Zeugnisse der Apostasie I
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- 13. Januar 2018
Daß Osnabrücks Bischof Bode nun über eine kirchliche Segnung homosexueller Paare nachdenken will, kann nicht überraschen. Das Thema gehört zu denen, von deren gefälliger Beantwortung sich viele im Apparat etwas Anerkennung und Auftrieb für ihr rapide an Kundeninteresse verlierendes Unternehmen erwarten. Überraschen kann höchstens, daß der hochwürdige Herr es bei seinem Vorschlag nicht mit den üblichen „pastoralen Erwägungen“ belassen hat, sondern tiefer in das eingestiegen ist, was er für Theologie auf der Höhe der Zeit hält.
Schon seit längerem gilt die „Lebenswirklichkeit“ vielen Zeitgeist-Theologen als Erkenntnisquelle – gleichberechtigt mit der Heiligen Schrift und weit vor jeder Tradition. Nun erweitert der Herr Bischof diesen unglückselige Konzept auf die politische Realität: Die Hohe Politik hat die Homoehe nun mal beschlossen – da muß die Kirche springen. Nicht aus Zwang, sondern aus Einsicht. Und die Einsicht, die die politische Realität dem stellvertretenden Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz offenbart hat, ist:
Wir müssen darüber nachdenken, wie wir eine Beziehung zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Menschen differenziert bewerten. Ist da nicht so viel Positives, Gutes und Richtiges, dass wir dem gerechter werden müssen?"
Da wird sich Bodes Amtsvorgänger Paulus von Tarsus aber wundern.
Unsereins kann das nicht verwundern – damit war zu rechnen, nachdem das sog. Zentralkomitte der sog. Deutschen Katholiken bereits im vergangenen Sommer mit ähnlichen Vorstellungen hervorgetreten war.
Aus bischöflichen Kreisen war damals zwar verhaltener Widerspruch laut geworden, aber es ist ja nicht so, daß das ZDK und die Bischofskonferenz nicht auf vielfache Weise miteinander verknüpft wären – wer von beiden wann welchen Versuchsballon steigen wird, ist alleine eine Frage der Opportunität. Und schließlich steht Bode mit seiner hoffärtigen Abkehr von der Lehre und Praxis der Kirche zweier Jahrtausende im Kreis „katholischer“ Episkopen ja nicht alleine. Allein in den letzten Tagen wurden mehrere ähnlich skandalöse Zeugnisse der bedingungslosen Kapitulation vor dem Zeitgeist bekannt. Und dabei lassen wir Paul Zulehners jüngst im Interview ausgerufene Kirchenrevolution noch außen vor – die Platte hat 'nen Sprung.
Bischof Stephen Lowe von Hamilton in Neuseeland hat sich zum Thema Homoehe in gleicher Weise wie Bode geäußert und womöglich noch einen drauf gesetzt, wenn er seine Erkenntnis so begründet:
Ich denke, die jungen Leute sind die Propheten der Kirche. Sie haben der Kirche immer etwas zu sagen. Und das liegt nun auf dem Tisch: Die jungen Leute wollen, daß die Kirche sich mehr (für LGBT-Menschen) engagiert.“
Lowe sieht daher die Kirche in einem „Galileo-Augenblick“ - soll wohl heißen, in einem epochalen Umbruch, der ihr gesamtes Weltbild vom Kopf auf die Füße (oder umgekehrt?) stellen soll.
Da fällt es Kardinal Tobin, Erzbischof von Newark, New Jersey, nicht leicht, mitzuhalten. Sicher, sein Auftritt vor einer „Pilgerfahrt der LGBT-Gemeinde“ in seiner Bischofskirche im letzten Mai war schon ganz gut, aber eine andere seiner Ideen hat das Zeug zu einem richtigen Kracher: Ob das mit den Priesterinnen so schnell geht, wie er das anscheinend gerne hätte – da ist seine Eminenz angesichts der vielen kirchenrechtlichen und theologischen Probleme, die von Seiten versteinerter Traditionalisten aufgeworfen werden, eher unsicher. Aber Kompensation ist möglich:
Ich glaube nicht, daß es zwingende theologische Gründe gibt, die dagegen sprechen, daß der Papst Frauen zu Kardinälen ernennt. (Quelle)
Die kriegen dann aber Soutane und Mozetta in Bewegungslila!
Dummheit, Inkompetenz und Charakterlosigkeit in den höchsten Rängen der Kirche hat es zu jeder Zeit gegeben. Die Päpste der Neuzeit (und die allermeisten der vorhergehenden Epochen) waren freilich weitgehend willens und im Stande, in dieser Richtung tendierende Würdenträger in Zaum zu halten. Im aktuellen Pontifikat kann davon nicht die Rede sein – im Gegenteil. Apostasie, so scheint es liegt im unwiderstehlichen Zug der Zeit.