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Basel 1431: Auf dem Weg zu einem schismatischen Konzil?

22. April 2024

Kommentar und Kategorisierung

Die aktuelle Notsituation der Kirche und des Petrusamtes bringt manchen zur Verzweiflung – ganz ohne historische Vorbilder ist sie nicht, und aus einigen dieser früheren Krisen läßt sich auch für die Gegenwart lernen. Luisella Scrosati hat auf Bussola Quotidiana einen Blick auf die Situation zwischen den Konzilen von Konstanz und Basel geworfen — und wir haben einiges daraus gelernt. Hier in Übersetzung:

Das Konzil von Konstanz erhebt Oddo di Colonna zum Papst Martin V.

Wer möchte wohl Stärke und Bestand der Kirche auf die Gebrechlichkeit Petri stützen? So fragte dem Vernehmen nach Kardinal Pierre d’Ailly, Rektor der Sorbonne und einer der Hauptakteure des Konzils von Konstanz (1414-1418). Diese Frage, die ihren historischen Ort in der tatsächlichen Erfahrung der christlichen Welt mit dem Charakter, der moralischen, politischen und doktrinären Schwäche der Nachfolger Petri findet. wurde von vielen Katholiken des 15. Jahrhunderts gestellt.

Sie offenbart den Wunsch, mit menschlicher Kraft eine Lösung für das Problem des Petrusprimats zu finden, wenn der amtierende Papst eine offensichtlich unfähige und/oder unwürdige Person ist. Diese „menschliche“ Lösung kann historisch gesehen drei grundlegende Formen annehmen:

1. der Versuch, diesen bestimmten Papst abzusetzen und seine Wahl in Frage zu stellen, eine Option, die unweigerlich zu Spaltungen führt;

2. die göttliche Verfassung des Papsttums in Zweifel zu ziehen, ohne sie direkt zu leugnen, und so zu tun, als ob der Papst nicht existierte, und schließlich sich selbst seine Vorrechte anzumaßen, was ebenfalls zu einer faktischen Spaltung führten würde;

3. Den Rang des Primats herabzustufen, um ihn im Hinblick auf das Wohl der Kirche einer als höher angesehenen Autorität zu unterwerfen, die in der Lage wäret, die Autorität und Kompetenz an den Tag zu legen, den Papst „eindämmen“ und ihn möglicherweise auch abzusetzen. Ein Verfahren, dem viele vor, während und nach dem Konzil von Konstanz beipflichteten und das geradewegs in Spaltung und Häresie führen muß. Tatsächlich hatte dieses Verfahren gezeigt, daß es in der Lage war, das Schisma zu beenden und der Kirche wieder einen Papst zu geben. Konnte man daraus nicht zu Recht ableiten, daß das Konzil über dem Papst stehe? War das Konzil nicht geradezu ein Beweis für die Gültigkeit dieser Ansicht?

Man hat anschließend gesehen, wie Martin V. einerseits versuchte, den Akten des Konstanzer Konzils seine Zustimmung zu geben, aber gleichzeitig eine vollständige Billigung vermied, um sich nicht übermäßig zu exponieren. Die Gefahr, daß sich die Feuer der Spaltung weiter ausbreiteten, war sehr real, und ein ausdrückliches Abrücken des Papstes vom Konzil hätte zu einem gefährlichen Auslöser werden können. Sein Vorgehen zielte demgegenüber auf die Verteidigung des Papsttums ab, indem er den Sitz Petri nach Rom zurückverlegte, das Kardinalskollegium stärkte und versuchte, das Ansehen des Apostolischen Stuhls in verschiedenen Nationen zu stärken. Zu den wichtigsten Ernennungen gehörte die Erhebung von Giuliano Cesarini (1398-1444) zum Kardinal, der dann nach Deutschland geschickt wurde, um den von den Hussiten angeheizten Sturm der „Reform“ einzudämmen. Martin V. war auch geschickt im Umgang mit dem am 9. Oktober 1417 verabschiedeten Frequens- Dekrets , das entsprechend der konziliaristischen Ideologie festlegte, daß die beste Art, die Kirche zu regieren, in der regelmäßigen Einberufung eines Konzils bestehe: Das erste fünf Jahre nach der Beendigung des Konzils in Konstanz, das zweite sieben Jahre später, und dann alle zehn Jahre sollte regelmäßig ein Konzil stattfinden. Der Papst selbst berief 1423 ordnungsgemäß ein Konzil in Pavia ein, das dann wegen einer Pestepidemie in der lombardischen Ebene nach Siena verlegt wurde, und dank seines Geschicks wurde dieses Konzil nicht zum Triumph des Konziliarismus.

