Bereichsnavigation Themen:

Das Lehramt nach Schrödinger

Bild: Daniela Leitner/Spektrum der WissenschaftWir gewöhnen uns schnell. Als der päpstliche Vordenker Antonio Spadaro S.J. im Januar befand, in der Theologie könnten zwei plus zwei schon einmal „fünf“ ergeben, gab es noch ein gewisses Aufmerken im Umkreis theologischer Arithmetiker. Nun hat ein anderer der franziskanischen Vordenker, Kardinal Cocopalmiero, die Forderung aufgestellt, in der Frage der anglikanischen Weihen müsse die Kirche das allzu rigide Schema von „gültig“ oder „ungültig“ überwinden und sich tapfer dazu bekennen, daß solche Fragen – zumindest in der Theologie – unentscheidbar sein könnten. Eine überaus kreative theologische Anwendung des Gedankenexperiments von Schrödingers Katze aus der Quantenmechanik, von der man ja auch nicht so genau weiß, ob sie da oder nicht da, lebendig oder tot ist. Jedenfalls liegt Seine Eminenz damit ganz auf der Linie seines Chefs, der anscheinend kurz davor steht, die noch von seinem Vorgänger energisch verurteilte Lehre vom allumfassenden Relativismus zum neuen Superdogma zu erheben.

Es komme halt alles auf die Zeitumstände und deren Maßstäbe an, ließ Franziskus letzten Donnerstag velauten. Da könne auch schon einmal etwas, das in der Vergangenheit normal erschienen und keine Sünde gewesen sei, heute eine Todsünde sein. „Wir sind weiter gegangen. (…) „Das Volk Gottes ist unterwegs. Immer. Wenn das Volk Gottes stehen bleibt, wird es zum Gefangenen in einem Stall, wie ein kleiner Esel: es begreift nicht, es geht nicht weiter...“

Wenn aber doch jemand klarere Linien ziehen und nicht nur vom Weg, sondern auch von seiner Richtung reden will, wie das Bischof Oster kürzlich vor den orientierungslos dahintaumelnden kirchlichen Jugendverbänden versuchte, kommt das gar nicht gut an:  Vielmehr gelte es, so der Der BDKJ-Bundesvorsitzende Wolfgang Ehrenlechner, den „Zaun der Reizthemen“ wie Zölibat oder die Nichtzulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern niederzureißen, der für viele Menschen eine Barriere für den Glauben darstelle.

Ja - niederreißen, das können sie.

Andere Grenzen freilich bleiben bestehen. Der 13. Mai ging vorüber, ohne daß die von einigen für dieses Datum prognostizierte Rekonziliation der Piusbruderschaft zustande kam. Neben dem hier bereits kommentierten Sperrfeuer aus dem französischen Distrikt gab es auch römische Signale dahingehend, daß jedenfalls nicht mit schnellen Entscheidungen zu rechnen ist: Erzbischof Pozzo sprach davon, die andauernden Verhandlungen fänden zwar in einem guten und konstruktiven Gesprächsklima statt, ein Datum gebe es jedoch noch nicht.  Und der Papst erwähnte bei seiner Flugzeug-Pressekonferenz auf dem Rückflug von Fatima die bestehenden „brüderlichen Beziehungen“ zur Bruderschaft und erweckte dabei den Eindruck, mit diesem Stand der Dinge durchaus zufrieden zu sein. „Ich halte nichts davon, Dinge zu übereilen. Gehen, gehen, gehen – dann werden wir weitersehen.“ 

Zusätzliche Informationen