Kann die Kirche V-II überleben?
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- 23. November 2022
Franz Norbert Otterbeck hat am gestrigen Dienstag auf Kath.net einige Anmerkungen zur „Pastoralen Klugheit des letzten Konzils“ veröffentlicht. Im großen Ganzen können wir uns dem durchaus anschließen und empfehlen den Beitrag gerne zur vollständigen Lektüre. Die Diskussion über die „eigentliche Bedeutung“ des 2. Vatikanums hat unter dem gegenwärtigen Pontifikat wieder neue Bedeutung erlangt. Da ist es schon erhellend, wenn Otterbeck zur „Deutungsgeschichte“ dieser Kirchenversammlung ausführt:
Die bewusste pastorale Klugheit des letzten Konzils wurde von der herrschenden Meinung erstaunlich frech ins Gegenteil verkehrt. Was deutsche, österreichische, schweizer und andere Theologiestudenten der letzten rund 50, bald 60 Jahre vom Konzil mitbekamen, das sind vorwiegend die konfessionspolitischen Parolen im Stil der "Einführungen", die Rahner/Vorgrimler ihrem Konzilskompendium zu jedem Text voranstellten. Der Begriff von Kirche, den 'Lumen gentium' zentral lehrt, wurde schon früh nicht mehr expliziert, speziell nicht in der tendenziell törichten "Pastoral" der deutschen Bischöfe seit 1968 ("Königstein"). Man darf inzwischen von einem fast völligen Fehlschlag der Konzilsrezeption in weiten Teilen der ehemals abendländisch geprägten Regionen der Weltkirche sprechen. Sakramente werden ins Nichts gespendet oder gar nicht. Gebet und Liturgie verkommen zu selbstreferenzieller Selbstbeschäftigung. Priesterausbildung ist paralysiert, Mission wird offen abgesagt.“
So ist das wohl – jede Sitzung des deutschen Synodalen Weges und viele Aussagen und Handlungen des gegenwärtigen Papstes können diesen vernichtenden Befund nur bestätigen. Doch die Diagnose, so richtig sie sein mag, ist für sich noch keine Therapie. Wie kommen wir denn wieder runter von dieser verkehrten Rezeption und verhängnisvollen Praxis, die die Kirche – zumindest wenn es nach den Architekten des Synodalen Weges ginge – bis an den Rand der Selbstauflösung führt? Und kann man wirklich von „pastoraler Klugheit“ sprechen, wenn das Konzil bzw. seine Dokumente es in der pastoralen Realität erlaubten, gerade das Gegenteil von dem durchzusetzen, was die große Mehrheit der Konzilsväter – denn das glauben wir auch – wirklich wollte. Das waren in den 70er und 80er Jahren nicht alles nur Flachköpfe und Dummerjahns, die auf die Taschenspielertricks der Vorgrimmler und Rahner hereinfielen und sich Dokument für Dokument und Absatz für Absatz vormachen ließen, dort stünde etwas, das gar nicht geschrieben und gemeint war.
Da muß auch mit diesen Dokumenten selbst und mit dem Geist aus dem heraus und mit der Sprache, in der sie verfaßt waren, etwas nicht in Ordnung gewesen sein, wenn diese Dokumente so die Umdeutung ermöglicht und zum Mißbrauch geradezu eingeladen haben.
Warum Vatikan II gescheitert ist
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- 22. Oktober 2022
Der 60. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils hat vielerorts – besonders aber in den USA – zu Diskussionen über Erfolg und Mißerfolg dieser letzten großen Kirchenversammlung geführt. Die meisten Verteidiger des Konzils befleißigen sich einer bemerkenswert defensiven Tonart – sie betonen, das Konzil braucht noch Zeit zur Reifung oder behaupten, ohne die von Papst Johannes XXIII. einberufene Großveranstaltung sei alles noch viel schlimmer geworden, ja die Kirche wäre inzwischen zu einer Sekte heruntergekommen. Auch die Stellungnahme, die der ehemalige Papst Benedikt (der 10 Jahre nach dem Konzil dessen Scheitern durchaus für möglich gehalten hatte) sich jetzt abringen ließ, zeugt von dieser defensiven Grundhaltung: Das Konzil sei „notwendig und bedeutungsvoll“ gewesen, so Ratzinger in seinem Schreiben an die katholische Universität in Steubenville, das hier auf katholisches.info bereits übersetzt und kommentiert worden ist. „Notwendig und bedeutungsvoll“ – eine Erfolgsmeldung, ein 'mission accomplished' hört sich anders an. Und die einigermaßen respektable Hochschule, an die der Papst schrieb (oder die sich sein Schreiben erbeten hatte) liegt in einem Bistum, dessen Bischof soeben im Alleingang die Fusion mit einer Nachbardiözese beschlossen hat: Rückgängige Zahlen bei Gottesdienstbesuchern, Priestern und Einnahmen würden den Weiterbetrieb der Zweigstelle nicht mehr rechtfertigen. Zumindest Ehrlichkeit kann man dem Mann bescheinigen – im Unterschied zu seinen deutschen Kollegen, die sich in Bankrottverschleppung üben.
