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Paul VI. zum Novus Ordo - IV

Der zweite Teil der Ansprache Pauls VI. vom 26. November 1969 (hier der Text) handelt im wesentlichen von der Ersetzung der lateinischen Liturgiesprache durch die gesprochene Umgangssprache. „Gesprochene Umgangssprache“ - das ist dem Papst wichtig (8). Es geht also nicht nur um die Aufgabe einer Kommunikationssprache, die nicht mehr verstanden wird und dadurch „unkommunikativ“ geworden ist - als ob jemals die Mehrzahl der Messbesucher Latein verstanden hätte. Es geht um die Aufgabe des Prinzips der Sakralsprache überhaupt, denn dieses Prinzip entspricht nicht mehr den Wertvorstellungen des „modernen Menschen“, der so viel Wert auf eine Sprache legt, „die man leicht versteht und im alltäglichen Gespräch verwenden kann.“ (11) Darin sieht der Papst „eine Barriere … gegenüber der Welt der Arbeit und der Geschäfte“ (12), und diese Barriere will er um jeden Preis niederreißen. Dazu ist er zu jedem Opfer bereit. Zur Aufgabe des „unvergleichlichen künstlerischen und spirituellen Gebildes, der Gregorianik“ (8), ja sogar der „Sprache der Engel“ (9), die er doch als eine „göttliche Sprache“ (12) bezeichnet.

Das ist natürlich Unsinn. Wenn man schon dem Himmel eine Sprache andichten will, könnten das Griechische, das einige Apostel und als Fremdsprache auch Jesus selbst sprachen, und natürlich das Hebräische ältere Ansprüche anmelden. Es geht um das Prinzip der Liturgiesprache: Weder das Hebräische des Tempels, noch das Latein der Orationen nach dem Übergang vom Griechischen noch das „Kirchenslavisch“ der Byzantiner waren jemals die „Umgangssprache der Welt der Arbeit und der Geschäfte“, und auch das Englisch des Book of Common Prayers und seines Nachfolgers beim Ordinariat von Walsingham ist nicht das Englisch, in dem im 16. Jahrhundert oder heute Geschäfte abgeschlossen werden.

Die Behauptung, daß eine Sakralsprache eine Barriere (12) vor dem Zugang zum Gottesdienst bildet, ist Ausdruck einer Ideologie, die die ganze Liturgiereform geprägt hat. In ihrem im Prinzip ja anerkennenswerten Bestreben, die Menschen dort „abzuholen, wo sie stehen“, stellt sie sich genau dazu – und bleibt dort stehen, denn alles andere würde ja das Überwinden von Barrieren, von tief eingewurzelten Ansichten und Gewohnheiten erfordern, und das hält diese Ideologie anscheinend für unzumutbar oder sogar unmöglich. Sie scheut den mühevollen Aufstieg zum Heiligen Berg Gottes, den die Juden in den hebräischen Psalmen besangen, als längst Aramäisch (oder eben Griechisch) ihre Umgangssprache geworden war. Schneller als zur Zeit der Liturgiereform selbst von den „Unglückspropheten“ (Johannes XXIII. 1962) erwartet, ist mit dieser Schonpastoral nicht nur die Mühe des Aufstiegs zum Heiligen Berg, sondern dieser Heilige Berg selbst aus dem Blick geraten.

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Paul VI. zum Novus Ordo - III

Die zweite große Ansprache Papst Pauls VI. zur Einführung des Novus Ordo datiert vom 26. November 1969 – das war der letzten Sonntag des Kirchenjahres und damit der letzte Sonntag, an dem in Italien (offiziell) die Messe im überlieferten Ritus gefeiert wurde. Die Rede wurde am 4. 12. in der englischen Wochenausgabe des Osservatore Romano veröffentlicht, unsere Übersetzung folgt der englischen Fassung im Dokumentenbereich von EWTN.  Auch diese Rede hatten wir bereits vor 10 Jahren einmal kommentiert. Wir haben uns bemüht, Wiederholungen des damals Gesagten zu vermeiden und die Aspekte hervorzuheben, die seither neu in unser Bewußtsein getreten sind. Was hier zu fehlen scheint, war also möglicherweise damals schon angesprochen.

