„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
Themen und Meldungen:
Chartres-Wallfahrt der Tradition
- Details
- 30. Mai 2023
Auch in diesem Jahr hat die Wallfahrt der Tradition von Paris nach Chartres wieder in der gewohnten Form stattgefunden, nachdem es in den vergangenen Jahren wegen der Covid-Welle zu einigen Einschränkungen gekommen war. Damit kann diese große Heerschau der Katholiken, die an der überlieferten Lehre und Liturgie der Kirche festhalten, das 40. Jahr ihres Stattfindens feiern.
Der Begriff „Heerschau“ mag in einigen Ohren unangebracht klingen. Aber „Heerschau“ bedeutet ja noch lange nicht „Krieg“, und er erscheint umso angebrachter, da die überlieferte Liturgie inzwischen nicht nur von kirchlich-modernistischer Seite, sondern auch staatlicherseits unter Beschuss geraten ist. In den USA hat sogar der FBI wegen „staatsgefährdender Umtriebe“ gegen einige Gemeinden ermittelt. Und für die Franziskus/Roche Truppe ist es natürlich ein ständiges Ärgernis, daß diese Veranstaltung auch beim schlechtesten Willen nicht als Nostalgiefestival von Ewiggestrigen abgetan werden kann. Sieht man von einer Handvoll über 70-jähriger Ehrengäste ab, treffen sich hier – ebenso wie bei dem von der Piusbruderschaft veranstalteten Parallel-Ereignis Chartres-Paris – exakt die Katholiken der jüngeren und der mittleren Generation, die man bei den Sonntagsmessen mitteleuropäischer Pfarreien mit der Lupe suchen muß. Die Zahl der Teilnehmer wird auch in diesem Jahr wegen der dezentralen Organisationsstruktur der Veranstaltung erst in einigen Tagen vorliegen. Im letzten Jahr waren es über 20 000.
Vor einigen Jahren hatte es unter den Anhängern der überlieferten Liturgie Diskussionen gegeben, weil im Pontifikalamt zum Abschluß der Wallfahrt – es war von Kardinal Sarah zelebriert worden – die Lesungen nicht nach dem Pontificale von 1962 in lateinischer Sprache gesungen, sondern in der Landessprache – also Französisch – vorgetragen worden waren, wie das in Frankreich vielerorts praktiziert wird. In diesem Jahr – Zelebrant war der frühere Nuntius in der Schweiz Erzbischof Gullickson aus den USA – erfolgte der Vortrag wieder in lateinischer Sprache und in der nach dem Ponifikale vorgesehenen Richtung: Die Epistel zum Altar hin als Element von Opfergabe und Opfergesinnung der Teilnehmer und das Evangelium gegen Norden als Absage Christi an die Götter und Dämonen der Heiden.
Wie schon die Diskussion von 2018 ergeben hat: Solche Details des Rituals sind nicht in dem Sinne wesentlich, daß man unter gar keinen Umständen darauf verzichten könnte. Aber sie gehören mit zum Reichtum der Formen und Symbole, die man nicht ohne guten Grund aufgeben sollte.
Die sieben Gaben des Geistes
- Details
- 27. Mai 2023
Zu Pfingsten vor zwei Jahren hatten wir hier die beiden großen Hymnen auf den Heiligen Geist vorgestellt, die mehr als jeder andere liturgische Text über diese für das menschliche Begriffsvermögen am wenigsten umschreibbare Person der hochheiligen Dreifaltigkeit aussagen. Tatsächlich könnte man das nicht nur über viele Strophen, sondern auch über viele einzelne Zeilen dieser beiden Dichtungen aus dem frühen bzw. dem hohen Mittelalter sagen: Fast jeder ihrer Strophen, manchmal sogar ein einzelner Vers bietet Stoff für umfangreiche theologische Überlegungen oder repräsentiert tiefgehende Erkenntnisse.
Das gilt ganz besonders auch für die vorletzte (9.) Strophe des Veni Sancte Spiritus:
Da tuis fidelibus / In te confidentibus / Sacrum septenarium.
Und ebenso für die dritte Strophe des Veni Creator:
Tu septiformis munere / Digitus paternæ dexteræ / Tu rite promissum Patris / Sermone ditans guttura.
