Summorum Pontificum.de

Was braut sich da wieder in Rom zusammen?

18. Juni 2024

4 - Gemeinden und Gemeinschaften

Franziskus, auf einer Abrißbirne mit den Zügen von Fernandez sitzend, zertrümmert den Bau der Kirche.

Und immer wieder: Das Duo des Schreckens

Gestern schreckte eine Mitteilung von Rorate Caeli die Anhänger der Tradition in Lehre und Liturgie auf, die von römischen Gerüchten über ein vatikanische Dokument berichtete, das der überlieferten Liturgie „eine brutale End­lösung“ bereiten sollte. Überraschen kann das uns nicht, denn von einem derartigen Vernichtungsschlag ist in Rom immer wieder zu hören, und auch hier war – zum letzten Mal am 28. Mai – immer wieder von entsprechenden Plänen die Rede.

Das Problem mit „römischen Gerüchten“ im Pontifikat des Despoten aus der Pampa ist, daß der Mann absichtsvoll alle regulären Strukturen und Abläufe der Kurienarbeit zerstört hat, so daß auch die gerne zitierten „gut informierten Kreise“ nicht mehr wissen, was tatsächlich vor sich geht. Es kommt also immer wieder vor, daß eine eigentlich zuständige Behörde – im konkreten Fall wäre das das Liturgie-Dikasterium – im Auftrag des Papstes eine Vorlage erarbeitet, während gleichzeitig im Küchenkabinett des Papstes an ganz anderen Plänen gewerkelt wird – und drittens einflußreiche Günstlingen und Hofschranzen beim Mittagessen mit seiner Heiligkeit bemüht sind, ihm ihre je eigenen und oft konkurrierenden oder widersprüchlichen Pläne schmackhaft zu machen. Was in diesem Chaos der Willkürlichkeit schließlich als „Gesetz des Papstes“ verkündet wird, ist selbst für die unmittelbaren Beteiligten nicht absehbar und wird letztlich alle überraschen – sehr zum Vergnügen des Pontifex, dem „Unkalkulierbarkeit“ als eine der höchsten Regierungstugenden erscheint. Machiavelli läßt grüßen – und die „gewöhnlich gut informierten Kreise“ gucken wieder einmal in die Röhre.

Halten wir dennoch Ausschau nach einigen Fixpunkten oder Landmarken, die eine zumindest ungefähre Orientierung im unübersichtlichen Gelände Roms von 2024 ermöglichen könnten. Da ist zum einen eine kalendermäßige Marke: In vier Wochen – genauer am 16. Juni – ist es drei Jahre her, (hier geht es zu unseren Beiträgen von damals) daß die Feinde der alten Liturgie und der überlieferten Lehre und des apostolischen Glaubens insgesamt mit dem Motu Proprio T(raditionis) C(ustodes)einen wie sie hofften entscheidenden Schlag gegen die Anhänger der Tradition ins Werk setzten: Das von Liturgiepräfekt Roche und dem päpstlichen Hof-Astrologen Grillo inspirierte Motu Proprio hob das seinerzeit von Papst Benedikt erlassene Dokument des Liturgischen Friedens „Summorum-Pontificum“ wieder auf und verkehrte es teilweise in sein Gegenteil: Die traditionelle Liturgie wurde als „ungeeignet“ zum Ausdruck der auf dem vergangenen Konzil angeblich beschlossenen neuen „lex credendi“ bezeichnet, und es wurde eine Reihe von Vorschriften erlassen, die sicherstellen sollten, daß die überlieferte Liturgie innerhalb kurzer Zeit aus dem öffentlichen Leben der Kirche verschwinden oder letztlich ganz „abgeschafft“ werden sollte.

Einige Indizien (z.B. die Ende 2021 bekannt gewordene Beschränkung von Dispensen auf maximal zwei Jahre) deuten darauf hin, daß die Köpfe hinter TC sich Hoffnungen gemacht hatten, die Anhänger der Tradition im Lauf von 2024 wieder „heim ins Reich“ holen – oder die ganz und gar unverbesserlichen aus der Kirchengemeinschaft herausdrängen zu können. Wie allgemein bekannt, haben sich solche Hoffnungen in gar keine Weise erfüllt – nicht zuletzt deshalb nicht, weil sehr viele Diözesanbischöfe es an Enthusiasmus bei der Umsetzung ihres Auftrags fehlen ließen und von der Römischen Hauptverwaltung quasi einzeln zum Jagen getragen werden mußten. Dann jenes merkwürdige Edikt vom 11. Februar 2022, mit dem Papst Franziskus die Petrusbruderschaft anscheinend von den einschneidendsten Restriktionen von TC freistellte. Nicht ohne ihr gleichzeitig den Auftrag zu erteilen, auch ihrerseits zur Verwirklichung der Ziele seines Motu Proprio beizutragen – auf welche Weise auch immer. Wie weit dieser außergesetzliche Gnadenerweis des Papstes tragen kann, wird sich vielleicht schon bald erweisen.

Eine unumstößliche Tatsache ist es jedenfalls, daß die Gegner der Tradition mit dem, was sie in den drei Jahren seit dem Erlaß von TC erreichen konnten, ganz und gar nicht zufrieden sein können und auch nicht sind. Selbst in Deutschland, wo der Episkopat Franziskus immer wieder mit modernistischen Einfällen überholt, haben die Bischöfe anderes und hoffentlich besseres zu tun, als sich im Streit um die „Alte Messe“ aufzureiben. Auch der in vielem ganz und gar nicht trasditionstreue Trierer Bischof Ackermann hat im vergangenen November Regelungen für die Feier der überlieferten Liturgie in seinem Amtsbereich erlassen, die praktisch den Status quo bestätigen und deshalb in Rom beträchtlichen Unwillen hervorgerufen haben. Tatsächlich spricht alles dafür, daß die Gemeinden und Gemeinschaften des alten Ritus gut gedeihen und vor allem keinen Mangel an Berufungen kennen, während vor allem in Mitteleuropa die herkömmliche Kirchenstruktur zumindest personell vor dem Zusammenbruch steht – und wie lange sie ihrer Kirchensteuereinnahmen noch sicher sein kann, weiß wegen der steigenden Zahl von Kirchenaustritten junger Leute auch niemand.