Hier zunächst der Text. Direkt zum aktuellen Kommentar geht es hier.

Liebe Söhne und Töchter,

  1. Wir wollen eure Aufmerksamkeit erneut auf die Erneuerung der Liturgie durch den neuen Ordo der hl. Messe lenken. Dieser neue Ritus für unsere Feier des heiligen Opfers wird mit dem nächsten Sonntag, dem ersten Advent, der auf den 30. November fällt, in Kraft gesetzt.
  2. Ein neuer Ritus für die hl. Messe bedeutet die Veränderung einer verehrungswürdigen Tradition, die schon seit Jahrhunderten besteht. Das berührt unser religiöses Erbe, dem das Privileg der Unantastbarkeit und der Stabilität zuzukommen schien. Dieses Erbe schien die Gebete unserer Vorfahren und der Heiligen wieder auf unsere Lippen zu bringen und uns den Trost zu gewähren, daß wir uns im Einklang mit unserer spirituellen Vergangenheit befänden, die wir lebendig erhielten und an die kommenden Generationen weitergäben.
  3. In einem solchen Augenblick gewinnen wir ein besseres Verständnis des Wertes historischer Tradition und der Gemeinschaft der Heiligen. Der bevorstehende Wechsel wird die Zeremonien der Messe betreffen. Es wird uns – vielleicht mit einiger Betroffenheit, zu Bewußtsein kommen, daß die Zeremonien am Altar nun nicht mehr mit den Worten und Gesten begangen werden, die wir gewöhnt sind – vielleicht so sehr gewöhnt sind, daß wir sie gar nicht mehr zur Kenntnis genommen haben. Diese Veränderung betrifft auch die Gläubigen. Es ist gewollt, daß sie alle Anwesenden betrifft und sie aus ihrer gewohnten persönlichen Andacht und ihrer erstarrten Routine herausreißt.
  4. Wir müssen auf diese alle Aspekte betreffende Unbequemlichkeit vorbereitet sein. Dabei handelt es sich um jene Art der Verstörung, die mit jeder Neuerung verbunden ist, die in unsere Routine einbricht. Wir werden feststellen, daß die Frommen ganz besonders irritiert sein werden, da sie ihre eigene durchaus respektable Weise zur Feier der Messe entwickelt haben – jetzt werden sie aus ihren gewohnten Gedanken herausgerissen und gezwungen, denen von anderen zu folgen. Selbst Priester werden in dieser Hinsicht irritiert sein.
  5. Wie sollen wir uns in dieser besonderen historischen Situation verhalten? In erster Linie müssen wir uns gut vorbereiten, denn diese Neuerung ist keine Kleinigkeit. Wir dürfen uns nicht von der Art und den Irritationen der äußeren Form überraschen lassen. Als intelligente Menschen und Gläubige Christen sollten wir uns so gut wie möglich auf diese Erneuerung vorbereiten. Das sollte nicht allzu schwer fallen, hat doch die Kirche und haben viele Verlage großartige Anstrengungen in dieser Richtung unternommen. Wie Wir schon zu anderer Gelegenheit sagten, tun wir gut daran, die Motive für diese tiefgehende Veränderung mit in Betracht zu ziehen. Das erste ist der Gehorsam gegenüber dem Konzil. Dieser Gehorsam verlangt nun auch Gehorsam gegenüber den Bischöfen, die die Vorgaben des Konzils interpretieren und praktisch umsetzen.
  6. Diese erste Begründung ist nicht nur rechtlicher Art, als ob sie eine äußerliche Vorschrift aufgriffe. Sie geht aus dem Charisma des liturgischen Aktes selbst hervor. In anderen Worten, sie ist verbunden mit der Macht und der Wirksamkeit des Gebetes der Kirche, das in seiner autoritativsten Form aus dem Munde des Bischofs kommt. Das gilt auch für die Priester, die dem Bischof in seinem Amt helfen und wie er in Persona Christi handeln (s. St. Ign. Ad Eph. I, V). Es ist Christi Wille, es ist der Atem des Heiligen Geistes, der die Kirche zu dieser Änderung aufruft. Der Mystische Körper Christi, der die Kirche ist, erlebt einen prophetischen Augenblick. Dieser Augenblick erschüttert die Kirche und erweckt sie und ruft sie dazu auf, die geheimnisvolle Kunst ihres Gebetes zu erneuern.
  7. Die andere Begründung für die Reform ist die Erneuerung des Gebetslebens. Dabei geht es darum, die Versammlung der Gläubigen enger und wirkungsvoller in den offiziellen Ritus einzubeziehen, in die Feier des Wortes und die Feier des eucharistischen Opfers, die die hl. Messe darstellen. Denn auch die Gläubigen sind mit dem „königlichen Priestertum“ bekleidet, das heißt, auch sie sind im Stande, auf übernatürliche Weise mit Gott zu sprechen.

