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Wer soll die Scherben zusammenkehren?

Bild: Screenshot  von L'Homme NouveauNew Liturgical Movement berichtete dieser Tage über ein Interview (hier das Original auf Französisch), das Bischof Aillet von Bayonne dem konservativen französischen Magazin L’Homme Nouveau gegeben hat. Der Bischof sprach darin von beträchtlichen Unterschieden, die er zwischen dem Motu Proprio des Papstes und den anschließend von der Liturgiebehörde veröffentlichten „Responsa ad dubia“ erkennen will: Franziskus habe beim Ad-Limina Besuch der französischen Bischöfe gesagt, er wolle die Feier der Messe im überlieferten Ritus einschränken, während die Responsa Roches das auf die Spendung sämtlicher Sakramente ausgedehnt habe. Demgegenüber habe Franziskus durch seinen Staatssekretär Parolin mehrfach darauf hingewiesen, man müsse den Gläubigen, die der alten Liturgie verbunden sind, väterlich zuhören und ihnen Zeit geben. Es gehe um einen Prozess des Wachstums und der Erkenntnis.

Nun, das klingt für unsereinen nach den üblichen Phrasen dieses Pontifikats und gewinnt kaum an Glaubhaftigkeit durch die in den letzten Wochen mehrfach wiederholten scharfen Angriffe des Papstes auf die „rückwärtsgewandten Ewiggestrigen“. Dennoch zieht Bischof Aillet daraus den Schluß:

Wir“ – d.h. in erster Linie die französischen Bischöfe – „sind nicht gezwungen, das Motu Proprio unmittelbar und in drastischer Form umzusetzen. Im Allgemeinen sind unsere Beziehungen mit diesen Gemeinschaften doch so einverständlich, daß man gerne in einen wirklichen Dialog mit ihnen eintreten möchte: Über das Missale, über die Gründe, die sie für dies und jenes haben, über die Sakramente, über die liturgischen und katechetischen Bücher, die sie verwenden, um so die Dinge besser zu verstehen und vor allem, um das Gespräch nicht abreißen zu lassen.“

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Bieten Rituskirchen den Ausweg?

(Fortschreibung des Beitrags vom 29. Oktober)

Bild: Wikimedia, Kaiser Guilherme II, CC BY-SA Auf den ersten Blick bietet das Konzept der Rituskirche einen Ausweg aus der Kirchenkrise, wie sie sich in der von Traditionis Traditores (TC) manifestierten Absicht zur endgültigen Austreibung der überlieferten Liturgie aus dem Leben der Kirche darstellt. Die Priester und Gläubigen der Tradition würden damit aus dem seinen Namen ohnehin nur noch zu Unrecht tragenden römischen Ritus ausscheiden und eine „Kirche eigenen Rechts“ bilden. Diese Teilkirche würde weiterhin der päpstlichen Jurisdiktion unterstehen, hätte aber wie andere „Rituskirchen“ auch ihre eigene historisch gewachsene Liturgie – und in eiem durchaus begrenzten Rahmen – ihr spezifisches kanonisches Recht. Was daran realistisch und was Wunschvorstellung ist, wäre näher zu untersuchen.

Die heute bestehenden Rituskirchen oder „Kirchen eigenen Rechts“ sind in keinem Fall aus dem Nichts errichtet worden, sondern beruhen auf der Rückkehr in die Einheit von Kirchen oder ihren Teilen, die aus historischen oder politischen Gründen oft schon seit Jahrhunderten „unabhängig“ existierten. Prinzipiell gilt das auch für die Ordinariate ehemaliger Anglikaner, auch wenn diese nicht den Status von Rituskirchen haben und inzwischen auch der Übertritt von Einzelpersonen bzw. -familien aus „stammkatholischen“ Gemeinden möglich ist.

Einziger Fall, daß eine aus liturgischen Motiven erfolgte Schisma-ähnliche Spaltung innerhalb eines bestehenden katholischen Bistums durch die Errichtung einer besonderen Jurisdiktion für die „Altrituellen“ überwunden wurde, ist Campos in Brasilien. Über die Einzelheiten der damaligen Situation ist hierzulande wenig bekannt. Der damalige Bischof von Campos Antônio Castro Mayer hatte sich geweigert, die Reformen Pauls VI. umzusetzen und war schließlich 1981 zum Rücktritt gezwungen worden. Danach baute er mit seinen Anhängern als Träger der „altrituellen“ Seelsorge in Campos die Priestervereinigung Johannes Maria Vianney auf – eine mit dieser freundschaftlich verbundene Parellelorganisation zur Piusbruderschaft. Da Mayer 1988 als Co-Consekrator an den irregulären Bischofsweihen der Bruderschaft mitwirkte, wurde er zusammen mit Erzbischof Lefbvre exkommuniziert. Damit waren die Voraussetzungen für ein Schisma gegeben, das allerdings niemals offiziell erklärt worden ist.

