Summorum Pontificum.de

Nach Chartres: Die Verderber der Liturgie
in Rom sind beunruhigt

28. Mai 2024

Kommentar und Kategorisierung

Gruppen französischer Pfadfinder und Pfadfinderinnen mit ihren traditionellen Fahnen

Solche Bilder sieht man in Rom gar nicht gerne

Die Berichte, Bilder und vor allem die Videos vom feier­lichen Pontifikalamt zum Abschluß der Wallfahrt Paris-Chartres sind in Rom gar nicht gut angekommen. Im Hause des Liturgie-Obmanns Arthur Roche, um den es in letzter Zeit etwas ruhiger geworden war, und im Umfeld von Andrea Grillo, dem Gralshüter von Liturgie-Umstürzler Bugnini, herrscht – wenn man den aus Rom an unser Ohr dringenden Geräuschen trauen darf – große Aufregung. Dort scheint man sehr wohl erkannt zu haben, daß dieses Hochamt und die ganze Wallfahrt, wenn auch in erster Linie dem Gebet und dem Gottesdienst gewidmet, doch eben auch demonstrativen Charakter haben: Wir sind da, wir sind viele, und wir lassen uns nicht unterdrücken. Nicht Markt der Möglichkeiten und chronische Dialogitis, sondern „acies ordinata“ – „geordnete Heerschar“.

Die Empfänger der Botschaft reagieren darauf, wie sie schon immer darauf reagiert haben: Wenn die bisherige Unterdrückung nicht geholfen hat, muß man eben mit noch mehr Unterdrückung und Zwang nachhelfen. Als erstes – so heißt es – soll daher Bischöfen und insbesondere den Kardinälen jede Feier und jeder Auftritt im Rahmen der überlieferten Liturgie untersagt werden. Vielleicht auch den nicht einer der Ex-Ecclesia-Dei angehörenden Priestern insgesamt. Das würde, so scheint man zu spekulieren, die Attraktivität von Veranstaltungen wie Paris-Chartres erheblich verringern.

Das dürfte sich freilich als Mißverständnis erweisen. Natürlich ist das Erlebnis eines feierlichen Gottesdienstes in der überlieferten Form mit all den Zeremonien und Schaustücken der Tradition auch eine Attraktion – aber das würde sich ganz ähnlich ebenso für einen „Feldgottesdienst“ herstellen lassen, der nach einem denkbaren Verbot des Zugangs zu Kathedralen in einem Fußballstadion oder auf einem stillgelegten Flugplatz stattfinden müßte. Ein bischöflicher Zelebrant mit großem Altardienst ist, wenn man so sagen darf, für die Teilnehmer an der Abschlußmesse eine schöne Zugabe und für die Antiliturgen in Rom eine ärgerliche Provokation – dem Wesen der Sache kann er nichts hinzufügen. Der „Feldgottesdienst“ hat seine eigenen ästhetischen Formen hervorgebracht. Und die könnten das Bewußtsein der Teilnehmer, daß sie als Kämpfer für eine gute und gerechte Sache und gegen eine ungerechte Obrigkeit einstehen, sogar noch verstärken.

Wenn die römischen Verderber von Liturgie und Lehre die immer deutlicher hervor­tre­tenden Spaltungen in der Kirche weiter vorantreiben wollen, wird man sie, solange Franziskus ihnen den Rücken stärkt, daran nicht hindern können. Man kann sie besten­falls ins Leere laufen lassen. Ob ein in nicht allzu ferner Zeit das Amt übernehmender Nachfolger diesen verderblichen Konfrontationskurs fortsetzen wird, ist alles andere als sicher. Die „Erfolgsbilanz“ der Modernisten an der Macht, die ihre äußerst zweifelhafte Interpretation des zweiten Vatikanums und der ganzen kirchlichen Tradition dem Volk Gottes mit allen Mitteln aufzuzwingen versuchen, ist ja in keiner Hinsicht überzeugend.

Wie es heißt, werden in Rom derzeit auch wieder weitere Maßnahmen ventiliert, um die Feier der überlieferten Liturgie zu erschweren und einen Keil zwischen die sich dem Gehorsam verpflichtet sehenden Priester der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften und die traditionstreuen Gläubigen zu treiben. Einiges davon ist bereits in Traditionis Custodes bzw. Den „Responsa ad Dubia“ vorformuliert – etwa das Verbot des Vortrags von Lesungen auf Latein und die Einschränkung zum Empfang der Sakramente von Taufe und Firmung nach der alten Form.

