Sonntag Sexagesima - Sonntag der Evangelisierung und der Weltmission
23. Februar 2025

Der Sämann erfüllt seinen Auftrag
Die Messe vom Sonntag Sexagesima ist ihrem Entstehungszusammenhang nach als Teil der Vorbereitung der Katechumenen auf die „Endphase“ ihres Taufunterrichts in der Fastenzeit zu sehen. Sie spricht den Taufbewerbern Mut zu, die Mühen des Weges, der vor ihnen steht, auf sich zu nehmen. Sie zieht dazu in der Epistel das Vorbild des hl. Paulus heran, der keine Mühen gescheut hat, um den Menschen „die im Schatten von Tod und Finsternis“ sitzen, das Licht des Evangeliums zu bringen. Dieses Vorbild ist der Messe so wichtig, daß sie in einer für Sonntagsmessen einzigartigen Weise den „Völkerapostel“ sogar im Tagesgebet anspricht – an allen übrigen Sonntagen des Jahres bleibt dieser Platz einem allgemeineren Gedanken vorbehalten. Das Evangelium vom Sämann schließt die Ansprache die Katechumenen dann mit der eindrucksvoll ins Bild gesetzten Mahnung ab, den von ihnen gewählten Weg gegen alle Versuchungen und Hindernisse bis zum Ende zu gehen.
Mit der weitgehenden Ablösung der einen Katechumenenunterricht erfordernden Erwachsentaufe durch die Kindertaufe ist dieser Zusammenhang heute nicht mehr unmittelbar einleuchtend. Durch eine einfache Umkehr der Perspektive läßt sich jedoch ein überaus aktueller Zusammenhang herstellen: Was am Sonntag Sexagesima als Aufforderung und Belehrung an die Katechumenen gerichtet ist, läßt sich umgekehrt auch als Darlegung des Selbstverständnisses und der Praxis der auf der Lehre Christi und seiner Apostel gegründeten Kirche verstehen. Insbesondere die Aufzählung der Mühen und Gefahren, die der Völkerapostel Paulus auf sich genommen hat, um das Evangelium in der ihm bekannten und zugänglichen Welt zu verbreiten, machen Sexagesima zu einem Missionssonntag im wahren Sinne des Wortes.
So erinnert diese Lesung die Kirche an den vom Herrn erteilten Auftrag und spricht ihr Mut zu, keine Mühen und Gefahren zu scheuen, diesem Auftrag nachzufolgen. Aber auch das Gleichnis vom Sämann trägt zu dieser Perspektive bei: Für Jesus und seine Zuhörer war es selbstverständlich, daß der Sämann sät, soweit er seinen Samen nur werfen kann, und wenn etliches davon auf steinigen Grund oder unter die Dornen fällt, so liegt es nach der vom Herrn selbst gegebenen Mahnung an den Empfängern dieser Regionen, aus der ihnen zugefallenen Gabe das Beste zu machen: Dem Teufel zu widerstehen, treu an dem festzuhalten, was sie empfangen haben, sich nicht von irdischen Sorgen und Notwendigkeiten vom himmlischen Ziel abhalten zu lassen.
Der Sämann des Gleichnisses, den wir doch für eine Personifizierung der Kirche halten müssen, läßt in der Gegenwart allzu oft diese Klarheit und Entschiedenheit vermissen – wenn er denn überhaupt noch zum Säen auf die Äcker zieht. Viele Gebiete hat er gänzlich abgeschrieben oder verzichtet dort darauf, das Wort Gottes zu predigen, sondern begnügt sich damit, den Sorgen um irdisches Wohlergehen nachzugehen und nachzugeben – die doch im Gleichnis als die Dornensträucher erscheinen, die Wachstum und Fruchttragen behindern. Oder, so will es scheinen, er präpariert sogar seine Samen derart, daß sie den Steinen und Dornen nicht unangenehm werden und ja keinen Skandal und kein Ärgernis zu provozieren. Die Mahnung des Timotheus-Briefes (4; 2) „Predige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen“, die freilich in den Messtexten des Tages nicht vorkommt, wird immer öfter mißachtet oder mit kunstvoll ausgedachten Entschuldigungen umgangen.
Der Sämann ist müde und schlapp geworden, und um steinigen Boden macht er lieber einen großen Bogen. Kein Vergleich mit der kraftvoll ausschreitendem Gestalt, die Jerome Nadal seinem Sämann gegeben hat – aber so kann er dem von Christus in seinem Gleichnis gegebenen Vorbild nun wirklich nicht entsprechen.
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