Vor einer Neuordnung von Priesterausbildung und Seminarwesen
07. Februar 2024
Seminaristen der Communauté St.Martin
Gegenwärtig findet in Rom die jährliche Hauptversammlung des Dikasteriums für den Gottesdienst und die Ordnung der Sakramente statt. Hauptthema ist die „Liturgische Bildung“ insbesondere des Klerus bzw. der Priesteramtskandidaten. Zentrale Orientierung sollen das in diesem Jahr 60 Jahre alt werdende Konzilsdokument „Sacrosanctum Concilium“ sowie der vor knapp zwei Jahren erschienene „Lettera Apostolica“ Desiderio Desideravi von Franziskus geben, dem die Organisatoren der Versammlung folgende Direktive entnehmen: Die Weigerung zur Annahme der Liturgiereform lenkt uns von der Verpflichtung ab, Antworten auf die aktuellen Probleme der Liturgie zu finden (Quelle). Was man wohl gut franziskanisch so verstehen muß, daß die Revolution der Liturgie sich nicht damit zufrieden geben kann, die Vorgaben der Liturgiereform Pauls VI. endlich voll umzusetzen, und sei es mit der Brechstange, sondern auch als permanente Revolution die ständige „Anpassung an Bedürfnisse des heutigen Menschen“ garantieren muss.
Gleichzeitig mit der Jahreshauptversammlung der Liturgieverwaltung fand ebenfalls in Rom ein Kongress über die Zukunft des Priesteramtes statt – „Welche Kirche wollen wir, welche Priester, welche Ausbildung“. Der Präfekt des Klerusdikasteriums Kardinal Lazarus You Heung-sik stufte die Veranstaltung mit über tausend Teilnehmern aus 60 Ländern als ein „vielleicht historisches Ereignis“ ein, bei dem es darum gehe „genau zu bestimmen, wo wir stehen, und welchen Weg wir für immer einschlagen sollten“. (Quelle)
„Für immer“ – drunter tun sie’s nicht im Zeitalter des so verhängnisvoll herrschenden gegenwärtigen Pontifex.
Inwieweit die beiden gleichzeitig stattfindenden Veranstaltungen zusammenhängen, ist unklar. Ob und welche Ergebnisse sie hervorbringen, wird man frühestens nach dem für den 8. Februar zu erwartenden Abschluß beider Sitzungen erfahren. Beobachter der römischen Szenerie machen darauf aufmerksam, daß Franziskus nicht nur in Desiderio Desideravi, sondern auch bei vielen anderen Gelegenheiten seine persönlichen Ansichten zum Priestertum und zur Priesterausbildung geäußert hat, die in vielem – wie beim meisten, was er von sich gibt – weit vom traditionellen Verständnis abweichen. Das mußten im vergangenen Jahr die spanischen Bischöfe erfahren, die in ihrem Land nicht nur eine große Zahl von Priesterseminaren – mit denen des „Neokatechumenalen Weges“ sind es über 40 – unterhalten, sondern dort auch zumindest der Zahl nach außerordentliche Ergebnisse erreichen: Bis zu diesem Jahr gab es in Spanien stets mehr als 1000 Seminaristen und mehr als 100 Priesterweihen jährlich. (Quelle)
Diese Zahlen wurden in Rom offenbar als höchst verdächtig wahrgenommen. Der Vatikan setzte 2022 eine Visitation an, und im November letzten Jahres beorderte Franziskus in einem durchaus ungewöhnlichen Schritt sämtliche spanischen Bischöfe nach Rom und forderte sie dazu auf, ihre Seminare an die „veränderten Zeitumstände“ anzupassen. Was er darunter im einzelnen versteht, blieb wie so oft bei Franziskus einigermaßen unklar. Deutlich wurde, daß er eine starke Zentralisierung bevorzugt – es soll in Spanien künftig nur noch einen nationalen Ausbildungsplan geben, dessen Umsetzung von einem für das ganze Land zuständigen Bischof überwacht wird. Auch die Kriterien für das Vorliegen einer Berufung sollen vereinheitlicht werden. Als besondere Vorbedingung dazu nannte Franziskus, die Priesterkandidaten müßten fähig sein, „Gemeinschaft zu schaffen“ und „geerdet“ sein. All seinen bisherigen Aussagen nach versteht er darunter weniger eine Fundierung in der apostolischen Lehre und Tradition der Kirche, sondern die Fähigkeit, sich ohne Anstoß zu erregen den jeweiligen Zeitgeistern anzupassen.
Besonders aufschlußreich in dieser Hinsicht ist das am 1. November letzten Jahres veröffentlichte Motu Proprio Ad theologiam promovendam, in dem der Papst von seiner „Akademie für die Theologie“ einen „umfassenden Paradigmenwechsel“ der Theologie verlangte und nicht davor zurückschreckte, eine theologische „Kulturrevolution“ auszurufen. Bis jetzt ist das alles noch im Stadium von Schlagworten, deren Interpretation und Umsetzung weitgehend ins Ermessen der vor Ort verantwortlichen Amtsträger gestellt ist. Römische Beobachter erwarten allerdings, daß daß diese Vorgaben in den kommenden Wochen systematisiert, ausformuliert und als rechtlich verbindliches Dokument veröffentlicht werden. Die gegenwärtige Hauptversammlung des Dikasteriums für den Gottesdienst könnte weiteren Aufschluß über die dahin gehenden Pläne geben.
Schon jetzt ist aber unübersehbar, daß „Modernisierung“ und „Zentralisierung“ Kernelemente der beabsichtigten Neuordnung der Priesterausbildung und des Seminarwesens darstellen sollen. Womit sich die spannende Frage stellt, ob und inwieweit sich die in Lehre und Disziplin der Tradition verpflichteten Seminare der „altrituellen“ Gemeinschaften der zu befürchtenden „Bergoglianisierung“ widersetzen können.
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