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Opferung oder Gabenbereitung III

Bild: Eigene Repro aus Heinrich Kunkel, Das hl. MessopferZum Abschluß der Artikelreihe über das in der neuen Liturgie zur „Gabenbereitung“ reduzierte Offertorium hier ein Blick auf das Zustandekommen dieses Reformschrittes in den Jahren 1976 – 1978. Der Text der neuen Offertoriumsgebete war schon einmal im Zusammenhang mit der (einigermaßen unberechtigten) Behauptung ihrer jüdischen Herkunft angesprochen. Diese Texte sind, wie die ganze Gabenbereitung, von ergreifender Schlichtheit, und das Auffälligste an ihnen ist für deutschsprachige Gottesdienstteilnehmer die Übersetzung des im Lateinischen noch vorhandenen „offerimus“ durch „wir bringen vor dein Angesicht“ - jeder Anklang an „Opferung“ soll vermieden werden. Als Option enthält auch der NO noch die Möglichkeit zur Inzensierung der Gaben, das Gotteslob bringt dazu die etwas gewundene Erklärung: „Die Ehre des Weihrauchs gilt Christus, der gegenwärtig ist in der Versammlung: Im Handeln des Priesters und in der Gemeinde sowie in den Christuszeichen Kreuz und Altar.“

Das ist nicht falsch, aber in zweifacher Hinsicht unvollständig. Zum einen gilt die Inzensierung natürlich ausdrücklich den Gaben, die in der Tradition gerade in dieser Geste aus dem säkularen Bereich herausgehoben werden: Wie der Rauch vom Opferaltar des Tempels sollen sie mit den Gebeten von Priester und Gemeinde zu Gott emporsteigen. Zum zweiten – und das tritt bei der Beweihräucherung von Klerikern und Gemeinde in den Vordergrund – hat der Weihrauch als Sakramentale eine über das bloße Symbol hinausgehende reinigende Bedeutung: In seiner Glut verbrennen Unreinheiten und Unvollkommenheiten der sich selbst mit den Gaben aufopfernden Gläubigen. Die überlieferten Gebete zur Inzensierung sind da ganz eindeutig – für den Novus Ordo wurden sie wohl gerade deshalb „abgeschafft“: der ganze Ritus erfolgt wortlos.

Es folgt das alte „Orate Fratres“ (mit einer Kurzfassung als Alternative) und ein feststehendes „Gabengebet“, das an die Stelle der veränderlichen Secret getreten ist. Der in vielen Secret-Texten enthaltene Hinweis auf die Opfergaben ist „neutralisiert“: Das Gebet bittet nicht mehr um die Annahme der Opfergaben, die in unbestimmter Weise als Zeichen der Hingabe der Gemeinde gedeutet werden, sondern um die darauf antwortende Heiligung der Versammelten durch Gottes Segen und Gnade. Damit ist für den NO die „Gabenbereitung“ abgeschlossen und es beginnt mit der Präfation das Hochgebet.

Diese Gabenbereitung – das geht aus Bugninis langer Rechtfertigungsschrift zur Liturgiereform hervor – ist das Ergebnis eines langen Tauziehens zwischen Papst Paul und Bugnini bzw. dessen Mitstreitern und Hintermännern. Wie Louis Boyer – der kurzzeitig im Consilium mitarbeitete – in seiner Autobiographie (The Memoirs, S. 224/5) mitteilt, soll Bugnini dabei vor keinem üblem Trick zurückgescheut haben: Mehrfach habe er zu strittigen Gegenständen dem Papst mitgeteilt, daß das Gremium auf bestimmten Positionen beharre, obwohl diese gar nicht der Fall war, und umgekehrt habe er dem Consilium „Wünsche des Papstes“ übermittelt, die der gar nicht geäußert und auch nicht angedeutet hatte. Im Ergebnis setzte sich so Bugnini weitgehend durch.

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Konzelebration - ein Herzstück des NO

Bild: Website der Catholic University of AmericaDie demonstrative Monopolisierung der Peterskirche für die Konzelebration im Novus Ordo bedeutet weitaus mehr als die damit einhergehende Verbannung der überlieferten Liturgie in die vielleicht 10 Plätze bietende Capella Clementina der Grotti. Diese Herabstufung ist wenig mehr als ein willkommener Seiteneffekt einer Maßnahme, die noch weitergehende Ziele verfolgt.

