Was wir in der Messe feiern
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- 13. Februar 2015
„Eucharistiefeiern“ wie die mit der Bundeswehr am 22. Januar im Kölner Dom zeigen, wie tief der Geist der Welt bereits in das Allerheiligste des kirchlichen Kultus eingedrungen ist - und wie wenig das offenbar als Problem empfunden wird. Frieden und Völkerverständigung ist doch etwas schönes - wer wird denn da kleinlich liturgische Formen und Formeln ins Feld führen wollen, wenn es doch einer guten Sache dient.
Vielleicht sollten wir in Zukunft ja statt von „Gottesdienst“ von „Gute-Sache-Dienst“ sprechen. Das käme dem Begriffsvermögen vieler Godi-Teilnehmer doch auf höchst pastorale Weise entgegen.
Eine der Wurzeln für diese nachgerade blasphemische Verflachung des gottesdienstlichen Denkens und Handelns haben wir beim Wortgebrauch„Eucharistiefeier“ und dessen gedanklichen Hintergründen ausgemacht. Wir stützten uns dabei auf Argumente aus dem Beitrag Johannes Nebels Von der actio zur celebratio - Ein neues Paradigma nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in dem von Stefan Heid herausgegebenen Tagungsbericht zur Liturgiereform des 20. Jahrhunderts.
Aus dem gegebenen Anlass zitieren wir heute die wesentlichen Aussagen aus dem Schlussteil dieses Artikels, der in seinem volumenmäßigen Hauptteil in einer akribischen Analyse von Schriften der frühesten Kirchenvätern nachweist, daß das im Anschluß an Ideen Odo Casels in die Liturgie eingedrungene Verständnis von Eucharistiefeier dort keine Stütze findet.
Schließen wir nun den Bogen zur Anfangsproblematik und greifen zunächst einen Aspekt des Formdenkens Odo Casels heraus, nämlich seine Begründung hierarchischer Abstufungen innerhalb liturgischer Vollzüge. Diese will er unter allen Umständen gewahrt wissen. Er tritt also - gegen gewisse damalige demokratisierende Tendenzen - für die Beibehaltung der liturgischen forma ein. Neu ist aber nun die Begründung: Casel setzt nicht mehr beim religio- pietas- oder actio-Begriff an, sondern beim Mysterium. So schreibt er: »Die Laien können nie den Dienst des geweihten Priesteramtes übernehmen, und jeder Stand hat sich an seine Ordnung zu halten. Nicht alles ist für alle! Und nicht alles muss sofort allen offen stehen' Das Mysterium bleibt immer Mysterium!« Die forma korreliert also mit dem Mysterium. und das Mysterium begrenzt zugleich ihre Geltung. Die Gott gebührende latreia aber, die im bisherigen Denken Sinn und Inhalt der liturgischen aetio war, wird von Casel dem Mysterium übertragen. Casel formuliert: »Haupt und Glieder sind eins in dem Opfer an den Vater, zu dem im heiligen Mysterium durch den Sohn im Heiligen Geiste alle Ehre emporsteigt«. Nicht für die latreia selbst also ist die Wahrung der forma noch nötig, sondern nur, um »den Schleier der Kultsprache über die Liturgie« zu breiten, das Mysterium dem »grellen Licht des Alltags« zu entziehen - also nur im Rahmen der Wahrnehmung, letztlich der äußeren Wirkung. Das ist - was der weitere Gang der Liturgiegeschichte lehrt - eine reichlich zeitbedingte Kategorie. Mit nachhaltiger historischer Wirkung zerbrach Casels Mysterienidee den Zusammenhang zwischen aetio und forma und entzog daher beiden den eigentlichen Existenzgrund. Wohl ohne Absicht bereitete er den Weg dafür, beides den Zeitumständen auszuliefern.
Dieses Denken war eine Brille, durch die man - wir sahen es bei Bugnini - die Liturgiekonstitution deutete. Das hatte nun Konsequenzen für die Konzeption des Sakralen. Das Sacrum steht und fällt mit der Unbeliebigkeit der Symbole, die es verkörpern. Und genau in der Deutung dieser Unbeliebigkeit geht Casel neue Wege: Was seit jeher einfach konkrete Existenzweise der Kultform war, verkürzt er anthropologisch auf die ästhetische Wirkung. Dies aber ergab sich folgerichtig aus der Verkürzung der actio, deren Relevanz bei ihm vor dem Kultmysterium halt macht.
Wenn dazu vom Konzil noch stärkere Gemeinschaftlichkeit in der Liturgie gefordert wurde, bedeutete es für Bugnini nur einen kleinen Schritt, den Schwerpunkt von der bereits verkürzten actio zu verschieben auf eine neue, gegenüber der actio eigenständige Idee der celebratio: der Gemeindefeier. Im Zentrum steht nun eher das Heil, das Gott in Christus für uns gewirkt hat, denn das kann und soll in der Tat gefeiert werden; Gott selbst aber ist Zielpunkt einer Anbetung, die nun dem in der Liturgie lebenden Mysterium übertragen ist. Was dabei an Form noch eingefordert wird, ist zwar teilweise ekklesiologisch abgestützt, ansonsten aber vor allem liturgieatmosphärisch von Bedeutung. Gottesdienstliche Form hat weniger eine liturgietheologische als vielmehr eine kirchenrechtliche Grundlage. Das Sacrum ist somit Gegenstand atmosphärischer Elastizität, ganz gemäß den konkreten Umständen der feiernden Ortsgemeinde.
Auf den Punkt gebracht: Wenn die Liturgie nicht in erster Linie auf die Anbetung Gottes selbst ausgerichtet und latreutische actio ist, und wenn die heilsanamnetisch motivierte celebratio - unbeschadet ihrer zentralen Bedeutung - nicht von der actio geprägt bleibt, dann büßt die Liturgie die Grundlage ihrer Sakralität ein.“
Soweit Nebel, der hier m. W. zum ersten Mal überzeugend nachweist, daß die „real existierende“ Neue Liturgie nicht nur von traditionellen Grundgedanken der Liturgie abweicht, sondern auch gegen Sacrosanctum Concilium verstößt, das an diesen Grundorientierungen festhalten will.
Das Zitat aus Nebels Artikel findet sich auf S. 83 f. des hier bereits angeführten Werkes, die dort reichlich gebotenen Belege und Anmerkungen wurden hier weggelassen.
Das Bild und der nicht eingeklammerte Teil der Bildunterschrift kommen von der Website der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands.