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Bischof Martin von Charlotte und der klerikale Hochmut der Liturgieverderber

01. Oktober 2025

1 - Liturgie

Halbporträt des Bischofs in der grauen Bischofssoutane eines Franziskaners ;

Bischof Michael Martin von Charlotte

Der Mann scheint das zu genießen: Schon wieder ist Bischof Martin – das ist der neue (seit letztem Jahr) Landesherr im amerikanischen Bistum Charlotte, der hier schon mehrfach Gegenstand der Kritik war – Top-Thema fast aller traditionsorientierten amerikanischen Webseiten. Diesmal mit einem Schreiben, das er an die ihm unterworfenen Angehörigen seines Bistums gerichtet hat, und das wir zusammen mit den meisten amerikanischen Kommentatoren nicht anders lesen können als ein Beispiel von Heuchelei und frömmeldem Doublespeak im häß­lich­sten Sinn des Wortes. Tut uns leid, falls wir ihm Unrecht tun sollten – aber wir können nicht anders.

Es folgt zunächst die vollständige Übersetzung des hier auch zum Download eines Original-­Scans angebotenen Dokuments – dann noch ein Kommentar.

Es begint ein Zitat

Brüder und
Schwestern in Christus,

Während wir uns auf die bevorstehende Umsetzung von Traditionis Custodes in unserer Diözese vorbereiten, wende ich mich an diejenigen von Ihnen, die den Segen der außerordentliche Form der Messe erfahren haben, um in dieser herausfordernden Zeit des Übergangs meine Verbundenheit mit Ihnen zum Ausdruck zu bringen. Gott hat durch diese besondere Feier in Ihrem Leben gewirkt, und es ist schwer vorstellbar, wie der Heilige Geist es anders gewollt haben könnte. Unsere Treue zur Disziplin der Kirche kann ein Moment der Gnade sein, der Früchte bringen kann, die wir uns nicht vorstellen können. Ich bete darum, daß Sie sich für diese Gelegenheit öffnen.

Die Gnade der Sakramente ist ein unermessliches Geschenk Gottes an die Kirche. Wir alle haben die wichtige Rolle dieser Gnade in unserem täglichen Leben als Einzelne und im gemeinschaftlichen Leben der Kirche zu schätzen gelernt. Durch die Sakramente werden wir geheiligt und in Gemeinschaft mit den Aposteln und ihren Nachfolgern immer näher zu Jesus Christus, dem Haupt der Kirche, geführt. Im Mittelpunkt dieses Lebens steht die Eucharistie – „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (Lumen Gentium 11) – die uns als seine Jünger nährt und erhält. Da die Eucharistie das Zen­trum unseres Glaubenslebens ist, lenkt die Kirche ihre Feier sorgfältig. Diese Verantwortung obliegt dem Heiligen Vater, im Einklang mit dem Lehramt zu erkennen, wie die Liturgie dem Wohl des gesamten Leibes Christi am besten dient.

Aufgrund dieser Autorität initiierte Papst Benedikt XVI. 2007 eine größere Verfügbarkeit der außerordentlichen Messform, wobei er den Primat und die gleiche sakramentale Wirksamkeit der ordentlichen Form beibehielt. Seine Hoffnung war es, die Möglichkeit einer Spaltung der Kirche unter denen zu begrenzen, die die TLM attraktiver fanden. Im Jahr 2021 stellte Papst Franziskus mit denselben Mitteln wie Papst Benedikt (Motu proprio) fest, daß beide Formen zwar sakramental wirksam seien, die Förderung zweier Formen desselben Ritus jedoch die Spaltung der liturgischen Disziplin der Kirche vertiefe. Er hob daher, wie es sein Recht war, die Möglichkeit einer breiteren Feier des Vetus Ordo auf und beschränkte sie auf Kirchen, die keine Pfarrkirchen sind.

Im Jahr 2023 unternahm Bischof Jugis den ersten Schritt zur Umsetzung der liturgischen Disziplin der Kirche in dieser Hinsicht, indem er die Feier der tridentinischen lateinischen Messe (TLM) auf nur vier Pfarreien in der Diözese Charlotte beschränkte und um eine Verlängerung um zwei Jahre für diese vier Pfarreien bat, um den Gläubigen, die die TLM gefeiert hatten, die Möglichkeit zu geben, schrittweise dem Ruf der Kirche zur Feier des Novus Ordo (ordentliche Form) in allen unseren Pfarrkirchen zu folgen. Diese zweijährige Verlängerung endet am 2. Oktober 2025, und wie im Mai angekündigt, ist es nun angebracht, daß unsere Diözese die Disziplin der Kirche in dieser Frage vollständig einhält.

