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Der Papst, der nicht päpstlich sein will.
Oder: Ist Franziskus gar Sedisvakantist?

24. Juni 2024

Von P. Joachim Heimerl

6 - Kirchenkrise

Das Photo zeigt Papst FRanziskus, der im Rollstuhl auf die Bühne geschoben wird, um seine Rede zu halten.

Papst Franziskus in Lissabon 2023

Zur Vermeidung von Mißverständnissen: Die Überschrift stammt nicht vom Autor, sondern zumindest in ihrem zweiten Teil von der Redaktion.

Gewöhnlich tragen Päpste keine schwarzen Hosen unter dem weißen Talar, und schwarze Schuhe tragen sie auch nicht. Sie wohnen nicht im vatikanischen Gästehaus und benutzen keine simplen Rollstühle. Egal, wie hinfällig ein Papst sein mag, er wahrt stets ein Maximum an Würde. Das ist er weniger sich selbst, als seinem hohen Amte schul­dig; Papst zu sein, heißt schließlich immer eine Rolle auszu­füllen, die größer ist als man selber; es heißt aber auch, dass man teilweise ein anderer wird. Die zahlreichen Titulaturen der Päpste deuten dies an, am meisten wohl jene, die sie als „Nachfolger des Apostelfürsten“ ausweisen oder als „Stellvertreter Jesu Christi“.

Letztlich ist nur der für das Papsttum geeignet, der bereit ist, hinter diesem Amt zurückzutreten; und aus diesem Grunde nehmen Päpste auch einen neuen Namen an.

Seit Franziskus haben wir uns dagegen an eine neue Form des Papsttums gewöhnt - oder eben nicht gewöhnt, und zwar an eine äußerst exzentrische: Franziskus ist keiner, der seine Rolle wie sein Kreuz annimmt, sondern er macht sich sein Amt autokratisch zu eigen, und das fatalerweise nach eigenem Gutdünken. Derlei haben zuletzt die Renais­sance-Päpste getan und der Kirche damit enorm geschadet, und Franziskus tut dies ebenso. Je länger er im Amt ist, umso quälender und peinlicher wird dies, und umso deutlicher treten die Brüche zwischen dem Amt und der Person hervor.

Im Grunde ist Franziskus immer nur Jorge Mario Bergoglio und obendrein ein Jesuit geblieben; das mag man in anderen Spitzenämtern irgendwie „authentisch“ finden, für das Papstamt ist es Gift. Ein Papst muss ein anderer werden, als er zuvor gewesen ist, und sei es, um der Stellvertreter des ganz Anderen zu sein. Nur so kann ein Papst wirklich authentisch sein. Ein Papst gehört eben nie sich selber, und zurecht dürfte man erwarten, dass „Franziskus“ nie nur „Jorge Mario Bergoglio“ ist. Sehr eindrucksvoll hat dies übri­gens der bescheidene Joseph Ratzinger vorgemacht, der sich weder nach dem Papstamt gesehnt noch versucht hat, sich dieses Amt anzupassen. - Gewiss, als Benedikt XVI. hat er wie jeder Papst eigene Akzente gesetzt, aber er hat eben nie das Sujet davon überschri­ten, was man gemeinhin von einem Papst erwartet, und deshalb hat er sich nie angebiedert oder lächerlich gemacht.

Bei Franziskus liegen die Dinge dagegen anders; er überschreitet das Papst-Sujet alle Tage und dies auf brachiale Weise: Erst kürzlich musste eine erschütterte Welt erfahren, dass er gewohnheitsmäßig zu üblen Schimpfwörtern neigt: „Schwuchteleien“ hat vor ihm noch kein Papst über die Lippen gebracht, und dies schon gar nicht öffentlich.