Es gelang Martin V. sich trotz einer großen Anzahl von Gegnern dagegen zu wehren, so daß das Konzil, das nicht zu den 21 von der katholischen Kirche anerkannten ökumenischen Konzilen zählte, weniger als ein Jahr nach seiner Einberufung mit einer Handvoll „harmloser“ Dekrete geschlossen wurde. Diese bestätigten die bereit in Konstanz erfolgte Verurteilung der Anhänger von Jan Hus und John Wyclif und verlangten die Eröffnung von Verhandlungen mit den Ostkirchen – das war alles.. Nichts mehr. In der Zwischenzeit, am 23. Mai 1423, starb auch der Gegenpapst Benedikt XIII., der nach der von ihm abgelehnten Einberufung des Konstanzer Konzils faktisch ohne nennenswerte Anhänger dastand.

Die Konziliaristen wußten jedoch, daß ihnen noch eine weitere Möglichkeit offenstand:; Gemäß den Bestimmungen des Firmiter- Dekrets war in Bälde ein neues Konzil fällig, der Termin war 1431. Martin V. hatte versucht, es so viel wie möglich hinauszuzögern, aber neue Drohungen mit einer Spaltung klopften an die Tür und waren bereit, sich zu verwirklichen, wenn er der Einberufung eines Konzils nicht statt gegeben hätte. Es scheint, daß die Stadt Rom am Morgen des 8. November 1430 voller Plakate aufwachte, mit denen versucht wurde, den Papst einzuschüchtern, indem sie versprachen, daß in jedem Fall ein neues Konzil einberufen würde, das dann jedoch die Absetzung des regierenden Papstes zum Ziel haben würde. Martin V. suchte erneut nach einer Lösung, die die Einheit der Kirche bewahren, gleichzeitig aber den Vorrang der Nachfolger Petri sichern würde: Er bestimmte die Stadt Basel zum Sitz des neuen Konzils , er bestimmte, daß der treue Kardinal Cesarini den Vorsitz der Zusammenkünfte übernehmen würde und übertrug diesem auch die Befugnis , über die Auflösung des Konzils oder seine Verlegung an einen anderen Ort zu entscheiden, wenn es eine unerwünschte Wendung genommen hätte.

Am 20. Februar 1431 gab Martin V. aufgrund eines Gehirnschlages unerwartet seine Seele dem Schöpfer zurück. Sein Nachfolger wurde der venezianische Kardinal Gabriele Condulmer, der den Namen Eugen IV. (1383–1447) annahm. Für diese Wahl hatte er einen hohen Preis zu entrichten: Die Kardinäle hatten dem künftigen Papst tatsächlich auferlegt, dass alle seine Entscheidungen mit Zustimmung des Heiligen Kollegiums getroffen werden müssten. Eine Zumutung, die als Ausdruck eines doppelten Misstrauens seitens der Kardinäle angesehen werden muß: gegenüber dem Papst sowohl wie gegenüber dem bevorstehenden Konzil; ein Versuch, beides zu kontrollieren, um die Eigenwilligkeiten des ersteren und die konziliaristischen Aussagen des letzteren zu vermeiden.

So war es am Vorabend des Basler Konzils zu einer gefährlichen Situation gekommen: Eugen IV. wollte die konziliaristischen Tendenz nicht unterstützen und konnte auch die Zugeständnisse an die Kardinäle nicht einhalten. Diese hatten hatten kein Vertrauen auf den Papst und auf das Konzil noch weniger. Die Vertreter des Konziliarismus ihrerseits warteten nur darauf, dem Primat Petri und der römischen Zentrale, die im Heiligen Kollegium ihren Ausdruck hatte, endlich den Todesstoß zu versetzen. Alles war bereit für den Ausbruch einer neuen Spaltung.

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