Veterum Sapientia
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- 11. Oktober 2012
Am 22. Februar 1962, wenige Monate vor dem Beginn des 2. Vatikanischen Konzils heute vor 50 Jahren, veröffentlichte Papst Johannes XXIII. in feierlichr Form die Apostolische Konstitution Veterum Sapientia, über die "Weisheit der Alten". In diesem mit Gesetzeskraft versehenen Dokument unterstrich der Papst die Bedeutung der Kenntnis der klassischen Sprachen und der in ihnen verfassten Werke für Studium und Überlieferung des Glaubens und forderte die Bischöfe auf, sich der bereits damals einsetzenden Geringschätzung der Sprache der lateinischen Kirche entgegenzustellen:
Die lateinische Sprache ist aus sich heraus sehr geeignet zur Förderung jedweder Zivilisation unter allen Völkern, denn sie gibt nicht Anlass zu Neid, den einzelnen Völkern erweist sie sich als gleichwertig, begünstigt niemanden, schliesslich ist sie bei allen willkommen und beliebt. Man darf auch dies nicht aus dem Blick verlieren: Der lateinischen Sprache wohnt eine edle Gestalt und Eigentümlichkeit inne, da sie einen prägnanten, reichen, rhythmischen, würdevollen Stil hat (Vgl. Pius XI., Epist. Ap. Officiorum omnium, 1. Aug. 1922, in: AAS, XIV [1922] 452-453), was auf einzigartige Weise zur Klarheit und Erhabenheit beiträgt. (...)
Denn die Kirche soll nicht nur eine universale Sprache, sondern auch eine unveränderliche handhaben. Denn wenn die Wahrheiten der katholischen Kirche sogar aus einigen oder vielen veränderlichen modernen Sprachen übersetzt würden, von denen keine an Bedeutung die anderen überragen würde, dann folgte tatsächlich daraus zweierlei: einerseits wären wegen der ihnen eigenen Vielfalt nicht allen deren Bedeutung klar und deutlich genug, andererseits gäbe es keine allgemeine und feste Norm, nach der die Bedeutung der anderen Sprachen beurteilt werden müssten. Ja, in der Tat muss die lateinische Sprache - schon längst vor der Vielfalt gewahrt, die normalerweise der tägliche Sprachgebruch eines Volkes in den Inhalt der Wörter hineinträgt - gewiss als fest und unveränderlich angesehen werden, während die neuen Inhalte bestimmter lateinischer Wörter, die der Fortschritt, die Auslegung und die Verteidigung der christlichen Lehre forderten, schon lange Zeit einen festen und unveränderlichen Bestand darstellen.
In acht Punkten legte der Papst daraufhin Maßnahmen fest, um Studium und Kenntnis des Lateinischen wieder in den ihnen gebührenden Rang zu setzen. Zusammengefasst:
- Die Bischöfe sollten die Lateinausbildung in den Priesterseminaren sicherstellen und
- dafür sorgen, daß jede gegen den Gebrauch des Lateinischen gerichtete Propaganda unterbleibe.
- Niemand dürfe zu den philosophischen und theologischen Studien zugelassen werden, der nicht vorher eine solide Ausbildung in den alten Sprachen habe - auch nicht „Spätberufene“.
- In der Gestaltung von Studienordnungen und Stundenplänen sei der Vorrang des Lateinunterrichts zu berücksichtigen.
- Der Unterricht in den theologischen Hauptfächern sei entsprechend dem geltenden Recht auf Latein durchzuführen.
- Ein neu zu errichtendes „Akademisches Institut für die Lateinische Sprache“ solle sicherstellen, daß auch für moderne Gegenstände ein verläßliches lateinisches Vokabular erarbeitet werde.
- Die griechische Sprache sei an den Seminaren ebenso zu pflegen wie die lateinische.
- Die Umsetzung dieser Vorschriften sei von allen Bischöfen sicherzustellen, die zwar in Einzelheiten besondere Regelungen entsprechend den jeweiligen Voraussetzungen treffen könnten - jedoch ihren wesentlichen Inhalt nicht abändern dürften.
Eine vollständige deutsche Übersetzung von „Veterum Sapientia“, der wir auch die beiden oben zitierten Abschnitte aus der Einleitung entnommen haben, bietet Gero P. Weishaupt auf seiner Website.
Ausgerechnet Berlin
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- 17. August 2012
Berlin ist nicht nur die größte, vielfältigste und heidnischste Stadt Deutschlands – es bietet auch der katholischen Tradition eine Fülle von Ausdrucks- und Arbeitsmöglichkeiten. Das wurde in diesem Jahr wieder einmal deutlich am Fest Mariä Himmelfahrt, das übrigens dort kein staatlicher Feiertag ist. Zur Kräuterweihe und anschließendem Levitenamt in St. Afra beim Institut St. Philipp Neri waren deutlich mehr als 120 Gläubige gekommen. Die Webseite des ISPN bringt eine Bilderschau. Berlins Kardinal Woelki feierte den Festtag in Maria Vesperbild und hielt dort eine bemerkenswerte Predigt, von der man nur hoffen kann, daß die dort behandelten Themen – Tod und Ewiges Leben, Auferstehung des Leibes, Verantwortung vor Gottes Gericht – auch in Berliner Kirchen wieder offener angesprochen werden.
Schon heute geschieht das zweifellos in den Kirchen mit an der Tradition orientierten Gemeinden, das sind neben St. Afra zwei in der Verantwortung des Erzbistums stattfindende "tridentinische" Sonntagsmessen in Berlin (Torstraße) und Potsdam (betreut vom ISPN), mehreren Gemeinden mit gelegentlichen Liturgien in der überlieferten Form und die Gemeinde der Piusbruderschaft.
