Alle Heiligen aller Zeiten
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- 01. November 2022
Zum Fest Allerheiligen haben wir bereits mehrfach etwas veröffentlicht und können daher auf empfehlenswerte Beiträge aus jüngerer Zeit verweisen: Zu theologischen Grundgedanken des Festes, zu einigen liturgischen Aspekten und (von Fr. Hunwicke) zur in England besonders stark ausgeprägten Verehrung der Heiligenreliquien.
Wir begnügen uns daher zunächst mit einer sehr interessanten Abbildung aus einem Missale der Zeit um 1900 zum heutigen Tag. Sie ist trotz gewisser stilistischer und konzeptioneller Ähnlichkeiten vertmutlich nicht von Max Schmalzl; ein undokumentierter Netzfund aus unserem Archiv. Gegenüber den signierten Holzschnitten von Schmalzl und anderen weist diese Darstellung zwei Besonderheiten auf: Zunächst der Thron. Das ist hier nicht wie sonst üblich der Thron des als König herrschenden Christus, des Lamm Gottes oder der allerheiligsten Dreifaltigkeit, sondern der Thron der demütig auf ihren Sohn blickenden Mutter des kindlichen Königs, und der bildet denn auch unverkennbar das Zentrum. Zweite Besonderheit ist der geradezu enzyklopädische Umfang der Darstellung. Auf der rechten Seite elf zentrale Gestalten aus dem alten Bund, links elf ebenso zentrale aus dem neuen, aber nicht nur die sonst gerne dargestellte Schar der Apostel. Auf beiden Seiten sind je vier Frauen dargestellt – eine Besonderheit für die Zeit. Warum aber jeweils nur elf und nicht Zwölf? Nun, zu Füßen des Thrones knien zwei der unschuldigen Kinder-Märtyrer, die die kanonische Zwölf vervollständigen und zudem noch neben der Gottesmutter eine zweite Brücke zwischen den beiden Testamenten bilden.
Die himmlischen Heerscharen sind zunächst durch sieben dem Zeitgeschmack entsprechende puttoeske Cherubim angedeutet – und dann prominent vertreten durch die beiden Erzengel Gabriel und Michael. Diese beiden werden zwar populär als „Erzengel“ angesprochen, gehören aber nach der mittelalterlichen und bis auf die alttestamtlichen Apokryphen zurückgehenden Engellehre zusammen mit Raphael zum höchsten der neun Ränge, zu den Seraphim. So bildet also diese Illustration auf gedrängtem Raum ein denkbar umfassendes Bild der Heiligen in der Anschauung Gottes. Und volle Inklusivität ante Verbum, wenn man so will.
Hiermit könnte dieser kurze Beitrag enden, wenn nicht häretisch.de zum Feiertag ein Interview mit dem „Theologen“ Oliver Wintzek (ja, der) gebracht hätte, das die doch nachgerade zur DNA der Kirche gehörende und soeben von den Vorbereitern der Synodensynode so nachdrücklich geforderte „Inklusivität“ radikal in Frage stellt. Pius X. gilt ihm als „Modernisierungs-Blockade-Heiliger“, und über den Pfarrer von Ars samt Papst Benedikt, der ihn „eindrucksvoll in Szerne gesetzt“ habe, kann er nur mitleidig lächeln. Diese Figuren einer „moralisierenden Frömmigkeit“ haben uns Heutigen nichts mehr zu sagen. Seine Heiligen wären „Menschen, die in und für die Kirche einfordern, dass sie am Puls der Zeit bleibt. Die Kirche muss gegenwartskompatibel sein. ... Die Kirche ist ein Player in unserer offenen Gesellschaft, bei der es kein ‚Zurück zu‘ gibt, keinen Indietrismus, wie Papst Franziskus es nannte.“
Wow! In diesem Sinne also: Einen froher und vor allem indietristischen Allerheiligentag!