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Visitation bei Petrus - ein schlechtes Omen
für den alten Ritus

07. OKTOBER 2024

6 - Kirchenkrise + Kirchenpolitik

Traditionelle Darstellung des Gnadenstuhls: Christus am Kreuz, gehalten vom Vater, im Heiligen Geist und umgeben von Repräsentanten der himmlischen Heerscharen. Davor der Altar und der Priester, der dem Kreuz der Erlösung zugewandt die Messe feiert.

Die Messe aller Zeiten verbindet Himmel und Erde

Die katholische Publizistin Carina Benton hat am 4. Oktober unter der Überschrift „Die Apostolische Visitation der FSSP ist ein schlechtes Omen für die überlieferte Liturgie“ auf OnePeter5 einen Beitrag veröffentlicht, den wir mit geringfügigen Kürzungen hier übersetzt wiedergeben. Die Ankündigung der Visitation selbst haben wir am 1. Oktober gemeldet und kurz kommentiert.

Der Auftrag zur Visitation, so wie er in den Erklärungen des Dikasteriums und der Bruderschaft selbst mitgeteilt wird, geht auf das Motu Proprio Traditionis Custodes von Papst Franziskus aus dem Jahr 2021 zurück, mit dem die Ecclesia-Dei-Gemeinschaften, einschließlich der Petrusbruderschaft, unter die Kompetenz des Dikasteriums für die Orden und Gemeinschaften gestellt wurden. Zuvor waren diese Gemeinschaften der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei unterstellt, die 1988 von Papst Johannes Paul II. errichtet und später von Papst Benedikt XVI. mit erweiterten Kompetenzen ausgestattet worden war, um die versöhnliche Zielsetzung von Summorum Pontificum zur Geltung zu bringen.

Im Jahr 2019 hat Franziskus die Kommission Ecclesia Dei aufgelöst und übertrug ihre Kompetenzen der Glaubenskongregation. 2021 stattete er dann „nach eingehender Beratung mit Bischöfen“ sowohl die Glaubens- als auch die Ordenskongregation mit der obersten Autorität aus, die Einhaltung der Vorschriften von Traditionis Custodes zu überwachen.

Traditionis Custodes ist daher ganz eindeutig der Hintergrund, vor dem die bevorste­hen­de Überprüfung stattfinden wird. Die Ziele von Franziskus sind in seinem Apostolischen Schreiben klar ausgedrückt: „Es geht darum, noch stärker auf das unaufhörliche Streben nach kirchlicher Einheit zu dringen.“ Ebenso klar ist der Begriff, den Franziskus von „kirchlicher Einheit“ hat: Er geht davon aus, daß „die liturgischen Bücher, die von den heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. in Übereinstimmung mit den Dekreten des II. Vatikanischen Konzils promulgiert wurden, den einzigen Ausdruck der Lex Orandi des römischen Ritus darstellen“.

In seinen „Responsa ad Dubia“ hat Kardinal Arthur Roche als Präfekt der damaligen Kongregation für den Gottesdienst hervorgehoben: „Das ist die Richtung, in die wir voranschreiten wollen“, und er bestand darauf, man müsse „fruchtlose Polemiken, die Spaltungen hervorbringen und in denen der Ritus selbst oft nur für ideologi­sche Aus­ei­nan­dersetzungen mißbraucht wird“, vermeiden.

Natürlich versteht er unter „Spaltungen hervorbringen“, wenn die Messe in der nicht vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorgeschriebenen Weise gefeiert wird, wie es Hun­derte von Jahren bis in die 1970er Jahre der Fall war. In ähnlicher Weise ist „ideologische Auseinandersetzungen“ ein Euphemismus zur Bezeichnung der Orthodoxie der Tradis in der Lehre, die wie ein Hund mit einem Knochen einfach nicht loslassen wollen.

Obwohl ich mich hüten werde, darüber zu spekulieren, was die Prüfung der FSSP im Einzelnen beinhalten könnte, haben die jüngsten apostolischen Visitationen wenig dazu beigetragen, das Vertrauen zu stärken, daß der Prozess mit Gerechtigkeit, angemessenen Gründen und Transparenz durchgeführt wird. (...)

Im Jahr 2022 war in Frankreich eine apostolische Visitation für die Erzdiözese Straßburg angekündigt worden, um der Kirche in Straßburg zu helfen, „ihre Sendung als Zeugin des auferstandenen Herrn zu erfüllen“. In diesem Fall hat Franziskus den Rücktritt von Erzbischof Luc Ravel angenommen. Sein Verbrechen? Offenbar war es sein „autoritärer Führungsstil“. Und es sprach wohl nicht zu Ravels Gunsten, daß er als Erzbischof vor der steigenden muslimischen Geburtenrate gewarnt, die umfassende Förderung der Abtrei­bung verurteilt und traditionelle Priester der Missionare der Göttlichen Barmher­zig­keit in der Diözese willkommen geheißen hat, deren Arbeit zur Evangelisierung der Muslime offenbar nicht zu der vom Vatikan bevorzugten Botschaft des „interreligiösen Dialogs“ passte.