Nach dem Tod Mayers 1991 weihten die Bischöfe der Piusbruderschaft mit Licino Rangel einen Priester der von Mayer gegründeten Vereinigung zum Bischof. In den Jahren nach 2000 konnte Bischof Rangel eine Vereinbarung mit Rom erreichen, die schließlich durch die Errichtung der „Apostolischen Personaladministratur vom Hl. Johannes Maria Vianney auf dem Gebiet der Diözese Campos“ zur Beendigung der Abspaltung führte. Rangel wurde offiziell zum Titularbischof von Zarna geweiht und als Administrator eingesetzt. Vermutlich vereinbarungsgemäß trat Rangel schon im kommenden Jahr „aus Gesundheitsgründen“ zurück, und sein Nachfolger wurde der ebenfalls offiziell geweihte und bis heute amtierende Bischof Rifan. Nicht alle Details der damals unter intensiver Beteiligung von Kardinal Ratzinger erzielten Vereinbarung sind öffentlich bekannt. Von daher ist schwer zu sagen, inwieweit Campos das Vorbild für die Errichtung einer ähnlichen Institution anderswo sein könnte – zumal es unseres Wissens nirgendwo vergleichbare Voraussetzungen gibt.

Während das kleine „Schisma von Campos“ nur ein Jahrzehnt gedauert hat, bringt es die wesentlich größere anglikanische Abspaltung auf über 500 Jahre; sie hat im Zuge der Ausweitung des britischen Empire weltweite Dimensionen angenommen.

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Ein wiedergefundener Schatz

Bild: Von der genannten Website VallisIm Vortragsprogramm zur römischen Wallfahrt „Summorum Pontificum“ der vergangenen waren als Redner unter anderen Peter Kwasniewski, Msgr Nicola Bux und der italienische Journalist Aldo Maria Valli aufgetreten. Einen zusammenfassenden Überblick der Vorträge gibt katholisches.info. Wir wollen einige dieser Vorträge in den kommenden Tagen übersetzen und beginnen dazu mit dem sehr langen, sehr emotionalen und äußerst lesenswerten Vortrag von Valli nach der heute auf Messainlatino veröffentlichten Fassung.

Die überlieferte Messe - ein wiedergefundener Schatz

Ich möchte zu Ihnen über die alte Messe sprechen – aber vielleicht wäre es besser, sie die heilige Messe aller Zeiten zu nennen, einen wiederentdeckten Schatz. Eine kostbare Perle, ein Schatz unschätzbaren Wertes, der Generationen von Katholiken – ich eingeschlossen – lange verborgen war, aber endlich doch durch göttliche Gnade und das Engagement vieler mutiger Gläubiger wieder zugänglich wurde.

Wir haben, weil man uns das so gesagt hatte, geglaubt, daß die „neue Messe“ nur eine Übersetzung der „alten“ Messe sei, um sie verständlich zu machen Doch wir entdeckten daß die Messe des Heiligen Pius V., die Messe aller Päpste bis auf Paul VI., überhaupt keiner Übersetzung bedurfte, weil sie mit ihren Gesten, ihren Zeichen, ihren erhabenen Texten, ihrem Schweigen direkt ins Herz ging. Da brauchte es keine Erklärung. Wie der brennende Dornbusch, wie die Flammen über den Aposteln zu Pfingsten, ist es ein offensichtliches Zeichen des Geheimnisses, das zu uns spricht. Geheimnis des Lichts und der Erlösung.

Wir haben auch festgestellt, daß die „neue“ Messe, die Messe von Paul VI., wenig zu sagen hat, obwohl sie in der Umgangssprache spricht. Denn es geht nicht um Worte, sondern um den Glauben. Für viele von uns war es eine schmerzhafte Entdeckung und wir haben uns gefragt, warum uns niemand so lange von dem verborgenen Schatz erzählt hat.

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Was sind eigentlich Rituskirchen?

Bild: Website des engl. OrdinariatsSeit einigen Jahren – genauer seit 2017 – taucht in unseren Beiträgen zur Situation der Gläubigen, die der überlieferten Lehre und Liturgie anhängen, gelegentlich der Begriff von der „Rituskirche“ auf. Meistens als Ausdruck des Wunsches oder der Erwartung, die Entstehung einer solchen Rituskirche könne dem Weiterbestehen des „vorkonziliaren“ Katholizismus eine Form bieten, ohne die Einheit mit dem Bischof von Rom grundsätzlich aufzukündigen. Diese Vorstellung wirft zahlreiche Fragen auf – einige davon sollen hier angesprochen werden.

