Zum 3. Adventssonntag
16. Dezember 2023
Am 15. 7. 1929 empfing Ildefons Schuster von Pius IX. die Bischofsweihe
Das Kapitel zum 3. Adventsontag in Ildefons Schusters „Liber Sacramentorum“ beginnt mit einer ausführlichen Schilderung der reichen liturgischen Zeremonien dieses Tages am mittelalterlichen päpstlichen Hof. Hier leicht gekürzt:
Da man am 4. Adventsonntag wegen der vorausgegangenen großen Weihen „mense decembri“ keine Stationsfeier hielt, so wurde der heutige Sonntag mit ungewöhnlich reichen Zeremonien ausgestattet: Die Kirche wollte die Weihnachtsfreuden gleichsam vorausnehmen. Im Laufe der Woche waren die feierlichen Skrutinien (Prüfungen Bewerber) und Fasten, die den großen Weihen stets vorausgingen. Am heutigen Sonntage versammelten sich die Gläubigen am Grabe des Apostelfürsten, um sich seinem Schutz anzuvertrauen und um auch den „Pastor Ecclesiae“ an der Freude teilnehmen zu lassen, welche die Herde ob der nahen Ankunft Jesu erfüllte:“Prope es jam Dominus.“
In früherer Zeit wohnte der Papst der Vesper am Samstag in der vatikanischen Basilika bei und stimmte selbst die erste und die letzte Antiphon an, die ihm von einem Kanoniker vorgesungen wurde. (…) Das Kapitel von St. Peter hatte für die Abendmahlzeit und das Unterkommen der Kardinäle während des ersten Teiles der Nacht zu sorgen. (Der päpstliche Hof war damals im Lateran) Freilich dauerte der Schlaf nicht allzulange, da die Vigilien bereits nach Mitternacht begannen. Die nächtliche Feier gestaltete sich folgendermaßen: Zunächst inzensierte der Papst, dem Akolythen mit brennenden Kerzen vorangingen, die Altäre der hl. Leo I., Gregor I., Sebastian, Tiburtius, der Apostel Simon und Juda, des hl. Antlitzes, der seligsten Jungfrau und des Guten Hirten; dann stieg er zur Confessio des hl. Petrus in die Krypta hinunter und inzensierte in gleicher Weise das Grab des Apostels.
Hier geht es weiterHier fanden auch die ersten Vigilien statt, die aus drei Psalmen, ebenso vielen Lesungen aus der Heiligen Schrift, dem Hymnus Te Deum und der Schlußkollekte des Papstes bestanden. Nach den Vigilien „ad corpus“ begab sich der Papst und sein Gefolge in der gleichen Ordnung in die Oberkirche zurück und sangen vor dem Altare des Apostels die eigentliche Matutin, die jedoch keine Besonderheiten aufwies. Die Lektionen der ersten Nokturn sangen die Kanoniker von St. Peter, die 2 ersten der zweiten Nokturn Bischöfe, die 3. Lektio und die 1. der dritten Nokturn Kardinäle, die vorletzte der Erzpriester der vatikanischen Basilika und die letzte der Papst selbst. Gleich darauf folgte das Morgenoffizium – Laudes – , bei dem der Papst die Antiphon zum Benediktus anstimmte und zum Schluß die Kollekte betete.
In früheren Zeiten war die Stationsfeier, als unmittelbare Vorbereitung auf Weihnachten, von ungewöhnlichem Glanze umgeben. Im goldenen Zeitalter der Liturgie bereiteten die Zeiten vor Weihnachten und Ostern, die Vigilmessen und Stationsfeiern in den angesehensten Basiliken der Ewigen Stadt die Gläubigen auf die bevorstehenden Hochfeste vor und vermittelten ihnen die Gnade einer reichgesegneten Festfeier.
In der Messe stimmte der Papst den Lobgesang der Engel an (das Gloria hatte seinen ursprünglichen Ort an Weihnachten), den der Klerus zu Ende sang. Nach der Kollekte trugen die Cantores unter der Leitung von Kardinal-Diakonen, apostolischen Subdiakonen und Notaren die sogenannten „Laudes“ zu Ehren des Papstes, des Klerus und römischen Volkes vor. Heute (1927) sind diese Laudes nur noch bei der Papstkrönung gebräuchlich. Am Schlusse des hl. Opfers schmückten die Diakone den Papst mit der Tiara und begleiteten ihn zu Pferd nach dem Lateran zurück. Von diesen glänzenden Zeremonien ist nicht mehr viel übrig. – Freude ist ja wirklich auch nicht die Signatur der heutigen Gesellschaft. (…)
Soweit der sel. Ildefons zur mittelalterlichen Vigil des 3. Adventsonntags. Im weiteren kommentiert er dann der Reihe nach die Tagesgebete und -lesungen – wovon wir hier nur seine Gedanken zum Introitus „Gaudete“ wiedergeben wollen. Sie sind geeignet, dem heute oft etwas leichtfertigen Umgang mit der Aufforderung „Freuet euch“ einen verläßlichen Rahmen zu geben:
Der Introitus (Phil 4, 4 – 6) stimmt ganz zum Freudentage. Der Herr ist nahe: Diese Kunde läßt das Herz vor Freude aufjubeln. Freilich hat diese Freude nichts gemein mit der ausgelassenen Weltfreude; sie ist eine Frucht des inneren Friedens, der Lohn des Heiligen Geistes für die treue Erfüllung der göttlichen Gebote. Diese Treue, die gewissenhafte Erfüllung der Standespflichten, nennt der hl. Paulus „modestia“, gleichsam das rechte Maß aller Tugenden. Der innere Frieden kann durch die Leiden und Sorgen des täglichen Lebens getrübt werden. Der Apostel will aber, daß wir allen ungeordneten Kummer aus unserem Herzen verbannen. Flehen wir mit demütigem Vertrauen zu Gott und bringen wir unsere Anliegen zuversichtlich vor „den Vater der Erbarmungen und den Gott allen Trostes“. (2. Kor. 1, 3) Der Psalmvers zum Abschluß stammt aus Psalm 84, den die Juden nach der Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft sangen.
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