Der Katechismus im Messbuch
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- 05. März 2022
Die Missale Romanum des Verlages Pustet in Regensburg waren über ein halbes Jahrhundert lang, nämlich in den Jahren (ungefähr) von 1885 bis 1935, führend auf dem Weltmarkt für Messbücher. Nicht ohne Stolz stellte das Unternehmen bis zum I. Weltkrieg seine Firmensitze in Ratisbona (Regensburg), Novum Eboracum (New York) und Cincinnati heraus; in manchen Jahren war auch noch Rom dabei. Diese starke Stellung galt nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht und beruhte auch nicht in erster Linie auf der der druck- und bindetechnisch hervorragenden Machart. Ihren Ruf und ihren Umsatz verdankten die Missale von Pustet der überaus gediegenen grafischen Gestaltung sowohl in der Typographie als auch bei den gegenüber früherer Gewohnheit stark vermehrten grafischen Ausstattung mit Kapitelköpfen zum Beginn und Vignetten zum Abschluß der einzelnen Abschnitte. Ihr eigentliches Charakteristikum sind die in der Regel als Holzschnit ausgeführten Schwarz-Weiß-Illustrationen, die über die Jahre 1890 bis 1950 praktisch unverändert blieben und diesen Messbüchern einen hohen Wiedererkennungswert verleihen.
Bei diesen Bildern handelt es sich nicht nur wie in den vorhergehenden Jahrhunderten um „Illustrationen“, die mehr oder weniger glücklich den Festgedanken zum Ausdruck bringen: Die Krippe von Bethlehem an Weihnachten, die hl. Drei Könige an Erscheinung des Herrn; Maria und die Jünger im Obergemach von Jerusalem bei der Ausgießung des Geistes zu Pfingsten…
Die Festtags-Illustrationen von Pustet sind wie früher schon gelegentlich im Barock aufwendig eingerahmt, aber diese Rahmungen sind nicht nur dekorativ, sondern sie bilden inhaltlich ein „Framing“, indem sie den jeweiligen Festgedanken mit seinen „Typoi“ aus dem alten Testament umgeben.
Aschenkreuz und Memento mori
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- 02. März 2022
Das Aschenkreuz, das heute wieder in vielen Kirchen gespendet wird und dessen Empfang in einigen Ländern geradezu Kultstatus gewonnen hat, auch unter Nicht-Gläubigen, vereinigt in sich zwei Traditionen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die eine geht zurück auf die aus dem Alten Testament belegte Sitte, wie sie auch im Evangelium des heutigen Tages angesprochen wird, sich als Zeichen der Buße klein und häßlich zu machen: Zerrissene Kleider zu tragen, das Gesicht mit Schmutz und Asche zu beschmieren. Seit der frühesten Zeit ist diese Sitte auch bei den Christen belegt.
In „Sack und Asche“ zu gehen war ein dramatisches äußeres Zeichen für die innere Bußgesinnung, und wie alle äußeren Zeichen – Stichwort virtue signaling - unterliegt es der Gefahr der Entwertung und sogar Fälschung, nämlich dann, wenn das äußere Tun nur dazu dient, darüber hinweg zu täuschen, daß es an der inneren Einstellung und der Bereitschaft zu einer tatsächlichen Umkehr mangelt. Im Idealfall war (und ist) es jedoch Ausdruck echter Bußgesinnung und Zeichen dafür, daß ein Mensch bereit war, seine Fehler zu bereuen und die Gebote Gottes zu halten. Ausgangspunkt bei dieser Betrachtungsweise ist ganz eindeutig der Mensch und sein Handeln
Im Lauf der Jahrhunderte hat dieses äußere Zeichen allerdings seine Bedeutung etwas verschoben. Heute wird das Aschenkreuz – und das erklärt auch seine Popularität unter Nicht-Gläubigen – in der Hauptsache als memento mori verstanden: „Bedenke, daß Du Staub bist und zum Staube zurückkehrst“. Einmal im Jahr ist diese Erinnerung Vielen zum seelischen Ausgleich durchaus willkommen – solange das nicht auf die anderen 364 Tage übergreift.
