Bereichsnavigation Themen:

Heilsökonomie und Buchhaltung

Bild: Hochaltar der Wimpfener Stadtkirche, Peter Schmelzle, cc-by-sa-3.9Das Gedächtnis „Allerseelen“ geht auf eine Regelung zurück, die bereits im 11. Jahrhundert von Abt Odilo von Cluny für seine Mönche eingeführt worden war und die in Anknüpfung an frühere Bräuche des zumeist individuellen oder familiären Totengedenkens diesem Tag eine hervorgehobene Stellung als Gedenktag „für alle Verstorbenen“ und der Fürbitte für alle „Armen Seelen“ einräumte.

Allerseelen ist – neben Weihnachten – der einzige Tag des Jahres, an dem es den Priestern ohne weiteres erlaubt ist, traditionell sogar empfohlen, drei mal das heilige Messopfer zu feiern. Die Regelung geht zurück auf ein Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst für Spanien gewährtes Privileg, das Papst Benedikt XV. während des ersten Weltkrieges auf die ganze Kirche ausdehnte: Die Zahl der Toten, für die „Seeelenmessen“ gelesen werden mußten, war ins unermeßliche gestiegen.

Dazu gab es noch eine weitere Überlegung: Im Gefolge von „Aufklärung“ und Revolution waren in vielen Ländern Europas die Kirchengüter ganz oder zu großen Teilen eingezogen worden – in Österreich und Norditalien insbesondere im Zeichen des Josephinismus („Religionsfonds“ von 1782), in Frankreich nach der Gouillotinenrevolution ab 1793, in Deutschland in der Folge des „Reichsdeputationshauptschlusses“ von 1803. Ildefons Schuster schreibt dazu in seinem „Liber Sacramentorum“ (deutsche Ausgabe Bd. 9, S. 87 ff):

Die frommen Vorfahren hatten einst Kirchen, Kapiteln und Altären reiche Stiftungen gemacht, damit nach ihrem Tode das hl. Opfer für sie dargebracht werde. Durch die Revolution und die Einziehung der Kirchengüter wurden jedoch in sehr vielen Fällen die Vermächtnisse zerstreut, so daß der Papst mit Rücksicht auf den verarmten Klerus ganze Kapitel, religiöse Genossenschaften und Priester von der Erfüllung der alten Meßstiftungen befreien mußte.

Weiterlesen...

Alle Heiligen aller Zeiten

 

Bild: Archiv

 

Zum Fest Allerheiligen haben wir bereits mehrfach etwas veröffentlicht und können daher auf empfehlenswerte Beiträge aus jüngerer Zeit verweisen: Zu theologischen Grundgedanken des Festes, zu einigen liturgischen Aspekten und (von Fr. Hunwicke) zur in England besonders stark ausgeprägten Verehrung der Heiligenreliquien.

Wir begnügen uns daher zunächst mit einer sehr interessanten Abbildung aus einem Missale der Zeit um 1900 zum heutigen Tag. Sie ist trotz gewisser stilistischer und konzeptioneller Ähnlichkeiten vertmutlich nicht von Max Schmalzl; ein undokumentierter Netzfund aus unserem Archiv. Gegenüber den signierten Holzschnitten von Schmalzl und anderen weist diese Darstellung zwei Besonderheiten auf: Zunächst der Thron. Das ist hier nicht wie sonst üblich der Thron des als König herrschenden Christus, des Lamm Gottes oder der allerheiligsten Dreifaltigkeit, sondern der Thron der demütig auf ihren Sohn blickenden Mutter des kindlichen Königs, und der bildet denn auch unverkennbar das Zentrum. Zweite Besonderheit ist der geradezu enzyklopädische Umfang der Darstellung. Auf der rechten Seite elf zentrale Gestalten aus dem alten Bund, links elf ebenso zentrale aus dem neuen, aber nicht nur die sonst gerne dargestellte Schar der Apostel. Auf beiden Seiten sind je vier Frauen dargestellt – eine Besonderheit für die Zeit. Warum aber jeweils nur elf und nicht Zwölf? Nun, zu Füßen des Thrones knien zwei der unschuldigen Kinder-Märtyrer, die die kanonische Zwölf vervollständigen und zudem noch neben der Gottesmutter eine zweite Brücke zwischen den beiden Testamenten bilden.

