schon am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtsfeiertag also, hat Erzbischof Castillo Mattasoglio von Lima in einer Predigt die bemerkenswerte Lehre verkündet, Christus sei nicht als Priester, sondern „als Laie“ am Kreuz hingerichtet worden, ohne mit seinem Tod ein Opfer darzubringen. Es ist nicht bekannt, daß seine Eminenz mit dieser gegen mehrere Glaubenswahrheiten verstoßenden Aussage irgendeine Reaktion der Bischofs- oder der Glaubenskongregation ausgelöst hätte.
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Pflichtlektüre zum drohenden Schisma
(20. 1. 2022)
Die polnische Philosophie-Professorin Justyna Melonowska hat in einem verhältnismäßig kurzen Artikel eine umfassende Zusammenschau der Tendenzen zur Entchristlichung der westlichen Gesellschaften und zu Selbstsäkularisierung der Kirche vorgelegt. Ihre Prognose: Das kommende Schisma in der Kirche wird aufbrechen zwischen denen, die die Verweltlichung der Kirche als eine Art Vergöttlichung betrachten und vorantreiben - und denen, die bei dem bleiben, was immer gegolten hat: Gott, Christus, steht für die ganz andere Welt der Übernatur, die zu erreichen daseigentliche Ziel des Menschen ist.
In englischer Übersetzung heute bei Rorate Caeli. Beim unermüdlich rudernden Beiboot Petri gibt es inzwischen eine deutsche Übersetzung.
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Und immer wieder Traditionis Custodes
(23. 1. 2022)
Erzbischof Roche hat ein Interview zum Lobpreis von Traditionis Custodes gegeben. Peter Kwasniewski zerreißt das darin präsentierte Lügengewebe.
Fr. Richard Cipolla zeigt auf, warum uns kein Erzbischof und kein Papst die Freude der überliefertn Liturgie nehmen kann.
Und Fr. Hunwicke hat bereits gestern erklärt, warum das Heil für des Streites müde Katholiken nicht in den Kirchen der Orthodoxie liegt - und was die Ekklesiologie des II. Vatikanums dazu beiträgt, diesen Irrtum zu fördern.
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Zeitgeister-Kämpfe: Lesetipps
(30. 1. 2022)
Austen Ivereigh, etwa auf dem Niveau von katholisch.de operierender britischer Kirchenjournalist, hat verteidigt, daß Papst und Kurie, die doch sonst vor keiner Umarmung zurückschrecken, in der Tradition verwurzelten Katholiken jeden Dialog verweigern. Basta! Dem Kommunikationswissenschaftler Dr. Michael Kakooza aus Uganda ist aufgefallen, daß Ivereigh zur Begründung auch auf die angebliche kolonialistische Kontamination des von alten weißen Männern erfundenen alten Ritus zurückgreift und sagt dazu auf RorateCaeli ein paar überaus passende Worte.
Und wo wir gerade beim Thema Wahnvorstellungen sind: Der Autor David Warren setzt sich bei TheCatholicThing etwas tiefergehend als üblich mit der zeitgeistigen Marotte auseinander, daß Denken und Fühlen die Realität bestimmten. Also etwa in der Idee, daß das Geschlecht einer Person davon abhänge, was besagte Person in dieser Sache empfinde. Er warnt davor, sich hier auf Stellvertreterdebatten einzulassen: Eigentlich geht es darum, ob es einen Gott gibt, oder nicht, ob wir seine Geschöpfe sind und an seine Ordnung gebunden, ob wir wollen oder nicht.
Die Autorin des Blogs „Nolite Timere“ hat sich der unappetitlichen Aufgabe unterzogen, die aktuell diskutierte Münchener Mißbrauchskampfschrift Stück für Stück durchzuarbeiten. Das Ergebnis für die berichteten Fälle aus den 40er und 50er ist insofern bemerkenswert, als es für die meisten davon erkennen läßt, daß die handelnden Personen durchaus bemüht waren, Täter (die damals gelegentlich vor Gericht zu heute lächerlich gering anmutenden Strafen verurteilt wurden), an der Begehung weiterer Übergriffe zu hindern. Doch nicht nur das Problembewußtsein der Zeit, auch die Kommunikationsmittel und die Effektivität administrativen Handelns lagen hinter dem zurück, was heute als selbstverständlich gilt – zumindest in den Ansprüchen an die katholische Kirche. Das heute von hoher moralischer Warte aus zu richten, ist mehr als unanständig.
Für die folgende Periode, die vom langjährigen Generalvikar Gruber geprägt wurde, kommt die Autorin zu einem wesentlich kritischeren Ergebnis; hier erscheint ihr der Vorwurf systematischer Vertuschung durchaus angebracht