Darüber zu spekulieren, ob der praktisch in allen traditionellen christlichen Ländern dokumentierte kirchliche Niedergang ohne DAS KONZIL noch stärker ausgefallen wäre, ist müßig und als Argument ebenso wertlos wie unaufrichtig. Wir wissen es nicht. Aber wir wissen, daß Diözesen und Gemeinschaften, die die Errungenschaften DES KONZILS weitgehend ignorieren, von diesem Niedergang weniger oder gar nicht betroffen sind, teilweise sogar gegen den Trend Wachstumsraten vorweisen können.
Die oben gezeigte Grafik über den Niedergang der Mitgliederzahlen bei den Schwesterngemeinschaften in den USA mag den Zusammenbruch besonders spektakulär ins Bild setzen – in der Tendenz zeigen die Zahlen auf allen Gebieten einen ähnlichen Verlauf: Gottesdienstbesuch, Seminareintritte, Priesterweihen und Spendeneingänge brechen Mitte der 60er Jahre – das Konzil endete 1965 – brutal ein.
Feindliche Übernahme
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- 17. Oktober 2022
Als „feindliche Übernahme“ der Kirche durch ihre Feinde im Innern hat Kardinal Müller dieser Tage die scheinsynodalen Aktivitäten in Deutschland und anderswo bezeichnet. Schon vor dem Kardinalskonsistorium im August waren in Rom Gerüchte in Umlauf, der Bischof von Rom plane die Ernennung einen „Koadjutors mit dem Recht der Nachfolge“ – das wäre ein Versuch zur Präjudizierung, wenn nicht sogar Entmachtung des Kardinalskollegiums, dem die seit langem geltende Kirchenverfassung die Aufgabe der Papstwahl zuweist. Das wäre ein Putsch, wie er im südamerikanischen Bilderbuch steht. Freilich: Das Kardinalskonsistorium ging ohne einen solchen dramatischen Schritt vorüber – Franziskus hatte es zu einer reinen Ausgabe der Tagesparole an die Neokardinäle reduziert.
Trotzdem wollen die Befürchtigen über einen bevorstehenden Staatsstreich, oder die feindliche Übernahme, um mit Kardinal Müller zu sprechen, nicht verstummen. Verschiedene Ereignisse und Stellungnahmen um den 60. Jahrestag der Konzilseröffnung haben dem neuen Auftrieb gegeben. Wieder steht das Schlagwort von der „Synode“ im Mittelpunkt, diesmal aber nicht von der deutschen Apostatenversammlung, sondern von deren römischem Gegenstück, der „Synodensynode“, der von Franziskus und seinen Mitverschwörern immer erkennbarer die Aufgabe zugedacht wird, eine „neue Kirche“ zu etablieren.
Seit ihrer ersten Ankündigung im Frühjahr 2021 hat diese Synode einen bemerkenwerten Weg genommen. Das Instrument der „Bischofssynoden“ war nach Ende des Konzils von Papst Paul VI. mit der Motu Proprio „Apostolica Sollicitudo“ zur Stärkung der Kollegialität innerhalb des weltweiten Episkopats (wieder) eingerichtet worden. In etwa dieser Grundlage entsprechend hatten im Vatikan auch bereits in den Jahren 2019 (Amazonassynode) und 2015 (Familiensynode) stattgefunden. „In etwa“, weil bereits bei diesen Veranstaltungen die Bischöfe nicht wie von Papst Paul VI: vorgesehen als Nachfolger des Apostlkollegiums ernst genommen, sondern durch vielerlei Geschäftsordnungstricks und Täuschungsmanöver auf den Status von Akklamateuren päpstlicher Vorentscheidungen reduziert worden waren.