Hier zielt die erste Zeile genau auf das ab, was bei Stephan von Canterbury den Inhalt der ganzen neunten Strophe ausmacht: Die Sieben Gnadengaben des Heiligen Geistes.
Vor hundert oder hundertfünfzig Jahren konnte vermutlich noch jedes Schulkind die Liste dieser sieben Gaben aufzählen. Heute sucht man sie im offiziellen Katechismus (KKK) der Katholischen Kirche vergebens, dessen Kurzfassung (KKKK) verbannt sie in den Anhang. Der auf private Initiative zurückgehende Youcat widmet ihr dagegen in Abschnitt 310 ein eigenes Kapitel, Kernaussage: „Die sieben Gaben des Heiligen Geistes sind: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Damit „begabt“ der Heilige Geist Christen; d.h., er schenkt ihnen, über ihre natürlichen Anlagen hinaus, bestimmte Kräfte und gibt ihnen die Chance, zu speziellen Werkzeugen Gottes in dieser Welt zu werden.“
Nun reicht es natürlich nicht, eine solche Liste auswendig hersagen zu können – auch wenn das eine gute Gedächtnisstütze abgibt, weshalb die Katechese früherer Jahrhunderte mehrfach solche Siebenerlisten aufstellte: Die Sakramente, die Kardinaltugenden, die Todsünden…
Neu von P. Kwasniewski
- Details
- 25. Mai 2023
Seit einigen Wochen hat Peter Kwasniewski eine neue Publikationsplattform im Internet, auf der er einige seiner wichtigsten Artikel in teilweise überarbeiteter oder aktualisierter Form zur Lektüre anbietet: Traditionsanity.substack.com. Die aktuellsten und sehr lesenswerten Beiträge befassen sich mit der fast alle Menschen in ihren Bann schlagenden Faszination feierlicher Rituale, wie sie anläßlich der Krönung von König Charles III. zu erkennen war, und dem christlichen Verständnis vom Sinn des Lebens, das mit dem Tod eben nicht zu Ende geht, sondern zur ganzen Fülle aufersteht – sofern das vorhergehende irdische Leben die dafür erforderlichen Voraussetzungen gelegt hat.
Zu diesen beiden Beiträgen (man findet sie von der Eingangsseite aus) sind hier keine direkten Links angegeben, und das hat einen Grund: Substack ist der wohl bekannteste Vertreter einer neuen Publikationsform auf dem Internet, die den Autoren einerseits alle Vorteile einfacher Content-Management-System (populärster Vertreter: Blogspot) bietet, andererseits aber auch weitgehende Möglichkeiten der Zugangskontrolle und zur Kommerzialisierung einräumt. Die Autoren können alle Inhalte ganz blogspot-mäßig frei für alle anbieten – sie können aber auch einige oder alle Inhalte von Anfang an oder ab einer bestimmten Standzeit kostenpflichtig machen und dazu verschieden gestaltete Abonnementregelungen treffen. Und so verschwinden die in den ersten Wochen kostenlosen Beitträge Kwasniewskis denn auch nach einer gewissen Zeit hinter einer Paywall, wo sie nur für zahlende Abonnenten zugänglich sind. Für „freie“ Autoren, die oft genug gar keine Publikationsmöglichkeiten finden oder sich mit jämmerlichen Honoraren begnügen müssen, bietet das interessante Perspektiven. Mancher Autor hat es schon geschafft, einen ungeliebten und zeitraubenden Brotberuf an den Nagel zu hängen und den Lebensunterhalt mit seinem höchsteigenen Schreiben zu verdienen. Und wer den „freien Autor“ Kwasniewski unaufdringlich unterstützen will, findet hier eine hervorragende Möglichkeit.
Das Modell bietet jedoch auch noch andere Vorteile. Der vielleicht größte ist der einer sehr gepflegten Umgebung. Es gibt kein von irgendeiner Redaktion gestaltetes Umfeld und auch keine automatisch eingerückt Werbung. Jede Autorenseite steht für sich, kann aber in Abstimmung mit Partnern – bei Kwasniewski sind das derzeit fünf, darunter die als Autoren von One Peter Five bekannten Aurelio Porfiri und Hilary White – auch ein eigenes Umfeld aufbauen. Es gibt zusätzlich eine systemweite (d.h. alle Substack-Inhalte umfassende) Suchmaschine, die soweit wir das sehen jedenfalls nicht unter denen von Google und Konsorten bekannten Manipulationsmechanismen leidet. Aber wer sich als Leser nur für „seine“ Autoren interessiert, muß auch nicht damit rechnen mit den von einer KI ausgesuchten und oft recht abseitigen „Lesevorschlägen“ behelligt zu werden. Es gibt auch bereits einige deutsche Autoren, die Substack nutzen – aber soweit eine systemweite Suche mit dem Wort „deutsch“ ergeben hat, nichts, was viele Leser von Summorum-Pontificum interessieren dürfte. Ein von Deutschland aus operierendes Unternehmen mit einem ähnlichen Angebot wie Substack ist uns bisher nicht bekannt.
