Überlieferte Liturgie in China
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- 30. September 2019
Paix Liturgicque hat Anfang des Monats ein Interview veröffentlicht, das Massimo Battaglia mit dem chinesischen Priester John Song geführt hat, der zur Zeit zum Studium in Deutschland ist. Wir haben die wichtigsten Abschnitte übersetzt:
Massimo Battaglia - Wie wird man heute Priester in China?
Pater John Song - ich würde sagen, ein wahrer Priester, ein Heiliger und ein Katholik zu sein, ist nie einfach. Meiner Meinung nach gibt es jedoch keinen Unterschied zwischen dem Priestertum eines Chinesen, eines Italieners oder eines Franzosen. Allerdings bereitet es in China besondere Schwierigkeiten, Priester zu werden, vor allem aufgrund der religiösen Verfolgung, von der unser Land betroffen ist. Ich bin jedoch überzeugt, dass die kommunistische Verfolgung für uns Katholiken weniger schwerwiegend ist als die Verwirrung, die sich innerhalb der katholischen Kirche nach dem Verzicht auf authentischen Glauben und der Entweihung der Liturgie ausbreitet.
Sehen Sie Ähnlichkeiten zwischen der Lage der chineischen Kirche heute und der Kirche der ersten drei Jahrhunderte?
Ich denke, die Lage der chinesischen Kirche heute hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Kirche der ersten drei Jahhrunderte des römischen Reiches. Aber während die Kirche unter Mao-Tsetung einer gewaltsamen Verfolgung ausgesetzt war, die der der frühen Christen ähnelte, sehen wir uns heute einer schleichenden Verfolguing ausgesetzt, die darauf abzielt, die Kirche in eine Kirche zu verwandeln, die nicht mehr die wahre Kirche Christi ist.Das ist viel gefährlicher für die gläubigen, denen es manchmal an Orientierung fehlt und die vom wahren Glauben abkommen können, ohne es überhaupt zu bemerken.
Wie haben Sie von der traditionellen Messe erfahren?
Ich wurde in eine katholische Familie hineingeboren, die den Glauben seit mehr als 150 Jahren bewahrt hat. Wie Sie wissen, war die Kirche in China von 1949 bis 1978 fast 30 Jahre lang von Rom und vom Rest der Welt isoliert. Daher haben auch in den 90er Jahren noch gerade aus dem Gefängnis entlassene Priester die Messe nach dem alten Ritus gefeiert, weil sie noch gar keine Kenntnis vom Konzil und der Liturgiereform hatten. Aber nach 1990 wurden auch sie von den konziliaren Reformen erfaßt und machten die gleichen Entwicklungen durch wie die anderen Teile der Weltkirche.
Ich bin 1986 geboren und hatte daher keine persönlichen Erfahrungen mit dem alten Ritus, der seit den 90er Jahren nicht mehr gefeiert wurde, aber als ich Kind war, sprachen meine Großeltern immer über die Schönheit und theologische Tiefe des alten Ritus. Ich erinnere mich, daß mein Großvater einige Jahre lang nicht mehr an der Messe teilnahm, weil er sagte, daß die moderne Messe kein Opfer wäre, sondern nur eine Erinnerung an da Abendmahl des Herrn zu sein schien. Er hatte nie Theologie oder Liturgie studiert, aber sein Glaube war so stark, daß er die Unterschiede zwischen der neuen Liturgie und dem alten Ritus, der seinen Glauben seit Kindertagen genährte hatte, sehr wohl erkannte.
Die Kulturen des Ostens legen sehr großen Wert Wert auf Rituale, auf das Sakrale und auf Respekt.
Da haben Sie Recht. Die chinesische Kultur und Tradition, die auf der konfuzianischen Lehre beruhren , räumen Ritualen und dem Respekt gegenüber älteren Menschen einen hohen Stellenwert ein, aber mit der Kulturrevolution, die China zwischen 1966 und 1976 erschütterte, wurde die Welt der traditionellen chinesischen Werte fast völlig zerstört.
Gibt es unter den chinesischen Katholiken Widerstand gegen die Liturgiereform von 1970?
Ich weiß nicht, ob es in China einen regelrechten Widerstand gegen die liturgischen Neuerungen gibt, da sich die meisten Chinesen der Veränderung nicht bewußt sind, aber wenn ich in China bin, bitten mich die alten Leute immer, die traditionelle Messe zu feiern. Sie verspüren einen echten spirituelles Mangel im Vergleich der heutigen Form gegenüber dem, was sie von früher her kennen. Aber auch viele junge Menschen, die heute in einer sinnentleerten Welt leben, verspüren diesen Mangel, auch wenn sie die Liturgie, wie sie früher gefeiert wurde, gar nicht selbst erlebt haben.
Besteht also unter den chinesischen Katholiken eine echte Nachfrage nach der traditionellen Liturgie?
Ja, und eben nicht nur bei älteren Leuten, sondern auch bei vielen jungen Menschen, die micht um die Zelebration bitten. Hinter diesem Wunsch steht teilweise sicher auch eine Art Nostalgie nach früheren Zeiten, aber ich sehe darin vor allem um den Ausdruck des Wunsches, im vollen Einklang mit dem katholischen Glauben beten zu können.
Glauben Sie, daß die überlieferte Messe heute noch eine Bedeutung für die Zukunft hat?
Davon bin ich überzeugt. Und das nicht nur wegen ihrer äußerlichen Schönheit, sondern wegen der Übereinstimmung von lex orandi – lex credendi. Die überlieferte Liturgie offenbart die ganze Fülle der katholischen Lehre, und sie ist eine starke Kraft im Kampf gegen die Häresien des Neo-Luthertums und des Neo-Modernismus, mit denen wir zu kämpfen haben. Und auf der anderen Seite besteht auf der Seite der Gläubigen eine allzu berechtigtes Verlangen nach Heiligung für sich und die ganze Welt. Als Hirten sind wir dazu verpflichteten, durch die Sakramente zur Ausspendung der Gnaden beizutragen.
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Weitere Links zum Thema:
The Traditional Latin Mass Is For The Asians Too
China, politics, faith, and the liturgical village- Cardinal Joseph Zen in context