Wo Bätzing Recht hat
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- 13. Oktober 2022
Die Behauptung von Herrn Bätzing, der deutsche synodale Weg sei vom 2. Vatikanischen Konzil geprägt worden und quasi dessen legitimer Nachfolger, hat im modernistischen Lager einige Augenbrauen hochgehen lassen. Auch Kardinal Kasper, sonst vielerlei Reformideen durchaus zugeneigt, hielt es für angebracht, ein „so kann man das aber nicht sagen“ zu Protokoll zu geben.
Das kann man nachvollziehen. Bätzing, dem Meister der gespaltenen Zunge, ist hier versehentliche eine Wahrheit entglitten, die er und sein Apostatenkreis bislang gerne versteckt hielten: Wenn man konsequent dem „Geist des Konzils“ folgt, der seit Jahrzehnten die Kirche theologisch zersetzt, an Zahl der gläubigen und Priester Einfluß dezimiert und weltweit „zum Gespött der Heiden“ gemacht hat, landet man zwangsläufig bei jener Bewegung, die jetzt unter dem Schlagwort von der Synodalität den Massenabfall einleitet. In Luthers Deutschland etwas früher, in Bergoglios Rom wo Synodensynodensekretär Grech seine Monstersynode neuerding gar als Fortsetzung von V-II verstanden haben will, etwas später.
Anscheinend sehen die Glaubensverderber jetzt die Zeit gekommen, die Tarnung abzuwerfen und gestützt auf den Machtmißbrauch eines immer autoritärer agierenden Papstes, die gescheiterte Bischofsversammlung des II. Vatikanum offen für das in Anspruch zu nehmen, was sie unter dem Schutzschild des "Geistes des Konzils" bisher hintenrum betrieben haben: Die Zerstörung der apostolischen Tradition, der Entchristlichung der Kirche und ihre Unterwerfung unter das Diktat des atheistischen und antihumanen Weltgeistes.
Das entstellte Konzil
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- 25. Februar 2022
Wo immer sich jemand auf das II. Vatikanum beruft, müssen wir mit drei Entstellungen rechnen:
- Die Behauptung, DAS KONZIL habe etwas angeordnet, das in Wirklichkeit dort gar nicht oder aber im entgegengesetzten Sinne entschieden worden ist. Beispiele dafür in der Liturgie sind der „Volksaltar“ oder die lateinische Liturgiesprache.
- Das zweite sind die vielen Unklarheiten, Doppeldeutigkeiten oder eindeutigen Widersprüche in den Konzilstexten, aus denen alles oder nichts abgeleitet werden kann - bestes Beispiel dafür ist die Forderung der Liturgiekonstitution,„Es sollen keine Neuerungen eingeführt werden, es sei denn, ein wirklicher und sicher zu erhoffender Nutzen der Kirche verlange es“ (n. 23).
- Das dritte ist der immer lautstärker widerholte Versuch, jede zeitgeistige Idee, die man aus einem Text DES KONZILS herauslesen kann, zum Maßstab zu machen, von dem aus alles was vorher gelehrt und angeordnet worden ist, in Frage gestellt werden kann. Aus der bescheiden als Pastoralkonzil angekündigten Kirchenverammlung des vorigen Jahrhunderts wird so ein Superdogma, das bedingungslosen Gehorsam verlangt.
Schwer zu sagen, welche dieser drei Entstellungen die verheerendsten Auswirkungen hat.
Als Neu- oder besser als Wiederentdeckung macht derzeit die Doktorabeit von Msgr. Florian Kolfhaus aus dem Jahr 2006 die Runde, in der der Autor untersucht hat, was das Selbstverständnis dieses Konzils als „Pastoralkonzil“ für den Stellenwert der dort verabschiedeten Dokumente bedeutet. „Wiederentdeckerin“ der Arbeit ist Maike Hicksonn mit einem Artikel auf LifeSiteNews, der leider von ihr oder der Redaktion unter der Überschrift veröffentlicht wurde: Wie diese Dissertation üder das 2. Vatikanum die römische Entscheidung beeinflusste, die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft aufzuheben. Auch das deutsche Referat von Maikes Artikel auf katholisches.info folgt diesem Vorbild und fördert so eine verengte Wahrnehmung der Bedeutung von Kolfhaus’ Arbeit: Nicht jeder interessiert sich für die Hintergründe der von Papst Benedikt 2009 erklärten Aufhebung der Pius-Bischöfe.