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Frontbericht: Neue Runden im Krieg
gegen die Tradition

26. Juni 2024

6 - Kirchenkrise

Photo von der Audien. Die Delegation des Instituts mit Msgr. Wach und Msgr. Rudolf Michael Schmitz in guter Stimmung dem Papst am Schreibtisch gegenüber.

ICRSS bei der Audienz vom 24. Juni 2024

Kann man von „Bericht von der Front“ sprechen, wo es um die aktuelle Ausei­nan­dersetzung um die überlieferte Liturgie der (nicht mehr) lateinischen Kirche geht? Wir fürchten: Ja! - und nach den unsäglichen Ausfäl­len des päpstlichen Hoftheologen Grillo zu urtei­len, kann man nicht nur von „Krieg“ sprechen, sondern muß es sogar.

Aber der Reihe nach zu den Nachrichten der letzten Tage. Da ist zunächst der Fall der „Missionare der göttlichen Barmherzigkeit“ – einer kleinen von dem (inzwischen entmachteten) Bischof Rey von Frejus-Toulon gegründeten Gemeinschaft diözesanen Rechts zur Pflege der überlieferten Liturgie. Wenn wir das, was über die hier bislang unbekannte Gemeinschaft zu erfahren ist, recht verstehen, hatte Bischof Dominique Rey diese Gemeinschaft vor Jahren gegründet und auch (zumindest im Ansatz) mit einem eigenen Seminar ausgestattet, um die Ausbildung von Diözesanpriestern im alten Ritus zu übernehmen. Auch wenn es wie eine Nachricht aus einer anderen Welt klingt: Bischof Rey strebte unter dem Pontifikat Benedikt XVI. für seine Diözese einen „liturgischen Frieden“ an, in dem es sowohl den Gläubigen als auch Priesteramtskandidaten frei stünde, sich für eine der „zwei Formen des römischen Ritus“ zu entscheiden oder auch in beiden die Messe mitzufeiern oder zu zelebrieren. Und genau das war es, was ihm nach der Abdankung Benedikts den Zorn und die Rache der neuen Machthaber zuzog. (s. dazu unseren Artikel von 2022)

In dieser Woche ist nun bekannt geworden, daß insgesamt fünf Seminaristen dieses Seminars bereits seit zwei Jahren darauf warten, die Diakonatsweihe zu empfangen – alle Versuche, die dazu erforderliche Genehmigung von Rom zu bekommen, waren erfolglos. Und wie der Obere der Gemeinschaft Jean-Raphaël Dubrule jetzt mitgeteilt hat, beruht die römische Verweigerung auf zwei Gründen: Der eine ist die Weigerung Roms, die Weihe nach den Büchern der überlieferten Liturgie zuzulassen, der andere, weil anscheinend keine Aussicht darauf besteht, daß die Weihekandidaten nach ihrer späteren Priesterweihe (sofern diese jemals erfolgen sollte) auch die Erlaubnis zur Zelebration in der überlieferten Liturgie erhalten.

Ein schwerer Schlag gegen Bischof Rey und seine Vision einer „versöhnten Verschieden­heit“ sowie gegen die Weihekandidaten. Sie sehen sich vor die Wahl gestellt, entweder einen Weg einzuschlagen den sie im Gewissen und nach der Vernunft als falsch betrachten – oder sich gegen den der Obrigkeit geschuldeten Gehorsam zu wenden. Der „spirituelle Mißbrauch“ des Gehorsams zur Durchsetzung machtpolitischer Ziele hält an.

Auf der anderen Seite scheint sich römischerseits eine gewisse Entspannung in der Situation des Ex-Ecclesia-Dei Instituts Christus König und Hoherpriester (ICRSS) abzuzeichnen, das in den vergangenen Wochen als bevorzugtes Objekt von erwarteten Unterdrückungsmaßnahmen genannt worden war. Am Montag den 24. empfing der Papst die Führungsspitze des Instituts in Privataudienz. Das anschließend auf der Website des Instituts veröffentlichte Kommunique klingt hoffnungsvoll:

Es begint ein Zitat

Die Audienz bot die Gelegenheit, dem Heiligen Vater für sein wunderschönes Apostolisches Schreiben „Totum amoris est“ zu danken, das dem Heiligen Franz von Sales, unserem Schutzpatron, gewidmet war. Anschließend stellte Monsignore Wach die pastorale Tätigkeit vor, die die Priester des Instituts weltweit im Dienste der Seelen leisten. Bei zwei Gelegenheiten bestand der Papst darauf, dass wir der Kirche weiterhin gemäß unserem eigenen Charisma im Geiste der Einheit und Gemeinschaft dienen, die die Harmonie und Ausgeglichenheit des salesianischen Geistes begünstigen.