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Paul VI. zum Novus Ordo - II

Bild: CNSIm zweiten Teil seiner Ansprache vom 19. 11. 2069 legt der Papst zunächst sehr großen Wert auf die Feststellung, daß die neuen Messordnung zwar viele und zunächst irritierend erscheinende Neuerungen in der Form enthält, daß sich an ihrem Inhalt dadurch jedoch nicht das Geringste geändert habe:

Nichts an der Substanz der traditionellen hl. Messe ist verändert worden(10), und

Die Einheit des Herrenmahls und des Opfers am Kreuze in ihrer Darstellung und Erneuerung in der hl. Messe wird nach dem neuen Ordo ebenso unverletzlich bekräftigt und gefeiert, wie das nach dem alten Ordo der Fall war. Die hl. Messe ist und bleibt das Gedächtnis von Christi letztem Abendmahl. Bei diesem Mahl verwandelte der Herr das Brot und den Wein in Seinen Leib und Sein Blut und setzte das Opfer des neuen Bundes ein. Er wollte, daß dieses Opfer als ein und dasselbe durch die Vollmacht Seines Priestertums erneuert werde, das er den Aposteln übertrug.“ (12)

Bei diesem Satz muß die weitgehende Verkürzung auf den Aspekt des „Gedächtnis von Christi Abendmahl“ Anstoß erregen, zumal der Vollzug des bei diesem Mahl eingesetzten unblutigen Opfers durch dessen blutige Besiegelung am Kreuz nicht erwähnt wird. Mit gutem Willen kann man das im Begriff vom „Opfer des neuen Bundes“ subsumiert sehen, und der letzte zitierte Satz bekräftigt dann noch einmal ausdrücklich, daß die heilige Messe die immerwährende Erneuerung dieses Opfers durch das apostolische Priestertum darstellt – also ein Opfer ist, das von der Kirche durch ihren geweihten Priester (und nicht etwa von der Gemeinde aus eigener Vollmacht) dargebracht wird.

Trotz dieser beschwörend vorgetragenen Feststellung von der inhaltlichen Identität der hl. Messe vor und nach der Reform können diese Abschnitte der Ansprache nicht ganz dem vom Novus Ordo insbesondere in seinem zweiten Hochgebet hervorgerufenen Eindruck entgegenwirken, daß die Reform sich mit der Anerkennung des Kreuzesopfers als des zentralen Bestandteil des „Opfers des neuen Bundes“ schwer tut. Die nachkonziliare Theologie der Liturgie beutet das schamlos aus, indem sie den Begriff des Kreuzesopfers (sofern sie ihn nicht sogar explizit ablehnt) konsequent vermeidet und durch den Nicht-Begriff des „Pascha-Mysteriums“ ersetzt. Mit diesem Raunen fällt sie weit hinter die begriffliche Klarheit der überlieferten Liturgie zurück, die sowohl in einem der „abgeschafften“ Offertoriumsgebete als auch im Unde et memores des römischen Kanons deutlich benennt, worum es bei diesem Mysterium geht: „Das heilbringende Leiden, die Auferstehung von den Toten und die glorreiche Himmelfahrt Christi.“

