Die Liturgie zum Allerseelentag
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- 02. November 2018
Die Ausführungen von Pius Parsch zum Offizium des Tages Allerseelen zeigen ebenso wie die zu Allerheiligen, daß dieser Vorkämpfer für eine Neu-Aneignung der Liturgie durch das Volk zutiefst in den Inhalten und Formen der römischen Tradition verwurzelt war. Er schreibt:
Das Totenoffizium ist Gebetsdienst des innigen Mitleids, der hochherzigen Hilfsbereitschaft, des wirksamen Trostes, der maßvollen Trauer in christlich-starker Liebe. Unsere Stellung bei dieser Stundenfeier ist zwischen dem allgerechten, allbarmherzigen Gott und den teuren, mit uns vereinten Seelen im Läuterungsfeuer. Jedoch, wir bleiben nicht bloß so hingestellt, sondern wir werden wie Trostengel bald mehr zu Gott, bald mehr zu den leidenden Brüdern und Schwestern hingezogen. Gott zeigt sich uns in seinem Strafwalten, in seiner Heiligkeit, in seiner unendlichen Güte.Vor allem mit der Hinwendung zu Gott, mit der Annäherung an Gott,sollen wir das Totenoffizium verrichten. Er will seine Diener und Freunde, die schon im Stande der heiligmachenden Gnade verstorben sind, nun von aller Makel und Sünde durch das nötige Straf- und Läuterungsleiden reinigen, um sie sobald als möglich hinaufzunehmen zur ewigseligen Anschauung und Vereinigung in der himmlischen Stadt. Unsere Verbindung mit den armen Seelen erfolgt im Totenoffizium so, daß wir die Verstorbenen in verschiedenen Zuständen und Übergängen ihrer Not und Qual finden, ja, daß wir oft geistig wie an ihren Fegfeuerplatz mit all seiner Strafe und Pein versetzt werden, um an ihrer Stelle selbst zu klagen, inständig und vertrauensvoll um Linderung zu rufen, aber auch herzlich und kindlich Gott für seine Begnadigung zu danken.
Das Totenoffizium hat vielfach die Eigenart des Stundendienstes an den drei hohen Kartagen. Von den sonst üblichen Einleitungen und Schlußformeln bleibt das meiste weg (Eröffnungsvers, Hymnus, „Ehre sei...“. Umrahmung der Lesungen). Es wird durchweht von ernster, gemessener Trauer, alles feierlich Frohe entfällt.Die Schlußgebete jeder Gebetsstunde werden kniend verrichtet, wir sind flehende Fürbitter für die teuren Verstorbenen.
Bis auf Pius X. Hatte das Totenoffizium nur Vesper, Mette und Laudes, die drei alten ursprünglichen Gebetsstunden. Jetzt ist es für den Allerseelentag auch mit allen anderen Horen ergänzt, so daß nun ein vollständiges Eigenoffizium verrichtet wird. Das alte Totenoffizium mit nur Vesper, Mette und Laudes ist ein Denkmal der ältesten Stundenliturgie der Kirche.
Die Totenvesper wirkt tief auf das Gemüt. Immer wieder ertönt statt des Lobpreises der Bittruf: „O Herr, gib ihnen die ewige Ruhe...“In den Psalmen singen wir mit den armen Seelen und für sie. In den verschiedenen Psalmliedern des ganzen Totenoffiziums lenkt das Fegefeuer unsern Geist auf das menschliche Elend und die menschliche Schwachheit, auf die Schrecken der Todesstunde und des letzten Gerichtes, auf ihre letzte Pein, aber auch auf Gottes unendliche Güte, die tröstet und Himmelan zieht. (…)
Die Totenmette beginnt mit dem schönen Invitatorium: „Den König, dem alles lebt, kommt lasset uns anbeten.“ In den Lesungen der ersten Nachtwache bittet der Dulder Job, das ergreifende Bild der Leidenden im Fegfeuer, um Erlösung aus seinem schweren Leiden, das er klagend schildert und dessen Ursache er zu kennen wünscht. In der zweiten Nachtwache wird uns aus dem Buch des hl. Augustinus über die Sorge für die Verstorbenen vorgelesen (…) In den Lesungen der dritten Nachtwache verkündet der Völkerapostel unseren christlichen Auferstehungsglauben. (…)
Die Totenlaudes stellen die hoffnungsfroheste Stimmung im ganzen Offizium dar. Wohl beginnen sie mit dem Bußpsalm 50, gehen aber sofort zur Freude des Erntedanks (Ps. 64), zur glühenden Sehnsucht nach Gottvereinigung (Ps. 62) zum Auferstehungsjubel (Canticum und Ps. 150) über. Gerade das Canticum des Ezechias schildert sehr treffend den Übergang vom Fegfeuerleid zur Himmelsseligkeit.“
Soweit Pius Parsch. Lesenswerte Ausführungen zur Theologie der leidenden Seelen und zum Fegefeuer fanden wir im uns bislang unbekannten Blog Auslegungssache in dem Beitrag: Was brennt im Fegefeuer?