Die himmlischen Heerscharen sind zunächst durch sieben dem Zeitgeschmack entsprechende puttoeske Cherubim angedeutet – und dann prominent vertreten durch die beiden Erzengel Gabriel und Michael. Diese beiden werden zwar populär als „Erzengel“ angesprochen, gehören aber nach der mittelalterlichen und bis auf die alttestamtlichen Apokryphen zurückgehenden Engellehre zusammen mit Raphael zum höchsten der neun Ränge, zu den Seraphim. So bildet also diese Illustration auf gedrängtem Raum ein denkbar umfassendes Bild der Heiligen in der Anschauung Gottes. Und volle Inklusivität ante Verbum, wenn man so will.

Hiermit könnte dieser kurze Beitrag enden, wenn nicht häretisch.de zum Feiertag ein Interview mit dem „Theologen“ Oliver Wintzek (ja, der) gebracht hätte, das die doch nachgerade zur DNA der Kirche gehörende und soeben von den Vorbereitern der Synodensynode so nachdrücklich geforderte „Inklusivität“ radikal in Frage stellt. Pius X. gilt ihm als „Modernisierungs-Blockade-Heiliger“, und über den Pfarrer von Ars samt Papst Benedikt, der ihn „eindrucksvoll in Szerne gesetzt“ habe, kann er nur mitleidig lächeln. Diese Figuren einer „moralisierenden Frömmigkeit“ haben uns Heutigen nichts mehr zu sagen. Seine Heiligen wären „Menschen, die in und für die Kirche einfordern, dass sie am Puls der Zeit bleibt. Die Kirche muss gegenwartskompatibel sein. ... Die Kirche ist ein Player in unserer offenen Gesellschaft, bei der es kein ‚Zurück zu‘ gibt, keinen Indietrismus, wie Papst Franziskus es nannte.“

Wow! In diesem Sinne also: Einen froher und vor allem indietristischen Allerheiligentag!

Christus ist König

 

Bild: Max Schnmalzl, aus einem Pustet-Missale von 1900

 

Als Papst Pius XI. 1925 das Fest Christuskönig einführte, war das auch eine Antwort der Kirche auf die in der Folge des großen Kriges stattfindenden gesellschaftlichen Umwälzungen, die den größten Teil der traditionellen Monarchien Europas gestürzt hatten. Die Könige hatten zumindest dem Namen nach im Auftrag und mit der Gnade Gottes regiert, und der Papst wollte die Menschen daran erinnern, daß diese über jeder menschlichen Herrschaft stehende Macht auch durch die proklamierte Einführung der Volkssouveränität nicht wegdemokratisiert werden kann. Nur das Königtum Christi kann den Frieden zwischen und in den Völkern herstellen. Die Oratio des Tages ist da ganz eindeutig:

Allmächtiger ewiger Gott, Du hast in Deinem geliebten Sohn, dem König des Weltalls, alles erneuern wollen: So gib denn gnädig, daß alle Völker, die durch das Unheil der Sünde entzweit sind, sich seiner so milden Herrschaft unterwerfen, der mit Dir lebt und herrscht…

Das war den Strategen der Liturgiereform wohl schon zu eindeutig weltbezogen und geradezu politisch, so daß sie das Fest auf den letzten Sonntag des Kirchenjahres verlegten – womit auch das Königtum Christi in die vermeintlich sichere Distanz der Wiederkehr des Herrn am Ende der Zeiten verschoben werden sollte.

Das führt ganz aktuell zu der Frage, wie lange das Fest unter den heutigen Umständen überhaupt noch seinen Platz im Kalender behalten kann. Denn auch der Weltenrichter ist im Pontifikat des „Wer bin ich, zu urteilen“-Drückebergers bestenfalls ein lästiges Überbleibsel aus abergläubischen Zeiten: Heute wird Gut und Böse, Tugend und Sünde, ganz allgemeine jede Moral, nicht mehr in Übereinstimmung mit unvordenklicher Tradition aus dem Wort Gottes abgeleitet, sondern aus „Synodalen Prozessen“, wohlmanipuliert und präperiert von den Dienern des Zeitgeistes.

Weiterlesen...

Die Macht der Riten

 

Bild: ScreeShot YouTubeVier Milliarden Menschen, so ist heute zu erfahren, haben gestern die Videobilder von der Beisetzung der verstorbenen englischen Königin Elisabeth II. gesehen. Die wenigsten wohl ganz, und die meisten, weil sie sich ohnehin keinen Promi-Auftritt entgehen lassen oder fasziniert davon waren, wie sich hier vor ihren Augen Mittelalter-Live entfaltete. Nur, daß es eben kein Mittelalter-Spektakel war, kein Rollenspiel, sondern alles in echt – so echt das eben im 21. Jahrhundert noch sein kann. Und das ist nicht wenig.

