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Wie „Traditionis Custodes“ einem den Weg zur alten Messe erschloss

28. März 2024

Von Joachim Heimerl

1 - liturgie

Die heilige Mese: Vom Gründonnerstag bis in die Ewigkeit

Am Gründonnerstag denken wir an die Einsetzung der Eucharistie und des Priestertums. Doch seit dem Motu proprio „Traditiones custodes“ (2021) ist in der Kirche ein „Bürgerkrieg“ um die Feier der Heiligen Messe entflammt. Seitdem stehen die Anhänger der „alten“ Messe mit dem Rücken zur Wand. Der Papst behandelt sie wie Aussätzige und schreckt nicht einmal davor zurück, sie öffentlich zu beleidigen. Man hat sich an dieses Verhalten inzwischen gewöhnt; skandalös ist es trotzdem und - pardon - eines Papstes unwürdig ist es auch.

Dazu gehört übrigens auch, dass Franziskus die Feier des Gründonnerstags wie des Heiligen Triduums nach der alten Liturgie rigoros verboten hat. So geht man nicht mit gläubigen Menschen um. Gerade vom Papst dürfte man hier mehr Liebe und sehr viel mehr Verständnis erwarten. Stattdessen sollen die Katholiken, die der alten Messe verbunden sind, zu etwas gezwungen werden, was sie nicht wollen. - In der Tat: Kirchlicher Machtmissbrauch hat viele Gesichter, und es ist schmerzlich, wenn das gerade an den heiligsten Tagen des Jahres zum Vorschein kommt. Doch wie immer ducken sich die meisten in der Kirche weg, schweigen dazu und hoffen auf den eigenen Vorteil. Machtmissbrauch wird nur dort angeprangert, wo er ins kirchenpoli­tische Programm passt. Die Anhänger der alten Messe sollten dagegen am liebsten aus der Kirche verschwinden. Ein Bischof nach dem anderen lässt sie seinen Unmut spüren, verbannt sie aus seinem Bistum und hofft dafür heimlich auf den Kardinalshut - es ist eine Schande und viel mehr als das.

Wenn ich am Gründonnerstag über die Eucharistie nachdenke, denke ich über meine Beziehung zur Heiligen Messe und über mein Priestertum nach. Ich denke daran, dass ich mit der „neuen“ Messe Pauls VI. aufgewachsen bin und mit der überlieferten Messe nie in Berührung kam - wenigstens nicht bis „Traditiones custodes.“

Als ich dieses Motu proprio las, war ich fassungslos. Ich konnte nicht glauben, dass der Papst einen Gutteil der Katholiken derart brüskiert und ihnen vorenthalten will, was über Jahrhunderte das Heiligste war, nämlich die „alte“ Messe. Also begann ich, mich intensiv damit zu befassen, lernte die Riten und die lateinischen Gebete und entdeckte dabei einen riesigen Schatz. Zugleich erkannte ich schmerzlich die Defizite der „neuen“ Messe Pauls VI., und immer öfter fragte ich mich: „Stellt sich das, was ich von Jugend auf für den Inbegriff des 'Katholischen' hielt, am Ende nun doch als protestantisches Fake heraus?“

All dies ging mir durch den Kopf, als ich zum ersten Mal eine Kirche besuchte, in der die „alte“ Messe gefeiert wurde. Ich kniete in die letzte Reihe nieder und hörte, wie ein Priester leise das uralte Stufengebet begann: „Introibo ad altare Dei“ - „Zum Altar Gottes will ich treten, zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf.“ - „Wie sonst könnte man die heilige Messe beginnen“, dachte ich, „wenn nicht mit diesen Worten?“ Langsam wanderte mein Blick durch den Kirchenraum: über den schönen, nur zum Herrn hin gerichteten Altar, die kleine Kanzel und die Statuen der Heiligen, die alle diese Verse gehört und geliebt haben. Am meisten aber erstaunten mich die Gläubigen. Die Kirche war mit Betern überfüllt und allen sah man jene aktive, innere Teilnahme an, von der das Zweite Vatikanische Konzil spricht.

Auch die Predigt war anders, als ich erwartet hätte: Kein Kirchenkampf und keine Märchenstunde, in der sich eine Geschichte an die nächste reiht, auch keine Bezugnahme auf die Tages- und Klimapolitik oder eine selbstgefällige Theologievorlesung, die sowieso niemand interessiert. Kurz: Nichts von dem, was man sonst gewöhnlich hört. Stattdessen ging der Priester von den Messtexten und den Tagesheiligen aus und bot eine fundierte Unterweisung im religiösen Leben. Seine Predigt beschenkte jeden und bereicherte auch mich. Man hatte den Eindruck, gemeinsam unterwegs zu Jesus Christus zu sein. Und dies erst recht, als mit dem anschließenden Offertorium der Hauptteil der Messe begann.