Von daher gesehen teilt die Ansprache Pauls VI. diesen Schwachpunkt der reformierten Liturgie und Theologie eher, als daß sie ihn korrigiert. Dennoch haben diese Ausführungen – es handelte sich schließlich um eine kurze Ansprache und keine gelehrte Vorlesung – gerade in ihrer Allgemeinheit bleibenden Wert. Wer immer behauptet, der Novus Ordo habe eine völlig neue Messtheologie eingeführt und der „Opfertheologie von Trient“ ein Ende bereitet, kann sich dafür jedenfalls nicht auf den Papst berufen, der diesen Meßordo eingeführt hat. Das geht nicht nur aus den beschwörenden Worten der Ansprache vom 19. November hervor, sondern in einiger wünschenswerten theologischen Ausführlichkeit aus der gerade einmal vier Jahre zuvor veröffentlichten Enzyklika Mysterium fidei, in der der Montini-Papst die traditionelle Lehre der Kirche zum heiligen Messopfer in aller Klarheit bekräftigt – übrigens auch ausdrücklich im Hinblick auf die Ziele der damals noch nicht abgeschlossenen Liturgiereform.

Allerdings enthält auch diese Enzyklika bereits die Fehleinschätzungen hinsichtlich der „begeisterten Aufnahme“ und der „guten Früchte“ der liturgischen Erneuerung im Volk Gottes, die in den auf die Identitätsbekräftigung folgenden Abschnitten der Ansprache des Papstes zum Ausdruck kommen. Prägnant zusammengefasst in Punkt 13 und 14 in den Sätzen, die das beschreiben, was nach dem Willen des Papstes das eigentliche Wesen seiner Reform der Meßfeier ausmachen soll:

(…) glaubt nicht, daß diese (äußerlichen) Dinge die Absicht haben, ihr wahres und traditionelles Wesen zu verändern.

Versucht stattdessen wahrzunehmen, wie die Kirche bestrebt ist, ihrer liturgischen Botschaft mit dieser neuen und erweiterten liturgischen Sprache größere Wirksamkeit zu verleihen; wie sehr sie bestrebt ist, allen ihren Gläubigen und dem ganzen Leib des Gottesvolkes ihre Botschaft in einer direkteren und pastoraleren Weise näherzubringen.“

Hier haben wir die ganzen Illusionen der Liturgiereformer der 60 Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis heute in wenigen Worten konzentriert vor Augen. Das beginnt mit dem Begriff von der „liturgischen Botschaft“, der den Hauptaspekt des Gottes-Dienstes der Kirche völlig hinter einem Nebenaspekt zurücktreten läßt – anthropozentrisch durch und durch. Das setzt sich fort mit dem geradezu grotesken Mißverständnis, das von einer „erweiterten liturgischen Sprache“ redet, wo in Wirklichkeit äußerste Verarmung der zu Geist und Gemüt der Menschen „sprechenden“ Formen der Liturgie eingetreten ist. Der grundlegende Irrtum, der den Menschen in den Mittelpunkt der Liturgie stellt, wird also noch einmal gesteigert durch eine Vielzahl von Irrtümern bezüglich der Natur des Menschen, der Funktion seiner Sinne und der Art, in der wahrnimmt, wie seine Umwelt zu ihm spricht..

Wo so grundlegende Mißverständnisse regieren, ist es auch kein Wunder, daß diese erste Ansprache des Papstes mit einem hoffnungsfrohen Aufruf schließt, der von der seitherigen Entwicklung auf grausamste Weise dementiert oder umgedeutet worden ist:

Daher lasst uns nicht von der „neuen Messe“ reden. Lasst uns lieber von der „neuen Ära“ im Leben der Kirche sprechen. (16)

Paul VI. zum Novus Ordo - I

Bild: Wikimedia CommonsAm 19. November 1969 hielt Papst Paul VI. vor der Generalaudienz die erste von zwei Ansprachen zur Vorbereitung auf die Einführung des Novus Ordo, die nach der Konstitution „Missale Romanum“ knapp zwei Wochen später, zum 1. Adventssonntag am 30. November in Kraft trat. Eine englische Fassung dieser Rede wurde in der Wochenausgabe des Osservatore Romano vom 27. November veröffentlicht. Sie ist die Grundlage unserer Übersetzung – andere deutsche Fassungen sind zumindest im Internet nicht greifbar. Die zweite Ansprache zum Thema folgte dann am 26. November.