Der ökumenisierte Lateran
- Details
- 24. Mai 2023
Vor einem Monat war hier der bemerkenswerte Vorfall zu berichten, daß die Verwaltung der Lateranbasilika, der Bischofskirche des Papstes und, wie es die Inschrift des Hauptportals ausweist, Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises, einem anglikanischen Bischof für eine Veranstaltung überlassen wurde, die nach Lage der Dinge nur als Meßsimulation zu bezeichnen ist. Die Verwaltung redete sich auf einen Kommunikationsirrtum heraus, aber keine vier Wochen später wurde die Kathedrale des Papstes erneut für die Zelebration eines Bischofs (dieses Mal war es wenigstens ein echter) geöffnet, der „nicht in Gemeinschaft mit dem Papst und der katholischen Kirche“ steht: „Papst“ Tawadros II. von Alexandrien, Patriarch des Stuhles des hl. Markus und Oberhaupt der koptisch orthodoxen Kirche.
Die beiden Fälle sind nur begrenzt zu vergleichen. Die Anglikaner haben teilweise noch nicht einmal eine gültige Priesterweihe und ihre „Bischöfe“ sind – anders als das in allen Kirchen des Westens und des Ostens selbstverständlich ist – verheiratet, im konkreten Fall des anglikanischen Gastoffizianten Jonathan Baker sogar geschieden und wiederverheiratet. In der Lehre sind sie vielfach weit von allem entfernt, was das Wesen des Christusglaubens ausmacht. Wieweit sie die Fähigkeit zur Spendung der den Geweihten anvertrauten Sakramente bewahrt haben, ist mehr als zweifelhaft.
Das kann man von den Kopten keinesfalls sagen. Ihre Traditionstreue und ihr Glaubensernst sind vorbildlich und übertreffen alles, was „Rom“ derzeit zu bieten hat. Ihre apostolische Sukzession wird nicht bezweifelt. Aber sie sind, mitsamt ihrem Patriarchen, der auch als „Papst“ bezeichnet wird, „Schismatiker“ im wahren Sinne des Wortes: Sie haben sich vor anderthalb Jahrtausenden von der Mutter und dem Haupt der Kirche des hl. Stuhles von Petrus in Rom getrennt und führen seitdem eine eigenständige Existenz, die in der Vergangenheit vielfach von heftigen Auseinandersetzungen mit den „Römern“ geprägt war. Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert, die beiden Kirchen praktizieren zumindest auf der Führungsebene friedliche, ja teilweise sogar freundschaftliche, Koexistenz, aber sie sind nicht in kirchlicher Gemeinschaft – wie auch immer die konkret aussehen könnte – verbunden.
„Der Ritus authenticus lebt!“
- Details
- 22. Mai 2023
Am vergangenen Samstag (20. 5.) hat Gerhard Kardinal Müller in der Pfarrkirche der Petrusbruderschaft in Rom, Ss.ma Trinità dei Pellegrini, 15 Kindern und Erwachsenen das hl. Sakrament der Firmung gespendet. Einen kleinen Bildbericht mit kurzem Video fanden wir auf der Website von Fr. Zuhlsdorf - von dort auch unser Bild. Fr. Zuhlsdorf vermeidet es, den Namen der Kirche zu nennen – vielleicht befürchtet er, schlafende Hunde aus der Rotte derer zu wecken, die die Zelebration im Ritus authenticus aus Pfarrkirchen verbannen und die Spendung der Sakramente in der überlieferten Form ganz verbieten wollen. Nun, der Kardinal hat schon öfter erkennen lassen, daß er sich vom Gekläff besagter Rotte nicht sehr beeindrucken läßt.