Zufälligerweise war es dann eine weitere französische Diözese, die im folgenden Jahr eine apostolische Visitation erhielt: Fréjus-Toulon im Südosten, also gerade die Diözese, aus der die Missionare der Göttlichen Barmherzigkeit kommen und deren Bischof Domini­que Rey dafür bekannt ist, Gemeinschaften zu beherbergen, die der römischen Liturgie anhängen. Im Jahr 2022 ließ der Vatikan eine Bombe platzen und setzte alle Priesterwei­hen aus. Rom ernannte einen Bischof-Koadjutor und kündigte für Februar 2023 eine apostolische Visitation an. Im Juni 2024 enthüllten dann die Oberen der Missionare der Göttlichen Barmherzigkeit, daß zwar andere Priesterweihen in der Diözese wieder auf­genommen worden seien, die ihrer fünf Seminaristen jedoch weiterhin nicht stattfinden konnten, „weil für die künftigen Priester die Möglichkeit besteht, daß sie im alten Ritus zelebrieren“. (Hier auf Summorum-Pontificum.)

Obwohl die französischen Medien die Zuspitzung auf den angeblich autoritären und entschlossenen Regierungsstil von Rey zurückführten, scheint seine Vorliebe für die tridentinische Liturgie der eigentliche Knackpunkt zu sein. Die Nachrichtenseite Radio­france berichtete in einem Artikel über den Skandal und zitierte eine bürgerliche Alt-68erin aus Versailles, die bei ihrer Ankunft in Toulon schockiert war, weil sie eine Praxis vorfand, die sie noch nie gesehen hatte: eine Messe in lateinischer Sprache, bei der die Gläubigen niederknien und der Priester ihnen den Rücken zuwendet. Als man ihr wiederholt sagte, daß sie die Kommunion nicht in den Händen empfangen könne, beschwerte sie sich bei der Diözese.

Doch die bei weitem problematischste apostolische Visitation der letzten Jahre war die berüchtigte „Untersuchung“ von Bischof Joseph Strickland aus Gründen, die – und ich riskiere, mich hier zu wiederholen – auch über ein Jahr nach der Ankündigung der Visi­tation noch immer nicht öffentlich genannt wurden. Offensichtlich hat er etwas weitaus Schlimmeres getan, als einfach nur einen langen Bericht zu unterdrücken, der weit ver­breitete und systematische Misshandlungen von Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und Mitbruder-Bischöfe aufdeckt. Hätte er das getan, dann wüssten wir aus der Kölner Affäre, daß er nach einem kurzen Sabbatical immer noch in Tyler amtie­ren würde. Nein, nach dem französischen Präzedenzfall zu urteilen, besteht Stricklands Verbrechen eher darin, daß er zu orthodox, direkt und dem ehrfürchtig zelebrierten römischen Ritus zugeneigt ist.

Was die bevorstehende Visitation der FSSP anbelangt, so haben einige katholische Bericht­erstatter behauptet, daß diejenigen von uns, die bei dieser neuesten Nachricht die Augenbrauen hochziehen, lediglich Ängste verbreitende Ruhestörer sind. Vielleicht haben sie Recht, wenn sie so misstrauisch sind. Immerhin hat Franziskus kürzlich ein Dekret unterzeichnet, das den Fortbestand der Bruderschaft bestätigt.

Doch wenn Erzbischöfe drei Jahre nach der Veröffentlichung von Traditionis Custodes direkt von Rom aufgefordert werden, eine blühende lateinische Messe mit Hunderten von regelmäßigen Besuchern zu schließen - und das auch noch in der Kathedrale des Bischofs -, kann man sicher sein, daß Franziskus' Zusage von 2022 an die FSSP nicht sein letztes Wort in dieser Angelegenheit war. Und das trotz des Gerüchts, er habe in Bezug auf ein „Traditionis Custodes 2.0“ auf die Bremse getreten.

Getreu seiner Zusage in Traditionis Custodes wird Franziskus das Ziel der „kirchlichen Gemeinschaft“ vorantreiben. Das muss er auch. Wenn der Vatikan die Eine-Welt-Religion der universellen Verbrüderung fördern will, kann er unmöglich zwei liturgisch, doktrinär und theologisch divergierende Ausdrucksformen des Glaubens zulassen.

Regenbogenketzerei, aztekisch inspirierte indianische Tänze, heidnische „Beräu­che­rungs“-Zeremonien, Rockkonzert-Liturgien und das Tanzen auf dem Altar kann er hin­nehmen. Aber all die Elemente, die im tridentinischen Ritus enthalten sind, einschließ­lich der Gebetsrichtung ad orientem, der Kommunion auf die Zunge, der kleinen Exor­zismen im Taufritus, der tief bewegenden Requiem-Messe mit ihrer ergreifenden Dies irae-Sequenz, lassen sich einfach nicht in das Glaubensbekenntnis von „Alle Religionen sind dem Himmel gleich nahe“ einbauen.

Daher bin ich nicht begeistert von der Aussicht, daß bei einer traditionellen Priestern­gemeinschaft jemand mit „Ich komme vom Vatikan und will nur behilflich sein“ an die Tür des Pfarrhauses klopft. Wenn die Muster und Präzedenzfälle, die im gegenwärtigen Pontifikat zu erkennen sind, überhaupt einen Anhaltspunkt bieten, dann vermute ich, daß die Visitation in der Tat ein schlechtes Omen für die Bruderschaft, für die traditionellen Katholiken, vor allem aber für den lateinischen Ritus ist.

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