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Ein Stress-Test für die Gemeinschaften der Tradition

25 Februar 2025

4 - Gemeinden und Gemeinschaften

Die Aufnahme aus der neogotischen Kathedrale Unserer Lieben Frau in Ottawa zeigt ein Pontifikalamt der Petrusbruderschaft mit dem damaligen Erzbischof von Ottawa, Prendergast.

Pontifikalamt bei der FSSP in Ottawa 2018

Seit der Ankündigung einer apostolischen Visitation bei der Petrusbruderschaft im vergangenen Oktober haben wir vom Fortgang der Angelegenheit nichts mehr gehört. Selbst Gerüchte bleiben rar. Das muß an sich kein schlechtes Zeichen sein – vorzeitige Indiskre­tio­nen und anschließende Aufregung im Netz sind der Sache nicht förderlich. Nun hat aber der oft gut informierte argentinische Blogger Carmi­nante Wanderer (deutsch bei katholisches.info) kürzlich einen Bericht veröffentlicht, in dem – unter Anderem – auch einige Aussagen zu dieser Visitation bzw. den zu erwartenden Ergebnissen enthalten sind. Nichts wirklich Neues – als Gerücht war davon schon vorher zu hören – und mehr als ein Gerücht ist es auch in der jetzt aktuellen Fassung nicht. Aber der „Wanderer“ hat große Ohren, und deshalb kann man das, was er so hört, nicht unbekümmert abtun.

Nach einem missgünstigen Seitenhieb gegen die als „zu Rom-ergeben“ empfundene Bruderschaft heißt es da: „Die Prognose lautet, daß die Priester gezwungen sein werden, am Gründonnerstag mit dem jeweiligen Diözesanbischof zu konzelebrieren, und daß die Messe Pauls VI. in ihren Seminaren regelmäßig gefeiert werden wird müssen. Wir werden sehen.“ Beide Forderungen, sollten sie denn tatsächlich erhoben werden, sind geeignet, die Bruderschaft – und damit letztlich alle Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften – einem erheblichen Stress-Test zu unterziehen. Zwar steht außer Zweifel, daß Priester, die in einer Diözese im Auftrag des Bischofs Seelsorge und Sakramentenspendung versehen, der Chrisammesse, nicht fernbleiben können: In dieser Messe finden die Einheit mit und Beauftragung durch den Ortsbischof ihren rituellen Ausdruck. Andererseits ist die Kon­ze­le­bration dem römischen Ritus, zu dessen Pflege sich die Petrusbruderschaft (und an­de­re „altrituelle“ Gemeinschaften) verpflichtet haben, prinzipiell fremd – mit Ausnahme des Sonderfalls „Priesterweihe“, wobei der Charakter der dabei traditionsgemäß erfol­genden gemeinsamen Zelebration als „Konzelebration“ im modernen Sinne durchaus nicht unumstritten ist.

Diese Spannung wurde bisher in vielen Diözesen dadurch aufgelöst, daß Priester der Bruderschaften zwar an der Chrisammesse teilnehmen (etwa „in choro“) und auch die Kommunion aus der Hand des Ortsbischofs empfangen, aber nicht Konzelebranten im modernen Sinne sind, die Teile des Hochgebets vortragen und gemeinsam den Einset­zungsbericht/die Wandlungsworte sprechen.

Diesen Kompromiss aufzukündigen würde durchaus dem Charakter des aktuellen Pontifikats entsprechen, das darauf aus ist, die Widersprüche zwischen der Kirche vor und nach dem Konzil zuzuspitzen und die Verteidiger von Lehre und Liturgie der ersten zwanzig Jahrhunderte an den Rand oder darüber hinaus ganz ins Aus zu drängen. Sollten der gegenwärtige Pontifex oder sein Nachfolger auf dieser Zuspitzung bestehen, würde es der Petrusbruderschaft schwer fallen, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Die (Wieder-) Einführung der Konzelebration gehört zu den im Konzilsdokument Sacrosanctum Concilium (Abschnitt 57) ausdrücklich vorgesehenen Reformschritten, und die Chrisam­messe wird in diesem Abschnitt ausdrücklich als einer der Fälle genannt, für die eine „Vollmacht“ zur Konzelebration erteilt werden kann. Wer diese Konzelebration verwei­gert, wird es schwer haben, sich gegen den zu erwartenden Vorwurf der „Konzilsgegner­schaft“ zu verteidigen.