Ist damit nach der Petrusbruderschaft jetzt auch das Institut Christus König zumindest für den Augenblick aus der unmittelbaren Gefahrenzone entkommen? Und wie passt die gegen die Seminaristen von Frejus geschwungene Peitsche zum Zuckerbrot, das die Leute vom ICRSS kosten durften?

Nun: In allen despotischen Regimes passen Zuckerbrot und Peitsche sehr gut zusammen: Sie nähren letztlich unerfüllt bleibende Hoffnungen, stärken die Bereitschaft und den Willen zur Unterwerfung und bewirken Spaltung, wo doch Einheit und gemeinschaftli­ches Vorgehen angebracht wäre.

Die immer sehr gut informierte Vaticanista Diane Montagne veröffentlicht heute auf The Remnant einen Artikel, der all das, was bisher an Aktionen und Gerüchten über die künftige Politik Roms zur Unterdrückung der liturgischen Tradition bekannt geworden ist, auf überzeugende Weise zusammenbindet.

Ausgangspunkt dabei ist Montagnes Feststellung, daß ein Dokument (oder mehrere) mit dieser Zielsetzung tatsächlich existiert und nach langjährigem Hin- und Her jetzt unterschriftsreif auf dem Schreibtisch des Papstes liegt. Bei der sehr ausführlichen und – da auf Fakten und detaillierte Einblicke gestützten – überaus glaubhaften Schilderung dieses kurialen Hin und Her bestätigt Montagne auch weitgehend die von uns vorgetragene Darstellung zu Entstehung und genereller Stoßrichtung dieses Dokuments, so daß wir uns an dieser Stelle ersparen können, das ausführlicher wiederzugeben. Wichtiger ist zunächst, was Montagne über den Inhalt der Maßnahmen zu sagen weiß.

Danach soll es künftig mit Ausnahme der Angehörigen der Ex-Ecclesia-Dei-(EED) Gemeinschaften allen Priestern der (ehemals) lateinischen Kirche verboten sein, die Messe in einer anderen Form als dem Novus Ordo zu feiern. Dieses Verbot bindet auch die Bischöfe, die die überlieferte Liturgie weder selbst feiern noch ihren Diözesan­priestern deren Feier erlauben dürfen. Bestehende Dispensen und Sondergenehmigungen werden aufgehoben.

Die EED-Gemeinschaften selbst und die von ihnen betreuten Personalpfarreien bleiben (bis auf weiteres zumindest) bestehen, es ist jedoch noch nicht bekannt, ob und in welchem Umfang die Priester dieser Gemeinschaften Sakramente wie Taufe, Firmungen und Eheschließung nach der überlieferten Form spenden dürfen. Ebenfalls unklar ist es – und hier sind wir ganz nahe am Fall Frejus-Toulon, ob es weiterhin erlaubt sein wird, Diakons- und Priesterweihen in der überlieferten Form zu spenden.

Soweit der aktuelle Stand nach Diane Montagne. Wir vermuten, daß damit noch nicht der ganze Umfang der bevorstehenden Maßnahmen abgedeckt ist, und erwarten – mög­li­cherweise in später zu veröffentlichenden Dokumenten – weitergehende Einschränkun­gen insbesondere für die Seminare der EED-Gemeinschaften und die Weihezulassungen. Die Stoßrichtung ist unverkennbar: Die überlieferte Liturgie soll aus dem Leben der Kirche herausgedrängt und in wenigen Ghettos „musealisiert“ werden, um dann Schritt für Schritt – das erwartete Verbot der Sakramentenspendung wäre bereits ein erster solcher – zum Aussterben gebracht werden. So der römische Fahrplan, oder besser gesagt: Schlachtplan.

Die Erfolgsaussichten sind freilich gleich Null. Auch Paul VI. ist es nicht gelungen, die innerkirchlich Praxis der Tradition völlig zu unterdrücken, und je hemmungsloser die Zwangsmechanismen innerhalb des kurialen Machtbereichs eingesetzt werden, desto stärker und zahlreicher werden die Bemühungen, sich diesem Machtbereich zu ent­zie­hen. Vieles davon wird in bedauerlichem und letzten Endes auch nicht zukunftsfähigen Wildwuchs enden. Aber die Piusbruderschaft zeigt, daß eine solche Entwicklung nicht notwendigerweise eintreten muß. Sie wird sich wohl auf die eine oder andere Weise zu einem Kristallisationskern entwickeln, um den sich die traditionstreuen Priester und Gemeinden sammeln, während das römische Zentrum im Chaos versinkt – bis der Herr dem auf die eine oder andere Weise ein Ende macht. Dies umso mehr, wenn man dabei noch einmal an Deutschland denkt. Anders als die schismatischen Bischöfe dort sind die Klarissen und Viganò dem katholischen Glauben treu geblieben. Für „Schismatiker“ ist dies eigentlich ziemlich merkwürdig, aber wir leben in merkwürdigen Zeiten - und in einem höchst merkwürdigeren Pontifikat.

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