Als Ihr Bischof bin ich mir der Herausforderung bewusst, die die letzten vier Jahre für Sie mit sich gebracht haben. Ich habe Ihre Geschichten über Ihre Treue gehört und erfahren, wie die TLM Ihren spirituellen Weg bereichert hat. Ich weiß auch, daß Gottes Gnade nicht durch unsere sakramentalen Feiern eingeschränkt wird. Ich erkenne an, daß sich die Form unserer sakra­mentalen Rituale im Laufe des Lebens der Kirche vielfach verändert hat und dies auch in Zukunft tun wird. Ich lade Sie ein, diesen Moment als Gele­gen­heit zu nutzen, unseren gemeinsamen Glauben an die Kraft des Heiligen Geistes zu bekennen, der uns bei der Feier der Sakramente, so wie die Kirche es vorschreibt, seine Gnade erweist.

Ab dem 5. Oktober 2025 wird die TLM in der Diözese Charlotte an Sonn­tagen und gebotenen Feiertagen in der Chapel of the Little Flower, Oakridge Fann Hwy. 757, Mooresville, NC 28115, gefeiert. Die Sonntagsmessen finden um 10:00 Uhr und 12:00 Uhr statt. Die Gottesdienstzeiten an Feiertagen werden nach Bedarf bekannt gegeben. Da sich die Kapelle auf dem Gebiet der St. Therese-Gemeinde befindet, wird sie zu Ehren von Schwester Therese benannt und unter ihr Patronat gestellt. Sie trägt den Titel „Kleine Blume“ als Symbol ihres einfachen Vertrauens und ihrer Liebe zu Gott. Diese Kapelle ist weder eine Pfarrei noch eine pfarreiähnliche Gemeinschaft, die für dieje­ni­gen, die die ILM feiern möchten, gegründet wird. Alle, die derzeit die TLM in unseren vier Gemeinden besuchen, bleiben weiterhin in ihrer Gemeinde eingetragen.

Ich weiß, daß Sie sich Ihren örtlichen Gemeinden verbunden fühlen, und ich möchte, daß Sie sich weiterhin dort engagieren. In der Kapelle der Kleinen Blume werden außer den Sonntags- und Feiertagsmessen keine anderen Veranstaltungen angeboten. Alle anderen Bereiche des katholischen Lebens (sakramentale und andere) sind daher in Ihrer örtlichen Gemeinde zu gestal­ten. Pater Brandon Jones wird diese Messen regelmäßig an Sonntagen und Feiertagen zelebrieren, solange er in der St. Ann-Gemeinde wohnt. Während der Messe wird in Little Flower keine Kollekte abgehalten. Ich bitte Sie daher, Ihre derzeitige Unterstützung durch die Gemeinde fortzusetzen, während Sie im Gebet darüber nachdenken.

Diese Kapelle bietet Platz für etwa 350 Personen und wurde kürzlich speziell für die Feier des TIM renoviert. Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß die Kapelle nicht für alle gedacht ist, die derzeit in ihren jeweiligen Gemeinden an der TLM teilnehmen. (Das sind um die 1500 – Anm. des Übersetzers) Ich möchte Sie ermutigen, die Little Flower Chapel wie eine Kapelle zu betrach­ten, die Sie gelegentlich zur Messe besuchen, während Sie regelmäßig am Leben Ihrer Gemeinde teilnehmen. Damit alle, die dies wünschen, die TLM in der Little Flower Chapel besuchen können, bitte ich Sie, das erste Mal an einem Sonntag Ende Oktober oder Anfang November zu kommen, damit die Kapelle angesichts ihrer begrenzten Kapazitäten alle optimal aufnehmen kann. Weitere Informationen finden Sie unterwww.c:harlottedjocese.org/U MChapel.

Ich weiß, daß für viele von Ihnen noch immer Unsicherheit über die Zukunft der TLMl besteht.

Jesus ruft uns dazu auf, diesen Moment als seine Kirche voll und ganz zu le­ben. Daher ist dies ein Moment des Loslassens und kann daher für manche ein Moment der Trauer sein. Ich verstehe das und verpflichte mich, Sie durch diese Erfahrung zu begleiten, hin zu einer größeren Herrlichkeit, die immer in Jesus zu finden ist. Mögen Maria, die Mutter der Kirche, und die heilige The­re­sia, die kleine Blume, für uns Fürsprache einlegen, damit diese Zeit des Über­gangs zu einem Moment der Gnade auf unserem gemeinsamen Glau­bens­weg wird.