Die Konzelebration war und ist eine der Lieblingsideen des radikalen Flügels der Liturgiereformer der 60er Jahre. So, wie dieser Flügel es versteht, zielt sie darauf ab, den „Gemeinschaftscharakter“ der Eucharistiefeier zu verabsolutieren und die Rolle und Stellung des Priesters zu reduzieren und in der „um den Altar versammelten Gemeinde“ untergehen zu lassen. Damit soll nicht bestritten werden, daß Konzelebrationen nach der ganzen Anlage des Novus Ordo in bestimmten Ausnahmefällen einen diskutablen Sinn haben können – etwa als Ausdruck der Einheit des Presbyterates mit dem Bischof in der Feier der Chrisammesse oder auch der Priester mit ihren Confrates bei großen Versammlungen und Kongressen. Unter Hinweis auf solche Sonderfälle wurde die Neueinführung der Konzelebration den Konzilsvätern bei der Diskussion von Sacrosanctum Concilium schmackhaft gemacht, während gleichzeitig die Möglichkeit weiterer Ausdehnung eröffnet wurde. Der betreffende Abschnitt 57 der Konzilskonstitution ist ein Musterbeispiel für zielbewußt eingesetzte Ambivalenz.

Außerdem enthält er eine Aussage, die – wenn man sie nicht komplett als Unwahrheit bezeichnen will – zumindest auf ziemlich schwachen Füßen steht. Der Einleitungssatz behauptet: „Die Konzelebration ist in der Kirche des Ostens wie des Westens bis auf den heutigen Tag in Übung geblieben.“ - was für den Westen durchaus zweifelhaft ist. Die in diesem Zusammenhang regelmäßig angeführte „Konzelebration“ der gerade geweihten Neupriester mit dem Bischof in der Weihemesse wird vielfach nicht als tatsächlich sakramentale Konzelebration betrachtet, sondern als ein „gemeinsames Sprechen der Gebete mit dem Bischof“, ein ritualisiertes Überbleibsel einer letzten Einführung in die rechte Feier des Messopfers. Die Tatsache, daß die Neugeweihten dabei im überlieferten Ritus stets ein erfahrener Priester als Assistent begleitet, unterstreicht dieses Verständnis.

Eine zunächst überwiegend praktisch begründete Forderung nach sakramentaler Konzelebration wird nach unserer Literaturkenntnis erstmals in den 40er Jahren sichtbar.

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Opferung oder Gabenbereitung II

Bild: Eigene Repro aus Heinrich Kunkel, Das hl. Messopfer(Fortsetzung des Beitrags vom 11. März)

Die traditionellen Gebete zur Opferung sind zu allererst Ausdruck der Opfergesinnung des Priesters selbst und der mit ihm feiernden Gemeinde. Bei der „Darbringung des Brotes“ im suscipe wird das besonders klar ausgesprochen:

Heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott,nimm diese makellose Opfergabe gnädig an. Dir meinem lebendigen, wahren Gott, bringe ich, Dein unwürdiger Diener, sie dar für meine unzähligen Sünden, Fehler, und Nachlässigkeiten. Ich opfere sie auf für alle Umstehenden und alle Christgläubigen, für die Lebenden und Verstorbenen. Gib, daß sie mir und ihnen zum Heile gereichen für das ewige leben.

Man kann in dem „makellos“ eine Vorwegdeutung auf die späteren Darbringung des Leibes und Blutes Christi selbst, der einzigen wirklich „makellosen“ Opfergabe, erblicken. Man kann dabei aber auch an die aus dem Opfer im Tempel schon aus vorchristlicher Zeit ererbte Verpflichtung denken, nur „makellose“ Opfergaben dazubringen, die sich die Kirche hier zu eigen macht. Tatsächlich war die Sorge um eine der Würde ihrer Verwendung entsprechende Qualität der Opfergaben einer der Beweggründe dafür, daß Brot und Wein für die Konsekration nicht mehr aus den von der Gemeinde herbeigebrachten Gaben genommen, sondern vom Klerus selbst bereitgestellt wurden.