Die Madonna von Nagasaki
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- 08. August 2015
Als am 9. August 1945 die japanische Großsstadt Nagasaki mit damals etwa 200 000 Einwohnern von der zweiten amerikanischen Atombombe zerstört wurde, verbrannnte auch die unweit des „point zero“ im Stadtteil Murakami gelegene Kathedrale der Stadt. Nagasaki hatte seit dem 16. Jahrhundert eine starke christliche Gemeinde, die während der wütenden Christenverfolgungen des 16. und 17. Jahrhunderts zahlreiche Märtyrer hervorgebracht hat. Zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs befanden sich mehrere Priester und einige Dutzend Gläubige in der Kirche, um sich mit der Beichte auf das bevorstehende Fest Mariä Himmelfahrt vorzubereiten. Von ihnen überlebte keiner die Explosion und den anschließenden Feuersturm, der die überwiegend aus Holzhäusern bestehende Stadt vernichtete. Die Pfarrei der Kathedrale hatte damals etwa 12 000 Gläubige, von denen an die 9000 an diesem Tag umkamen.
Fünf Jahre „Summorum-Pontificum“
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- 07. Juli 2012
Der 5. Jahrestag der Veröffentlichung von Summorum-Pontificum am 7. Juli 2007 – in Kraft getreten ist das motu-proprio am 15. September – ist ein Tag dankbarer Freude, aber auch der Ernüchterung. Es wurde viel erreicht in diesen Jahren, auch in Deutschland. In den meisten Gebieten unseres Landes ist die hl. Messe im überlieferten Ritus weitaus besser erreichbar als vor dem Erlass des Papstes, wenn auch oft immer noch nicht als Sonntagsmesse. Wer die „alte Messe“ mitfeiern will, hat dazu vielfache Möglichkeiten, und insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen bilden sich Gemeinden, deren ganzes sakramentale Leben von der überlieferten Liturgie und Lehre bestimmt wird.
Auf der anderen Seite ist die Ablehnung gegenüber der traditionellen Liturgie in den meisten Ordinariaten und in vielen Gemeinden kaum geringer geworden. Diese Ablehnung erstreckt sich auf die gesamte Absicht von Papst Benedikt, die Kirche mit ihrer vermeintlich „nach dem Konzil“ abgestoßenen Tradition wieder zu versöhnen.
Die Eiserne Faust des Säkularismus
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- 29. Juni 2012
Mit dem jetzt bekanntgewordenen Urteil des Kölner Landgerichts, das die aus religiösen Gründen vorgenommene Beschneidung von Jungen im Kindesalter in zweiter Instanz zur strafbaren Körperverletzung erklärt, überschreitet nun auch in Deutschland die Staatsgewalt eine Grenze, die sie bisher aus Achtung der Religionsfreiheit gewahrt hatte. Die „Frankfurter Allgemeine“ erklärt gleich an drei Tagen hintereinander die grundsätzliche Dimension des Schrittes. Am 27. Juni heißt es im im politischen Kommentar: „Das Credo des Rechtsstaates: Der Staat gewährt die Religionsfreiheit“. Er „gewährt“ sie und kann sie demnach auch begrenzen oder entziehen. Am folgenden Tag legt der Kulturkommentar nach: „Was also spricht dagegen, dass die Religion nachgibt, wenn ein hohes Rechtsgut dadurch geschützt würde?“ Und am 29. Juni schließlich befindet das Blatt geradezu lehramtlich auf der ersten Seite: „Die Wertentscheidung des Staates hat Vorrang vor den Wertentscheidungen von Glaubensgemeinschaften und ist im Falle eines Wertekonfliktes keinerlei traszendentalen Überordnungen unterworfen“.
Das ist eindeutig: Der moderne Staat beansprucht danach nicht nur das letzte Wort in allen Wertentscheidungen, auch gegenüber der Religion, auf deren Grundlagen er historisch entstanden ist, sondern er verlangt für sich quasi die gläubige („Credo des Rechtsstaats“) Anerkennung seiner jeweiligen Rechtsgüter und setzt sich als Säkularreligion an die Stelle, die bisher „transzendentaler Überordnung“ vorbehalten war.
Bischof Philip Tartaglia von Paisley in Schottland hat sich in diesen Tagen in einem Artikel des Online-Magazins Public Discourse zu genau diesem Thema ausführlich geäußert. Nicht wegen Köln, sondern aufgrund der Entwicklung in Großbritannien, wo die Errichtung der modernen Säkularreligion und deren juristische Durchsetzung bereits weit fortgeschritten ist. Damit öffnet er den Blick weit über das sehr spezielle Feld der Beschneidung hinaus auf eine „Kulturrevolution“ (so der Bischof), die in einen „neuen Totalitarismus“ führt. Dabei berührt der Bischof auch das Problem, daß dieses moderne Staatsverständnis im Widerspruch zu dem Bild des Staates steht, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil gezeichnet wurde. Wir haben seinen Artikel mit geringfügigen Kürzungen übersetzt. Außerdem danken wir - wozu wir bisher selten genug Gelegenheit hatten - Bischof Mussinghoff von Aachen, der im Namen der Bischofskonferenz sofort Widerspruch gegen diesen "schwerwiegenden Eingriff in die Religionsfreiheit" anmeldete.
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Stationskirchen
Die römischen Stationskirchen
In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.
Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.
Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.