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„Männer wie Bischof Martin halten die Menschen von der Kirche fern“

13. November 2025

1 - Liturgie

Blick in den Chorraum einer Kirche, die primär für die Zelebration des Novus Ordo eingerichtet ist, den alten Hochaltar jedoch nicht abgerissen und vor dem „Volksaltar“ eine Kommunionbank eingerichtet hat.

„Volksaltar“ mit neuer Kommunionbank

Seit dem Amtsantritt von Papst Leo pro­fi­liert sich der noch von Papst Franziskus ernannte Bischof Michael Martin von Charlotte als einer der entschlossensten Kämpfer gegen die Tradition im gesamten Episkopat der Vereinigten Staaten. Deshalb findet er auch hier mehr Aufmerksamkeit, als vielleicht nach Größe und Gewicht seiner Diözese wie auch nach der Qualität seiner theologischen Positionen ange­messen wäre: Sein Wirken eröffnet einen Blick in die Zukunft einer voll vom „Ungeist des Konzils“ gesteuerten Kirche, falls Rom nicht doch seinen kulturrevolutionären Ungestüm ein wenig bremsen sollte. Aber das erscheint unwahrscheinlicher mit jedem Tag, an dem Kardinal Roche und Erzbischof Viola weiterhin an der Spitze des Gottesdienst-Dikasteriums amtieren.

Neuester Streich von Bischof Martin: Unter Berufung auf Beschlüsse der US-Bischofs­konferenz hat er angeordnet, daß vom 1. Adventssonntag an die Kommunion nicht mehr an einer bestehenden Kommunionbank oder an provisorisch bereitgestellten Betstühlen empfangen werden darf – was für ältere Personen ein faktisches Verbot des knienden Kommunionempfangs darstellt. Diesen neuesten Übergriff Bischof Martins hat ein vor einiger Zeit aus einer protestantischen Denomination zur katholischen Kirche konvertiertes Mitglied seiner Diözese zu einem offenen Brief an den Bischof bewogen, der auf Rorate Caeli voll wiedergegeben ist und dessen auch außerhalb von Charlotte lesenswerteste Passagen wir hier übersetzen:

Es beginnt ein Zitat (..)Ich bin ein erwachsener Konvertit, der zum katholischen Glauben fand, nach­dem ich in protestantischen Kirchen aufgewachsen war und jahrelang nach der Wahrheit gesucht hatte. Als jemand, der seinen Weg zum Glauben gefunden hat – einer jener Konvertiten, die Ihrer Meinung nach durch traditionelles Verhalten, die Verwen­dung des Lateinischen und die Haltung, die traditionelle Gottesdienste bevorzugen, abgeschreckt werden –, finden Sie vielleicht meine Konversionserfahrung und meine Sichtweise hilfreich.

Als ich zum ersten Mal eine Messe besuchte, war es eine Messe im ordentlichen Ritus in der Diözese Charlotte. Die Gemeinde, die ich besuchte, hatte eine prächtig ausgestattete Kirche mit Kunstwerken, Statuen, Kommunionbänken, allem Drum und Dran – sie erin­nerte mich an eine Kirche in einem europäischen Film. Ich war ehrlich gesagt verblüfft. Ich hatte den größten Teil meines Lebens in charismatisch geprägten Kirchen mit Rock­musik, bunten Lichtern und Projektoren verbracht. Ich war in Baptisten- und Presbyte­ri­anerkirchen gewesen und hatte das gesamte Spektrum der Liturgie von Rockmusik über Klaviermusik bis hin zu amerikanischen Kirchenliedern erlebt. Doch was ich an jenem Tag erlebte, hatte ich noch nie zuvor gesehen. Die Hingabe des Priesters, die imposanten Messgewänder, der wunderschöne Altar – all das sprach zu mir von etwas Zeitloserem als den ständig wechselnden Trends und Moden, die meine Erfahrung im Gottesdienst bis­her geprägt hatten. Hier war etwas Beständiges, etwas, das mich immer wieder anzog, nicht jede Woche, aber doch regelmäßig, während ich mit meinen vermeintlichen Pro­blemen mit der katholischen Lehre rang.

Es dauerte nicht lange, bis ich in die lateinische Liturgie eintauchte, und ich war zutiefst beeindruckt von dem, was ich erlebte. Wenn mir das bisher Erlebte schon beständig er­schienen war, so war das, was ich an diesem Tag sah, schlichtweg transzendent. Damals konnte ich noch kein Latein, aber an diesem Tag beschloss ich, es so gut wie möglich zu lernen, denn etwas in meiner Seele sehnte sich danach, tiefer in die Schönheit dieses Er­lebnisses einzutauchen. Mein Eindruck als Neuling im Glauben war, daß die bewusste Hingabe der Zelebranten von tiefer Liebe zeugte, denn niemand investiert so viel Nach­denken und Mühe in jede Handlung, wenn ihm das, was er tut, nicht zutiefst am Herzen liegt. Die Sorgfalt, mit der die Eucharistie gehandhabt wurde, und die Schleier, die den Tabernakel und die Gefäße bedeckten, zeugten von etwas unbeschreiblich Kostbarem – einem Schatz, dessen Anblick einem den Atem raubte und an dem teil zu haben ein un­be­schreibliches Privileg war. Dieser Eindruck half mir auch, die Schleier der Frauen zu verstehen, als etwas, das mit immenser Würde betrachtet wurde und als schützenswerter Schatz galt. Die lateinische Sprache schenkte mir etwas, das ich im Gottesdienst zuvor nicht bedacht hatte: Eine Gemeinschaft. Nicht nur die Gemeinschaft mit den Menschen im Raum, sondern die Gemeinschaft mit der Kirche. Mit der Kirche in aller Welt, als ih­rem Volk mit ihrer eigenen Sprache, aber auch die Gemeinschaft mit der Kirche durch die Jahrhunderte hindurch – Milliarden von Christen, Jahrtausende lang, die mit der­selben Stimme und in derselben Sprache sangen und beteten, dieselben Gebete, die nun auf meinen Lippen lagen. Und es verlieh Christi Worten „Wenn zwei oder drei in mei­nem Namen versammelt sind“ immenses Gewicht, daß diese zwei oder drei nun unzählig waren und ich auf greifbare Weise zu ihnen gezählt wurde.

