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Die Propagandisten des Novus Ordo haben keine Argumente - aber die Macht

11. November 2025

1 - Liturgie

Blick in den Chorraum vor dem Altar der Kathedra, während Kardinal Burke mit dem Altardienst in Prozession zum Altar zieht

Feierlicher Einzug im Petersdom

Ob das Pontifikalamt mit Kardinal Burke am Altar der Kathedra Ende Oktober (hier unser Bericht) schon die Rück­kehr der überlieferten Liturgie aus der Ver­ban­nung signalisiert, steht noch dahin. Eines hat die Zelebration jedoch bereits bewirkt: Einigen der entschiedensten Gegnern der überlieferten Li­turgie hat der außergewöhnliche Anblick einen solchen Schrecken eingejagt, daß sie sich veran­laßt sahen, all ihren Widerwillen gegenüber dem, was seit fast zwei Jahrtausenden für die Kirche das Höchste und Heiligste war, lautstark und öffentlich zu Protokoll zu geben. Anscheinend ganz ohne zu bemerken, daß sie mit diesen Auf­tritten die Gemeinschaft und Einheit mit der Kirche „vor dem Konzil“ in einer Weise aufkündigen, daß alle sich bestätigt sehen können, die die Liturgiereform und die ganze praktische Umsetzung „des Konzils“ als einen tiefgehenden Bruch, ja als den Versuch zur Gründung einer „neuen Kirche“ betrachten.

Ranghöchster Vertreter der Kritiker – zumindest soweit wir bisher sehen können – war der Erzbischof von Chicago Kardinal Blaise Cupich. Unverdrossen wiederholt er das Standardargument der Traditionsgegner, daß ein solches Hochamt mehr ein Spektakel darstelle als eine Gelegenheit zur „aktiven Teilnahme aller Getauften“ – als ob die Kir­chen seines Verantwortungsbereich sonntags unter dem Ansturm „aller Getauften“ zum Schaulaufen der Aktivist*innen um den Altar zusammenbrechen würden. Hat er nicht mitgekriegt, daß seit den 1970er Jahren in Chicago bereits an die 200 Pfarreien und Pfarrkirchen aufgehoben werden mußten; weitere 88 sind im Rahmen des Programms „Renew My Church“ für die kommenden Jahre zur Schließung oder Fusion vorgesehen. (Auskunft Perplexity) In welcher Traumwelt lebt der Mann eigentlich?

Weiterer Kritikpunkt des Kardinals: Auf Grundlage sorgfältiger wissenschaftlicher For­schungen hätten die Reformer des Novus Ordo herausgefunden, daß die alte Liturgie durch die Übernahme vieler Elemente des höfischen Zeremoniells der Kaiser und Könige entstellt gewesen sei. Diese seien zu Recht entfernt worden, um das auf dem Konzil gewonnene neue Selbstbild der Kirche zum Ausdruck zu bringen. Dieser Ansatz führt zwar theologisch völlig in die Irre, erklärt aber wenigstens, warum Clownsmessen und ähnliche Publikumsbespaßungen immer noch so viel Anklang finden. Und dann wagt sich seine Eminenz auch noch auf theologisches Gebiet – mit verheerenden Folgen. Das Kennzeichen der Authentizität liturgischer Feiern – so gibt der Catholic Herald Cupichs Ausführungen wieder – sei die Sorge für diejenigen, die in Not sind, die Solidarität mit den Armen in einer zerrissenen Welt. Das verwirklicht zu haben, sei die großartige Leistung der erneuerten Liturgie.

Aha.

In Deutschland können die Kritiker der Messe im überlieferten Ritus auf ihr Zentral­organ katholisch. de. zurückgreifen. Der „Bonner Liturgiewissenschaftler Florian Kluba“ (die Website der Uni weist ihn als wissenschaftliche Hilfskraft mit noch unvollendetem Promotionsprojekt aus) darf zum hundertsten Mal die Platitude „mit dem Rücken zum Volk“ aufgreifen und auf dem ihm angemessenen wissenschaftlichen Niveau ausbeuten (Quelle). Für ihn symbolisiert die Zelebration „ad Dominum“ eine klerikale Abgrenzung von den Gläubigen. Besonderen Anstoß nimmt die Hilfskraft daran, daß der Altar der Peterskirche ja gar nicht nach Osten ausgerichtet, und würden sich so mit ihrer Abwen­dung vom Volk völlig sinnwidrig nach Westen orientieren. Davon, welche besonderen Bedingungen die West-Ausrichtung vieler römischer Kirchen bedingen und daß die Theologie einen Unterschied zwischen geographischem und liturgischem Osten kennt, hat der Gute anscheinend noch nie etwas gehört. Wahrscheinlich kennt er auch nicht das Buch „Conversi ad Dominum“, in dem der echte Liturgiewissenschaftler Uwe Michael Lang Geschichte und Bedeutung der Zelebration „ad Dominum“ bis in allen Einzelheiten untersucht und erklärt. Vielleicht steht es in Bonn, sofern überhaupt vorhanden, im Giftschrank.