Hier zunächst das Dokument – anschließend unsere aktuelle Kommentierung, die wir in zwei Abschnitte zum Grundsätzlichen und zu den pastoralen Einzelheiten unterteilen. (Einen ersten Kommentar hatten wir bereits einmal vor 10 Jahren veröffentlicht.)

Liebe Söhne und Töchter,

  1. Wir wollen eure Aufmerksamkeit auf ein Ereignis lenken, das der Lateinischen Katholischen Kirche unmittelbar bevorsteht: Die Einführung der Liturgie nach dem Neuen Ordo der hl. Messe. Diese Liturgie wird in den italienischen Diözesen vom 1. Adventssonntag an verpflichtend, er fällt in diesem Jahr auf den 30. November. Die hl. Messe wird künftig in einer Weise gefeiert, die sich deutlich von dem unterscheidet, woran wir in den letzten 400 Jahren seit Papst Pius V. und dem Konzil von Trient gewöhnt waren.
  2. Diese Veränderung ist etwas ganz erstaunliches und außergewöhnliches, denn die hl. Messe gilt als der traditionelle und unveränderliche Ausdruck unseres Gottesdienstes und unserer Rechtgläubigkeit. Wir stellen uns die Frage: Wie konnte es zu einer solchen Änderung kommen? Wie wird sie sich auf diejenigen auswirken, die die hl. Messe besuchen? Auf diese Fragen und auf andere, die aus dieser Neuerung entstehen, werden sie Antworten erhalten, diese Antworten werden in allen Kirchen verkündet werden. Sie werden überall und in allen kirchlichen Veröffentlichungen und in allen Schulen, wo die christliche Lehre gelehrt wird, vielfältig wiederholt werden. Wir ermahnen euch, aufmerksam zuzuhören – dann werdet ihr ein deutlicheres und tieferes Verständnis der staunenswerten und wunderbaren Bedeutung der hl. Messe erhalten.
  3. In dieser kurzen und einfachen Ansprache versuchen Wir, euch nur die ersten Schwierigkeiten zu erleichtern, die diese Veränderung mit sich bringt. Wir gehen dazu auf die ersten drei Fragen ein, die einem dabei unmittelbar in den Sinn kommen.
  4. Wie kann eine solche Veränderung möglich sein? Antwort: sie beruht auf dem Willen des ökumenischen Konzils, das vor nicht allzulanger Zeit stattgefunden hat. Das Konzil hat bestimmt: „Der Meß-Ordo soll so überarbeitet werden, daß der eigentliche Sinn der einzelnen Teile und ihr wechselseitiger Zusammenhang deutlicher hervortreten und die fromme und tätige Teilnahme der Gläubigen erleichtert werde.

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50 Jahre Niedergang in Liturgie und Kirche

Bild: Rorate CaeliVor 50 Jahren, am ersten Adventssonntag 1969, ist auf Anordnung Papst Pauls VI. die Liturgiereform des „Novus Ordo“ in Kraft getreten. Das war auf dem Höhepunkt der maoistischen Kulturrevolution in China und der Studentenrevolte an den westlichen Universitäten – ein Zusammenhang, der immer deutlicher als nicht nur zeitlich und zufällig in den Blick rückt. Der Papst hatte sich zu diesem Schritt entschlossen, obwohl die Voraussetzungen dafür denkbar ungünstig waren: Es gab noch in keiner Sprache ein gedrucktes Missale – aber Paul VI. hatte es eilig. Er glaubte, die seit über einem Jahrzehnt andauernde Epidemie von liturgischen Experimenten auf allen Ebenen nur noch dadurch eindämmen und wieder unter Kontrolle bringen zu können, daß er unter Berufung auf seine höchste Autorität eine neue Norm und damit das Ende der Debatte befahl.

