Der hl. Erzengel Michael - Streiter für die Wahrheit des Herrn und besonderer Mittler zwischen den Sphären von Himmel und Erde
29. September 2025

Erzengel Michael als Weltenschützer
Der Erzengel Michael, dessen Fest die Kirche nach dem alten Kalender heute feiert, gehört zu den Gestalten aus der biblischen Überlieferung des Alten und des Neuen Testaments, die den Glauben des frommen Volkes stets in besonderer Weise geprägt haben. Wir zitieren hier zunächst einmal all die Informationen und Erzählungen, die die britische Alttestament-Forscherin Margaret Barker über ihn zusammengetragen hat:

Michael („Wer ist wie Gott?“) ist der Herrscher unter den Erzengeln. Er verhinderte, daß die gefallenen Engel den Heiligen Namen erfuhren, der ihnen Macht über die Schöpfung verliehen hätte. In den hebräischen Schriften wird der Engel, der Israel führt, manchmal Michael genannt, manchmal auch der Herr (5. Moses 32,8) er ist der Große Fürst, verantwortlich für den Himmel (3 Henoch 17), und häufig wird er dargestellt, wie er mit einem grünen Palmzweig in der Linken und einem Speer in der rechten Hand den Teufel niedertritt. Als mächtiger Krieger, der seine Feinde besiegt, ist er ein Aspekt des Herrn. „Wer ist wie Du, unter den Göttern o Herr? Wer ist wie Du, gewaltig und heilig, gepriesen als furchtbar, wundervollbringend“ Und: Die Himmel preisen, Herr Deine Wunder und die Gemeinde der Heiligen Deine Treue. Denn wer über den Wolken ist wie der Herr, wer von den Göttern ist dem Herrn gleich? (2. Moses 15.11).
In der Offenbarung des Johannes bekämpfen Michael und seine Engel „die alte Schlange, die Satan oder der Teufel heißt“, später wird jedoch derjenige, der gegen den Teufel kämpft, Herr genannt (Apok. 12, 19, 20).
Michael ist Krieger und Priester, der das Böse bekämpft und die Betenden und die Seelen der Gerechten zum Himmel führt. Als sich der Satan weigert, Adam zu verehren, vertreibt Michael ihn aus dem Himmel. Und Gott schickt ihn zu Semjasa, dem obersten der gefallenen Engel, um ihn zu fesseln. Michael bringt Salomo einen magischen Ring zur Abwehr von Dämonen, so daß sie den Bau des Tempels nicht verhindern können (Testament Salomos). Die zahlreichen nach ihm benannten Berge zeigen, wo er und seine Engel über das alte Übel siegten, und in der westlichen Kirche wurde er zum Schutzpatron der Soldaten.
In der späteren jüdischen Überlieferung war Michael der Hohepriester am Altar des Himmels. Er besaß den Schlüssel zum Himmelreich und brachte in einem großen Gefäß die Gebete der Gerechten zu Gott. Bei seiner Rückkehr übergab er ihnen das Öl des Erbarmens (3. Baruch 11). Als jedoch Adam um dieses Öl bat, erwiderte Michael, es sei den Heiligen der letzten Tage vorbehalten (Apokalypse Moses 13). Daher wurde es Brauch, daß christliche Pilger kleine Fläschchen mit „Öl vom Baum des Lebens“ aus Jerusalem mit nach Hause nahmen. Und auch bei dem Engel und Hohepriester, der in der Himmelsvision des Heiligen Johannes Räucherwerk verbrennt, könnte es sich um Michael oder den Herrn handeln (Apok. 8).
Einiges davon ist uns wohl vertraut; anderes klingt Katholiken fremd und phantastisch. Einige der von Barker zitierten Bücher werden heute nur noch in der koptisch-orthodoxen Kirche Äthiopiens als kanonisch anerkannt – und das mit guten Gründen. Doch darüber gönnerhaft zu lächeln, vergeht einem spätestens beim Gedanken an die 21 Märtyrer von Sirte, deren Glaube in diesem Kanon verwurzelt war.