Das Besprengen mit Asche hat jedoch noch eine zweite Traditionslinie, die ebenfalls bereits auf das Alte Testament zurückgeht. Wer durch Kontakt mit dem Tode nach dem Gesetz „Unrein“ geworden oder „in Sünde gefallenen“ war, konnte diese Unreinheit von einem Priester durch Besprengen mit der Asche einer roten Kuh aufheben lassen. (S. Hebr. 9,13).
Kirchen-Vater Abraham
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- 27. Februar 2022
In der Matutin der überlieferten Liturgie mutet die Kirche heute den Betern als Lesung das Kapitel 12 des ersten Buches Moses zu: Die Geschichte der Berufung des Stammvaters Abrahman und dessen Auszug in die Fremde, zu dem ihn Gott noch im hohen Alter aufgefordert hatte. Dom Gueranger bietet in seiner Auslegung dieses und der folgenden Kapitel der Genesis ein Musterbild des Bibelverständnisses der Kirche, das auch heute, 150 Jahre nach seiner Niederschrift, nichts von seinem Wert verloren hat. Im Gegenteil eher noch gewonnen, angesichts der seitdem unternommenen vielfältigen Versuche, dieses Verständnis zu verdunkeln.
Der Herr, welcher in seiner göttlichen Fürsehung vorher wußte, daß der Niedergang der Völker unter solchen Umständen unaufhaltsam sei, beschloß, ein Volk auszuwählen, das ihm besonders ergeben sei und in dessen Schoß die heiligen Wahrheiten erhalten würden, welche bei den Heiden zu Grunde gehen mußten. Dieses Volk sollte mit einem eigenen Stammvater beginnen, einem Vorbilde und Muster der Gläubigen. Abraham, ein Mann voll des Glaubens und des Gehorsams gegen den Herrn, war berufen, dieser Stammvater der Kinder Gottes zu werden, und zu seiner geistigen Nachkommenschaft, deren Stammesoberhaupt er ist, gehören alle Auserwählten sowohl des alten Bundes, wie auch der christlichen Kirche, bis ans Ende der Zeiten.
Nach der Wiedergabe des Textes von Kapitel 12, in dem diese Berufung beschrieben ist, fährt Gueranger fort:
Welch lebendigeres Bild eines Jüngers Christi läßt sich denken als dasjenige, welches der heilige Patriarch uns bietet.. Er grübelt nicht, er wägt nicht, wo es sich darum handelt, der Stimme Gottes zu folgen, die ihn ruft. Mit Recht sagen von ihm bewundernd die heiligen Väter: Welch wahrhaft christlicher Mann vor Christus! Welch evangelischer Mann vor dem Evangelium! Welch apostolischer Mann vor den Aposteln!" Auf den Ruf des Herrn verläßt er Alles: Heimath, Familie, Vaterhaus, und zieht in ein ihm unbekanntes Land. Ihm ist es genug, daß Gott sein Führer ist, und er überläßt sich voll Vertrauen , ohne umzublicken, seiner Leitung. Haben selbst die Apostel mehr getan? Aber auch welche Belohnung: In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!".
Eine Kirche ohne Sakramente?
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- 18. Januar 2022
In diesem und im kommenden Jahr wird es für die Diözese Münster keine Priesterweihe geben. Zum erstenmal in seiner 1200 jährigen Geschichte hat das westfälische Bistum keine eigenen Berufungen hervorgebracht. Ob und inwieweit sich das in den kommenden Jahren zum Besseren verändert, ist ungewiss: das Priesterseminar ist ausgetrocknet, nicht nur den Zahlen nach, noch mehr nach dem Geist. Sicher ist nur, daß der Klerus der Diözese bereits heute stark überaltert ist und die Zahl der aktiven Priester in den nächsten Jahren stark zurückgehen wird – bis ins Jahr 2030 auf bestenfalls 300 unter 75-jährige, von denen nur ein kleinerer Teil unter 60 Jahre alt ist.