Wie wir in der Rückschau feststellen müssen, ist er damit in jeder Hinsicht gescheitert. Der Novus Ordo hat die Reformdiskussionen nur oberflächlich und für kurze Zeit beendet und danach zahlreiche Felder neu eröffnet. Sein Ziel, der Zeit einen ihr gemäßen liturgischen Ausdruck zu erschließen und der sich bereits abzeichnende Entfremdung der Gläubigen von der Teilnahme am Gottesdienst entgegen zu wirken, hat er nirgendwo erreicht. Stattdessen ist weltweit ein dramatischer Rückgang der Gottesdienstbesuche und des Sakramentenempfangs zu konstatieren. Hunderttausende von Priestern und Ordensangehörigen haben, von den „Reformen“ verwirrt, von ihrer geistlosen Brutalität überfordert oder von als mangelhaft empfundener Radikalität enttäuscht, ihr Amt aufgegeben oder ihr Kloster verlassen. Vielfach wächst nichts mehr nach, zahlreiche Gemeinschaften sind bereits ausgestorben, andere stehen mit einem Durchschnittsalter von weit über 70 kurz davor. Kein Wunder, daß offizielle Stellen in dem nun zu Ende gehenden 50. Jahr nirgendwo Grund für Jubiläumsfeiern erkennen konnten sondern dem Gedenken mit betretenem Schweigen auswichen – Kein Gedenkjahr für die Liturgiedeform

Für die Katholiken, die an der überlieferten Lehre und Liturgie festhalten wollen, ist diese Entwicklung kein Grund zu Triumphgefühlen im Sinne eines „Wir haben es ja immer schon gesagt“. Und das nicht nur, weil alles noch schlimmer gekommen ist, als vorauszusehen war. Während in den säkularisierungsbereiten kirchlichen Apparaten unverdrossen an „Strukturreformen“ gearbeitet wird, die zumindest das Überleben dieser Apparate gewährleisten sollen, schauen viele Gläubige entsetzt auf die Verheerungen im Weinberg des Herrn, den alle, die des Weges kommen, hemmungslos ausplündern und verwüsten (Ps. 80). Wie soll der Glaube weitergegeben werden? Nicht nur alle gesellschaftlichen Strukturen brechen weg, die der Glaube der Kirche über ein Jahrtausend lang geformt und die ihn wiederum gestützt haben. Auch in der Kirche scheint alles zur Disposition zu stehen: Die Lehre der Gebote ist verstummt, die theologische Wissenschaft ergibt sich der Mode, der Katechismus wird zur Bühne für die Proklamation politischer Ansichten des regierenden Papstes, und Bischöfe tragen heidnische Götzenbilder im Triumphzug auf ihren Schultern über den Petersplatz.

Wir werden in den kommenden Tagen einige grundlegende Dokumente zur Inkraftsetzung der Liturgiereform (noch einmal) ausführlicher daraufhin anschauen, inwieweit sie bereits Elemente enthalten, in denen sich diese seitdem eingetretenen Entwicklungen ankündigen. Im Zentrum stehen dabei die bereits im April 1969 veröffentlichte „Apostolische Konstitution Missale Romanum“ von Papst Paul VI. sowie die beiden Ansprachen des Papstes vom 19. und 26. November dieses Jahres, in denen er den Versuch unternahm, die Gläubigen über die Motive der Reform zu unterrichten und sie zu ihrer Umsetzung aufzufordern. Und mit einiger Spannung warten wir darauf, ob es von offizieller Seite, sei es aus Rom, sei es von Seiten nationaler Bischofskonferenzen, doch noch offizielle oder offiziöse Stellungnahmen gibt, die sich um eine Kommentierung und Einordnung dieser so folgenreichen Ereignisse von vor 50 Jahren bemühen.

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