In jedem Fall kontrastiert diese Zusicherung der Makellosigkeit der Gaben mit der unmittelbar darauffolgend eingestandenen Unwürdigkeit des Priesters, der ebenso wie die mitfeiernde Gemeinde jeden Grund hat, Sünden und Fehler zu bereuen und ein Sühneopfer zu bringen. Dieses Bekenntnis findet in der tridentinischen Form des Gebetes nur noch verhältnismäßig knappen Ausdruck. In den vorhergehenden Jahrhunderten war diese sogenannte „Apologie“ je nach Zeit, Ort und Gemeinschaft sehr ausführlich ausgebildet; Jungmann spricht in diesem Zusammenhang mißbilligend von einem „Wuchergewächs der Apologien“. Einen Grund für diese Mißbilligung benennt er nicht, möglicherweise drückt er damit ein in der Mitte des vorigen Jahrhunderts verbreitetes klerikalistisches Verständnis aus, dem das Eingeständnis der Sündhaftigkeit und Unwürdigkeit auch des Priesters unangenehm war. Der Novus Ordo jedenfalls hat die Apologie an dieser Stelle ganz gestrichen – so wie er schon in der Einleitung zur Messfeier das confiteor herabgestuft hat. Das Sündenbewußtsein des mittelalterlichen Gläubigen war deutlich stärker als heute – ob die heutigen zu solcher Erleichterung wirklich Grund und Anlaß haben, steht doch sehr dahin.

Die Form des Gebetes, in der nicht von Brot, sondern nur von Gaben gesprochen wird, deutet darauf hin, daß die getrennte Darbringung nicht die ursprüngliche Form dieses Aktes ist.

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Opferung oder Gabenbereitung?

Bild: Eigene Repro aus Heinrich Kunkel, Das hl. MessopferEs ist angebracht, auf das Thema der Opferung zurück zu kommen, deren Ersetzung durch eine „Gabenbereitung“ hier in der vergangenen Woche kritisiert wurde. Worum geht es in diesem Teil der traditionellen Liturgie, der von den Reformern als Vorwegnahme oder Verdoppelung der Konsekration empfunden und daher – da sie ihn wegen des Einspruchs von Paul VI. nicht ganz beseitigen konnten – durch die erwähnten pseudojüdischen Gebete zur Gabenbereitung ersetzt worden ist?

Zweierlei vorweg: Die Gebete des „kleinen Kanons“, wie die traditionellen Opferungsgebete auch bezeichnet wurden, haben nicht das ehrwürdige Alter des eigentlichen Kanons, die sicher bis ins 4. Jahrundert und teilweise bis in die Zeit der Apostel zurückreichen. Sie wurden im hohen Mittelalter an verschiedenen Orten in lange unterschiedlicher Form in den Ritus aufgenommen und gehören von daher nicht zum unverfügbaren Grundbestand der hl. Messe. Allerdings ist schon die Rede von einem „unverfügbaren Grundbestand“ sehr wohl geeignet, den Blick in eine falsche Richtung zu lenken, da sie voraus zu setzen scheint, daß Elemente, die dem Ritus im Lauf seiner Entwicklung zugewachsen sind, deshalb von minderem Wert und daher entbehrlich sei.

Zum zweiten ist einzuräumen, daß es um diesen Teil der Messe tatsächlich Unklarheiten, Mißverständnisse und sogar Mißbräuche gegeben hat, die den Gedanken an eine Reform nahelegen konnten. Allerdings beruhen diese Mißverständnisse nicht auf den nun abgeschafften Gebeten, sondern auf historisch längst überwundenen Vorstellungen und Praktiken des Mittelalters. Für die „Abschaffung“ der Gebete, wie sie spätestens seit Trient in der ganzen Kirche verbindlich waren, gab es keinen Grund – wohl aber ein Motiv: Luther und den auf ihn gründenden Traditionen ist alles, was den Gedanken eines Opfers der Kirche zum Ausdruck bringt, ein Gräuel, und daher wollten die einem inhaltsentleerten Ökumenismus zugeneigten Reformer diesen Stein des Anstoßes aus dem Weg räumen.