Ebenfalls am vergangenen Samstag hat im Priesterseminar der Petrusbruderschaft in Wigratzbad eine Weihe von Diakonen (hier auch Bilder) stattgefunden. Spender der ersten Stufe des Sakraments der Weihe war hier Erzbischof Haas Bischof aus dem nahezu – wären nur die Voralpen nicht – in Sichtweite gelegenen Liechtenstein. Rom hat dem Erzbischof zwar schon mehrfach bedeutet, er möge sich bei Weihen auf den Bedarf seines Sprengels beschränken, das scheint ihn aber nur mäßig zu beeindrucken: Er wird im August 75 und muß dann seinen Rücktritt einreichen, der vermutlich umgehend angenommen werden wird. Nun warten alle auf die Ernennung eines Nachfolgers. Im Gespräch sind eine ganze Reihe von Kandidaten, darunter auch Erzbischof Gänswein. Er würde sicher recht gut in das Fürstentum passen, aber Papst Franziskus in seiner unemeßlichen Vatergüte könnte den nach dem Tod von Benedikt XVI. praktisch beschäftigungslosen Prälaten auch noch etwas länger zappeln lassen – Strafe muß sein, und man gönnt sich ja sonst nichts.
Als dritter Punkt, der gut in diese Reihe passt, sei hier dann noch ein schon etwas länger zurückliegendes Ereignis angeführt: Vor Ostern dieses Jahres war auch bei der Piusbruderschaft die Weihe des Chrisams fällig. In den vergangenen Jahren wurde dieser wichtige Akt stets von einem der Weihbischöfe der Bruderschaft vorgenommen. In diesem Jahr hat der emeritierte Bischof von Chur, Vitus Huonder, der seit 2019 seinen Alterssitz in einem Haus der Piusbruderschaft in Wangs bei St. Gallen hat, diese Aufgabe übernommen.
Der Kahlschlag geht weiter
- Details
- 20. Mai 2023
Nun hat auch der Erzbischof von Detroit, Allen Vigneron, angekündigt, daß entsprechend dem Befehl aus Rom die überlieferte Liturgie in den Pfarrkirchen seines Bistums keinen Platz mehr haben darf: Sie muß in „Nicht-Pfarrkirchen“ ausweichen. Gleichzeitig hat der Bischof seinen Klerus daran erinnert, daß zur weiteren Zelebration nach dem Missale der hl. Päpste Pius V. und Johannes XXIII eine Audnahmegenehmigung in Rom erbeten werden muß.
Erzbischof Vigneron gehört zu der verhältnismäßig großen Zahl amerikanischer Bischöfe, die als traditionsfreundlich gelten. Bis jetzt gab es in seiner Diözese 14 Orte mit einer regelmäßigen Sonntagsmesse im überlieferten Ritus und 14 (weitere?) Orte, an denen eine solche Messe werktags öffentlich gefeiert wurde. Der Bischof hat auch wissen lassen, daß er alles in seiner Kraft stehende tun will, um die weitere Zelebration der überlieferten Liturgie in seinem Verantwortungsbereich zu unterstützen. Er will die Gemeinde bei der Suche nach „Ersatzkirchen“ unterstützen – die Voraussetzungen dafür sind relativ günstig, weil es in seinem von starken katholischen Traditionen geprägten Bistum viele geeignete Gotteshäuser gibt, die keine Pfarrkirchen sind. Für Gebiete, in denen das nicht so schnell möglich ist, will der Erzbischof zumindest einer Kirche eine weitere Fristverlängereung von zwei Jahren einräumen. Überdies hat er angekündigt, Diözesanpriestern erforderlichenfalls eine Binationserlaubnis zu geben, damit sie an einem Tag sowohl im alten als auch im neuen Ritus zelebrieren können.
Mehr kann Bischof Vigneron unter den obwaltenden Umständen wohl wirklich nicht tun, und man wird sehen, ob ihn seine römischen Vorgesetzten und insbesondere der stets nach Fleißkärtchen gierende Abteilungsleiter Roche damit durchkommen lassen.
Besonders schwierig dürfte sich der Fall der St. Josephs-Pfarrei am Bischofssitz Detroit selbst gestalten, die seitens der Diözese dem Institut Christus König und Hoher Priester zur Seelsorge anvertraut worden ist.