Das einst als eine der Säulen der Kirche in Deutschland geltende Bistum Münster wurde 805 vom hl. Liudger gegründet, dessen Gedenktag in der Stadt auch heute noch alljährlich mit mehr Rummel als Frömmigkeit gefeiert wird. Liudger selbst hatte als Kind seinerzeit noch den großen Apostel der Deutschen, den heiligen Bonifatius, kennengelernt, kurz bevor dieser bei seiner letzten Missionsreise zu den Friesen 754 erschlagen wurde. So nahe den Anfängen sind in Deutschland nur wenige Orte.
Bonifatius kam bekanntlich aus Irland, wo das Christentum seit spätrömischen Zeiten Fuß gefaßt und die „Grüne Insel“ zu einem der leuchtendsten Sterne der frühmittelalterlichen Glaubenswelt gemacht hatte. Heute sieht es dort ebenso finster aus wie in Münster – 2020 wurde auf der ganzen Insel mit 22 Diözesen nur noch 1 Priester geweiht; für das vergangene Jahr gibt es merkwürdigerweise noch keine Zahl. Dafür gibt es eine andere Angabe: Seit 2019 hat sich die Zahl der Priester durch „natürlichen Abgang“ bereits um 20% verringert, und die Prognosen sind schlecht: Etwa die Hälfte der noch amtierenden Priester ist über 70 Jahre alt…
In Frankreich hat zum Jahresende die Abtei von Charles des Foucauld (1858 – Martyrium in Nordafrika 1916), dessen Heiligsprechungfür diesen Mai geplant ist, ihre Auflösung bekannt gegeben – die letzten Mönche gehen ins Altersheim.
Man könnte die Auflistung des Verfalls seitenlang fortsetzen, und allmählich dämmert es auch den Bischöfen: Was sie vor einigen Jahren oder Jahrzehnten als zumindest dem äußeren Anschein nach imposantes Gebäude übernommen haben - man werfe nur einen Blick auf das Gehäuse des münsteraner Priesterseminars Borromaeum - ist rundum vom Zusamenbruch bedroht.
Von der Oktav zur Woche
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- 17. Januar 2022
Am morgigen 18. Januar beginnt die alljährlich von ebenso wohlmeinenden wie effektlosen Predigten und Deklamationen geprägte „Woche der Einheit der Christen“. Fr. Hunwicke eröffnet heute einen Einblick in die Zeit, als diese Woche noch eine Oktav war und die entsprechende Votivmesse noch unter der Überschrift Ad tollendum schisma gefeiert wurde. Und er zeigt auf, daß die englischen Ordinariate diese Traditionen im wesentlichen bewahrt haben.
Die Oktav des „Stuhles der Einheit“ (Woche der Einheit) beginnt am Dienstag den 18. Januar und endet am Dienstag den 25.
Diese Regel wurde von Anglo-Papalisten im frühen zwanzigsten Jahrhundert eingeführt, um ganz besonders für die Einheit mit dem Stuhl der Heiligen Petrus und Paulus zu beten. Sie wurde von einer Reihe römischer Päpste unterstützt und mit Ablässen ausgestattet – s. unten.
Zu einer Zeit, in der PF einen unerbittlichen Kampf gegen die Tradition in der latinischen Kirche entfacht hat, ist das Gebet um Einheit dringlicher denn je. Dabei denken wir jedoch vielleicht weniger an den Ökumenismus im Stil der 60er Jahre, bei dem kirchliche Bürokraten verschiedener Gemeinschaften Schmeicheleien austauschen, sondern an die dringende Notwendigkeit, die Einheit in der lateinischen Kirche selbst wieder herzustellen.
Der „Stuhl der Einheit“ selbst ist zu einem Zeichen und einem Werkzeug der Zwietracht geworden: Möge der Herr uns in dieser schrecklichen Krise bewahren und leiten.
Außerordentliche Form
Vor den 60er Jahren war am 18. Januar das Fest des Stuhles Petri zu Rom (und am 22. Januar gedachte die Kirche seines Stuhles, d.h. seines Wirkens als Bischof, in Antiochien). Das Fest der Bekehrung des hl. Paulus am 25. Januar gibt es heute noch, auch im Novus Ordo.
