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Aus Anlaß des Festes des hl. Joseph am 1. Mai

2. Mai 2024

1 Liturgie allgemein

Die ungewöhnliche Darstellung zeigt Joseph auf einem Thron sitzend mit dem Kinde Jesus als Weltenherrscher auf dem Schoß und drumherum alle Stände der Kirche, die seinen Schutz erbitten.

Der hl. Joseph als Schutzherr der Kirche

Nach dem überlieferten Kalender war der 1. Mai der Festtag der hl. Apostel Philippus und Jakobus. Von diesen selbst weiß man neben dem wenigen, was dem neuen Testament zu entnehmen ist, freilich so gut wie nichts mit einiger Sicherheit. Der Termin geht wohl darauf zurück, daß an diesem Tag die von Papst Johannes III. (561 – 574) vollendete Apostelkirche in Rom eingeweiht worden war, die auch die Reliquien dieser beiden Heiligen beherbergte. Papst Pius XII. hat dann anderthalb Jahrtausende später den von den kirchenfeindlichen Parteien von rechts und links mit großem Aufwand als „Tag der Arbeit“ inszenierten 1. Mai zum Anlaß genommen, dem für dieses Datum eine Erinnerung an den hl. Joseph den Arbeiter entgegenzustellen. Das war ein Versuch zur Rückgewinnung verlorener gesellschaftlicher Breitenwirkung, dessen Sinnhaftigkeit in gar keine Weise bestritten werden soll. Viel Erfolg hatte er nicht, und inzwischen ist der Feiertag am 1. Mai – von China vielleicht abgesehen – zu einem bloßen sozialen Besitzstand geworden, dessen Herkunft und Deutung nur noch für Minderheiten von Interesse ist.

Immerhin verdankt die Kirche dem von Papst Pius verfügten Eingriff in den Festkalender ein neugeschaffenes Messformular, das die im Proprium zum Festtag des hl. Joseph, des Bräutigams Mariens, am 19 März gelegentlich als irritierend empfundenen allegorische Vermischung von Josef von Nazareth mit Joseph dem Sohn Abrahams vermeidet. Statt dessen zitiert das Tagesevangelium mit Mt 13, 54 -58, eine Passage, die sich nicht nur ganz eindeutig auf Joseph den Nährvater Jesu bezieht, sondern auch Jesu familiären Hintergrund ausleuchtet. Was freilich dann durch die Erwähnung der als „Brüder und Schwestern“ bezeichneten Vettern und Kusinen des Herrn zu anderen Mißverständlichkeiten führen kann.

Vielleicht ist das der Grund dafür, daß die Webseite des „Schott Online“ den Besucher an diesem 1. Mai zunächst auf die Tagesmesse vom Mittwoch der 5. Woche im Osterkreis führt und erst auf Nachfrage in der Randspalte zum hl. Joseph (ohne Arbeiter!) als Tagesheiligen weiterleitet. Allerdings war das neugeschaffene Fest mit der REform von ’69 bereits im Rang reduziert (3. Klasse?) worden. Jedenfalls findet man dort dann auch das genannte Evangelium aus Matthäus, das den eigentlichen Anlaß dieses Artikels darstellt. Und zwar nicht wegen eines längst langweilig gewordenen Versuches zum korrekten Verständnis der dort erwähnten „Brüder und Schwestern“ des Herrn, sondern wegen des letzten Satzes der Perikope, in dem über die Heimatstadt Jesu ausgesagt wird: „Und wegen ihres Unglaubens tat Er dort nur wenige Wunder.“

Es drängt sich auf, diesen Satz auf Ort und Zeit – westliche Industriegesellschaften des 21. Jahrhunderts – der Gegenwart anzuwenden, wo der Glaube nicht nur in der Gesellschaft allgemein, sondern auch in der Kirche auf kümmerliche Restbeständen geschwunden ist und die Menschen nicht mehr fähig sind, die immer noch gewährten Wunder – wie etwa, daß die Sonne jeden Tag neu aufgeht oder der rundum grassierenden gottlosen Wahnsinn immer noch kein Ende in einem verheerenden Nuklearkrieg gesetzt hat – überhaupt wahrznehmen, geschweige denn als Wunder zu begreifen.

In vielen Köpfen spukt – auch und gerade bei den Ungläubigen – die Vorstellung herum daß alles, was nicht sogleich durch irgendeine unwiderstehliche Kraft – Sachzwang, Schicksal, Karma, Vorrr(!)sehung – annulliert wird, erlaubt oder zumindest einen Versuch wert sei. Möglicherweise gründet diese Haltung auf einer letztlich bis in das Alte Testament zurückgehende Vorstellung, wonach das, was unerlaubt ist, sofort durch höhere Macht abgestraft wird – die gotteslästerliche Rotte Korah wird von der Erde verschlungen; der (im Prinzip zumindest) gottesfürchtige Usa, der trotz Verbotes die Bundeslade berührt, wird auf der Stelle vom Schlag getroffen, und König David büßt für den Ehebruch mit Bethseba mit dem Tod des gemeinsamen Söhnchens.

Da erscheint alles klar und durchsichtig – und wo nicht unmittelbar eine Strafe oder Katastrophe dem ein Ende setzt, war zuvor ja wohl alles gültig, erlaubt und legitim. Diese sehr schlichte Moralvorstellung, wonach die Strafe der bösen Tat auf dem Fuß folgt und jede Duldung von fragwürdigem Verhalten dessen nachträgliche „Absegnung“ bedeutet, wird freilich schon im alten Testament relativiert – etwa wenn es in Psalm 80 (Vulgata) heißt: „Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen / und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.“ Die daraus hervorgehenden Folgen waren fürchterlich – auch wenn sie keiner einzelnen Übeltat und keinem bestimmten Übeltäter zugeordnet werden konnten. Eine schlimmere Strafe, als die Menschen sich selbst und den verkehrten Vorstellungen ihrer gefallenen Natur zu überlassen, ist kaum vorstellbar. Die Folge des Blitzschlags gegen die zum Götzendienst abgefallenen Juden waren leicht zu erkennen – die Verheerungen der „verstockten Herzen“ bleiben vielleicht unerkannt, bis es zu spät ist.

Der Schlusatz aus der Perikope des Evangeliums zum 1. Mai drückt den in Psalm 80 angesprochenen Wirkungszusammenhang – wie das öfter im Neuen Testament der Fall ist – aus einer anderen, wenn man so will; „positiveren“, Perspektive aus. Er spricht nicht von Verstocktheit und den Folgen eigenen (Fehl-)Handelns – aber wo der Glaube fehlt, wirkt der Herr auch keine oder nur die überlebensnotwendigsten (Stichwort Sonnenaufgang) Wunder. Er entzieht dem Tun der Menschen seinen Segen.

So hat die von Pius XII als Reaktion auf eine aktuelle Zeiterscheinung vorgenommene Ergänzung des Festkalenders eine – sonst übrigens in der überlieferten Liturgie nicht berücksichtigte – Perikope in die Tagesmesse gehoben, die zwar mit dem eigentlichen Festgedanken wenig zu tun hat, dafür andere Erscheinungen der Gegenwart umso treffender vor Augen stellt.

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