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Der Papst und der Heilige Geist

Manuskript aus der walisischen Nationalbibliothek - Wikimedia/Public Domain Als Nachtrag zu Pfingsten hier die vollständige Übersetzung eines Beitrags, den Fr. Ray Blake zum Fest auf seinem Blog gepostet hat. Selbst wenn man nicht allen seinen Überlegungen folgen will, gibt er doch wertvolle Anstöße zum nachdenken.

Es beginnt ein langes ZitatEine nüchterne Lektüre der Dokumente des I. Vatikanischen Konzils vermittelt ein sehr schönes Verständnis der Rolle des Papstes. Es ist ein maßvolles Verständnis, fern vom Begriff eines weltlichen Führers im 19. oder 20 Jahrhundert oder auch der Gegenwart. Es sieht den Papst als Diener der Kirche – und dennoch hat seine Interpretation, der Geist des 1. Vatikanums, einige der am meisten von sich überzeugten und hochfahrendsten Päpste der Geschichte hervorgebracht. Päpste, die willkürlich jahrhunderte alte Traditionen abschafften, die sich selbst mehr als Neuerer sahen statt als getreue Diener, die das, was sie selbst empfangen hatten, unversehrt weitergaben.

Was da geschehen ist, erweckt zumindest den Eindruck, als sei es eine Bewegung, die sich gegen den heiligen Geist richtet oder seine Bedeutung vermindert, zuerst dadurch, daß Pius XII. die alte Pfingstvigil abschaffte und Paul VI. dem mit der Abschaffung der Pfingstoktav folgte. Vermutlich geschah beides mit der Absicht, die Reform von Karwoche und Ostern durch Pius XII. noch deutlicher hervortreten zu lassen, aber mir drängt sich auch immer wieder der Gedanke auf, daß dadurch unser Verständnis des Heiligen Geistes und damit unsere Theologie insgesamt in eine Schieflage gebracht worden ist.

Paul VI. hat die orientalische Epiklese in den Messritus eingeführt – Fr. Hunwicke hat darauf hingewiesen, daß sich im uralten eucharistischen Hochgebet, dem römischen Kanon, eine prä-niceanische Trinitätstheologie erhalten hat, die im wesentlichen einen binaterischen Begriff von der Eurcharistie hat. Die Eucharistie besteht danach aus dem Opfer der Kirche, die dem Vater durch den Priester Brot und Wein darbietet und dafür von Ihm Seinen Sohn empfängt. Das ist ein Austausch von Gaben, und in diesem Hochgebet gibt es keine Erwähnung des heiligen Geistes außer der in der Schlußdoxologie in ihrer gegenwärtigen Form. Im Osten enthalten demgegenüber - mit Ausnahme der allerältesten - alle Hochgebete ebenso wie die von Papst Paul VI. neu eingeführten eine Bitte um die Herabkunft des Geistes.

Was hier geschehen ist ist nichts anderes als die Aufgabe eines sehr spezifisch westlichen Gottesverständnisses im Gefolge des 2. Vatikanums. Ich frage mich, ob die dadurch hervorgerufene Verwirrung zum Aufstieg der charismatischen Bewegung geführt hat, jener Bewegung, in der an die Stelle des Erlösertodes Christi oft eine persönliche, ekstatische oder emotionale Erfahrung des Geistes tritt. Unser westliches Verständnis ist doch wohl, daß der Heilige Geist der unsichtbare Bewirker der Heiligkeit ist, der uns in der Kirche allmählich zu immer tieferer Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn führt. Er ist unsichtbar – aber erfahrbar. Ich denke, das ist im großen Ganzen das Verständnis vor Nicäa und den späteren Christologischen Konzilien.

Ich fürchte, das alles hat ein Verständnis mit sich gebracht, nach dem das Heilige nicht etwas ist, was „drinnen“ ist und „hochkommen“ soll, sondern was von außen herabkommt. Im alltäglichen Leben der Christen ist Heiligkeit etwas, das von außen kommt. Es gibt da eine Verbindung zwischen dem Verständnis des hl. Victor von Lerins auf der einen Seite, für den katholisch das ist, quod ubique, quod semper, quod ab omnibus creditum est (was überall, immer und von allen geglaubt worden ist) und auf der anderen Seite zu dem, was wohl moderne Neo-Konservative glauben, nämlich daß – etwas vereinfacht gesprochen – das katholisch ist, was der Papst glaubt und was von oben nach unten dekretiert wird. Das ist eine überaus lächerliche ultramontanistische Entstellung des katholischen Glaubens, und ich nehme an, sie beruht auf einer Entstellung der Lehre vom Heiligen Geist. Jedenfalls sieht es so aus, also ob seit dem 2. Vatikanum die Rolle des Heiligen Geistes deutlich vermindert worden ist, während die Bedeutung des Papsttums zunimmt - da gibt es ganz bestimmt einen Zusammenhang.

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