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Die Quatembertage im Advent und der Prophet Iesaia

21. Dezember 2024

1 - Liturgie

Der Isaias des Michelangelo in der Sixtina ist dargestellt als weiser Lerher der Schrift

Der Iesaia Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle

Nach dem Kalender der überlieferten Litur­gie fallen die Quatembertage des Winters immer in die Woche vor dem 4. Adventssonntag, und die Liturgie dieser Tage ist schon ganz auf die Erwartung des Herrn hin ausgerichtet. Am deutlichsten wird das in den Lesungen. Am Quatember­mittwoch bringt die 1. Lesung eine Prophetie des Iesaia (2; 2-5) über das Friedens­reich des Messias am Ende der Zei­ten, und die zweite Lesung holt diese überzeitliche Vision zurück in die Geschichte mit der ebenfalls aus Isaia (7; 10-15) genommenen Lesung mit der Prophezeiung „Seht, die Jungfrau wird emp­fan­gen und einen Sohn gebären…“,  die von der Kirche alljährlich zum Fest der Verkündigung Mariens vorgetragen wird. Der Quatemberfreitag liest aus Isaia 11 (1-5)die Perikope von der Wurzel Jesse: „Ein Reis wird hervorgehen aus der Wurzel Jess und ein Blütenzweig wird daraus emporsteigen“, der von der Kirche seit der frühesten Zeit als die Vorankündigung der Geburt des Erlösers verstanden wird. Der Quatembersamstag entfaltet dann in 6 Lesungen ein ganzes Panorama der Heilsgeschichte mit dem Zielpunkt der Menschwerdung des Messias.

Die Tradition hat dazu zunächst aus dem Propheten Iesaia die Auszüge aus den Kapiteln 19, 35 40 und 45 zusammengestellt, die den Kern der messianischen Verheißung enthal­ten. In der fünften Lesung wird dieses Thema durch den Bericht und Hymnus (tatsäch­lich ist es eher eine Litanei) Daniels von den drei Jünglingen im Feuerofen unterbrochen – zu vermuten ist, daß damit ein Bezug auf die nun vorzunehmenden niederen und hö­he­ren Weihen hergestellt wird: Die künftigen Kleriker werden des besonderen göttlichen Schutzes versichert. Mit der Epistel aus dem Brief an die Thessalonicher über die Wie­der­kunft des Herrn am Ende der Zeiten wird das Ausgangsthema wieder aufgegriffen und mit dem dann folgenden Evangelium nach Lukas über die Predigt des „Rufers in der Wüste" bis an die Schwelle des Weihnachtstages herangeführt: „Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Pfade. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alles Fleisch wird schauen Gottes Heil.“

Auch die übrigen Texte der ursprünglichen Vigilfeier des 4. Adventssonntags bleiben dann beim Thema. Der Tractus schließt mit dem Versikel: „Biete Deine Macht auf, O Herr, und komm uns zu erlösen", das Offertorium ruft mit Zacharias: „Juble auf, Tochter Jerusalem, Siehe, dein König kommt zu Dir, der Heilige, der Heiland." Die Communio zitiert Psalm 18, 6-7: „Gleich wie ein Kriegsheld jauchzend eilt er seine Bahn. Von einem Himmelsende aus beginnt er Seinen Weg, und bis zum anderen Ende geht Sein Lauf.“

So folgen die Lesungen und die Gesänge und Gebete des Propriums insgesamt neben dem Hauptthema noch einem zweiten roten Faden: Sie begleiten die Stationen der traditionell an diesem Tage vorgenommene Erteilung der niederen und höheren Weihen. Die ganze Heilsgeschichte wird in diesem Weg vom Ostiarier zum Priester widerge­spiegelt.

Mit seinen sechs Lesungen ist der Quatembersamstag nach der Osternacht mit (bis 1955) 12 Lesungen der Tag des Kirchenjahres mit dem umfangreichsten Lesungspro­gramm. Die Liturgiereformer haben die Aufforderung der Konzilskonstitution „Sacrosanctum concilium", den Gläubigen in der Liturgie „den Tisch des Gotteswortes reicher zu bereiten und die Schatzkammer der Bibel weiter aufzutun" (Abschnitt 51) bekanntlich dahingehend ausgelegt, daß sie unter Berufung auf solche alten Vorbilder die Zahl der Lesungen generell auf drei erhöhten. Dabei haben sie allerdings nicht beach­tet, daß in den überlieferten Liturgien mit mehreren Lesungen diese Texte stets ein in­halt­liches Ganzes bilden. Indem sie mechanisch das Prinzip der Lectio continua aus der monastischen Praxis zur Richtschnur ihrer Kompilation machen, haben sie vielfach den­ Zusammenhang innerhalb des Tages aufgegeben und damit das Aufnahmevermögen der Gläubigen, die längst nicht mehr kontinuierlich am Gottesdienst teilnehmen, überfordert.

Die Liturgiereform hat die Quatembertage zwar nicht direkt abgeschafft, ihre Beibe­haltung und gegebenenfalls Terminierung aber in das Belieben der Bischofskonferenzen gestellt. In Deutschland fällt in den Gemeinden des Novus-Ordo, die an dieser Tradition in der einen oder anderen Weise festhalten wollen, die Winterquatember danach in die erste Adventswoche. Zusammen mit der weiteren Verminderung der Lesungen ist damit der Zusammenhang mit dem Fest Menschwerdung weiter gelockert. In unserer Ausgabe des Missales Pauls VI. (Editio Typica Altera 1975) ist kein besonderes Formular für die Quatembertage enthalten, und auch der Online-Schott der Erzabtei Beuron, der die liturgische Praxis in den meisten deutschen Gemeinden widerspiegelt bzw.. anleitet, enthält keinen Hinweis auf die Adventsquatember. Dennoch werden die Quatembertage in einzelnen Gemeinden nach wie vor begangen – die Winterquatember dann in der Woche nach dem 1. Adventssonntag.

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