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Präfationen - eine oder viele?

Bild: Von der Website des AutorsFr. Hunwickes heutiger Beitrag zur Frage einer möglichen Reduzierung der Vielfalt der Präfationen hat gleich zwei Berührungspunkte zu unserem Artikel vom 6. 3.: Zum einen erwähnt er die Abneigung gegen den Gebrauch des Begriffs „Opferung“, der in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhundert nicht nur katholische, sondern auch anglikanischen Theologen plagte, und dann der Hinweis darauf, daß auch in zahlreichen protestantischen Denominationen die ergebnisse der römischen Liturgiereform nicht nur mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, sondern vielfach auch als Bekräftigung eigener Positionen verstanden und übernommen wurden. Doch nun zu Fr. Hunwickes Beitrag selbst, der sich primär mit der Frage befasst, warum die in den 60er Jahren bei den Anglikanern starken Bemühungen zur Schaffung einer für möglichst viele Gelegenheiten nutzbaren „Gemeinsamen Präfation“ schließlich im Sande verlaufen sind.

Es beginnt ein langes ZitatAls ich 1964-1967 in Staggers war, war viel von einer „Gemeinsamen Präfation“ (Thanksgiving series) die Rede. Das bezog sich auf die tiefe Überzeugung, daß das Hochgebet nach dem „Es ist wahrhaft würdig und recht...“ ursprünglich mit einem Dankgebet an den Vater für seine Schöpfung und die Erlösung begonnen hat, das bis zum Sanctus reichte. Während ich dem Haus angehörte, wurde dem zuständigen Ordinarius, Bischof Harry Carpenter von Oxford, die Bitte vorgetragen, daß das Haus ad experimentum eine Präfation verwenden dürfe, die genau dem entsprach. Dieser Vorschlag bestand in der Hauptsache aus zusammengefügten Teilen verschiedene Präfationen des Festkreises aus dem Book of Common Prayer – daran war also nichts Ungewöhnliches oder gar Papistisches.

Leser erinnern sich vielleicht an frühere Artikel, in denen ich davon sprach, daß das Haus ständig mißtrauisch beäugt wurde, weil die Beobachter Verstöße gegen die Ord-nung oder papistische Verirrungen befürchteten. Ich nehme an, das war der Grund, daß der Prinzipal, Canoniker Derek Allen, die Erlaubnis des Bischofs erbat – und daß der Bischof „Nein“ sagte.

Im Juni 1956 veröffentlichte die Kirche von England den Entwurf einer Liturgie, der nicht zur praktischjen Verwendung, sondern nur als Diskussionsgrundlage bestimmt war. Mitglieder der Liturgiekommission waren unter anderem Arthur Couratin, langjäh-riger früherer Prinzzipal unseres Hauses, Craddock Ratcliff, Austin Farrer und als Sek-retär G.G. Willis – alles sehr angesehene Personen. Die Einführung erklärt, „wir haben uns bemüht, eine Danksagung für die Erschaffung der Welt, die Erlösung der Mensch-heit und die Heiligung des Gottesvolkes durch Christus zu schaffen“. Aber das wurde nicht in die Endfassung übernommen, wie sie gegenwärtig in der Kirche von England in Gebrauch ist.

Ich habe den Verdacht, daß die „Gemeinsame Präfation“, für die es in der Anglikani-schen Kirche der 60er Jahre so viel Begeisterung gab, aus zwei Gründen aus dem Blick geraten ist: 1) Einige der Liturgiker in der Kommission von 1965, vornehmlich Couratin, zogen sich zurück, weil die synodalen Beratungen der Church of England letztlich ein „evangelisches“ Veto gegen die Worte „wir opfern“ hervorbrachten. 2) spiel-te eine „Gemeinsame Präfation“ in den Texten, die das zweite Vatikanische Konzil her-vorbrachte, keine Rolle. Stattdessen kehrte der entstehende Novus Ordo zu einer gal-likanischen oder ambrosianischen Vielzahl von Einzelpräfationen zurück. Und dieser römische „Reform“Prozess hat einen unnötigen Einfluß auf anglikanische Kreise ausgeübt.

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