Dazu passt es, dass er als nachtragend und mitunter als rachsüchtig gilt; seine haarsträu­bende Günstlingswirtschaft oder auch sein Umgang mit Kritikern passt eher zu einem Renaissance-Fürsten als zum Nachfolger des Apostelfürsten. Kurz: Franziskus fehlen die Demut und auch die Kultiviertheit eines Papstes; er hat weder die vornehme Intellek­tuali­tät Benedikts XVI. noch das mystische Charisma Johannes Pauls II. oder die aristokratische Noblesse Pius' XII. - Wir sind geneigt zu sagen, er besitzt von alldem bestenfalls das Gegenteil und führt uns unentwegt die extravaganten Capricen eines Jorge Mario Bergoglio vor, der zwar die Machtfülle seines Amtes ausreizt, sich selbst aber hartnäckig weigert, endlich „päpstlich“ zu sein. Inzwischen bringt es Franziskus noch nicht einmal fertig, in der Heiligen Messe die vorgeschriebenen Gewänder zu tragen, und die einstmals „päpstlichen“ Liturgien sind auf ihrem Tiefpunkt angelangt.

Dass Franziskus mit dem Gedanken spielt, nun auch das Papsttum zu verändern, überrascht vor diesem Hintergrund kaum. Im Gegenteil: Ein solcher Schritt ist konsequent für einen Papst, der Lehre und Tradition der Kirche so selbstherrlich behandelt, als wären sie die Steinbrüche von Carrara.

Insofern lies es aufhorchen, als unlängst ein vatikanisches „Studiendokument“ erschien, dass sich mit dem Papst-Amt und dem ökumenischen Dialog befasst. Das klingt komplex, ist aber leicht durchschaubar: Letztlich geht es darum, das Papstamt herabzustufen, damit es irgendwie für alle passt, auch für jene, die weder „Kirche“ sind noch gültige Ämter haben: etwa Lutheraner und Anglikaner. Dass ein „Studiendokument“ kein „Lehrdokument“ ist, ist selbstverständlich klar. Aber dieses Dokument ist in Wahrheit ein Testballon und dank päpstlicher Billigung ein zuverlässiger Fingerzeig, wohin uns die letzte Wegstrecke dieses Pontifikates führen soll: Zur Auseinandersetzung mit dem Papst-Dogmen des Ersten Vatikanischen Konzils (1870), deren „Spielraum“ Franziskus mit einer „Relecture“ neu deuten, d.h. weitgehend beseitigen will.

Das Problem dabei ist, dass diese Dogmen glasklar formuliert sind, überhaupt keinen Spielraum bieten und obendrein mit dem Anathem verbunden sind, das heißt mit dem Bannfluch. Ein Downgrade des Papsttums ist deshalb nicht möglich, zumindest nicht, wenn die Kirche katholisch bleiben soll. Nur: ist sie das eigentlich noch, oder hat nicht ein Papst, der nicht päpstlich sein will, bereits zu einer letzten Erosion des Katholischen geführt?

Leider ist diese Frage schon heute mit „Ja“ zu beantworten: Das Bergoglio-Pontifikat ist ein einziger Krieg gegen die Kirche gewesen, der eine Schneise der Verwüstung hinter­lassen hat: Vom abstoßenden Kampf gegen die lateinische Messe und ihre Anhänger bis hin zur blasphemischen „Segnung“ von ehebrecherischen und homosexuellen Paaren blieb uns nichts erspart; längst hat das Wort die Runde gemacht, Franziskus habe aus der katholischen Kirche eine bergoglianische gemacht, und das trifft teilweise gewiss zu. Insofern bleibt lediglich abzuwarten, ob Franziskus nun den endgültigen Crash riskiert. Das könnte ein klarer Bruch mit den Papst-Dogmen sein oder - wie gerüchteweise in den letzten Tagen zu hören ist - ein radikales Verbot der lateinischen Messe. Auch dies wäre übrigens dank Pius V. mit dem Anathem bewehrt. Franziskus wird sich von derlei aber kaum abschrecken lassen: Ausgerechnet der Papst, der nicht päpstlich sein will, hält sich selbst für den Papst aller Päpste. Dass dies eine dramatische Fehleinschätzung ist, ist klar, und man weiß nur zu gut, dass ihr vorzugsweise all jene zuneigen, die selber eher eine Fehlbesetzung in ihrem Amte sind.

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