Wer in die Aufzeichnung der kirchlichen Beisetzungsfeierlichkeiten in der Schloßkirche von Windsor hineinschaute, bekam vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben einen Eindruck von einer feierlichen Liturgie, wie sie über ein Jahrtausend lang die feierlichen Gottesdienste der römischen Kirche und trotz deren Abspaltung auch der anglikanischen Gemeinschaft prägt. Der Gottesdienst in Westminster Abbey war stark von der (heute nur noch fiktiven) Einheit von Staat und Kirche in der englischen Monarchie geprägt, die erste Lesung wurde vorgetragen von der Sekräterin des Commonwealth, die zweite von der soeben erst ins Amt gekommenen Premierministerin seiner Majestät. Dem säkularen Geist erscheint solches überaus befremdlich – nicht wenige Zuschauer mögen es als Provokation empfunden haben.

In Windsor war die Kirche quasi „bei sich“. Der Sarg der Königin, der von der ganzen Familie und den kirchlichen und weltlichen Würdenträgern begleitet wurde, war ein letztes Mal mit den Insignien der Königswürde geschmückt. Diese Insignien wurden am Ende der Zeremonie (im Video ab min 26) von den Verwaltern der königlichen Schatzkammer vom Sarg genommen und dem Dean der Schlosskirche überreicht, der sie feierlich auf dem Altar niederlegte: Die Königin von Gottes Gnaden gibt die Krone in die Hände Gottes zurück – erst dann kann der Sarg mit der sterblichen Hülle in die Gruft zu den anderen vor kürzerer oder längerer Zeit verstorbenen Familienmitgliedern herabgesenkt werden.

Weiterlesen...

Neues von Salvatore Löwenherz

Bild: Aus der Bilderserie der Society of St. HugoEr hat es wieder getan: Am 1. Juli hat Erzbischof Salvatore Cordileone aus Anlaß des Festes des hl. Junipero Serra, des Missionars Kaliforniens und Gründers von San Franzisko, ein feierliches Pontifikalamt im überlieferten Ritus zelebriert. Mit dabei in choro die Kardinäle Pell und Sarah. Ort: Die große Kirche der Missio San Franciso des Asis, die von Junipero selbst gegründet worden ist. Die der Pflege der überlieferten Liturgie verpflichtete Society of St. Hugo of Cluny, mit der Erzbischof Cordileono in liturgischen Dingen zusammenarbeitet und die auch die Organisation übernommen hatte, präsentiert auf ihrer Website eine eindrucksvolle Bilderserie, aus der wir ein nur auf den ersten Blick untypisches Bild ausgewählt haben.

Mit dieser Feier läßt der Erzbischof ein weiteres Mal erkennen, daß er sich soweit das in seiner Kraft steht gegen alle Versuche stemmem wird, die überlieferte Liturgie aus dem Leben der Kirche zu vertreiben. Bekanntlich hatte er kurz nach dem Erlaß von TC und dem Verbot von Kardinal Cupich zur Feier eines seit langem geplanten Pontifikalamtes im National Shrine von Washington eine monatliche Messe im Alten Ritus in seiner Kathedrale eingeführt, die er seitdem auch mehrmals selbst dort zelebriert hat.

Mit der Feier zu Ehren des hl. Junipero wendet sich der Kardinal auch offensiv gegen die woken Linksradikalen, die seinens Staat regieren und dessen Bildungswesen beherrschen und die die Mission als einen großen historischen Sündenfall betrachten: Haben die Missionare den Indianern doch die Perlen ihres auf Sklaverei und Menschenopfern beruhenden Kulturgutes geraubt. Aber vor der Despotie des säkularen Wokismus, der gerade in Kalifornien mehrfach Kirchen angezündet und Denkmäler gestürzt hat, fürchtet sich Cordileone genau so wenig wie vor dessen kirchlicher Spielart – das hat er mit dem Verbot des Kommunionempfangs für die Abtreibungsmissionarin Nancy Pelosi unübersehbar unterstrichen.

Weiterlesen...

Unterkategorien

  • Stationskirchen

    Die römischen Stationskirchen

    Kupferstich von Giusepppe Lauro aus dem Jahr 1599

    In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.

    Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.

    Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.

Zusätzliche Informationen