Dabei läßt sich aus Abschnitt 57 durchaus keine Verpflichtung zur Konzelebration herauslesen. Die Rede von der „Vollmacht“ macht deutlich, daß hier von einer Erlaubnis (allerdings für den Ortsbischof!) die Rede ist, und §2,2 legt außerdem fest: „Jedem Priester bleibt die Freiheit, einzeln zu zelebrieren…“. Doch Rechtsfragen sind, das ist aus diesem Pontifikat zu lernen wie selten zuvor, zu zuallererst auch Machtfragen. Und so wie die römischen Instanzen nicht das geringste Interesse zeigen, den wuchernden Mißbrauch des Konzelebrationsunwesens bei Massenveranstaltungen – der ganz ein­deutig Abschnitt 57 widerspricht – einzudämmen, muß man befürchten, daß sie den Abschnitt äußerst streng interpretieren, wenn das dem Ziel der Marginalisierung oder Delegitimierung der überlieferten Liturgie dienlich erscheint.

Ähnlich Befürchtungen muß der zweite in „Caminante Wanderer“ angesprochene Punkt auslösen. Zwar würde es dem in ihren Gründungsdokumenten bestätigten Charisma der altrituellen Bruderschaften widersprechen, sie zu einer alle vier Wochen obligatorischen Liturgiefeier im „Novus Ordo“ zu verpflichten. Aber was bedeuten Konstitutionen und Versprechen, wo es um den Machtanspruch der „Reformpartei“ geht? Chicagos Kardinal Cupich hat ja etwas Ähnliches bereits vorgemacht, als er den wenigen verbliebenen der überlieferten Liturgie folgenden Gemeinden seines Macht­bereichs für jeden ersten Sonntag im Monat die feier nach den Büchern von 1962 ganz verboten hat. Er will die Gläubigen in den Novus-Ordo zwingen — Gewissensfreiheit und in einem weiten Rahmen freie Wahl der spirituellen Formen des Gottesdienstes gilt in der Synodalkirche eben nur für die Vertreter Progressistischer Strömungen, nicht aber für die Katholiken, die der Lehre und Liturgie von Zwei Jahrtausenden treu bleiben wollen.

Ob eine solche Maßnahme in den Priesterseminaren der Petrusbruderschaft die Herzen der zukünftigen Patres für die Reformliturgie Pauls VI. öffnen würde, ist sehr zu be­zwei­feln. Eher könnte sie in theologisch solide gebildeten Kreisen die Mängel dieser Reform­liturgie nur noch deutlicher hervortreten lassen und den Willen bestärken, sich darauf in seinem späteren Priesterleben auf keinen Fall einzulassen. Aber vielleicht kommt es den römischen Kreisen, die derzeit solche Pläne ventilieren, auch gar nicht darauf an, irgend jemanden zu überzeugen. Sie wollen Macht demonstrieren, und womöglich darauf hin wirken, den nach wie vor insbesondere in Nordamerika starken Zustrom zu den Seminaren der Tradition abzuschrecken und zu begrenzen.

Soviel also zu den vielleicht nicht ganz neuen, aber doch in diesen Tagen erneut kur­sie­renden Gerüchten über die Zukunft der Petrusbruderschaft und – wie man verallgemei­nern darf – der traditionellen Gemeinschaften „in voller Einheit mit Rom“ insgesamt. Über alle kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Detailfragen hinaus wird bei der Beschäftigung mit diesen Fragen immer deutlicher, wie problematisch der von diesen Gemeinschaften gelobte und auch eingehaltene Gehorsam gegenüber dem Papst ist, wenn etwas vorher für undenkbar Gehaltenes plötzlich nicht nur denkbar, sondern bru­tale Realität wird: daß ein Papst sich selbst vom Gehorsam gegenüber der apostolischen Tradition und der Lehre seiner Vorgänger dispensiert.

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