Summorum Pontificum.de

Einblick in die Gedankenwelt eines Traditionsfeindes

08. Oktober 2025

1 - Liturgie

Der Screenshot von der Eingangsseite der aktuellen UCA-Ausgabe zeigt die Aufmachung des „Letter from Rome“ mit einem Bild des Petersplatze, dem Porträt des Autors und der Überschrift: „Reviving the 'Old Latin Mass' would be a colossal Mistake“

Robert Mickens an seiner neuen Wirkungsstätte

Eigentlich wollten wir den langjährigen Rom-Korrespondenten englischer Ma­ga­zine Robert Mickens nicht mehr zur Kenntnis nehmen, seitdem er 2014 in überaus gehässiger Weise von seiner freudigen Erwartung des Todes von Papst Benedikt gesprochen hatte. So gehässig, daß selbst der „Tablet“, für den er lange Jahre geschrieben hatte, ihn nicht mehr halten konnte und in die Wüste schickte.

Seitdem arbeitet er in der dritten Reihe; den hier referierten Artikel fanden wir in der uns bislang völlig unbekannten Union of Catholic Asien News, und wenn wir ihn überhaupt der Erwähnung wert halten, dann nur aus einem einzigen Grund: Er gibt einen recht guten Eindruck davon, was ein moderner „Katholik“ so in seinem Kopf hat, der seine historische und theologische Prägung von ebenso meinungsstarken wie wissensschwachen Konzilsgeistern bezogen hat und sich damit, statt den Mangel zu empfinden, sehr wohl fühlt.

Ausgangspunkt des Artikels von Mickens ist die Behauptung, die Kirche sei derzeit mit so vielen so schwerwiegenden äußeren Problemen konfrontiert, daß es unbegreiflich sein müsse, wie man auch nur zehn Minuten darauf verwenden könne, sich in Selbst­be­trachtung zu verlieren und über so etwas wie Liturgie zu streiten.

Von den Befürwortern oder auch nur Duldern er traditionellen Liturgie spricht er als von „traditionalistischen“ bzw. „retrodoxen“ Bischöfen und Kardinälen und wirft ihnen vor, sie wollten an einer Form der Liturgie festhalten, die „seit dem Konzil von Ttrient im 16. Jahrhundert“ üblich gewesen sei, bis eine überwältigende Mehrheit der Bischöfe auf dem II. Vatikanum die Richtlinie beschlossen habe, sie zu reformieren und zu ersetzen – was jene Retros aber unverständlicherweise nicht akzeptieren könnten. Besonders irritiert zeigt sich Mickens dabei durch die immer stärker ins Auge fallende Erscheinung, daß sich auch junge Leute aus der „Generation Z“ von den „smells and bells“ der Ver­gan­gen­heit einnehmen ließen. Wie kann man nur so an der Gegenwart vorbeigehen.

Die Hauptgründe, die er dann für die Ablehnung der angeblich von „dem Konzil“ an­ge­ordnete „Abschaffung“ der überlieferten Liturgie diskutiert, sind dann reichlich dürftig: Latein und Weihrauch könne man doch zumindest hier und da auch bei einer Messe nach dem Ordo haben – und mehr theologische Tiefe aus dem Schatz des Reichtums von Vatikan II obendrein. Und Letztlich seien diese Riten doch nur Früchte eines geistlosen Rubrizismus, der größten Wert auf die kleinsten Kleinigkeiten gelegt und die Priester in der Angst, aus Nachlässigkeit eine Sünde zu begehen, in den Wahnsinn getrieben habe. Davon seien nun Priester und Gläubige gleicherweise befreit – wie könne man nur diesen Fesseln nachtrauern.

Die Behauptung der Traditionalisten, daß der überlieferte Ritus die Lehre der Kirche vollständiger und zutreffender zum Ausdruck bringe als die Reformliturgie, übersehe, daß die Theologie dieser Liturgie auf dem Prinzip der empirischen Lehrentwicklung (trial doctrinal development – meint er mit diesem in der theologischen Literatur nicht gebräuchlichen Ausdruck etwa Newman?) beruhe, das „in der ganzen Kirchengeschichte höchste Achtung“ genossen habe. Wofür man schon gerne einen diskutierbaren Beleg hätte. Und zum Gebrauch der lateinischen Sprache habe Papst Leo ja kürzlich im Inter­view mit Elise Harris Allen das Notwenige gesagt: Nichts stehe dem entgegen! Latein sei nach wie vor die offizielle Sprache des Lateinischen Ritus, und die lateinische Version des Missales sei die offizielle Fassung. Oh gnadenreiche Unschuld möchte man da mit Ei­chen­dorff ausrufen – wüßte man nicht ganz genau, daß hier nicht Unschuld und Unwis­sen­heit, sondern Täuschung am Werk ist.

