Die Überwindung der Armut
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- 25. September 2015
Während in New York die UNO ihre Agenda 2030 vorbereitet, die in wenigen Jahren Armut und Elend auf der Erde zum Verschwinden bringen will, hat Kardinal Gerhard Ludwig Müller bei der Vorstellung des Buches "Gott oder Nichts" von Kardinal Sarah in Erinnerung gerufen, worum es wirklich geht. Wir bringen den Teil der Ausführungen vin Kardinal Müller, der dieses Thema behandelt, im Wortlaut. Den ganzen Text seiner Rede finden Sie auf kath.net.
Angesichts der Endlichkeit unseres kurzen Erdendaseins, der irdisch nicht zu erfüllenden Gerechtigkeit für die Armen, für die Erniedrigten, die unschuldig Leidenden, die zu früh Gestorbenen, die Millionen Opfer von Kriegen und Gewalt gibt es − alles zusammengefasst − nur die eine Alternative. Wenn Gott existiert, lebt und wirkt, dann hat alles doch einen Sinn, dann wird die Gerechtigkeit jedem am Ende zuteil, der sich Gott ganz anheimgibt, dann ist das letzte und nie verstummende Wort über die ganze Schöpfung Liebe und ewiges Leben und nicht Hass, Tod, Nichts, das große Aus. „Denn die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8,21). Mit Gott werden alle positiven Faktoren unserer Existenz in der Klammer des Geschaffenen mit Unendlichkeit und Liebe multipliziert.
Durch Gott ist alles ewig in, ohne Gott ist alles endgültig out. (...)
Die Kirche ist weltweit die einzige Anwältin der Armen. Ihr Ziel ist nicht die Angleichung Afrikas an den mondänen, nihilistischen, zynischen Lebensstil eines dem Glauben entfremdeten Europas und Nordamerikas. Bei aller sozialen Hilfe geht es nicht darum, dass die Armen zu Millionären werden um im Geld den Lebenszweck entdecken und dabei den Schatz im Himmel zu verlieren, der nicht wie alle Reichtümer dieser Welt von Rost und Motten zerstört wird.
Es geht vielmehr um ein Leben aller in Würde und darum, den Armen nicht den Reichtum der Gnade und Barmherzigkeit Gottes vorzuenthalten. „Der Hunger nach Brot muss verschwinden; der Hunger nach Gott muss wach bleiben“, sagte einmal Johannes Paul II. in den Elendsvierteln von Lima. Wer den Hunger der Menschen nach Gott nicht erkennt, der belässt sie in ihrer schlimmsten Misere. Einigen katholischen Hilfsorganisationen ist es heute peinlich von Gott zu sprechen. Sie wollen sich auf rein humanitäre Tätigkeiten beschränken, um dem Vorwurf des Proselytismus zu entgehen. Auch nehmen manche Vertreter und Angestellte dieser Hilfswerke vor Ort nicht am gottesdienstlichen Leben teil, das sie als Rest der Unaufgeklärtheit ihrer dortigen afrikanischen und asiatischen Brüder und Schwestern ansehen.
Demgegenüber hat Papst Franziskus in Evangelii gaudium von seinem Schmerz über diese schlimmste Art der Diskriminierung der Armen gesprochen, wenn man ihrem spirituellen Hunger nach Gott, der Gnade und den Sakramenten mit Gleichgültigkeit und der bornierten Selbstgefälligkeit des Aufgeklärten gegenübersteht und sie im materialistischen Sinn auf Lebewesen reduziert, denen man bloß Essen und Trinken verabreichen muss, um sie ruhig zu stellen. Dem teuflischen Versucher, der von Jesus verlangte aus Steinen Brot zu machen, hält der wahre Messias entgegen: „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes hervorgeht.“ (Mt 4,4).
Die „vorrangige Option für die Armen“ besteht in der Sorge um ihre Offenheit für Gott und von daher kommt auch die umfassende Option für die materielle und kulturelle Teilnahme am Leben der Gemeinschaft. Dem gedankenlosen und banalen Vorwurf, die Hoffnung auf Gott lähme das Engagement auf Erden, lässt sich mit dem Hinweis auf bekannte und unbekannte Heilige begegnen, die die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe, von Gott-Orientierung und Welt-Verantwortung vorgelebt haben. Der Kardinal nennt Damian de Veuster, der auf einer Südseeinsel sein Leben für die Leprakranken aufopferte und Mutter Teresa, die für die Armen von Kalkutta da war.
Schließlich fällt die Bilanz der Ideologen, die ein Reich rein irdischer Wohlfahrt errichten wollten im Gegensatz zum Glauben an Gott nicht nur ernüchternd, sondern erschütternd aus, allein schon wenn man sich auf das 20. Jahrhundert beschränkt. Wen wundert die Gleichgültigkeit über die ungeheuren Gewalttaten gegen die Christen Afrikas und des Vorderen Orients bei westlichen Politikern und Führern der öffentlichen Meinung, wenn die Entchristianisierung Europas und der ganzen Welt das Ziel ist? Menschrechte sind nach den Vorstellungen der Kirchenfeinde doch teilbar?