Daß unter diesen Umständen der triumphale Verlauf der Wallfahrt der Tradition von Paris nach Chartres, die steigenden Besucherzahlen an den Meßorten der alten Liturgie ebenso wie die Zahl der Seminaristen und die in Nordamerika ungebrochene Tendenz, daß auch ganz gewöhnliche Mitglieder von Novus-Ordo-Gemeinden sich für die Tradition interessieren, hat dem Vernehmen nach im Umfeld von Roche und Grillo die Entschlossenheit gestärkt, der für sie unerträglichen Entwicklung ein für allemal ein Ende zu bereiten. Wie weit sie dazu zu gehen bereit sind, hat Andrea Grillo gerade in dieser Tage in einem Interview mit Messa in Latino (hier auf Deutsch) in aller wünschenswerten Deutlichkeit ausgeführt: Die Drohung mit einem kompletten Verbot des alten Ritus, strikter Maßregelung oder gar Auflösung der altrituellen Gemeinschaften und Kirchenausschluß von Widespenstigen steht hier nun ebenso im Raum wie im schisma-bedrohten indischen Kerala.

Bereits in den Wochen vor dem Erlaß von Traditionis Custodes im Jahr 2021 hatten römische Gerüchte eine Reihe von Folterinstrumenten beschrieben, mit denen die Feinde der Tradition den Gemeinden und Gemeinschaften des alten Ritus und des unverkürzten Katechismus zusetzen können: Wir hatten damals von einer Art „Zweistufenplan“ gehört, dessen erste Stufe dann tatsächlich mit TC wie befürchtet und erwartet umgesetzt wurde. Als zweite Stufe erwarteten die damaligen Gerüchte eine für den Herbst angesetzte Reihe von Maßnahmen zur Disziplinierung der Gemeinschaften der Tradition. Die Rede war von einer gründlichen Visitation dieser Gemeinschaften und ihrer Seminare, die erwartungsgemäß zahlreiche Mängel bei der Umsetzung der Beschlüsse des II. vatikanischen Konzils aufdecken würde. Anschließend sollten die Gemeinschaften und insbesondere die Seminare durch entsprechende personelle Maßnahmen (Einsetzung von Kommissaren?) auf Konzilslinie gebracht werden. Es wurde auch der Gedanke ventiliert, angeblich „unterbeschäftigte“ Priester der Gemeinschaften für die Gemeindeseelsorge heranzuziehen – Novus Ordo in der Landessprache und andere angebliche segensreiche Errungenschaften des Konzils inklusive. Und schon damals hieß es, daß Angehörige und Obere der Gemeinschaften, die sich einem solchen Regiment widersetzen würden, ebenso in Acht und Bann getan werden sollten, wie Jahre zuvor die widerspenstigen Brüder der Franziskaner der Immakulata.

Diese und andere gerüchtete Maßnahmen einer „zweiten Stufe“ wurden im Herbst/Winter 2021 oder später nicht umgesetzt – aus welchen Gründen auch immer. Franziskus ist ein Meister der Salamitaktik – er schneidet immer nur soviel ab, wie seine Opfer gerade noch ertragen zu können glauben. Es ist jedoch gut möglich, daß die damaligen Befürworter solcher Maßnahmen, die seinerzeit nicht zum Zuge gekommen waren, die alten Pläne jetzt wieder aus der Schublade geholt haben und angesichts des klar vor aller Augen stehenden Mißerfolgs der ersten Stufe einen neuen Versuch zu deren Umsetzung gestartet haben. Ob sie dazu realistische Chancen haben, ist bei der völligen Intransparenz der vatikanischen Entscheidungsprozesse von hier aus nicht feststellbar. Wir werden das soeben bekannt gewordene Interview mit Andrea Grillo aufmerksam analysieren, um daraus möglicherweise weitere Einsichten abzuleiten. Darüberhinaus bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu beten.

Aber gleichgültig, was die modernistischen Machthaber auch unternehmen: Es wird ihnen nicht gelingen, die wahre Tradition aus dem Leben und dem Bewußtsein der Kirche herauszudrängen. Die vergangenen drei Jahre haben überdeutlich gemacht, daß die ganzen Phrasen von den Modernisten als den eigentlichen Wahrern einer „lebendigen“ und „lebensfähigen“ Tradition nichts anderes sind als tote Phrasen. Die Zahl derjenige, die das erkennen, nimmt ständig zu — innerhalb der kirchlichen Strukturen, als auch, wenn es denn nicht anders geht, ganz oder teilweise außerhalb. Papst Franziskus hat mit seiner erratischen Verkündigung eines mehr im Persönlichen als in der Lehre Christi begründeten Evangeliums die Barrieren abgebaut, die es früher als undenkbar erschienen ließen, sich (dem äußeren Anschein nach) außerhalb dieser Strukturen zu stellen. Für Priester, die ihrem Bischof bei der Weihe ein besonderes Treueversprechen abgegeben haben, ist das immer noch eine schwere Gewissensfrage. Die Laien haben hier mehr Spielraum. Und sie haben auch dann Anspruch auf in der Ordnung und nicht auf Willkür begründete Seelsorge, wen der Papst sie mit einem Bannfluch belegt.

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