Umkehrung der Altäre
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- 29. Juli 2017
Die Zerstörung der römischen Liturgie, die in der aktuellen Praxis des Novus Ordo ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht hat, hat nicht erst mit der Arbeit des Reform-Consiliums der Nachkonzilszeit angefangen. In diesem Gremium unter der Leitung von Annibale Bugnini wurde lediglich festgeschrieben, was in Teilen – hier ist Differenzierung überaus wichtig – der liturgischen Bewegung bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts diskutiert, geplant und erprobt worden war. Für scharfsichtige Beobachter war daher schon vor dem Konzil erkennbar, in welche Richtung eine dem Zeitgeist geöffnete Kirche und ihre Liturgie treiben würden. Rorate Caeli veröffentlicht heute in englischer Übersetzung einen Artikel von Paul Claudel (1868 – 1955), den der katholische Dichter einen Monat vor seinem Tod in der Tageszeitung „Le Figaro“ erscheinen ließ. Claudel beklagt hier – noch regierte in Rom Papst Pius XII. - in bewegenden Worten die Auswirkungen der sich in Frankreich immer mehr ausbreitenden Zelebration „ad Populum“.
Hier um einige weniger wichtige Passagen leicht gekürzt unsere Übersetzung.
Ich möchte mit allem Nachdruck dagegen protestieren, daß in Frankreich immer öfter die Messe dem Volk zugewandt zelebriert wird. Das Grundprinzip der Religion ist, daß Gott an der ersten Stelle steht und daß das Wohl des Menschen nur eine Wirkung der Anerkennung und praktischen Anwendung dieses Hauptlehrsatzes darstellt. In der hl. Messe erweisen wir Gott auf vorzügliche Weise die ihm zustehende Ehre, indem der Priester ihm in unserem Namen das Opfer seines Sohnes auf dem Altar darbringt. Wir sind es, die Gott durch den Priester und zusammen mit ihm unsere Opfergabe und unser Gebet darbringen. Es geht nicht darum, daß Gott sich uns unseretwegen zuwendet, um uns teilnahmslos zu Zeugen der bevorstehenden Geheimnisse zu machen.
Die neuartige Liturgie beraubt die Christgläubigen ihrer Würde und ihrer Rechte. Nichtmehr sie feiern die Messe gemeinsam mit dem Priester, wobei sich der Priester ihnen bei Gelegenheit zuwendet, um sie bei dem Akt, den er in ihrem Namen vollzieht ,seiner Gegenwart, Teilnahme und Zusammenarbeit zu versichern. Das war gemeint, wenn man von „der Messe folgen“ spricht. Davon bleibt jetzt nur noch ein neugieriges Publikum, das ihm zuschaut, während er seine Arbeit tut. Kein Wunder, daß die Ungläubigen ihn mit einem Magier vergleichen, der vor einer staunenden Menge seine Kunststücke vorführt.
Es stimmt, daß in der traditionellen Liturgie der bewegendste und persönlichste Teil vor den Augen der Gläubigen verborgen bleibt. Aber er ist nicht verborgen vor ihren Herzen und ihrem Glauben. Zum Zeichen dessen steht beim feierlichen Hochamt der Subdiakon beim Offertorium vor den Stufen des Altars und verbirgt sein Gesicht. Auch wir sind aufgefordert, uns beim Beten in uns selbst zurückzuziehen, nicht neugierig, sondern gesammelt zu sein.
In allen ostkirchlichen Riten findet das Wunder der Transsubstantion den Augen der Gläubigen verborgen hinter der Ikonostase statt. Erst danach erscheint der Zelebrant mit dem Leib und dem Blut Christi in Händen auf der Schwelle der heiligen Pforte. Ein Überrest dieses Gedanken blieb in Frankreich lange Jahre erhalten, als die alten Volks-Missale noch keine wörtliche Übersetzung des Canons enthielten. Dom Guerangér protestierte energisch gegen die Kühnheit, von dieser Gewohnheit abgehen zu wollen.
Die beklagenswerte aktuelle Praxis hat zur großen Irritation der Gläubigen die altehrwürdige Zeremonie völlig umgekehrt. Es gibt keinen Altar mehr – wo ist der geheiligte Stein geblieben, den die Apokalypse mit dem Leib Christi selbst vergleicht? Da ist nur noch ein rohes Gestell mit einem Tischtuch , das uns auf deprimierende Weise an eine calvinistische Werkbank erinnert.
Da man den freien Blickzugang der Gläubigen zum Leitprinzip erhoben hat, mußte man den genannten Tisch von allem Zubehör befreien: Nicht nur Kerzenleuchter und Blumenvasen, auch der Tabernakel! Sogar das Kruzifix! Der Priester feiert die Messe in einem Vacuum! Wenn er die Gläubigen auffordert, Herz und Augen zu erheben … wohin? Da ist nichts mehr vor unseren Augen, das uns hilft, den Geist auf das Göttliche zu richten.“