„Synodalität“ — kein „geistlicher“ Prozess, sondern kirchenpolitisches Programm.
Von P. Joachim Heimerl
02. September 2024
1786: Synode von Pistoia
Ende Juli startete der Vatikan eine Online-Umfrage. Die knapp 9000 Teilnehmer wurden nach ihrer Haltung zur „Synodalität“ befragt und rund 90 Prozent votierten negativ. Daraufhin beendete das zuständige Synoden-Sekretariat vorzeitig die Umfrage und nahm die Ergebnisse vom Netz. Damit vergleichbare „Grundsätze“ der Demoskopie findet man außer im Vatikan heute wohl nur noch in Russland und China.
Dieser Vorgang bliebe eine unbedeutende Anekdote, würde nicht in einem knappen Monat der letzte Teil der sogenannten „Welt-Synode“ beginnen, die sich mit der Frage beschäftigt, wie aus der katholischen eine „synodale Kirche“ werden kann. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Online-Umfrage enorme Brisanz. Nur: Was sagt sie überhaupt aus?
Ein wichtiges Ergebnis ist, dass sich in der katholischen Welt offensichtlich niemand für eine „synodale Kirche“ interessiert. Gewöhnlich fällt die Teilnehmerzahl bei internationalen Umfragen nämlich ungleich höher aus, erst recht, wenn es um vergleichbar polarisierende Themen geht. Mit anderen Worten: „Synodalität“ ist für die Mehrzahl der Katholiken nicht nur ein lahmer Gaul, sondern ein totes Pferd.
Ein noch wichtigeres Ergebnis ist: Niemand hätte im Vatikan ein negatives Votum erwartet.
Man rechnete mit großer Zustimmung und hätte sie bei der „Welt-Synode“ gern entsprechend instrumentalisiert, womit wir übrigens wieder bei Russland und China wären. - Eigentlich eine verblüffende Herangehensweise, wenn man bedenkt, dass die Macher der Synode - der Papst und die Kardinäle Hollerich und Grech - stets betonen, dass „Synodalität“ kein politisches, sondern ein geistliches Instrument sein soll. Entspräche dies der Wahrheit, würde man allerdings kaum zum Mittel einer Umfrage greifen. Und noch weniger würde man versuchen, diese Umfrage zu sabotieren und tot zu schweigen, nachdem sie nicht die gewünschten Ergebnisse geliefert hat. Long story short: Die Online-Umfrage hat das Lieblingsprojekt des Papstes als gigantische Lüge entlarvt. Und sie hat Franziskus, Hollerich und Grech vor den Augen der Weltöffentlichkeit blamiert.
Nein, „Synodalität“ ist kein „geistlicher“ Prozess, sondern ein kirchenpolitisches Programm. Hinzu kommt: Dieses Programm soll die Kirche keineswegs „reformieren“, sondern nachhaltig zerstören. Die Teilnehmer der Umfrage haben dies erkannt und deshalb deutlich „nein“ gesagt.
Ihre eigentliche Brisanz erhält die Umfrage jedoch durch eine indirekte Aussage. Und die zielt pikanterweise auf den Papst. Bekanntlich hat Franziskus sein Pontifikat mit dem Thema „Synodalität“ verwoben; zu gerne weist er deshalb darauf hin, die Kirche müsse sich zur „Synodalität“ „bekehren“. Dass das abwegig ist, ist klar: Die Kirche muss sich niemals zu den persönlichen Vorstellungen eines Papstes bekehren und schon gar nicht zu seinem kirchenpolitischen Programm. Ihre einzige Bekehrung besteht in der Bekehrung zu Jesus Christus. Davon ist man im Zuge der Weltsynode allerdings weit entfernt. Das „Nein“ der Online-Umfrage enthält deshalb ein größeres „Nein“ als nur ein „Nein“ zur „Synodalität“; sie enthält ein „Nein“ zu Franziskus und damit zu einem Pontifikat, das die Kirche zutiefst erschüttert und gespalten hat.
An der Haltung zur „Synodalität“ scheiden sich demnach die Geister: Wer am Glauben der katholischen Kirche festhalten will, muss das Lieblingsprojekt des Papstes zwangsläufig ablehnen. Es ist nicht möglich, katholisch zu bleiben und gleichzeitig die reformatorische Zielsetzung des Papstes und der „Weltsynode“ zu unterstützen.
Meinen Lesern möchte ich deshalb empfehlen: Schließen Sie sich den Teilnehmern der Online-Umfrage an und sagen Sie entschieden: „Nein, Heiliger Vater!“
*
Red. Anmerkung zur Illustration:
Die Synode von Pistoia fand im September 1786 in der toskanischen Bischofsstadt Pistoia statt. Großherzog der Toskana war damals Leopold I., ein Bruder des Habsburger-Kaisers Joseph II. Dieser hatte ein Memorandum erarbeitet, dem die Synode, stark beeinflusst vom eher jansenistisch orientierten Bischof Scipione de Ricci, in ihrer Beschlusslage stark entsprach. Erst als das Gedankengut der „Synodalen“ sich dank der frz. Revolution weiter ausbreitete, im Jahr 1794, verurteilte Pius VI. 85 Lehrsätze aus den Synodenakten (DH 2600-2700). Manche Autoren halten die Lehrverurteilungen für unfehlbar ergangen, weil der Papst sehr schwerwiegende Verurteilungsformeln gebraucht. Allerdings werden nur einige der Sätze als „häretisch“ bewertet, viele auch nur als irrig oder für Fromme anstößig bzw. Päpste und Kirche beleidigend. Quelle