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Von Wert und Nutzen der Betrachtung des bitteren Leidens unseres Herrn

16. April 2025

3 - Tradition und Glaube

Das der niederländischen Malerschule des 17. Jahrhunderts zugeschriebene Gemälde zeigt in klassischer Form das auf einem ausgespannt gehaltenen Tuch in photorealistischer Malweise dargestellte Antlitz des mit Dornen gekrönten leidenden Erlösers.

O Haupt voll Blut und Wunden

Weder die Evangelien noch andere Berichte enthalten irgdwelche Informationen zu Geschehnissen des dem Gründonnerstag vorangehenden Tages. P. Martin von Cochem füllt die Leerstelle mit einem eindringlichen Aufruf zur Betrachtung des bitteren Leidens Christi.

Andächtige Seele. In der Beschreibung des Lebens Christi kommen wir nun an das klägliche und aller­bitterste Leiden unseres Herrn Jesu Christi, das mehr als alles andere, was in diesem Buche beschrieben wird, gelesen und betrachtet werden soll.

Sankt Bonaventura sagt: Man kann Gott kein angenehmeres Opfer für Lebendige und Abgestorbene darbringen, noch den Engeln eine größere Freude und der heiligsten Dreifal­tigkeit größere Ehre erzeigen als dadurch, dass man sich täglich in der Betrachtung des Leidens Christi übt. Ja der selige Albertus Magnus und mit ihm viele andere sagen, dass ein Christ, der auch nur eine kurze Zeit mit herzlicher An­mu­tung an das Leiden Christi denkt, mehr Verdienst habe, als ein anderer, der ohne die­sen Gedanken sich bis aufs Blutgeißle oder bei Wasser und Brot faste oder den ganzen Psalter bete. beschrieben wird, gelesen und betrachtet werden soll.

Endlich erzählt der gottselige Tauler, als einmal ein großer Diener Gottes Christum gefragt habe, was er verdiene, der sich mit Andacht in der Betrachtung seines Leidens übe, da habe Christus gesagt: Er verdient erstens, dass er durch solche Betrachtung von seinen Sünden gereinigt wird.Zum andern wird alles, was er durch seine Nachlässigkeit versäumt hat, durch die Verdienste meines Leidens wieder gut gemacht. Drittens wird er gegen seine Feinde gestärkt, dass sie ihn nicht so leicht überwinden können.Viertens wird meine Gnade so oft in ihm erneuert, als er an mein Leiden denkt. Fünftens will ich ihm nichts abschlagen, was er Vernünftiges mit Ernst von mir begehrt.Sechstens will ich ihn vor seinem Ende zur Vollkommenheit führen. Siebtens will ich ihm bei seinem Tode beistehn, ihn wider seine Feinde beschützen und seines Heiles versichern. beschrieben wird, gelesen und betrachtet werden soll.

Aus diesen Zeugnissen kannst Du abnehmen, wie sehr es Gott gefalle und wie nützlich es für Deine Seele sei, wenn du oftmals das Leiden Christi betrachtest oder davon liesest oder lesen hörst. Deswegen bitte ich dich, du wolles die folgenden Kapitel nicht allein zur Fastenzeit, sondern auch zu anderen Zeiten im Jahr, besonders an Sonn- und Feiertagen lesen. Es soll dir nicht genug sein, den Gegenstand vom bittern Leiden nur einmal zu le­sen, sondern du sollst dies gar oft tun, ja dein Lebtag darin verharren. Denn obschon du weißt, was Christus gelitten hat, so erinnerst du dich gleichwohl dessen aufs neue, und dein Herz wird wiederum erweicht und zum Mitleiden bewegt, was eine sehr große Tu­gend und ein gar verdienstliches Werk ist. Nebstdem verrichtest du auch manch andäch­tiges Gebet und opferst Christi sein Leiden auf, wodurch du gar kräftig deine Sünden auslöschest und deine Strafen abzahlst. Daher bitte ich dich nochmals, du wolles vor allen Gegenständen dieses Buches besonders vom Leiden Christi lesen und dieses alle Jahre wenigstens einmal ganz durchlesen.

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Unsere Bildunterschrift entstammt dem Passionslied „O Haupt voll Blut und Wunden“ von Paul Gerhardt, das dieser seinerseits in Anlehnung an den siebten Gesang „Salve caput, cruentatum“ des hochmittelalterlichen Zyklus Oratio Rhytmica verfaßt hatte. Nähere Informationen hierzu bringt das Hymnarium hier zum Lied und hier zum ganzen Zyklus.