In der guten alten Zeit haben die Schwestern von Wantage – die heute auch zu den Schwestern des Ordinariats gehören – einen jährlichen Ordo „in strenger Übereinstimmung mit dem Brauch der Kirche des Westens“ herausgegeben. Dieser war sowohl in Anglo-Papalistischen als auch in Anglo-Katholischen Gemeinden weit verbreitet. Der letzte, den ich immer noch habe, erschien wahrscheinlich 1969. Er enthält vor dem 18. Januar die folgende Information:
Beginn der Oktav zur Einheit der Kirche
Nach Belieben während der Oktav eine Votivmesse (II. Kl.) für die Einheit der Kirche, am Sonntag mit Credo, gewöhnliche Präfation (am Sonntag Präfation der Heiligsten Dreifaltigkeit) , Farbe Violett.
Diese Vorgabe beruhte offensichtlich auf dem offiziellen Gebrauch der Römischen Katholiken in England, Schottland und Wales unmittelbar vor dem Beginn der liturgischen Veränderungen in den späten 60er Jahren. Es bedeutet, daß es erlaubt war, täglich eine Votivmesse für die Einheit der Christen (überschrieben Ad tollendum schisma, wenn Sie wie ich ein Missale vor 1962 verwenden, aber die Texte sind auch in den Ausgaben nach 1962 die gleichen) zu lesen, auch am Sonntag in der Oktav, selbst wenn es der Sonntag Septuagesima ist, und an jedem Werktag, da sie alle (auch des Fest der Bekehrung des hl. Paulus) Feste III. Klasse sind und so eine Votivmesse der II. Klasse erlauben. Kein Gloria, natürlich, und nur eine Collecta, Secreta und Postcommunio – also keine Kommemoration.
Meine eigene Praxis ist, die Oktav mit einer (unbezweifelbar zulässigen) Votivmesse des hl. Stuhles Petri am 18. Januar zu beginnen (wie die Messe am 22. Februar nur mit dem Alleluja und mit Farbe weiß) und am 25. Januar mit der Messe für den hl. Paulus zu beschließen. Der Gedanke, die Verbindung zwischen den beiden Aposteln Roms hervorzuheben steht am Ursprung dieser Oktav.
Das Alleluja für den Stuhl Petri nimmt außerhalb von Septuagesima und Fastenzeit diese Form an:
Alleluia, alleluia. Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam. Alleluia.
Ich halte es für nützlich, noch die folgende Information zu bieten, die meines Wissens nicht in den Ordos für den Authentischen Usus in Latein, Englisch oder Französisch enthalten ist:
Ablässe
Nach dem aktuellen Encheiridion: Vollkommener Ablaß unter den üblichen Bedingungen für einen Katholiken, der an einer Feiern während der Woche und an der Schlußmesse (d.h. am 25. Januar) teilnimmt. Ein unvollkommener Ablaß für alle, die in frommer Hingabe ein offiziell anerkanntes Gebet für die Einheit verrichten.
Das Missale ‚Divine Worship‘ des Ordinariats
Die gleiche „Messe für die Einheit“ wird in liturgischem Englisch auch für die Verwendung in den Ordinariaten angeboten. Die Rubriken sagen ganz klar, daß sie an allen Tagen gelesen werden kann außer an Feiertagen, den Sonntagen von Advent und Fastenzeit sowie an Ostern, Allerseelen, Aschermittwoch, den Quatember- und Bitt-Tagen und auch nicht an den Wochentagen der Karwoche, sowie der Oster- und Pfingstoktav.. Diese Erlaubnis gilt jedoch im Fall einer „tatsächlichen Notwendigkeit oder eines pastoralen Bedürfnisses“ an gebotenen Gedenktagen und den Wochentagen des Advent, der Weihnachts-, Fasten- und Osterzeit.
Ziemlich freizügig, oder?
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Stationskirchen
Die römischen Stationskirchen
In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.
Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.
Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.