Mit freundlichen Grüßen in Christus

Das hätte er auch kürzer sagen können: Pray, pay and obey.

Paul VI., dessen Einführungsreden zum Novus Ordo von einem ganz ähnlichen Geist geprägt sind – nur erkennbar näher an den Empfindungen der Menschen und nicht ganz so phrasenhaft – konnte sich einen solchen Appell vielleicht noch guten Gewissens erlau­ben. Heute, nach über einem halben Jahrhundert praktischer Erfahrungen mit den in vielen Ländern und Regionen katastrophalen Folgen der zwangsweisen Durchsetzung des NO, fehlt zumindest unsereinem die Bereitschaft, diesen Wortschwall aus frommen Versatzstücken und Realitätsverweigerung nicht als zynische Fortführung einer Politik des geistlichen Mißbrauchs zu betrachten. „Es mag ja weh tun – ist aber doch nur zu deinem Besten. Nun zier Dich nicht so!“

Jedenfalls dementiert Bischof Martin mit seinem Brief all dieses Gerede von „Selbstver­antwortung des mündigen Christen“, „pastoraler Sensibilität“ und „Synodalität“, das wir seit Jahrzehnten über uns ergehen lassen müssen, um die Verwässerung und Verfäl­schung des Glaubens unserer Väter zu rechtfertigen: Das alles gilt nur für die, die dem neuen angeblich auf DEM KONZIL erfundenen Glauben folgen – und der nach Fran­ziskus mit der alten Liturgie inkompatibel ist.

Für diejenigen, die am alten Glauben festhalten, ist wie in den 50er Jahren Entmündi­gung das Programm: „Father knows best“. Und deshalb gibt es nur für jeden zweiten potentiellen Teilnehmer am Gnadenwalten Gottes in der Liturgie der Jahrtausende einen Platz im neuen Messort – und als zusätzliche Strafe Fahrzeiten von bis zu vier Stunden.

Wir wissen nicht, welchen Zelebrationsstil der gegenwärtig für die Aussätzigen-Kapelle beauftragte Fr. Jones pflegt, wie fügsam er Anordnungen seines Bischofs z.B. zur Ein­führung von Lektorinnen, Messdienerinnen und Kommunionhelfern folgen und sich in seinen Predigten an der Tagesmode orientieren wird. Nach dem, was Bischof Martin für die direkt seiner Autorität unterstehenden Schulgottesdienste angeordnet hat, ist nichts ausgeschlossen, und wir haben bereits jetzt schon das größte Verständnis für alle, die sich von der Neuregelung nicht willkommen geheißenen fühlen (wie z.B. Fr. Martins Truppen unter dem Regenbogen) und die gerade im Internet recherchieren, wann und wo sie einen Meßort der Piusbruderschaft besuchen können. Aber vielleicht ist ja genau das der Sinn der Übung: Fort mit den ewig Gestrigen! Hier ist nur Platz für die Reinen!

Eine besondere Note gewinnt das Vorgehen des Bischofs über das hier angedeutete hin­aus noch dadurch, daß er sich in Wirklichkeit gar nicht auf die unbedingte Geltung von Traditionis Custodes berufen kann, sondern daß es bei ihm läge, sich um eine weitere Fristverlängerung für den ihm anvertrauten „altgläubigen“ Teil seiner Herde zu bemühen. Solche Fälle hat es ja durchaus gegeben. Und noch ist nicht ausgemacht, ob Papst Leo dem von seinem Vorgänger erfundenen Dogma vom rituellen Gleichschritt ebenso viel Gewicht beilegen wird wie dieser – oder ob er sich nicht schließlich nach längerer Be­denk­zeit ebenso von einer Anordnung des Vorgängers abwendet, wie dieser es mit der faktischen Aufhebung von Summorum Pontificum vorgemacht hat.

In Zeiten der Unsicherheit wie den Gegenwärtigen mit solcher vermeintlichen Sicherheit und Entschiedenheit in das geistige Leben glaubenstreuer Katholiken einzugreifen, wie das der Bischof von Charlotte hier vorexerziert, verrät schon ein beträchtliches Maß an Selbstüberschätzung und Hochmut. Oder schlicht gesagt: Klerikalismus der Extraklasse.

Aber daran hat es den Vollstreckern der Liturgiereform ja nie gefehlt.

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