Was Mickens in den folgenden Abschnitten – vielleicht wider seinen Willen – bestätigt. Manche Täuschung beruht auf einer in Jahren und Jahrzehnten harter Arbeit er­wor­be­nen Selbsttäuschung. Nein, es gehe nicht um die lateinische Sprache, räumt Mickens dann ein. Liturgie sei der Ausdruck dessen, was die Kirche über Gott, über sich selbst und über ihre Stellung in der Welt glaube – und das habe sich nun einmal in den vierhundert Jahre, die zwischen Trient und dem Heute lägen., grundlegend gewandelt, insbesondere hinsichtlich ihres Verständnisses von der Beziehung zur Welt:

Es begint ein Zitat

„Vor dem Konzil betrachtete sich die Kirche als eine vollkommene Gemein­schaft (er meint die „societas perfecta“, deren Inhalt er freilich völlig miß­ver­steht), wie eine befestigte Stadt auf dem Berge, eine in sich geschlossene Gemeinschaft, die keines Dialogs mit der Welt oder mit Anderen außerhalb ihres kirchlichen Gehäuses hatte.

Die Kirche vor dem II. Vatikanum konnte nur mit ihren eigenen Mitgliedern kommunizieren, besonders mit denen außerhalb ihrer Grenzen. (Da fehlt im Original wohl ein „nicht“ – Anm. d. Ü.) Im Innern war sie klerikal, misogyn, patriarchalisch, moralistisch und hochgradig reglementiert. Sie war starr und oft kalt und unfreundlich. Nach außen war sie offen antisemitisch, intolerant gegenüber abweichenden Ansichten, und weitgehend unfähig, in huma­ni­tä­ren oder sozialen Projekten mit Gruppen außerhalb ihrer Kontrolle zusam­men zu arbeiten. Zwar sind einige dieser Züge auch heute noch vorhanden, aber die Kirche ist heute doch eine ganz andere Einrichtung als vor dem Kon­zil. Doch nach dem Konzil öffnete sich die Kirche ohne Aufgabe ihrer Haupt­mission zur Verkündigung des Evangeliums an die ganze Schöpfung dem Dia­log mit anderen Christen und mit den Juden und verwarf den Antisemitismus deutlicher als jemals zuvor. Sie versuchte auch, sich den Menschen anderer Reli­gionen und sogar den Ungläubigen zuzuwenden.

Was sie zuvor – der Völkerapostel Paulus und die Missionare eines ganzen Jahrtausends sind unser Zeuge – anscheinen niemals getan hatte?

Nach diesem Rundumschlag, für dessen Offenheit wir dankbar sind und dem wir wegen seiner in jeder Zeile zum Ausdruck kommenden Dürftigkeit auch nicht im Einzelnen entgegen treten müssen, kehrt Autor Mickens wieder zu seinem eigentlichen Thema zurück: Der anscheinend nach jeweiligen Erfordernissen und Geschmack der der Zeit frei gestaltbaren Liturgie, die nun eben grundlegend geändert werden mußte, um dem geänderten Glauben und Selbstverständnis der Kirche wieder zu entsprechen. Das hat eine gewisse Logik: Wenn Lehre und Glaube den Erwartungen des Säkulums anpassbar sind – warum dann nicht auch die Liturgie. Auch diesen Abschnitt wollen wir komplett zitieren:

Es begint ein Zitat

Die sogenannte Alte Lateinische Messe, die vor vierhundert Jahren in Trient kodifiziert worden ist, entspricht nicht länger dem gegenwärtigen Glauben und der Identität der Kirche. Viele unzureichend katechisierte Angehörige der Generation Z mögen sich dessen nicht bewußt sein – die Revanchisten unter ihnen allerdings sehr wohl.

Latein ist nicht der Hauptgrund, wegen dem Gestalten wie Kardinal Burke die tridentinische Liturgie fördern. Ihnen geht es stattdessen um die vorkonzi­li­are Ekklesiologie, die eine „handlunsstarke, patriotische und von der Über­legenheit der weißen Rasse“ geprägte Form des Christentums predigt, wie sie von Donald Trump und seinen Anhängern propagiert wird. Und das ist der Grund, warum es für die vorkonziliare Liturgie in einer nachkonziliaren Kir­che keinen Raum gibt, und deshalb muß Papst Leo allen Versuchen, diese zurückzubringen ein hartes und klares Nein entgegen setzen.“

Soweit also Robert Mickens. Wir wollen keinesfalls allen, die die überlieferte Liturgie nicht praktiziert sehen wollen, unterstellen, daß sie die hier propagierte (und mit dem „Geist des Konzils“ begründete) Kapitulation vor dem Zeitgeist so wie Mickens in ihrer absurdesten Form und in vollem Umfang unterstützen. Aber sie sind beeinflußt von ei­nem Klima nicht nur in der akademischen Theologie und Kirchengeschichte, nach dem letztlich genau diese mit frommklingenden Worten bemäntelte Unterordnung der Kirche unter das Säkulum Lehre und Absicht „Des Konzils“ gewesen sei. Und dieser Einfluß reicht, wie seit dem Pontifikat von Franziskus unübersehbar ist, bis in die höchsten Posi­tionen der Kirche.

Und eben deshalb muß die weit über ein Jahrtausend in die Überlieferung der Kirche zurückreichende traditionelle Liturgie wieder in ihr Recht eingesetzt werden

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