Zunächst zum Begriff selbst: Im Mai 2016 hat Papst Rranziskus in seinem Motu Proprio De Concordia inter Codices angeordnet, die bis dahin als „Rituskirchen“ (Ecclesia ritualis) bezeichneten Institutionen als „Ecclesia sui iuris“ zu bezeichnen und das Kirchenrecht in mehreren Canones entsprechend zu ändern. Als Hauptgrund wird angegeben, daß diese Kirchen sich nicht nur im „Ritus“, sondern auch in einigen Normen hinsichtlich der Zugehörigkeit (Taufe, Übertritte, Eheschließung usw.) unterscheiden und daher in einer immer mobileren Welt sichere „Schnittstellen“ zwischen den Rechtssystemen geschaffen werden sollen. Dem ist in keiner Weise zu widersprechen. Trotzdem bleiben wir beim alten Begriff der „Rituskirche“, weil der leichter verständlich ist, während die rechtlichen Schnittstellen eher die Juristen interessieren.

In der Hauptsache sind die Rituskirchen eine Begleiterscheinung des großen Ost-West-Schismas, das seit dem frühen Mittelalter die römische Kirche des Westens von den ursprünglich byzantinischen Patriarchaten des Ostens trennt. Überall, wo die beiden Machtbereiche zusammenstießen, kam es zu meistens politisch bedingten oder erzwungenen Übertritten von Teilen der nach Byzanz orientierten „Ostkirchen“ in die Westkirche unter der Jurisdiktion des Papstes, wo diese Teile dann den Status von „unierten“ Ostkirchen erhielten. Anderswo (etwa bei den Kopten oder den Syro-Malabaren) schlossen sich Teile von dort seit Jahrhunderten bestehenden eigenständigen Kirchen im Zuge von „Entdeckung“ und Globalisierung dem Primat des Papstes an, während sie ihre eigene Liturgie und ihre eigen Rechtsvorschriften ganz oder größtenteils beibehielten. Augenfälligster Rechtsunterschied: In den meisten Ostkirchen können verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden, denen dann aber der Aufstieg zum Bischofsamt als Vollform des Priestertums verwehrt bleibt. Ein Teilzölibat, wenn man so will.

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Ohne Tradition können wir nicht leben

Bild: Screenshot  YoutubePeter Kwasniewski hat zu Beginn des Monats vier Vorträge vor der Latin Mass Community in Charlotte, North Carolina gehalten. Generalthema: Zur Situation der überlieferten Liturgie nach Traditionis Custodes. Der erste davon ist bereits gestern auf RorateCaeli vollständig veröffentlicht worden, mit den folgenden ist in den kommenden Tagen zu rechnen. Wir bringen hier eine von uns übertragene Zusammenfassung des ersten Vortrags, bei der wir die uns am wichtigsten erscheinenden Teile auch wörtlich übersetzt haben. Die ganze Lektüre oder auch das Anhören der Aufzeichnung auf YouTube ist sehr empfohlen.

Der Primat von Tradition und Gehorsam zur Wahrheit

Zu Beginn seines Vortrages zitiert Kwasniewski mehrere Aussagen von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. zur fortdauernden Hochschätzung und Geltung der überlieferten Liturgie, die schließlich in dessen bekanntem Diktum gipfelten: „Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“ (Summorum Pontificum). Das ist, so Kwasniewski, keine persönliche Meinung, der man auch andere Meinungen entgegen stellen könnte, sondern eine unhintergehbare lehramtliche Aussage, die ihrerseits auf zahlreiche andere lehramtliche Aussagen gestützt ist. Als Beispiele dafür führt Kwasniewski die verschiedenen Formen des (inzwischen wegreformierten) Amtseides der Päpste an, die ganz klar zum Ausdruck bringen, daß ein Papst kein unumschränkter Herrscher ist, sondern auch in Sachen der Disziplin und des Ritus an das gebunden ist, was ihm die Kirche überliefert hat. In die gleiche Richtung gehen Beschlüsse der Konzile von Konstanz und Trient, die Kwasniewski hier anführt.

Tatsächlich, so fährt der Redner dann fort, haben bedeutende Kirchenrechtler und Theologen der (Nach-)Reformationszeit wie Thomas Cajetan, Juan de Torquemada, Sylvester Prierias, Francisco de Vitoria oder Suárez aus dieser Beschlußlage stets die Konsequenz gezogen, daß Päpste, die gegen diese Grundlagen verstoßen, keinen Anspruch auf Gehorsam seitens ihrer Untergebenen haben. In den Worten des Jesuiten Francisco Suárez (1548 – 1617):

Wenn der Papst etwas anordnet, das der rechten Ordnung widerspricht, muß man ihm nicht gehorchen. Wenn er versucht, etwas zu tun, das offensichtlich gegen Rechtlichkeit und das Allgemeine Wohl verstößt, ist es zulässig, ihm zu widerstehen. Wenn er mit Gewalt angreift, darf man ihm auch mit Gewalt widerstehen, soweit man die stets zur Verteidigung gebotenen Grenzen einhält.“

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