In der von Barker zuletzt angeführten Rolle des Hohepriesters am Räucheraltar erscheint Michael in der überlieferten Liturgie in den Gebeten zur Inzensierung der bereiteten Opfergaben und dann noch einmal im „Supplices te rogamus“, wenn es heißt „Demütig bitten wir Dich, allmächtiger Gott, Dein hl. Engel möge dieses Opfer zu Deinem himmlischen Altar emportragen...“ An dieser Stelle widerspiegelt sich auch die bemerkenswerte Unsicherheit der Unterscheidung zwischen dem Obersten der Engel und dem Herrn selbst: Viele Erklärer halten den im Supplices angesprochenen Engel für den Opferengel aus der Apokalypse, der gemeinhin mit Michael gleichgesetzt wird. Nach Ansicht des hl. Thomas v. Aquin ist damit jedoch der Mittler Christus selbst gemeint.
Solche Unsicherheiten, die weit in den Glauben des Alten Testaments zurückgehen, wurden von Schwarmgeistern gelegentlich genutzt, eigene phantastische Vorstellungen zu verbreiten. Manches in den Apokryphen Schriften mag von dieser Tendenz geprägt sein, ebenso auch einige frühchristliche Erzählungen. Das Konzil von Laodicea im 4. Jahrhundert sah sich aufgerufen, eine offenbar eingerissene „Anbetung“ von Engeln ausdrücklich zu verbieten. Im 8. Jahrhundert regulierte das Laterankonzil noch einmal die Verehrung der Engel, nachdem sich örtlich magische Kulte um diese Mittler zwischen der göttlichen Ewigkeit und der irdischen Welt entwickelt hatten. Seitdem kennt die strenggläubige Theologie nur noch drei Erzengel namentlich: Michael, Gabriel und Raphael – die anderen sind einerseits Gegenstand der Erforschung der Literatur des späten Juden- und des frühen Christentums und andererseits vielfältiger spirituell-spiritistischer Spinnereien. Oder fast noch schlimmer: Der Verniedlichung als Figürchen aus umweltfreundlichen Materialien oder als bonbonfarbige Postkartenbilder.
Im Credo bekennt die Kirche ihren Glauben an Gott als den Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt – also jener von den Engeln bewohnten Sphäre, in die die Propheten des alten Bundes und der hl. Johannes der Apokalypse einen Blickt tun durften und wo weit und breit weder Niedliches noch Umwelbewußtes zu sehen war. Die Litanei zu allen Heiligen bittet nach der Anrufung des heiligen Michael noch einmal die Gesamtheit aller Engel um ihre Fürbitte. Der Katechismus der Katholischen Kirche 1993 stellt in Abschnitt 328 in klaren Worten fest: „Daß es geistige, körperlosen Wesen gibt, die von der Heiligen Schrift für gewöhnlich ‚Engel‘ genannt werden, ist eine Glaubenswahrheit.“ Und führt in 332 weiter aus: „Sie sind da seit Erschaffung der Welt und im Laufe der ganzen Heilsgeschichte; sie künden von ferne oder nahe das Heil an und dienen dem göttlichen Plan, es zu verwirklichen“.
Seinen stärksten Ausdruck findet das Wissen von der Existenz dieser heiligen Geister, ihrer Stellung im Heilsgeschehen und ihrer Zuordnung auf Christus, den Erschaffer und Erlöser, jedoch in den Präfationen der lateinischen Liturgie:

Durch Ihn loben die Engel Deine Majestät, die Herrschaften beten sie an, die Mächte verehren sie zitternd. Die Himmel und die himmlischen Kräfte und die seligen Seraphim feiern sie jubelnd im Chore. Mit ihnen laß, so flehen wir, auch uns einstimmen und voll Ehrfurcht bekennen: Heilig, Heilig, Heilig, Herr Gott der Heerscharen.
*