Wir werden auf die von Kluba vorgetragenen Mißverständnisse und absichtlichen Miß­deutungen zur Zelebration „mit dem Rücken zum Volk“ noch in anderem Zusammen­hang ausführlicher eingehen – die Tatsache, daß er seinen Flachsinn ungehindert in die Welt hinausposaunen kann, zeigt, daß selbst solche Basisthemen immer wieder abgehan­delt werden müssen. Hier sei nur noch auf den pikanten Umstand verwiesen, daß die Website „Feinschwarz.net“, die sich gerne als intellektuelle Avantgarde des siegreichen Modernismus in der deutschkatholischen Kirche geriert, ausgerechnet den Doktoranden Kluba bemüht, um das, was katholisch.de in einer von uns noch einmal extrem einge­dampften Kurzfassung präsentiert, in größerer Breite unter seine Leserschaft zu bringen.

Ein weiterer Beitrag zum Thema „Alte Messe im Petersdom“, der ebenfalls gleich doppelt und diesmal auch gleichlautend veröffentlicht wurde (auf haeretisch.de und bei dem genauso irrtumsfördernden Portal Kirche+Leben) beruht auf einem Gespräch des Deutsch­landfunks mit dem Bonner Liturgieprofessor (und Klubas Doktorvater) Andreas Odenthal. Dieser Text ist liturgiewissenschaftlich ebenso flachbrüstig wie der Klubas, womöglich sogar noch dürftiger. Die Feier sei „liturgisch nicht stimmig gewesen“ kriti­siert danach Odenthal: So habe der Kardinal an einem Bronzealtar der 1980er Jahre zelebriert, obwohl dieser Altar für die Gemeindemesse nach Westen eingerichtet worden sei. (S. Dazu auch unseren Beitrag von 2008) Auch die Messgewänder hätten optisch zwar vorgegeben, alt zu sein, seien tatsächlich aus seiner Sicht aber höchstens zehn und zwanzig Jahre alt gewesen. „Was soll eine solche Konstruktion von einer Tradition, die letztlich nicht mehr stimmig ist?“

Nach dieser erschütternd einfältigen „Argumentation“ wendet sich der Lehrstuhlinhaber für Liturgiewissenschaft dem Thema zu, das ihn wirklich bewegt: der kirchenpolitischen Bedeutung des Geschehens. Im Hintergrund wirkt da laut Odenthal eine Gruppe nicht näher bezeichneter Finsterlinge, und „Die eigentlich entscheidende Frage sei allerdings: „Welches Ziel verfolgt diese Gruppe? Und ich könnte mir denken, daß eines der Ziele ist, im noch recht jungen Pontifikat von Papst Leo da einen Akzent zu setzen.“ Schließlich sei die Kirche seit Jahrzehnten damit beschäftigt, auszuhandeln, was Katholisch-Sein und Tradition bedeute. Angesichts dessen bedeute die Feier im Petersdom eine sehr politische Aussage. Sie zeige: „Es geht gar nicht um einen Gottesdienst oder die Form des Gottes­dienstes, sondern tatsächlich um die künftige politische Ausrichtung der katholischen Kirche.“ Odenthal erklärte, dieser Punkt bereite ihm Unbehagen, weil damit der Gottes­dienst verzweckt werde.“

Den Ruf „Haltet den Dieb“ haben wir auch schon überzeugender gehört. Aber beim „Aus­handeln“ dessen, was katholisch sein soll, sollen jedenfalls die der Tradition in Lehre und Liturgie verpflichteten „Gruppen“ nicht dabei sein – für diese offene Auskunft müssen wir dem Fachmann, wenn uns schon seine Liturgie„wissenschaft“ nicht über­zeugen kann, denn doch irgendwie dankbar sein. Und in gewisser Weise hat er ja auch Recht: Bei alledem, was derzeit in der Kirche und in einer auf unterirdisches Niveau abgesunkenen Liturgie„wissenschaft“ vor sich geht, spielt das Wesen von Liturgie (und von Wissenschaft auch) praktisch keine Rolle mehr. Es geht um die Macht, die der glau­bensfeindliche Modernismus seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts an sich gerissen hat und nun, wo weltweit alle Machtgefüge ins Wanken geraten, unter Einsatz aller Mittel verteidigen will. Da muß selbst die (tatsächliche oder behauptete) 20-jährige Neuheit von Paramenten als „Argument“ herhalten, um den tausendjährigen Ritus und seine Bewahrer zu diskreditieren. Ein ganz und gar klägliches Bild.

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