Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Blick in die Kirchengeschichte

1786: Die rheinischen Erzbischöfe streben nach Unabhängigkeit von Rom

16. 2. 2009

Man muß nicht weit in die Geschichte zurückgreifen, um ähnliche „Unabhängigkeitsbestrebungen“ von Regionalbischöfen festzustellen, wie sie jetzt im aktuellen Hirtenbrief der österreichischen Bischöfe zum Ausdruck kommen. Aus der populären Kirchengeschichte von August Schuchert, Bonn 1956, zitieren wie einige zusammenhängende Abschnite von den Seiten 766 – 767.

Umschlagbild

Johann Nikolaus v. Hontheim, alias Febronius

Die deutschen Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier forderten sogar die Eigengewalt in ihren Diözesen gegenüber dem Papst, dessen Vollprimat sie nicht anerkannten. Sie stützten sich dabei auf eine Schrift, die der Trierer Weihbischof Nikolaus von Hontheim 1763 unter dem Pseudonym „Febronius" veröffentlicht hatte. Außerdem verlangten sie vom Kaiser die Einberufung eines Nationalkonzils. Von der Schrift Hontheims her bekam die nationalkirchliche Bewegung in Deutschland den Namen „Febronianismus". Auf einer Konferenz zu Bad Ems legten die drei rheinischen geistlichen Kurfürsten von Köln, Mainz und Trier 1786 in 23 Artikeln, der sogenannten Emser Punktation, ihre Forderungen nieder, obwohl Hontheims Werk schon 1778 von Papst Klemens XIII. verurteilt worden war. Das Anliegen der Emser Punktation scheiterte allerdings in Deutschland schon am Widerstand der Bischöfe, die in der Machtsteigerung der Erzbischöfe eine Minderung ihrer eigenen Rechte befürchteten.

In Österreich versuchte Kaiser Joseph II. als Vertreter des aufgeklärten Absolutismus eine Kirchenreform. Er kümmerte sich um die Gestaltung des Gottesdienstes, beschränkte die Zahl der Kerzen in der Meßfeier, ließ lederne Meßgewänder als dauerhafter zum Gebrauch anschaffen, schränkte die Zahl der kirchlichen Feiertage ein, um mehr Zeit für nutzbringende Arbeit zu gewinnen, und machte die Veröffentlichung von päpstlichen Verfügungen von der vorausgehenden Genehmigung durch den Kaiser abhängig. Im Zeitalter des „Josephinismus" wurden in Österreich sechshundert Klöster vom Staat aufgehoben. Der Preußenkönig bezeichnete darum spöttischer Weise Kaiser Joseph als „Erzsakristan des heiligen Römischen Reiches". Im gleichen Zeitraum wurden in Frankreich etwa vierhundert Klöster unterdrückt.

Für die Vertreter der Aufklärung war die Kirche nur noch ein Verein unter anderen „zur Pflege der Religion". Darum konnte bei dieser geistigen Einstellung die Ordnung der kirchlichen Angelegenheiten ruhig dem Staat überlassen werden. Hatte man seither die verschiedenen christlichenKonfessionen nur als „Religionsparteien" bezeichnet und den Namen „Kirchen" aus einem noch vorhandenen Gemeinschaftsbewußtsein vermieden, so erhielt nun jede Konfession den Namen „Kirche" als angeblich gleichwertiger christlicher „Verein". In dieser geistigen Verwaschenheit zeigte sich, daß das Verständnis für die Kirche als einen übernatürlichen eigengesetzlichen Organismus vollkommen erloschen war. Die aufgeklärte Verständnislosigkeit für die konfessionellen Unterschiede äußerte sich auch in einer weitgehenden Zusammenarbeit der Kleriker beider Konfessionen bis zur gegenseitigen Vertretung bei religiösen Amtshandlungen.

Wenn wir bedenken, daß zur gleichen Zeit auch über Rom eine Katastrophe hereingebrochen war durch die Gefangennahme Pius VI., den man nach Frankreich verschleppt hatte, während französische Truppen den Kirchenstaat und Rom besetzt hielten, die Kirche der machtvollen Hilfe des Jesuitenordens beraubt war und die Freimaurerei das politische Feld in Europa immer mehr beherrschte, ahnen wir, daß die Kirche an einem ihrer Tiefpunkte äußerer Ohnmacht angekommen war.