Das Besondere an der alten Messe ist dabei sicher weniger die lateinische Sprache, sondern das, was wir heute nicht mehr kennen: die heilige Stille, die das gesamte Hochgebet umfasst. - „Kann man Gott wirklich anders begegnen als in der Stille?“ In der lauten Hektik unserer üblichen „Gottesdienste“, bin ich ihm jedenfalls nur selten begeg­net. Aber hier war das anders. Hier wurde das Heilige nicht durch das Protestantische und Profane verstellt. Im Gegenteil: Hier gab die Stille den Blick auf das Mysterium frei. Spontan dachte ich: „So sieht die katholische Kirche wirklich aus.“

Zwei Details haben mich bei dieser Messe besonders berührt. Sie verdeutlichen, dass hier das Kreuzesopfer gegenwärtig wird: Der Priester legt den Leib Christi direkt auf das Corporale; das ist ein kleines, quadratisches Leinentuch. Diese Geste drückt aus: Der Herr hängt jetzt mit einem Lendentuch am Kreuz und liegt in Leinen gehüllt im Heiligen Grab. ER ist wahrhaftig das Lamm Gottes und ist mit seinem Leib und seinem Blut nun unter uns. Weil das wirklich so ist, hält ein Ministrant den Saum des Messgewands, wenn der Priester die heilige Wandlung vollzieht. - Ja, es ist wahr: Wir alle haben Anteil am Erlösungsopfer und wir alle dürfen SEIN Gewand berühren, wie es die Blutflüssige im Evangelium getan hat.

Diese Symbolik ist in der „neuen Messe“ - wie vieles - verloren gegangen; fast möchte ich sagen: Man vermisst das Katholische an ihr. Das wird in unserer Zeit, in der sich die Kirche selbst aufgibt, nur umso deutlicher.

Wie es mit der Kirche in dieser schwierigen Zeit weitergeht, kann ich natürlich nicht sagen. Ich bin mir aber sicher, dass sie überall dort fortbestehen wird, wo die „alte“ Messe gefeiert wird. „Traditiones custodes“ wird daran nichts ändern. Im Gegenteil: Vielen Katholiken geht es wie mir: Der päpstliche Schlag gegen die „alte“ Messe hat ihnen das Tor zu diesem Schatz erst aufgetan.

„Traditiones custodes“ wird nach diesem Pontifikat verschwinden. Die „alte“ Messe aber wird bis zum Ende aller Zeiten bestehen. Dafür hat der heilige Papst Pius V. gesorgt: Dank seiner Bulle „Quo primum“ (1570) kann keinem Priester verboten werden, diese Messe zu feiern. Pius hat dieser Bestimmung ewige (!) Geltung verliehen und jeden mit dem Bann belegt, der sie antasten sollte. Auch Franziskus kommt daran nicht vorbei, und letztlich hat er mit „Traditiones custodes“ nur vorgeführt, wie sich die päpstliche Autori­tät selbst demoliert. Wer willkürlich endgültige Entscheidungen seiner Vorgänger aufhebt, kann nicht erwarten, dass eigene Entscheidungen ernst genommen werden. Das gilt besonders für das Papstamt, das ohne Kontinuität keinen Bestand haben kann. Insofern hat niemand die Fundamente des Papsttums mehr unterspült als Franziskus. Und es grenzt ans Groteske, dass ausgerechnet er so autokratisch herrschen will wie keiner seiner Vorgänger in neuerer Zeit.

Dennoch war „Traditiones custodes“ ein Schlag ins Wasser. Das Motu proprio hat Franziskus ein miserables Image verschafft und die „alte Messe“ weltweit populär gemacht.

Seitdem bilden sich überall kleine Zellen: Treue Katholiken versammeln sich um die Priester, die an der „alten“ Messen festhalten, und dies - gegen den Willen des Papstes - auch an diesem Gründonnerstag. Ich bin überzeugt: Nur aus der Liebe dieser Menschen zum eucharistischen Herrn erwächst die Erneuerung der Kirche. Die „Reformkirche“ der letzten Jahrzehnte eilt dagegen immer mehr dem Untergang entgegen, und die „neue Messe“ hat dies sogar noch beschleunigt. Umso mehr empfiehlt es sich, die „alte“ Messe zu entdecken und diesen Schatz zu heben.

Zum kommenden Gründonnerstag möchte ich allen Priestern sagen: Liebe Brüder! Habt keine Angst! Feiert die „alte“ Messe in dieser Zeit der Verfolgung; sei es öffentlich oder eben heimlich, das ist ganz egal. Alle Päpste und alle Bischöfe haben sie im Sinne Pius' V. gefeiert, und nur sie ist das, was die „neue Messe“ nie sein wird: Sie ist wirklich die Messe aller Zeiten, und jeder, der sie feiert, steht in der vollen Gemeinschaft der Kirche. Nur das zählt und nur darum geht es am Gründonnerstag, wenn wir das Versprechen unserer Weihe erneuern werden! Dieses Versprechen ist kein Fetisch, wie viele meinen, und es fordert erst recht keinen blinden Gehorsam. Es gilt Jesus Christus und der Kirche - nicht dem willkürlichen Belieben einzelner Päpste und auch nicht dem Zerstörungswerk einer „synodalen“ Kirchenreform.

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