Traditionis Custodes und die nachfolgenden Dokumente und Erlasse lassen an mehreren Stellen erkennen, daß die Verfasser TC nur als eine Art Übergangsregelung betrachtet haben, die die störrischerweise noch der überlieferten Liturgie anhängenden Katholiken auf den rechten Weg des Novus Ordo zurückbringen sollte. Und das kurzfristig: Sonder­genehmigungen für die Weiternutzung von Pfarrkirchen für den Alten Ritus wurden prinzipiell auf zwei Jahre begrenzt und soweit wir wissen in keinem Fall verlängert, und dazu wurde ausdrücklich gesagt, daß katechetische Veranstaltungen angeboten werden sollten, um die Gläubigen zum Überwechseln zu ermutigen. Das generelle Verbot für Neupriester zur Zelebration der überlieferten Liturgie deutet in die gleiche Richtung: Da soll nichts mehr nachwachsen. Selbst in dem der Petrusbruderschaft allergnädigst gewährten Privileg, die Liturgie ihres Gründungscharismas weiter feiern zu dürfen (Dekret vom 11. Februar 2022) ist die Aufforderung enthalten, „eifrig über das in Traditionis Custodes Bestimmte“ nachzudenken. Anzeichen in dieser Richtung sind bisher nicht sichtbar geworden. Stattdessen haben auch die anderen Ex-Ecclesia-Dei Gemeinschaften entsprechend dem Prinzip kanonischer Analogie die im Dekret ausgesprochenen Erlaubnisse auch auf sich bezogen und praktisch umgesetzt – sehr zum Ärger der Anreger und Autoren von TC.

Nun nähern wir uns also dem 3. Jahrestag des Anti-Summorum-Pontificum-Erlasses TC (am 18. Juli) – und keine der Erwartungen der Grillo, Roche und wer sonst noch dazu gehört ist in Erfüllung gegangen. Vieles bewegt sich eher in entgegengesetzte Richtung – kein Wunder bei der in Dokumenten wie Fiducia Supplicans oder Dignitas Infinita immer deutlicher zu Tage tretenden Erosion katholischer Grundsätze im Machtbereich des Novus Ordo. Wenn die Liturgieverderber jetzt nachlegen, muß das niemanden überraschen.

Die Feinde der Tradition können dazu auf in reichhaltiges Instrumentarium zurückgrei­fen. Wie wäre es z.B. mit der obligatorischen Einführung von dem, was die Amerikaner mit sprachlichem Witz „female altar-boys“ nennen? Oder vielleicht ja auch eines unschönen Tages Diakoninnen? Aber bis dahin ist es wohl noch ein weiter Weg. Näher läge da schon ein Eingriff in die Texte der überlieferten Liturgie – wofür sowohl Papst Johannes XXIII. mit der Einfügung des hl. Joseph in den römischen Kanon als auch Papst Benedikt mit der von ihm auf Druck der „Weltmeinung“ verfügten Änderung der Karfreitagsfürbitte unschöne Präzedenzen geliefert haben.

Diese Änderungen waren hinnehmbar, weil beide Päpste – wenn auch nicht vor jedem Irrtum gefeite – glaubenstreue Männer waren, die mit diesen Eingriffen nichts in die Liturgie eingeführt haben, was dem Glauben widerspräche. Bei den heutigen Macht­habern muß man – zumal die Texte des Novus Ordo dafür genug üble Beispiele bieten – davon ausgehen, daß sie ganz bewußt die Möglichkeit nutzen, hier einige von Michael Davies so beschriebene „Zeitbomben“ zu platzieren. Sie sollen die Gläubigen dann zur Flucht aus dem römischen Machtbereich veranlassen. Unwahrscheinliche und daher unzulässige Spekulation? Das ist vielleicht die übelste Folge dieses gescheiterten Pontifikats: Derzeit regieren in Rom Männer, denen alles zuzutrauen ist.

Aber mit den von dort zu befürchtenden Einfällen setzen wir uns am besten dann auseinander, wenn und falls sie auf den Tisch des Hauses kommt. Die qualvolle Wanderschaft Israels durch die Wüste dauerte 40 Jahre. Wir sind schon seit über 50 Jahren im Ödland unterwegs. Aber wahrscheinlich sind auch unsere Sünden größer als die der Juden, die sich „nur“ dazu verleiten ließen, wie alle ihre Nachbarn auch ein goldenes Rindvieh anzubeten.

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