Der Hochaltar erinnerte mich an Bilder vom Tempel des Alten Bundes, und der Ein­druck, den ich von der Haltung des Priesters hatte, der mit dem Rücken zu uns dem Altar zugewandt war, erinnerte mich an Moses, der Israel aus Ägypten führte und der Feuer­säule folgte – nur daß es diesmal in ein neues Gelobtes Land ging, und die Herrlichkeit dieses Altars rief in mir die Bilder aus der Offenbarung vom Thron des Königs der Köni­ge und Herrn der Herren hervor, dem endgültigen und wahren Gelobten Land, in das wir alle gehen, und der Priester näherte sich diesem Thron, während ich ihm folgte. Ich sehn­te mich danach, an dieser Kommunion teilnehmen zu dürfen, und als ich viele Monate später gefirmt wurde und mich der Kommunionbank näherte und kniete, kam der Priester, den ich nun als in persona Christi erkannte, vom Altar der Gnade herab mit dem wahren und ewigen Opfer, an dem ich nun teilhatte. Es rührte mich zu Tränen, daß der Gott, der auf einem Thron sitzt, der prächtiger ist als dieser Altar, auch in der Person seines Dieners und in der Gestalt dieses Bro­tes zu mir kam, um sich mit mir im Sakrament und in der Wahrheit zu vereinen. Die Majestät des Altars im Kontrast zur Demut des einfachen Brotes ist mir tief ins Gedächtnis gebrannt, und noch heute, wenn ich daran denke, stei­gen mir die Tränen in die Augen. (..)

Es ist entmutigend, nach all diesen Erfahrungen und meinem Lebensweg nun zu hören, daß irgendwie alles „falsch“ gewesen sei. daß ich nicht so hätte fühlen oder diese Erfah­rungen hätte machen sollen. daß ich mein Weltbild ändern müsse, weil es falsch war, mich so heimgerufen zu fühlen, und daß dies vielleicht gar nicht mein Zuhause sein sollte. Wenn mich etwas derzeit von der Kirche entfernt, Bischof Martin, dann sind es Männer wie Sie, die stark implizieren, daß die Protestanten Recht hatten und ich falsch gehandelt habe, als ich deren Gemeinschaft verließ, und daß wir stattdessen mehr wie sie sein sollten. Ohne die Liturgie, die ich erlebt habe, hätte ich wahrscheinlich nicht die Motivation gehabt, meine theologischen Bedenken zu überwinden und zu dem tieferen Verständnis des Glaubens zu gelangen, der mich nach Hause geführt hat. Und wäre ich zuerst auf eine katholische Gemeinde gestoßen, die die Dinge praktiziert, die Ihr Brief vorschreibt, hätte ich es wahrscheinlich als eine weitere Erfahrung mit einer bapti­sti­schen Gemeinde abgetan und nie wieder an die katholische Kirche gedacht.Ende des Zitats

Soweit unsere Auszüge aus dem von Rorate Caeli veröffentlichten offenen Brief. Ob der Bischof in der Lage ist, daraus etwas zu lernen, ist von hier aus schwer zu sagen. Ideolo­gen wissen ja bekanntlich schon von vornherein alles besser, und als Macht-Teilhaber hat er es ohnehin nicht nötig, irgend etwas zu lernen. Aber umso mehr können auch gerade wir Tradis, vor allem auch die älteren, die mehr oder weniger routinemäßig an der hl. Mes­se im überlieferten Ritus teilnehmen, aus diesem Brief lernen. Sein Brief aus der Außenperspektive kann auch gerade „geborenen“ Altrituellen einen tieferen Blick auf Wert und Inhalt der zur Selbstverständlichkeit gewordenen Riten eröffnen. Und ein we­nig mehr „evangelikale“ Bibelkenntnis ist dabei durchaus von Vorteil.

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Brian Williams vom Blog „Liturgy Guy“ hat aus den öffentlich verfügbaren Zahlen des Bistums ermittelt, daß 75% der Seminaristen von Charlotte aus Gemeinden mit Kom­mu­nionbank kommen. Ein kausaler Zusammenhang ist zwar nicht nachgewiesen, aber überaus wahrscheinlich.

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