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Unendliche Würde oder schöner Schein? —
Priester haben in der Kirche keine Grundrechte

25. April 2024

Von P. Joachim Heimerl

Kommentar und Kategorisierung

Das Phot zeigt den Weihekandidaten, der vor dem Bischof kniet und ihm 'in die Hand' Gehorsam verspricht

Das Gehorsamsversprechen des Weihekandidaten.

Nachdem ich mich zuletzt mit dem vatikanischen Dokument „Dignitas infinita“ und der Menschenwürde befasst habe, liegt es nahe, heute über die Grundrechte nachzudenken und zwar für diejenigen, die sie in der Kirche am wenigsten besitzen: das sind Priester und alle Gottgeweihten.

Als ich am 1. Mai 2019 zum Priester geweiht wurde, versprach ich meinem Bischof und seinen Nachfolgern Gehorsam. - Das tun alle Priester und die Diakone selbstverständlich auch. Jedem Kandidaten ist freilich klar, dass es dabei nicht um einen bedingungslosen Gehorsam geht, denn der priesterliche Gehorsam ist kein Selbstzweck. Unser Gehorsam gebührt Jesus Christus und seiner Kirche und nicht der Willkür eines eines Bischofs. - Soweit die Theorie und genau so sagt es die Lehre der Kirche.

In der Praxis sieht das Ganze völlig anders aus: Priester hängen von ihrem jeweiligen Bischof ab. Das beginnt schon damit, dass sie – als einzige Berufsgruppe – nicht einmal einen Arbeitsvertrag besitzen, auf den sie sich berufen könnten. Das heißt: Sie haben faktisch keine Rechte; im Grunde sind sie ihrem Bischof und den höchst vagen Bestimmungen des Kirchenrechts ausgeliefert, während man – beispielsweise im Deutschland – das kirchliche Arbeitsrecht für Laien von allem befreit hat, was nur im Geringsten katholisch ist.

Zwar übernimmt der Bischof bei der Weihe die Verpflichtung, für seine Priester materiell zu sorgen; wie das dann konkret aussieht, ist allerdings offen. Vergleichbare und transparente Regelungen: Fehlanzeige! Stattdessen herrscht reine Beliebigkeit, und nicht selten beginnt genau hier der Machtmissbrauch: Priester sind Abhängige und können sich nicht gegen ihren Arbeitgeber wehren. Meist wollen sie das auch nicht, weil sie sich durch ihr „Gehorsam“-Versprechen gebunden fühlen; Machtmissbrauch und spiritueller Missbrauch verbinden sich damit zu einer toxischen Mischung.

Wer - wie ich - einen guten Bischof hat, hat ganz großes Glück. Mittlerweile haben aber immer mehr Priester Pech, und das umso mehr, als die Kirche unter Franziskus zunehmend in ein synodales Schisma treibt: Was heute katholisch war, gilt morgen als „indietristisch“, im Franziskus-Slang meint das „rückwärtsgewandt“ oder sagen wir es simpel: Wer seine Gesinnung nicht wie seine Unterwäsche wechselt, hat schlechte Karten.

Konkret sieht das so aus: Ein Priester, der heute die beständige Lehre der Kirche vertritt, hat mittlerweile ein echtes Problem. Und sollte er obendrein den häretischen Schlingerkurs des Papstes kritisieren, muss er - wie Pater Jesusmary in Afrika - mit drastischen Konsequenzen rechnen.

Das Procedere ist dabei immer gleich: Man verurteilt diese „indietristischen“ Priester zum Schweigen und entzieht ihnen damit ein Grundrecht, das alle Menschen kraft ihres Menschseins besitzen. Im schlimmsten Fall droht ihnen die „Rückversetzung“ in den Laienstand, die freilich übersieht, dass die Priesterweihe ein unauslöschliches Prägemal ist: Wer einmal Priester ist, ist es für immer - zugegeben: wenn es um die materielle Existenz geht, ist das ein schwacher Trost.

Fakt ist, und leider ist das überall gleich: Priester haben sich im „Gehorsam“ ihrem Bischof und dem Papst zu fügen; tun sie das nicht, werden sie rasch mundtot gemacht. Meinungsfreiheit gibt es für sie nicht, ebenso wenig eine Berufung auf Christus oder das persönliche Gewissen. Offensichtlich hören mit der Priesterweihe die Grundrechte auf, und auch die kirchliche „Gerichtsbarkeit“ hält in der Regel nicht, was sie verspricht: Die „kanonischen“ Prozesse gegen „indietristische“ Priester sind Schauprozesse, deren Ausgang niemals offen ist. Dergleichen findet man heute wohl nur noch in Russland oder Südamerika - und dies, obgleich die Kirche neuerdings die Menschenrechte entdeckt hat, die als „unendliche Würde“ jedem Einzelnen zustehen sollen. Ausgerechnet bei denen, die die erhabene Würde des Priestertums besitzen, darf man hier ein Fragezeichen machen, zumindest dann, wenn sie auf der rechtgläubigen Seite stehen und dies öffentlich bekennen. Mutmaßliche Missbrauchstäter wie der umstrittene Künstler-Jesuit Rupnik genießen dagegen Narrenfreiheit.

Das anbrechende Schisma, das jetzt nach und nach die Kirche erfasst, wird so an den Priestern zuallererst erkennbar. - Wie sagte unsere liebe Frau 1973 im japanischen Akita: „Der Teufel wird ins Innere der Kirche eindringen, Kardinäle werden gegen Kardinäle sein und Bischöfe gegen Bischöfe (….) Die Priester, die mich verehren, werden verachtet und bekämpft werden (...)“.

Den Anfang davon erleben wir wohl gerade jetzt.

Meinungsfreiheit genießen in der Kirche nur die, die den überlieferten Glauben verhöhnen und verleumden. Die wahren Diener der Kirche bezahlen ihr Eintreten für die Wahrheit dagegen mit interner Verfolgung. Ihre „unendliche Würde“ als Menschen und Priester ist nur eins: Sie ist ein schöner Schein.

Wie aber sollen sich betroffene Priester verhalten? Zunächst sollten sie sich daran erinnern, dass sie kraft ihrer Weihe Priester auf ewig sind, und dass ihnen NIEMAND die Vollmachten entziehen kann, die sie mit der Weihe empfangen haben.

Zugleich sollten sie sich auf ihre staatsbürgerlichen Rechte besinnen; eine „indietristische“ Nonne, Marie Ferreol - hat dies unlängst vorgemacht: Nachdem Sie von Kardinal Marc Ouellet zu Unrecht aus ihrem Orden entlassen worden war, klagte sie vor einem französischen Gericht und erhielt 300.000 Euro Schadensersatz. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, zeigt es heute schon eins: Die Kirche hat keine Sonderrechte über Priester und Gottgeweihte und kann ihnen nicht entziehen, was Ihnen als Menschen und Staatsbürger zusteht.

Gott sei Dank gehören gegenteilige Auffassungen, auf die sich peinlicherweise Ouellet beruft, endgültig der Vergangenheit an.

Dank der tapferen Nonne scheint man diesen Warnschuss auch in Rom gehört zu haben. Jeder weiß: Wenn es ums Geld geht, versteht man in der Kirche keinen Spaß. Vergleichbare Schadensersatzklagen dürften deshalb - erfolgreich - zum Regelfall werden. Allen Mitbrüdern möchte ich sagen: Habt deshalb Mut! Lasst Euch von niemand einschüchtern!

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