Kritische Überlegungen anläßlich des Festes Christi Himmelfahrt
9. Mai 2024
Aufstieg des siegreichen Erlösers zum Vater
Das Fest Christi Himmelfahrt gehört zu den ältesten Festen der Kirche - seine belegten Ursprünge reichen bis ins 4. Jahrhundert zurück. In der deutschen Gesellschaft und nicht nur hierzulande ist es inzwischen zum „sozialen Besitzstand“ und Anlaß von Herrentouren herabgesunken. Für die Kirche sollte das nicht nur einen Anstoß zum kritischen Nachdenken über ihre fast auf Null herabgesunkene Ausstrahlung auf die Gesellschaft bieten, sondern auch darüber, welchen Anteil die viele Glaubensinhalte verwässernde Liturgiereform an dieser Entwicklung hat.
Daß es jeden Grund für solche kritischen Überlegungen gibt, scheinen die Verantwortlichen für die „Öffentlichkeitsarbeit“ der Institution selbst zu spüren. Aber die schlechten Ergebnisse einer Umfrage zum Verständnis für das Fest in der Bevölkerung scheinen niemanden zu beeindrucken.
Doch zurück zu unserem Ansatz. Der Schott in der Ausgabe von 1963 steht ausweislich seines Vorworts bereits in der „Erwartung der kommenden Generalreform“. Um diese abzuwarten, hatten die Herausgeber den Fundus der Überlieferung ein letztes Mal unangetastet gelassen. Ihre erklärende Einführung zum Fest Christi Himmelfahrt beginnt so immer noch mit den bereits in früheren Ausgaben enthaltenen Sätzen:
Die Himmelfahrt des Heilandes ist die Krönung und Vollendung seines gottmenschlichen Lebens auf Erden. Unter den Siegesgesängen der vereinigten Himmelschöre öffnen sich für ihn die Tore des Himmels; mit seiner verklärten Menschheit, begleitet von den Erstlingen der Erlösung: den Vätern aus der Vorhölle, tritt Jesus als König ein in die blendende Gottesherrlichkeit.
Keine drei Jahre später in der Ausgabe von 1966, das Imprimatur ist vom Dezember 1965, sieht das schon ganz anders aus. Der Einleitungstext setzt gleich am Anfang den neuen Ton mit der Aussage: „ Legendäre Überlieferungen von Menschen, die den Himmel erstiegen haben sollen, sind uns aus der altorientalischen Welt bekannt.“ Erst später nähern sich die Verfasser wieder ein Stück der überlieferten Lehre an und sprechen sogar von der „Tatsache der Himmelfahrt“, die in den Lesungen verkündet werde.
Dieses Schwanken zwischen rationalistischem Drang zur „Entmythologisierung“ und einem mehr oder weniger formalen Festhalten am Glaubensgut kennzeichnet seitdem die Situation. Vor einigen Jahren sehr repräsentativ ausgedrückt im Kommentar zum Tage von Thomas Jansen, zeitweilig „Chef vom Dienst“ bei katholisch.de, später wieder zurück als Redakteur bei der FAZ, wo er sich seitdem als engagierter Mitläufer auf dem synodalen Weg an kirchenpolitischen Themen abarbeitet.
Jansens Ausgangspunkt ist die Konstatierung eines angeblichen sensus fidelium in der Frage: „Ist Jesus nicht schon Ostern auferstanden und seither im Himmel? Wofür braucht es dann noch eine eigene Himmelfahrt?“. Kern der Antwort: „Das Fest erinnert nicht an ein historisches Ereignis aus dem Leben Jesu. Es geht nicht darum, dass er in die Wolken abhebt. Die Himmelfahrt illustriert vielmehr eine theologische Aussage: Jesus hat Teil an der Herrschaft Gottes und ist ihm so nahe wie kein anderer.“
Der Rest, den man, falls es interessiert, dort nachlesen kann, ist ein Musterbeispiel moderner Exegetik, die die Glaubensinhalte solange auf das, was „dem modernen Menschen verständlich“ ist, herunterbricht – bis es diesen nicht mehr bewegt.
Mit heruntergebrochen oder besser gesagt gänzlich abgebrochen wird in diesem Zusammenhang auch die Aussage der Evangelien, nach denen Christus tatsächlich körperlich (das Grab war leer) wie ein Mensch von von den Toten auferstanden ist, in dieser Form eine Zeit lang mit seinen Jüngern gelebt, mit ihnen gesprochen und gegessen hat und sich sogar berühren ließ – andererseits den Gesetzen der Menschenwelt nicht nehr unterworfen war, wenn er gleichzeitig in Jerusalem und auf dem Weg nach Emaus anzutreffen war und durch verschlossene Türen trat. Mysterium fidei – und vor nichts hat die modene Welt einen größeren Abscheu als vor dem, was sie mit ihren Mitteln nicht verstehen und erklären kann.
Bei Jansen wird dieses Unverständnids und diese Ablehnung überaus deutlich sichtbar. In verständlicherweise abgeschwächter Form ist es aber auch im Text der Messe des Novus Ordo zum Feiertag wahrnehmbar. Zumindest dier deutsche Version der Messtexte zeigt die Tendenz, die göttliche Natur Christi herunterzuspielen und letztlich einer Art Oberhoheit des Vaters unterzuordnen. Arius läßt grüßen.
In diesem Jahr 2024 hat das Fest für haeretisch.de noch einmal einen weitaus geringeren Stellenwert als vor wenigen Jahren zur Zeit Jansens. Die Redaktion pflegt in erster Linie ihre kirchenpolitischen Kampfaufträge. Man muß auf der Eingangsseite schon tief nach unten scrollen, um zu einem theologische und apologetisch äußerst anspruchslosen Artikel zum Tage zu kommen, der getrost das durchaus problematische Tagesgebet des Novus Ordo ins Zentrum stellt:
Allmächtiger, ewiger Gott,
erfülle uns mit Freude und Dankbarkeit,
denn in der Himmelfahrt deines Sohnes
hast du den Menschen erhöht.
Schenke uns das feste Vertrauen,
dass auch wir zu der Herrlichkeit gerufen sind,
in die Christus uns vorausgegangen ist,
Nein, direkt „falsch“ ist das nicht. Aber es sagt auch wenig aus von dem, was in der Hauptsache zu diesem Fest zu sagen wäre – und was die Kirche seit den frühesten Anfängen auch gesagt hat.
Warum ds den vielzitierten „modernen Menschen“ in irgendeiner Weise interessieren sollte, ist schwer zu erkennen. Dann doch lieber mit dem Bollerwagen zum Herrentag.
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